[tablinum] Casa Decima

  • Während die Gedanken noch in mir durcheinander stürzten, fuhr ich mir mit beiden Händen durch das Haar, was meine wohl-dahingelegte Frisur nunmehr recht ebenso durcheinander brachte. Dann glitten meine Handflächen hinab zu meinen Wangen und schaute einer Wand entgegen. Ein Bild welches wohl meine Gefühle und die Aussicht auf die Lage wohl auch am besten ausdrückte. Grian schien es nicht zu verstehen und entschuldigte sich und Massa zuog isch zurück. Verbal und wohl auch sonst. Das sah ich, als ich mich nun neuerlich herum drehte und einen nach dem anderen schaute. Nun stand ich da mit meinen Talenten und wusste auch selbst so recht nicht mehr weiter. Also seufzte ich schwer und kraftheischend und versuchte mich zu beruhigen. "Schon gut, schon gut!", sprach ich mehr zu mir selbst als zu irgendjemanden sonst und machte dabei auch eine beschwichtigende Handgeste. Auch mehr für mich als für irgendjemanden sonst. Tief durchatmen! Ruhe bewahren! "Es ist schon gut, Massa. Ich... ich regel das schon!" Das würde ich wirklich. Doch es war wohl nicht mein Bruder, dem ich einiges zu erklären hatte. Wut und Zorn brachten hier auch nicht weiter und ich verspürte ja auch weder das eine Eine noch das Andere. Es war mehr eine tiefsitzende Verzweiflung, doch was hatte ich erwartet? Meine Grian war eine Sklavin, welche das Leben eines römisches Bürger wohl kaum überblicken konnte. Sie war Gallierin und es gewohnt eben absolut nicht-römisch zu sein. Doch das würde sie lernen! Ja, ja...das ist es!


    Ich räusperte mich und und humpelte nun auf Grian zu. "Ich werde es dir erklären!", begann ich, ehe ich tief durchatmete und mich selbst für die Erklärung zu beruhigen suchte. Dabei fiel mir etwas ein! "Es waren Saturnalien!", sagte ich nun in Richtung meines Bruders. "Und sie hatte die Prätorianer nicht als solche erkannt!" Diese Worte sprach ich zu Massa, nickte mir dann aber selber zu, ehe ich mich wieder an Grian wandte. Dabei legte ich ihr meine Hände an die Oberarme und sprach wohl wie zu einem Kind. "Du wirst meine Frau, Grian! Als solche gibt es Regeln, welche du als Sklavin vielleicht nicht kennst!" Traf es das? Vielleicht. "Du musst dich mehr zurückhalten...deine... Reaktionen unter Kontrolle haben und.... Giran!" Ich schnappte noch einmal nach Luft. "Die Kaiserin ist meine Patronin und ich brauche ihre Einwilligung für diese Ehe.... und mein Bruder wird Präfekt der Cohortes Urbanae! Willst du, dass er am Ende es ist, der seine Schwägerin in den Carcer stecken muss?" Nein, nein, das war es nicht. Das passte so nicht. "Auch ein freier Mensch ist nicht frei! Du kannst nicht machen was du willst und musst die Etikette wahren. So ein Verhalten beschmutzt den Namen unserer Familie!" Meine Stimme hatte nun schon etwas Getriebenes angenommen und ich ruckelte sogar leicht - aber keineswegs schmerzhaft - nun Grian an den Oberarmen herum. "Das könnte nun ein großes Problem sein, Grian!", erklärte ich weiter, schaute dann aber noch einmal hilfesuchend zu Massa. Aber wollte sich ja heraushalten. Also fiel mein Blick nun wieder auf Grian.

  • Ich fühlte mich einfach schrecklich. In all der Zeit, in der ich im Hause der Decimer war, hatte ich mich niemals so gefühlt. Dabei hatte ich doch immer ein dickes Fell besessen. Beschimpfungen und Strafen, die ich im Laufe meines Lebens erduldet hatten, hatten mich nur stärker werden lassen. wäre es anders gewesen, dann wäre ich sicher nicht hier. Doch nun war es ganz anders. Es tat tief in mir drinnen weh. Ich hatte doch niemandem schaden wollen und wünschte auch niemand etwas böses. Auch Casca so zu sehen tat sein übriges, um dieses schlechte Gefühl noch einmal zu verstärken.

