[Zum Hain der Anna Perenna] Tusca et Tiberios: Pulvis et Umbra sumus *

  • "Diese kenne ich nicht, aber diese gut", Tusca betrachtete den Olivenblätterkranz von allen Seiten, der Tiberios ihr anbot,

    "Diese Olivenblätter ist sehr gut, danke Tiberios", sie nickte und lächelte zufrieden,


    "Für Kelten ein sehr großes Fest "Beltaine" ist, sehr wichtig, am 1.Mai Sommer Anfang, wir Häuser und Ställe mit dem neuen Grün am Frühlings schmücken und tanzen..." versuchte Tusca auf Tiberios Frage zu beantworten, für was braucht man die grünen Zweige. "Ich Grün für Belenus brauche."


    Dass der Keltische Sonnengott Belenus am Abend vor Beltaine gefeiert wurde und ihm zu Ehren ein großes Feuer entzündet wird, konnte Tusca dem Griechen nicht so gut in ihrem Latein erzählen.


    "Domina Cla'ra gesagt, über Sonnen-Gott Belenus die Römer ihn kennen, hier wie Apollo". Das bezweifelte Tusca, aber es war besser, wenn Tiberios selbst darüber in seinen Bücher etwas finden, er war ja ein gelehrter Mann und Tusca fand ihn sehr klug und sympathisch!

  • "Alle Götter sind ein Gott , und alle Göttinnen sind eine Göttin. Jedes Volk gibt ihnen die Namen und die Gestalt, die es am meisten schätzt. Wir Griechen lieben die menschliche Gestalt, also sind unsere Götter schönen und großen Menschen gleich. Wie sieht Apollo bei euch aus?" Ja, das interessierte Tiberios:


    "In Alexandria hatten wir auch ein Frühlingsfest  noch aus aegyptischer Zeit, das hieß Schein Enessim, der Duft des Zephyr, des sanften Windes. Wir kennen ja nur drei Jahreszeiten, und ich selbst bin in Shemu, der Erntezeit geboren.", er lächelte:


    "Da gehen wir auch nach draußen wie die Römer während Anna Perenna und essen und trinken. Und wir schmücken die Häuser auch mit Zweigen wie ihr in Britannia."

    Lebhaft stiegen Kindheitserinnerungen in ihm auf:

    "Rate, was wir dann essen? Ich weiß nicht, ob du sie magst!"


    Er hielt den Kranz in beiden Händen: "Bücke dich ein wenig, damit ich ihn dir aufsetzen kann.", bat er: "Und bitten wir die Dryade der Zypresse darum, uns etwas Grün zu überlassen. Es ist für ...wie heißt Apollon Helios? Belen? Und...",

    wieder sah er Tusca sehr liebevoll an:

    "Wie tanzt ihr während Bel - taine?"

  • Es war alles so kompliziert, was Tiberios über Götter erzählte. Alle sollen ein Gott sein? Hat sie richtig verstanden? Tusca schüttelte den Kopf. "Kann nicht glauben, wir viele Götter haben ... Kein Apollo, Belenus der heißt und strahlt, wie Sonne, wird gesagt von Alten ..." Mehr konnte Tusca dazu nicht berichten.


    Dann erzählte Tiberios über das Frühlingsfest in seiner Heimat, sie musste sich sehr konzentrieren, um alles, was er ununterbrochen erzählte zu behalten, nur das Wort "Erntezeit" kannte sie und, dass Tiberios in dieser Zeit geboren wurde.


    "Kann nicht raten, was esse ihr ... sage es mir ...", dann setzte Tiberios ihr den Kranz auf und Tusca wusste nun wirklich nicht, was das bedeuten sollte, sagte aber nichts, um sich nicht als total unzivilisiert zu zeigen. Sah ihn nun fragend an...


    "Wie tanzen? ... Tanzen wir mit Freude, viel bewegen Füße und Hände und hier ..." Und Tusca zeigte auf ihre Hüften, machte dann eine schnelle Bewegung nach vorne, dann nach hinten, ließ ihre Hüften ein paar Mal kreisen und beendete damit ihre Tanz-Darbietung.


    "Dir gefällt?", und lächelte Tiberios heiter an.

