Lex Iulia Municipalis

  • Gesetz über einige Verwaltungsfragen Roms und von den Provinzen - 45 v. Chr.


    Abschnitt I: Abgaben von Erklärungen vor dem Consul

    §1 - Wenn nach diesem Gesetz jemand seine Erklärung vor dem Consul abgeben muss und dieser Erklärungsabgebende zu jener Zeit nicht in Rom ist, da er es sein müsste, so muss sein Bevollmächtigter in gleicher Weise und an den gleichen Tagen vor dem Consul das erklären, was sein Auftraggeber nach diesem Gesetz erklären hätte müssen, wenn er in Rom gewesen wäre.


    §2 - Wenn jemand ein Mündel ist und nach diesem Gesetz seine Erklärung vor dem Consul abgeben müsste, so soll sein Vormund in gleicher Weise und an den gleichen Tagen vor dem Consul das erklären, was der unmündige Besitzer nach diesem Gesetz hätte erklären müssen, wenn er kein Mündel wäre.


    §3 - Bei Abwesenheit des Consuls aus Rom, vor dem nach diesem Gesetz die Erklärung abzugeben gewesen wäre, soll derjenige, der die Erklärung abzugeben hat, sie stattdessen vor dem Praetor Urbanus oder im Falle von dessen Abwesenheit vor dem Praetor Peregrinus in der gleichen Weise abgeben, wie er es auch vor dem Consul getan hätte.


    §4 - Ist keiner der Consuln oder Praetoren in Rom anwesend, vor denen nach diesem Gesetz Erklärungen abzugeben wären, so ist die geforderte Erklärung vor dem Tribunus Plebis in der gleichen Weise abzugeben, wie man sie nach diesem Gesetz vor dem Consul oder dem Praetor Urbanus oder dem Praetor Peregrinus ordnungsgemäß zu erklären gehabt hätte, wenn sie zu dieser Zeit in Rom gewesen wären.


    §5 - Derjenige Magistrat, vor dem die Erklärung abgegeben wurde, hat nach diesem Gesetz Sorge dafür zu tragen, dass die Namen aller beteiligten Personen, die angegebenen Dinge und der Tag, an dem dies alles erklärt wurde, festgehalten wird und in die öffentlichen Aufzeichnungen übertragen werden. Auch sollen all diese Eintragungen auf eine Tafel exakt kopiert und auf der Anschlagtafel auf dem Forum Romanum ausgehangen werden.


    Abschnitt II: Pflege der öffentlichen Straßen der Stadt Rom

    §1 - Jeder private Eigentümer von Grundstücken, die innerhalb Roms, oder an Straßen bis eine Meile außerhalb von Rom liegen und an öffentlichen Straßen grenzen, auf denen es jetzt oder in Zukunft eine kontinuierliche Besiedlung gibt, muss diesen Teil der Straße nach dem Ermessen des Aedil instand halten, der nach diesem Gesetz in diesem Bezirk zuständig ist. Der vorgenannte Aedil sorgt nach seinem Ermessen dafür, dass jeder Eigentümer eines an die Straße angrenzenden Grundstücks den Teil der Straße instand hält, den er nach diesem Gesetz instand zu halten hat, und er sorgt auch dafür, dass dort kein Wasser steht, das die Öffentlichkeit an einer bequemen Passage hindert.


    §2 - Die amtierenden kurulischen und plebejischen Aedilen und diejenigen, die nach dem Zeitpunkt der Verabschiedung dieses Gesetzes neu zu Aedilen ernannt oder gewählt werden oder in dieses Amt eintreten, sollen innerhalb der nächsten fünf Tage, nachdem sie in dieses Amt berufen wurden oder in dieses Amt eingetreten sind, unter sich vereinbaren oder auslosen, in welchem Bezirk der Stadt jeder die Verantwortung für die Ausbesserung und das Pflastern der öffentlichen Straßen in Rom, oder im Umkreis von einer Meile von Rom haben soll und er soll die Aufsicht über diese Arbeit haben. Welcher Bezirk der Stadt auch immer durch dieses Gesetz in die Zuständigkeit eines Aedils fällt, der besagte Aedil soll die Aufsicht über die Ausbesserung und Instandhaltung der Straßen haben, die in diesem Teil liegen, wie es durch dieses Gesetz angemessen ist.