    Als er dann meinte, er würde alles regeln, sah ich mich schon wieder auf dem Podest des Sklavenhändlers stehen. So war es bisher immer gewesen, wenn einer meiner früheren Dominii gedroht hatte, er würde alles regeln. Letztendlich war Blut dicker als Wasser. Und Familie war eben Familie, die unbedingt vor einer wie mir geschützt werden musste.


    Da ich noch immer mit hängendem Kopf da saß und leise in mich hineinheulte, hörte ich nur, wie mein Dominus zu mir gehumpelt kam. Als er mich ansprach, hob ich den Kopf und lugte zu ihm nach oben. Wahrscheinlich sah ich gerade mit meinem verheulten Gesicht, dem bebenden Kinn ziemlich furchtbar aus. Er wollte es mir und auch seinem Bruder erklären. Dass er immer noch Verständnis für mich aufbringen sollte, erstaunte mich. Doch dann nahm er mich bei meinen Oberarmen, sah mich eindringlich an und begann auf mich einzureden. Er war sich mit seinen Worten sicher, ich würde seine Frau werden. Doch bis es soweit war, lag noch ein langer und steiniger Weg vor mir, Ich hatte noch sehr, sehr viel zu lernen. Seine Welt war nicht die meine gewesen, auch wenn es immer gewisse Berührungspunkte gegeben hatte. Ich hatte mir niemals darüber Gedanken gemacht, wie sich eine freie Frau zu benehmen hatte und welche Regeln es für sie gab. Genauso wenig wusste ich wenig über das Klientelsystem und welche Auswirkungen es haben konnte.

    Was sollte ich jetzt nur tun? Noch dutzend Mal um Verzeihung bitten?

    "Das wollte ich alles nicht, Dominus! Aber ich möchte alles lernen, damit ich dir und deiner Familie nie wieder Schande bereite!", sagte ich ihm schließlich mit meiner verheulten Stimme. Das war wohl auch das Einzige, was ich jetzt noch tun konnte. Besserung zu geloben und versuchen, mich in meinem Verhalten zu ändern.

  • In mir selbst lag ja Verzweiflung. Wie konnte man dieses Proeblems nur Herr werden? Aber vielleicht war es nicht gut an dem Problem herum zu ruckeln, wie ich es gerade mit Grian tat. Aber sie sollte meine Frau sein und nicht zu einem Probelm werden oder es sein! Also ließ ich sie nun los und schaute sie an. Dass sie angerührt war in ihrem Inneren, und es schon feucht in ihren Augen schimmerte, konnte ich sehen. Am liebsten hätte ich sie in meine Arme geschlossen, getröstet und ihr gesagt, dass alles gut werden würde. Doch ich war selbs zu sehr erschüttert und ich wollte nicht weich werden, weshalb ich mir nun ein weiteres Mal frisur-derangierend mit der Hand durchs Haar fuhr. Es war nicht förderlich in Problemen zu denken und so wollte ich mich doch besser einer möglichen Lösung zuwenden. "Wir werden jemanden einstellen! Eine Lehrerin für Grian!" Wie man sich verhielt vielleicht wäre ein angemessenes Programm oder ... oder... Ich wusste es ja selbst nicht und schaute hilfesuchend zu Massa, der sich ja - wie mir wieder einfiel - ja nun heraushalten wollte. Druck baute sich in meiner Brust auf. Ich hielt mir eben diese nun mit der Hand, schlingerte zur Kline und setzte mich wieder. Dann fiel mir noch etwas ein. "Ich werde der Kaiserin schreiben!", stellte ich fest, als wäre es schon beschlossen. Ja. Das würde ich tun. "Ich werde sie um eine Audienz bitten und ihr das... erklären.... und..." Ich mühte mich nach Luft durch die nunmehr enge Brust und schnaufte diese dann wieder aus. Alle meine Träume... meine Ehe.... Oh ihr Götter! Mein Kind! FÜr dieses würde ich es wirklich tun müssen. "Ich werde es gleich tun!", stellte ich fest und warf einem Sklaven: "Such' Muckel und schick ihn in mein Cubiculum!" entgegen. Wobei... Hilfe würde er auch nicht freiwillig geben und reichlich feixen. Aber er war nur ein Sklave und - Casca! - das musste dir egal sein. Vielleicht war ich auch zu viel in der Casa und mit meinen Betrieben befasst. Und so würde ich als Mann tun müssen, was ein Mann so tat: Sich noch nützlicher machen. Für die Familie, für Rom und für.... ihr Götter ... was eben erforderlich war.