  • " Bei uns fängt es schon an, dass Apollon auch Helios ist, die Sonne. ", sagte Tiberios: "Ich glaube an alle Götter, aber am meisten verehre ich Tyche, die in Roma Fortuna heißt. Sie ist das Schicksal - und auch die Götter haben ihr Schicksal.",

    er lachte:

    "Wir essen Zwiebeln, Tusca. Runde Zwiebeln und Frühlingszwiebeln, es bringt Glück und Gesundheit. Kannst du dir vorstellen, in eine schöne Zwiebel zu beißen? Ich hätte welche mitbringen sollen."

    Nun lächelte er: "Der Kranz steht dir gut.", sagte er: "Nun siehst du selbst aus wie eine Dryade."

    Als sie tanzte, nickte er:

    "Genauso tanzen sie, wenn sie denken, dass sie keiner sieht: Nymphen, Dryaden und Faune - ja die auch." Wie gesagt, Tiberios glaubte nicht mehr wirklich an eine Natur, in der alles beseelt war. Doch zu Tusca und ihren leichten tänzerischen Bewegungen passten diese Gedanken;

    "Tanzen mit Freude, Tusca, das gefällt mir gut." Er nahm ihre Hand. Die Römer taten dergleichen nicht, aber die Griechen tanzten auch. Es war Heiterkeit und Schönheit und Dank an die Götter.

  • "Pikten viele Götter haben, der Berge, Bäume, Flüsse, Tiere, Wälder, viel, viel ..., und drei Fortunas, sind gütige Frauen ", mehr konnte Tusca dazu nichts sagen.


    Als Tiberios sagte, der Kranz steht ihr gut, lächelte sie schüchtern. "Driade nicht gesehen, aber Elfen ... im Wald nachts tanzen... sehr schön!" Vielleicht waren es nur die Jäger, sahen aber anders aus. Und warum sollten die tanzen, dachte Tusca kurz nach... Ihre Schwester hat die ja auch gesehen!


    "Wir auch essen Zwiebenl, nicht beißen, kochen mit Gemüse..., kann nicht vorstellen, Zwiebel beißen", und Tuscas Gesichtsausdruck sprach für sich.


    "Ja, tanzen Freude macht ..." Tusca nickte bestätigend und als der Grieche ihre Hand nahm, fragte die Keltin vorsichtig,

    "Lange noch gehen, Tiberios?"

  • Die Moiren waren nicht so gütig wie die Fortunae, soviel wusste Tiberios. Ihrem kalten Diktat waren selbst die Götter unterworfen.

    "Wie sehen Elfen aus?", fragte er interessiert: "Denn ich habe über die Dryaden nur gelesen, sie noch nie gesehen."Er lächelte, denn ein wenig würden sie nun immer Tusca gleichen, mit nachtschwarzem Haar und einem Kranz auf dem Haupt.

    Über ihren Gesichtsausdruck bei der rohen Zwiebel musste er lachen: "Wir kochen sie normalerweise auch, roh ist nur zum Fest. Es soll Glück bringen. ", sprach er, und dann wies er um sich:

    "Wir sind schon da, Tusca, das ist der Hain. Oh, für dich sieht es vermutlich nicht wie ein Wald aus, nicht wahr?"

    Etwas betrübt war er, denn der Hain der Anna Perenna war das einzige, was er Tusca zeigen konnte. Doch vermutlich glich er kein bisschen den Wäldern der Insel Britannia. Sie waren ja noch ganz in der Nähe der Urbs.

    Er senkte den Kopf:

    "Das ist alle Wildnis, die ich dir geben kann, Tusca", meinte er :"Es tut mir Leid."

  • Als Tiberios fragte, wie die Elfen aussehen, war es für Tusca nicht leicht, diese Geschöpfe auf Latein zu beschreiben ... "Im Mondschein, im Wald waren Natur-Wesen, groß, wie wir, aber dünn und viel Licht strahlen ... Ich nur kurz gesehen, die verschwinden bald, waren sehr schön ..." , Tusca nickte und lächelte Tiberios glücklich an, "Ich nicht vergessen ..."


    Dann zeigte Tiberios auf eine Baumgruppe, auf ein kleines Wäldchen, aber schattig und schön anzusehen und sagte, das ist der Hain, Tusca schaute sich um und war etwas überrascht, aber zufrieden.


