Voran, voran, nur immer im Lauf, Voran, als wollt’ es sie holen; Vor ihrem Fuße brodelt es auf, Es pfeift ihr unter den Sohlen…
Kara flog die Treppen geradezu hinunter, immer mehrere Stufen auf einmal nehmend, sich nur mit den Händen an der Mauer abstützend, sollte sie doch fallen. Der Putz der Arena fühlte sich rau unter ihren Händen an. Hinter sich hörte sie den Medicus rufen und schnauben, er konnte ihr Tempo nicht halten. Die letzten Treppen jedes Stockwerks nahm sie zusätzlich mit einem beherzten Sprung. Dann durch den dunklen Überbau, den düsteren Korridor auf der Eingangsebene, wo die Abendsonne durch die vielen Durchgänge nach draußen hereinfiel und lange Schatten zog, wo die wachhabenden Urbaner ihr nur kurz fragend nachsahen, als sie nicht hinausstürmte, sondern schnell durch den Gang lief. Hin zum Tor, hin zu den Wachen vor dem Eisengitter und dem schweren Holz.
Hier musste sie stoppen, hier konnte sie nicht weiter. Sie bremste, und ihr Brustkorb ging schnell von dem schnellen Lauf.
“Ich bin Sklavin von Magistrat Tiberius Caudex und wurde geschickt, um nach seinem Gladiator Flamma zu sehen. Ein Medicus kommt auch gleich“, sagte sie und atmete notgedrungen erst einmal durch, während ihr Herz in ihrer Brust hämmerte und das Blut in ihren Ohren rauschte. Sie holte auch schnell ihre Bulla hervor, um sie den Wachen zu zeigen. Auf der Vorderseite prangte das aurelische Wappen, daher drehte sie sie um, um die Inschrift auf der Rückseite zu präsentieren.Referte me ad villam Tiberiam, Esq. Sie zeigte sie den Wachen und hoffte nur, die beiden konnten lesen.
Ob sie es konnten oder nicht, sie wurde aber durchgelassen. Irgendwo weit hinter sich hörte sie auch ein schweres Schnaufen vom Medicus, der ihr wohl nachgekommen war.
Weiter ging es also, erst einen Gang entlang, eine weitere Treppe nach unten. Raubtiergestank schlug ihr entgegen, und der von Blut, Urin und Kot. Sie ging etwas langsamer, da sie sich an das Dunkel erst gewöhnen musste. Sie hörte das kichernde Geräusch der Hyänen, und auch das Brüllen des Bären von den Tierhetzen am Morgen, hörte diverseste Stimmen. Lachen, Schreien, Stöhnen. Sie folgte einfach dem Gang und kam schließlich in einen größeren Raum. Hier waren einige Gladiatoren. Einige ließen sich verbinden, einige Männer hatten eine Peitsche in der Hand – das waren wohl Aufseher. An der Wand fickte einer mit einer Lupa.
“Ich suche Flamma!“ fragte sie niemanden bestimmtes. Ein Medicus deutete mit einer Hand in eine Richtung, und Kara nahm das als Antwort. Sie suchte sich ihren Weg durch das Gewirr der Menschen. Unvermittelt wurde sie am Arm gepackt und gegen die nächste Wand geschleudert. Ein Mann mit fiesem Gesicht drückte sie dagegen und zog an ihrer Tunika. “Du bist ja mal eine hübsche Lupa“, sagte er und machte sich bereit, sie zu nehmen.
“Lass mich los, du Idiot, ich bin keine Lupa!“ schnauzte Kara und kratzte ihn im Gesicht. Sie erhielt dafür einen Schlag mit seiner Rückhand, der sie kurz etwas benommen machte.
“Du magst es also hart? Kannste haben, Süße. Geht nichts über eine schöne Kratzbürste nach einem Kampf, damit man sich lebendig fühlt.“ Er grinste sie an. In seinem Mund fehlten Zähne.
Kara zögerte nicht und biss ihm so fest in die Nase, dass sie Blut schmeckte. Als er zurückzuckte, garnierte sie das alles noch mit einem sehr unsportlichen Tritt in seine Kronjuwelen.
Bevor er sich erholen konnte, ging sie schnell weiter, unter tosendem Gejohle einiger anderer Männer, die sich wohl königlich über die Schmerzen des anderen amüsierten.
Sie fragte noch einmal nach Flamma, ging weiter, wischte sich das Blut vom Mund und sah sich etwas verloren um. Schließlich schrie sie. “FLAMMA?!“