    §3 - Bei einer Straße, die zwischen einer öffentlichen Fläche, einem öffentlichen Gebäude oder einem Tempel und auf der anderen Seite einem privaten Gebäude verläuft, so ist der zuständige Aedil nur für die Instandhaltung der einen Hälfte der Straße verantwortlich, die auf der Seite der öffentlichen Fläche, des öffentlichen Gebäudes oder dem Tempel liegt, während die andere Straßenhälfte der private Eigentümer des angrenzenden Privatgebäudes instand halten muss.


    §4 - Wenn der zuständige Aedil feststellt, dass jemand die öffentliche Straße vor seinem Grundstück nicht so instand hält, wie er es nach diesem Gesetz eigentlich tun sollte, so darf der Aedil nach seinem Ermessen den Auftrag über die Instandhaltung an jemand anderen verpachten. Dazu hängt er, mindestens 10 Tage vor der Auftragsvergabe, vor seinem Amtssitz am Forum den Namen der zu unterhaltenden Straße, den Tag der Auftragsvergabe und den Namen des Grundstückseigentümers von dem betreffenden Teil der Straße aus. Dem vorgenannten Eigentümer oder dessen Bevollmächtigten muss der Aedil seine Absicht zur Verpachtung ihres Instandhaltungsauftrags bekannt geben und auch den Tag an dem der Verpachtungsvertrag abgeschlossen werden soll. Der Aedil soll diesen Verpachtungsvertrag durch den Quaestor Urbanus, oder denjenigen, der für den Staatsschatz zuständig ist, auf dem Forum öffentlich machen. Der Quaestor Urbanus, oder derjenige, der für den Staatsschatz zuständig ist, sorgt dafür, dass in den öffentlichen Verzeichnissen der fälligen Gelder jene Summe eingetragen wird, über die der Vertrag im Namen jener Person oder der Personengruppe geschlossen wurde, vor deren Grundstück die Straße verläuft und zwar im Verhältnis zur Länge und Breite der Straße vor jedem Grundstück. Er veranlagt diesen Betrag ohne arglistige Täuschung des Eigentümers zu Gunsten jener Person, die den Auftrag zur Instandhaltung des betreffenden Straßenabschnitts übernommen und gepachtet hat.

    Wenn der Eigentümer, dem diese Zahlungspflicht auferlegt wurde, oder sein Bevollmächtigter dieses Geld nicht innerhalb der nächsten 30 Tage nach ihrer Benachrichtigung an den Auftragspächter zahlt oder eine Sicherheit dafür leistet, ist er verpflichtet, den veranlagten Betrag und eine Strafe in Höhe der Hälfte dieses Geldbetrags an den Auftragspächter zu zahlen. In einem Prozess um dieses Geld ernennt der Magistrat auf Antrag einen Iudex und gewährt eine Klage in der gleichen Weise, wie es auch für die Ernennung eines Iudex und die Gewährung einer Klage in einem Prozess um die Einziehung eines Gelddarlehens angemessen gewesen wäre.