    "Oh, Tiberios, ist aber hier schön... und Bäume ...und grün ... " Es war natürlich kein großer Wald, überlegte Tusca, aber ... und als ihr dann auffiel, dass Tiberios seinen Kopf senkte und bekümmert aussah, fügte Tusca noch hinzu, "Tiberios, danke ... nicht Wildnis brauche, hier Wald klein, aber bezaubernd und im Grünen...", Sie lächelte ihn dankend an und berührte sanft seine Hand.

  • Tiberios nahm wieder Tuscas Hand und führte sie zu dem uralten Reliefstein der Anna Perenna, der Nymphe des Hains. Noch waren die Mädchen nicht hier gewesen, sie zu salben und zu schmücken, und das Wintergrau lag über den sonst so leuchtenden Farben.

    Tiberios legte seine Bronzetafel ab, sein Stand spielte keine Rolle.

    Der Kult um die römische Göttin Anna Perenna galt als publice et privatim, öffentlich und privat, und er war nur einfach als Tiberios mit Tusca gekommen. Dafür setzte er sich nun den zweiten Kranz aus Myrthenblättern auf seinen Kopf und zog seine Sandalen aus. Mit einem sauberen Tuch, das er mit etwas Wein benetzte, säuberte er den Altar und den Weihestein von heruntergefallenen Blättern und Weben. Er hatte weder Weihrauch noch Kohle dabei, aber er legte ein sauberes Tuch aus dem polos, dem Opferkorb, hin. Dort richtete er die beiden Schläuche mit Milch und Wein und das Töpfchen Honig. Er hob die Arme und betete laut:

    "Anna Perenna, Mutter des Jahres, Immerwiederkehrende, sei meinem Opfer und meinem Gebet geneigt. Wir bringen dir bescheidene Gaben, um dich zu ehren. Ich bitte dich zunächst um deine Gunst für die Gens Furia und besonders meine Herrin. Dann bitte ich dich um deine Gunst für meine Mutter Caenis."

    Caenis Begräbnisriten waren nicht durchgeführt worden und kein wohlmeinender Gott hatte sie in eine Nymphe verwandelt, doch da sie Tiberios immer noch beschäftigte, war sein Gebet auch apotrópaios, unheilabwehrend. Solche Toten waren zu fürchten. Tiberios hoffte, endlich frei zu sein von ihr und ihren wütenden Geist zu versöhnen. Dann würde auch die Wut aus seinem eigenen Geist verschwinden.


    Er nahm die Hände hinunter und ging zur rechten Seite ab. Dann wartete er darauf, dass auch Tusca der Göttin opferte und ihrer verlorenen Familie gedenken konnte.

  • Die beiden standen nun vor dem Reliefstein der Anna Perenna, der Nymphe des Hains. Tusca beobachtete Tiberios Handlungen mit Ehrfurcht. Wie er seine Sandalen auszog und den Altar säuberte. Sie befolgte das Opferritual, das der Grieche nun vollbrachte und schaute das alles interessiert und aufmerksam an. Als Tiberios dann angefangen hat laut zu beten, senkte sie ihre Augen und hörte zu.


    Tusca konnte der fremden Göttin weder opfern noch zu ihr beten, sie kannte die nicht und hatte keine Verbindung zu Anna Perenna. Sie stand einfach mit ihrem Kranz auf dem Kopf da und betete leise zu Belenus und zu der strahlenden Brigid. Dann holte sie aus ihrer Beutel auch einen kleinen Schlauch mit Milch und einen kleinen Becher mit etwas Honig. Diese Gaben legte sie neben Tiberios Opfer und schwieg eine Weile, in Gedanken an ihre Familie vertieft. Dann seufzte sie schwer und blickte Tiberios an,


    "Danke dir, Tiberios, sollen wir jetzt Heim gehen, mir ist kalt ..."

  • Tiberios verstand: Im Gegensatz zu ihm schien Tusca nicht daran zu glauben, dass die Götter immer die gleichen waren, und bei anderen Völkern nur andere Namen trugen. Und sie dachte wohl nicht daran, dass Anna Perenna auch in Britannia zu finden war. Das machte nichts, die Göttin würde das verzeihen und die gute Absicht sehen, Anna Perenna war gütig.

