[cubiculum] Cnaeus Decimus Casca

  • Eigentlich war ich froh, dass er nichts mehr zu der Sache mit dem Namen sagte. Er hatte nur etwas irritiert geschaut, als ich den Namen Dexter als unpassend befunden hatte, weil so kein süßes kleines Baby hieß und schon gar nicht unser Kind! Auch wenn der Name eine doch sehr positive Bedeutung hatte und für 'passend' oder 'Glück bringend' stand. Aber er hatte ja auch keine Ahnung von Asinius Dexter. Er hatte nie wirklich nach ihrer Vergangenheit gefragt. Wahrscheinlich wäre es auch mühselig gewesen, sich die Geschichten über alle meiner Vorbesitzer anzuhören. Er war mein Dominus und nur das zählte. Alles andere war unwichtig.

    Meine Angst wegen der Geburt wollte er mir mit seinem Lächeln und einem Kuss nehmen. Dabei sein würde er nicht, weil es nicht schicklich war. Aber eine Hebamme würde mir beistehen, während er vor der Tür warten würde.

    "Eine Hebamme... äh ja, natürlich eine Hebamme." Zum Glück wüsste ich nicht, dass auch Casca sich davor fürchtete. Vor all dem Blut und den Schreien und anderen Dingen, die mit einer Geburt eben einher gingen. Auch wenn er dann meinte, es würde schon nicht so schlimm werden, beruhigte mich das nicht wirklich. Jedoch wollte ich ihm nicht noch mehr Sorgen bereiten und behielt meine Bedenken für mich. Stattdessen lächelte ich, als er meinte, unser Sohn würde mich nicht ärgern. Doch dann kam er wieder zu dem Thema mit dem Namen. Einen gute Namen müsste er haben, unser Sohn! Wenn er eines Tages im Senat stehen würde. Schließlich wollte er mit mit einen Kompromiss schließen, dass wir unserem Sohn einen Kosenamen geben könnten und ihn 'Didi' nennen könnten. Doch mir ging es um den Namen an sich. "Bitte versprich mir, dass du ihn nicht Dexter nennen wirst, falls ich..." die Geburt nicht überleben sollte. Den letzten Rest des Satzes sprach ich nicht aus, sondern dachte ihn nur für mich zu Ende.

  • Ob der Worte Grians runzelte ich nun doch die Stirn. "Warum nicht Dexter?" wollte ich dann wissen. Ich fand den Namen doch recht schick, auch wenn es natürlich noch eine Menge anderer Namen gab, welche ich in die engere Auswahl ziehen würde. Ich schaute sie an in meiner Verwunderung. "Findest du nicht, dass er eine ehrwürdige Note an sich hat?", wollte ich dann wissen. Immerhin ahnte ich ja nichts von ihren Bedenken und auch nichts von ihrer Vergangenheit diesbezüglich. Um einen Koseneman schien es ihr dabei nicht zu gehen, auch wenn dies aus Erfahrung so oder so dazu kommen würde. Kinder waren ja prädestiniert für sowas. Nur als Erwachsener war es doch in meinen Augen nichts, was man haben musste. So unbedingt.

  • Ich atmete tief ein und aus, als er mir dann doch noch diese Frage stellte. Es war ja nur eine Frage der Zeit gewesen, dass er etwas mehr über meine Vergangenheit wissen wollte. Er wusste ja schon, dass ich keine einfache Vergangenheit hatte und schon gar keine behütete Kindheit. Aber konnte er sich vorstellen, was mir alles zugestoßen war? Wahrscheinlich nicht. Ich hatte erlebt, wie Menschen sein konnten! Nur die wenigsten waren freundlich wohlgesonnen gewesen. Er gehörte zu jener Kategorie. Asinius Dexter gehörte allerdings zur anderen. Er ergötzte sich daran, Schwächere, die sich nicht wehren konnten, zu erniedrigen. Ich war damals in zweifacher Hinsicht schwach gewesen. Zum einen war ich sein Eigentum gewesen und zum anderen war ich ein junges Mädchen von vierzehn Jahren gewesen.

    "Vor acht Jahren war ich das Eigentum eines gewissen Asinius Dexter gewesen. Er war ein böser, ein wirklich böser Mann!" Sicher würde diese Erklärung nicht sehr befriedigend sein. Also sprach ich nach einigen Herzschlägen weiter. "Er hatte mich in einer heruntergekommenen Spelunke in Colonia Agrippina bei einem illegalen Würfelspiel gewonnen, weil mein Dominus all sein Geld verspielt hatte und nur ich noch übrig war, was noch ein bisschen an Wert hatte." Ob damals wirklich alles so mit rechten Dingen zugegangen war, konnte ich kaum glauben. Auf jeden Fall war eine Menge Cervisia, Met und Wein im Spiel gewesen. "Ich hatte kein gutes Leben bei ihm. Er schlug mich für jedes kleines Vergehen. Erst recht als ich mich ihm verweigerte. Da hätte er mich fast tot geschlagen. Als er genug von mir hatte, verkaufte er mich an einen Händler weiter, der mich dann mit nach Italia nahm." Ich hatte versucht, die Haltung zu bewahren und nicht wieder loszuheulen. Zum Glück war diese schlimme Zeit in meinem Leben lange vorbei!