    §5 - Wenn es angemessen ist, dass eine Auftragsverpachtung über die Instandhaltung einer Straße nach diesem Gesetz erfolgt, vergibt der zuständige Aedil den Auftrag über die Instandhaltung der betreffenden Straße durch den Quaestor Urbanus, oder denjenigen, der für den Staatsschatz zuständig ist, nur mit der Maßgabe, dass die Instandhaltung der betreffenden Straße der Zustimmung und der Beurteilung des Aedils unterliegt, der für diese Auftragsvergabe verantwortlich ist. Der Quaestor Urbanus, oder derjenige, der für den Staatsschatz zuständig ist, sorgt dafür, dass der Geldbetrag des Vertrags, nach dessen Bestimmungen die Instandhaltung der betreffenden Straße auf diese Weise verpachtet wurde, dem Auftragspächter oder seinem Erben zugesprochen und zugewiesen wird, der ihm gemäß der Vertragsbedingungen des vergebenen Auftrags zusteht.


    §6 - Es ist nicht die Absicht dieses Gesetzes, den Aedilen, den Quatuorviri viarum curandarum (= für die Straßenreinigung zuständigen Vigintiviren), die beide für die Reinigung der Straßen der Stadt zuständig sind, und den Duumviren, die für die Reinigung der Straßen außerhalb der Stadtmauern im Umkreis von einer Meile von Rom zuständig sind, daran zu hindern, für die Straßenreinigung zu sorgen oder die Gerichtsbarkeit in dieser Angelegenheit auszuüben, wie es durch die Gesetze oder Volksabstimmungen oder die Dekrete des Senats angemessen ist.


    §7 - Wo immer ein Gebäude an eine Gasse angrenzt, muss der Eigentümer diese Gasse entlang der gesamten Fläche des Gebäudes mit ganzen, dauerhaften und gut verbundenen Pflastersteinen zur Zufriedenheit des, für diesen Bezirk zuständigen Aedils ordnungsgemäß gepflastert halten.


    Abschnitt III: Tagfahrverbot für die Stadt Rom

    §1 - Es darf niemand nach Sonnenaufgang bis zur zehnten Stunde des Tages, auf den Straßen Roms oder entlang der Straßen jener Vororte, in denen dauerhafte Wohnungen vorhanden sind, mit einem Wagen fahren, ausgenommen davon sind die Transporte und Einfuhren des Baumaterials für die Tempel der unsterblichen Götter, für öffentliche Arbeiten oder zur Beseitigung von Schuttabfällen hinaus aus der Stadt von jenen Gebäuden, für deren Abriss öffentliche Aufträge erteilt wurden.


    §2 - Es ist nicht die Absicht dieses Gesetzes das Fahren von Wägen zu jenen Zeiten und Gelegenheiten zu verhindern, wann immer dies für die Vestalinnen, dem Rex Sacrorum oder die Flamines zum Zwecke offizieller Opfer des römischen Volkes angemessen ist, wann immer ein Triumphator mit einem geeigneten Wagen einen Triumphzug absolviert, oder wenn öffentliche Spiele mit Wägen innerhalb der Stadt oder im Umkreis von einer Meile von Rom, oder eine Prozession im Zuge der Spiele im Circus Maximus stattfinden.


    §3 - Es ist nicht die Absicht dieses Gesetzes, zu verhindern, dass leere oder Dung abtransportierende Ochsen- oder Eselswägen nach Sonnenaufgang bis zur zehnten Stunde des Tages aus der Stadt Rom oder im Umkreis von einer Meile um die Stadt hinausgefahren werden, die während der Nacht in die Stadt hineingefahren sind.


    Abschnitt IV: Benutzung des öffentlichen Raums der Stadt Rom

    §1 - Was die öffentlichen Plätze und Arkaden in Rom oder im Umkreis von einer Meile um Rom betrifft, die von Rechts wegen unter die Zuständigkeit der Aedilen oder derjenigen Magistrate fallen, die für die Reinigung der Straßen und der öffentlichen Plätze in Rom oder im Umkreis von einer Meile um Rom zuständig sind, so darf niemand in diesen Plätzen oder Arkaden irgendein Bauwerk errichten oder aufstellen lassen, noch darf jemand auf irgendeine Weise Besitz von diesen Flächen oder Arkaden erlangen, noch darf er irgendeinen Teil davon umschließen, einzäunen oder absperren, um den freien Gebrauch und den Zugang zu diesen Flächen oder Arkaden durch das Volk zu verhindern. Ausgenommen davon sind nur jene Personen, denen diese Erlaubnis durch Gesetze oder Volksabstimmungen oder durch Dekrete des Senats erteilt worden ist.


