Frei wie ein Vogel im römischen Wind, oder: Ab in die Zukunft

  • Frei wie ein Vogel im römischen Wind, oder: Ab in die Zukunft


    Ich stolzierte nun aus der Basilica Ulpia hinaus und hatte Grian an der Hand gefasst. Neben uns ging ein gewisser Publius Naevius Naso, den ich weiter nicht kannte, der sich jedoch recht spontan vor einer Stunde bereit  erklärt hatte, als freier Bürger sein Wort für die Freilassung meiner Ehefrau einzulegen. Nun hatte ich ihm ein kleines Gastmahl versprochen in der Casa Decima, jedoch nicht heute. Vielleicht würde er die Einladung auch gar nicht annehmen, was ich aber nicht meinte. Er wäre nicht so gut betucht, wie er sagte. Aber das meinte ja viele von sich, in der Hoffnung, dass die Abgaben sanken und sie nicht so arg belangt wurden. Außerdem galt es im menschlichen Miteinander ja auch, dass man Essen nicht ausschlug. Egal ob Bettler oder Edelmann: Wo es kostenloses Essen gab, brauchte man nicht lange auf Gäste warten. Doch das alles trat ja nun in den Vordergrund und ich schaute meiner Grian entgegen, wobei ich über beide Wangen strahlte. "Zum ersten Mal in den Straßen Roms als freie Frau...." Ich grinste. "... das heißt, bis wir heiraten.... manche sehen dies ja auch als eine Art... der Gefangenschaft. Ich aber nicht!", gab ich schnell in Richtung des Publius Naso von mir. Immerhin liebte ich meine Grian und da war es nicht schlimm, quasi aneinendergebunden zu werden.

  • In der Nacht, die diesem Tag vorausgegangen war, hatte ich kaum schlafen können, denn ich war so aufgewühlt. Meine letzte Nacht als Sklavin! Ich konnte es immer noch nicht glauben! Nie im Leben hätte ich damit gerechnet. All die Jahre über hatte ich geglaubt, dass dies mein Schicksal sein würde, bis ich diese Welt verlassen würde. Erst seitdem Casca von meiner Schwangerschaft erfahren hatte, hatte plötzlich auch die Möglichkeit einer Freilassung im Raum gestanden.


    Als endlich der Morgen angebrochen war und ich aufgestanden war, war meine Müdigkeit verflogen. Ich war ganz aufgekratzt und rannte wie ein verrücktes Huhn hin und her, während ich mich anzog, um für den großen Tag bereit zu sein. Als Sklavin hatte ich dann mit Casca die Casa verlassen. Er war heute besonders gut gelaunt, denn dies war auch für ihn ein ganz besonderer Tag. Seitdem er vom Besuch bei der Kaiserin, seiner Patronin zurückgekehrt war, war seine Stimmung von Stunde zu Stunde noch besser geworden.


    Gemeinsam hatten wir die Basilica Ulpia aufgesucht. Auf dem Weg dorthin hatte Casca einen wildfremden Menschen angesprochen und ihn gebeten, uns als adsertor libertatis für die Freilassung zu unterstützen. Dafür hatte er diesen gewissen Publius Naevius Naso zu einem Gastmahl in der Casa eingeladen. Naevius Naso hatte sofort eingewilligt und hatte, entsprechend seiner Rolle beim Freilassungsprozess vor dem Prätor behauptet, ich sei eine frei Frau. Casca hatte dieser Behauptung nicht widersprochen, was den Prätor dazu veranlasst hatte, meine Freiheit zu bestätigen. So einfach war das gewesen! Von einer zur anderen Minute war ich frei! Wahrscheinlich hatte Casca keine Vorstellung davon, was in diesem Moment in mir vorgegangen war. Mir hatten die Tränen in den Augen gestanden, doch ich riss mich zusammen. Nicht hier vor diesem Fremden, der mir zur Freiheit verholfen hatten und auch nicht vor dem Prätor!


    Guter Dinge spazierten wir hinaus aus der Basilica. Casca hatte mich an der Hand gefasst und strahlte vor Freude. auf meinen Lippen war ein sanftes Lächeln, ansonsten fehlten mir immer noch die Worte, denn ich musste mir erst richtig klar darüber werden, was gerade geschehen war. Doch Casca brachte es auf den Punkt! Zum ersten Mal in den Straßen Roms als freie Frau. "Ja!", antwortete ich völlig überwältigt. "Und ich danke dir dafür!"