  • Ich schniefte noch immer. Auch, als Casca von mir abließ und damit anfing, seine Gedanken für alle Anwesenden sichtbar machte, indem er aussprach, was er dachte. Eine Lehrerin für mich wollte er einstellen. Keine Sklavin, eine freie Person sollte es offenbar sein. Mir war es gleich, ich hatte geschworen, zu lernen. Damit ich nie wieder, seinem Ansehen und das seiner Familie schaden konnte. Oder besser gesagt, nicht noch mehr schaden würde.

    Dass Casca das alles sehr nahe ging und es ihn nicht nur seelisch, sondern auch körperlich mitnahm, konnte ich sehen. Mir ging des nicht besser. Ich war so niedergeschlagen und das alles hier schien mir auf den Magen zu schlagen. Noch immer hatte ich mit der Übelkeit zu kämpfen. Manchmal überkam es mir sogar mitten am Tage völlig unvorbereitet.

    Als er dann den Brief an die Kaiserin erwähnte, wurde auch das flaue Gefühl in meinem Magen stärker. Die Hektik in Cascas Stimme trug auch nicht unbedingt zu meiner Besserung bei. Und ausgerechnet Muckel sollte ihm dabei helfen, jenen alles entscheidenden Brief zu schreiben!


    Ich spürte, wie sich meine Magensäfte ihren Weg nach oben suchten. Da war er wieder, dieser plötzliche Anflug von Übelkeit. Immer dann, wenn man es am wenigsten erwartete. Ich wurde auf meinem Platz unruhig. Ich musste... weg, bevor mir noch ein Missgeschick widerfuhr!


    "Mir ist schlecht, ich glaub ich muss..." Mehr konnte ich auch nicht mehr sagen. Ich schlug die rechte Hand vor meinen Mund. Dann spritzte ich auf und rannte hinaus, der Latrine entgegen

  • Ganz aufgewühlt war ich nun, doch offenbar erging es meiner Grian noch schlechter. Ich hielt also flüchtig in meiner Hektik inne und schaute sie an. "Oh weh! Was ist denn?", wollte ich wissen. Aber da rannte sie auch schon davon. Auch ich fasste mir nun an die Magengegend und schaute ihr völlig perplex nach. Dann blickte ich hilfesuchend zu Massa. Meine Reise zu den Gestaden der Ehe war bereits jetzt mehr als holprig und voller Untiefen. Dabei hatte sie auch noch so viel Fahrt aufgenommen zuvor. "Massa... könnte deine Frau vielleicht?" Ich deutete nun vage in die Richtung, in welche Grian verschwunden war. Im Moment fühlte ich mich nicht kompetent genug und auch viel zu überfordert. Der Kampf um meine Ehe war reichhaltig und für die neue Front, die sich nun aufgetan hatte, fehlte mir auch ein wenig die Kraft. Ich ließ meiner Schultern hängen, seufzte tief und reichlich schwer. "Ich.... muss den Brief schreiben," sagte ich dann, fuhr zur Tür herum und schrie dann nach: "MUUUCKEEEEEEEL! Sieh' zu dass sich jemand kümmert!" Um mich, um Grian und um... ach... einfach alles! Dann wendete ich mich ab und humpelte zur Tür. Meinem Knie tat dieser Stress nun auch nicht gut, aber ich brauchte nun eines: Mein Cubiculum und Ruhe. Nur einen Moment. Zu Grian konnte ich gerade nicht. Ich litt, weil sie litt und wenn wir nun in nächster Nähe zueinenander leiden würden... nein. Das würde nicht gehen. Also hastete ich durch die Gänge und hin zu meinem Cubiculum.

  • " ALWINAAAAAAAA!" rief Massa um seine Frau herbei zu holen. Er wusste auch nicht so recht, weswegen Grian übel war. Sie wusste da eher Bescheid. " Das wird schon Casca." Der Kerl war komplett konfus. Alwina kam um die Ecke ins Tablinum. " Könntest du bitte mal nach Grian sehen. Ihr ist übel." Sie nickte nur und folgte Grian sofort. " Ähm...." Massa sah ihm hinterher und schüttelte den Kopf. Was sollte das werden. Damit war die kleine Zusammenkunft wohl beendet. Ab jetzt hielt sich Massa aus dem ganz heraus. Das musste Casca selbst klären.