    §2 - Es ist nicht die Absicht dieses Gesetzes, Pächter von öffentlichen Flächen an deren Nutzung oder deren Unterhaltung böswillig zu hindern, falls der Censor oder ein anderer Magistrat in Übereinstimmung mit den Vertragsbedingungen verkündet, dass bestimmte Gebiete zur Erzielung öffentlicher Einnahmen oder zur Entrichtung von Zollabgaben zu reservieren oder zu nutzen sind.


    §3 - Wer in Rom oder im Umkreis von einer Meile von Rom Spiele veranstaltet, soll durch dieses Gesetz nicht daran gehindert werden, auf öffentlichen Plätzen eine Bühne oder ein Podest oder andere für solche Spiele erforderlichen Einrichtungen zu bauen oder errichten zu lassen an den Tagen, an denen er die Spiele veranstaltet.


    §4 - Es ist nicht die Absicht dieses Gesetzes, Schreiber und Kopisten, die den Magistraten dienen, daran zu hindern, öffentliche Bereiche für die Zwecke dieser Anwesenheit zu nutzen, wo immer der Magistrat ihre Dienste auch anordnen mag.


    §5 - Es ist nicht die Absicht dieses Gesetzes, die Benutzung und das Verweilen in bestimmten Bereichen durch Staatssklaven zu verhindern, wenn der Censor den Staatssklaven diese Bereiche zur Benutzung oder zum Verweilen zugewiesen hat.


    Abschnitt V: Über die Besetzung lokaler Magistraturen in Italia und den Provinzen

    (Anmerkung des Archivars: Einem Scriba ist vor hundert Jahren einmal diese Platte hinuntergefallen, weshalb der caesarische Originaltext verloren und nur noch der stark bearbeitete augusteische Text vorhanden ist.)


    §1 - Hiermit soll den Munizipien, Kolonien, Präfekturen, Märkten oder anderen Versammlungsorten römischer Bürger in Italia und in den Provinzen gewährt werden, eigene lokale Gerichtsstände und Stadträte (Ordo Decurionum) mit lokal gültigen Magistraturen zu bilden und sich eine eigene städtische Verfassung zu geben, die jedoch von Rom abgesegnet werden muss.


    §2 - Römisches Recht, das von Rom ausgeht, und/oder reichsweit gilt, steht über lokal beschlossenen Gesetzen, welche nur für ihre Gemeinde alleine gelten.


    §3 - Lokale Gesetze dürfen nicht reichsweiten, bzw. von Rom ausgehenden Gesetzen widersprechen.


    §4 - Zum Ordo Decurionum eines Municipium, einer Kolonie, einer Präfektur, eines Marktes oder eines anderen Versammlungsorts römischer Bürger sollen folgende Personengruppen von vornherein ausgeschlossen sein: Gladiatoren; Gladiatorentrainer; Schauspieler; Prostituierte (beiderlei Geschlechts); Bordellbesitzer; verurteilte Diebe und jeder Verurteilte in einem Verfahren wegen Treuhandschaft, Teilhaberschaft, Vormundschaft, Mandat, Schadenszufügung oder Betrugs; Meineidleistende; Verschuldete; jeder, der durch ein öffentliches Verfahren in Rom oder in der betreffenden Gemeinde verurteilt wurde und daher Italia oder seine Provinz verlassen musste; wer verurteilt wurde, weil er eine falsche Anschuldigung erhoben oder etwas aus Absprache getan hat; jeder, der unehrenhaft aus der Armee entlassen wurde und jeder, der gegen Geld oder eine andere Belohnung den Kopf eines römischen Bürgers herbeischafft.