  • "Oh!", sagte ich nur, als ich aus Grians Mund von dem Dexter erfuhr, welcher ihr übel mitgespielt hatte. Im ersten Moment kam Ärger in mir hervor, der sich dann zur Wut ausformte. Ich ballte sogar meine Faust und hätte dieser Dexter vor mir gestanden, so hätte ich ihn wohl umgehend niedergeschlagen. Mehr noch. Also knurrte ich obendrein, als ich dieses vernommen hatte und versuchte gar nicht an eine heruntergekommene Spelunke zu denken, in welcher Grian hatte ihr Leben fristen müssen. Ein Säufer, Spieler und was wusste ich sonst noch war er! Instinktiv hielt ich Grian nun noch ein wenig fester und schüttelte den Kopf. Ich hatte genug gehört. Genug, um meinem Sohn dann einen anderen Namen zu geben. "Schon gut, schon gut!", sagte ich besönftigend. Wohl zu Grian, als auch zu mir selbst. Dann atmete ich tief durch und schloss für einen Moment meine Augen. "Umso schöner wird das Leben, dass dich nun erwartet!", sagte ich matt noch unter meiner abschwellenden Wut. "Dafür werde ich schon sorgen!" Ich setzte meiner Liebsten einen Kuss auf die Stirn und seufzte dann. Danach schaute ich auf ihren Bauch. Und wenn es nun eine Tochter wurde? Dann würde ich noch wütender auf dieser Dexter werden. Aber warum? Es wäre ja meine und das war einfach wundervoll. Umso mehr musste Grian meine Frau werden. Nicht nur wegen meinem Sohn, sondern auch für den Fall, dass dieser eine Tochter sein würde!

  • Ich hatte nicht daran gedacht, dass meine Worte Wut in ihm erzeugen könnten. Doch es war so! Wenigstens verstand er mich nun, weshalb mein Kind Dexter heißen sollte. Auch wenn dies nur eine Episode in meinem bisherigen Sklavenleben gewesen war. Doch ich wollte ihn noch vor weiteren verschonen, denn ich wollte nicht jammern. Alles das war Vergangenheit, die sich hoffentlich nie wieder widerholen sollte. Weder für mich noch für mein Kind.

    "Ich wollte dich nicht verärgern. Es tut mir leid." meinte ich, doch er beschwichtigte mich. Wenn es darum ging, dem Kind einen Namen zu geben, würde er nun meinen Wunsch berücksichtigen. Dessen war ich mir sicher.

    Als er dann von dem schönen Leben sprach, dass mich erwarten würde, kehrte dann auch mein Lächeln wieder zurück. Dann küsste er mich auf die Stirn. "Du bist so gut zu mir! Ich muss den Göttern für jenen Tag danken, an dem wir uns begegnet sind. Auch wenn es der Sklavenmarkt war. Du warst der Erste, der nett und freundlich zu mir war. Außer meinem ersten Dominus vielleicht, der mich mit seinen Kindern hat aufwachsen lassen." Ich schmiegte mich wieder an ihn, denn ich würde immer ihm gehören, ganz gleich ob ich frei war oder nicht. Natürlich wusste ich, welche rechtlichen Konsequenzen es haben würde, wenn er mir die Freiheit schenken würde. Auch wenn unsere angestrebte Verbindung eines Tages in die Brüche gehen sollte. Doch ich würde ihm ewig treu sein und hoffte, ihm auch sonst keine Scherereien zu machen.

  • "Aber es warst doch nicht du, die mich in Rage versetzt hat," sagte ich wieder recht milde, wobei ich noch immer besser nicht an diesen Dexter dachte. Dann aber musste ich unwillkürlich lächeln, denn Grian meinte gerade, wie gut sie es bei mir hätte. Das gefiel mir doch sehr, hatte ich mir doch so viel Mühe gegeben. "Na siehst du," meinte ich dann, nachdem sie mir anvertraute, dass sie mit den Kindern ihres ersten Dominus aufgewachsen war. "Dann sind die römischen Gepflogenheiten doch nicht so fremd." Ein schweres Seufzen entglitt mir. "Dann kann ab jetzt ja nichts mehr schief gehen!" Ich sagte diese Worte sehr aufmunternd und meinte sie ja auch, wie ich sie ausgesprochen hatte, auch wenn es noch vieles gab, was geschehen könnte, doch das sprach ich mal besser nicht aus, um nichts heraufzubeschwören.