    Als Tusca nun opferte und leise betete, schwieg der furische Sklave respektvoll. Er hoffte, sie konnte mit den Geistern ihrer Familie sprechen, und sie würden sehen, welch wundervolle junge Frau aus Tusca geworden war. Sie würden ihre Tapferkeit sehen, ihre Schönheit und ihre Traurigkeit.

    Als Tusca nun seufzte, lächelte Tiberios ihr aufmunternd zu:

    " Dir, der Keltin aus dem Norden, ist kalt?", er zog seine Chlamys aus und legte sie Tusca um die Schultern: "Ich bringe dich heim, liebe Tusca"

    Heim, das war nun bei Domina Clara so wie seines bei Domina Stella war.

    Tiberios ließ seinen Arm einen Moment länger auf Tuscas Schulter als notwendig, dann zog er den Arm zurück. Er wusste bei Tusca nie so genau, was sie wünschte.


    Sie gingen. Zumindest Tiberios war es leichter ums Herz. Er hoffte, den daimon seiner Mutter besänftigt zu haben, und dass sie ihn nicht mehr verfolgen würde.

    Was in Tusca vorging, wusste er leider nicht.

  • Tusca zitterte am ganzen Körper, es war ihr abwechselnd heiß und kalt. Sie fühlte Tiberios warme Hand als er seinen Mantel um ihre Schultern legte und sie wünschte, er würde sie in Arm nehmen, so elend fühlte sie sich, aber es war nicht sittlich und so entfernte sie sich etwas von ihm, "Tiberios, Tusca krank ... Fieber ... wie bei Domina Cla'ra ... ich das gut kennen". Sie schwankte etwas, dann aber nahm sie seine Hand und drückte sie leicht, "Wir gehen schnell ...". Ein starker Husten überkam sie. Waren ihre Götter vielleicht böse mit ihr? dachte Tusca, denn sie war niemals krank.

  • Tiberios zog Tusca an sich und stützte sie, während sie auch schon von Husten geschüttelt wurde. Wie konnte es sein, die Keltin war Kälte gewöhnt, mehr als er. Dann dachte er an das, was er über das contagion wusste, und dass die Ärzte der Ansicht waren, Kranjkheiten sprangen in der Luft von einem Menschen zum anderen über, sofern der die unglückliche Disposition hatte."Domina Clara hatte kürzlich Fieber?", fragte er besorgt:

    "Keine Angst, Tusca, ich bringe dich nach Hause, keine Angst."

    Die Keltin schwankte etwas. Tiberios hielt sie fest, und trotz der Kälte glühte ihr Körper:

    "Wir gehen einen Schritt vor den anderen.", sagte er:

    "Anna Perenna, gnädige Mutter hilf uns, ich will dir an deinem Fest Blumen bringen" und: "Apollo Medicus, Heilgott, der du das große Rom und die Stadt Figalia von der Pest befreit hast, hilf Tusca und ihrer Domina Clara und ich werde dir opfern, was immer du verlangst... ", Tiberios fühlte Tuscas heiße Hand in der seinen und sich ganz elend vor Sorge:

    "Schritt für Schritt, komm, liebe Tusca", wiederholte er.

  • Tiberios hat Tusca gestützt, denn sie konnte alleine nicht gut gehen. Sie hatte schreckliche Kopfschmerzen und konnte kaum noch ihre Umgebung wahrnehmen.


    Sie hörte aber, wie Tiberios betete und versprach, sie nach Hause zu bringen. Tusca nickte dankend, "Domina Cla'ra Fieber oft ... sie kranke Domina", mehr konnte sie nicht sagen, hat nur sich an Tiberios gelehnt und so gingen sie Schritt für Schritt weiter. "Nach Hause?... Ich kein Zuhause habe ".

  • "Doch, du hast ein Zuhause, Tusca. Es ist bei denen, die dich lieben. Es ist bei Domina Duccia und wenn du es möchtest, ist es auch ein wenig bei mir.", sagte Tiberios.:

    "Gehen wir langsam."


    Er zermarterte sich den Kopf, welchen Fehler er begangen hatte. Aber er fand ihn nicht. Ob die italischen Götter ihnen zürnten? Aber nein, ihr Stand war ihnen gleich, nur die Menschen waren es, die darauf Wert legten. Das Gebet oder der Fluch eines Sklaven galt im privaten Kult das gleiche wie das eines Freien. Auch in die Mysterien wurden sie eingeweiht. Nur die öffentlichen Kulte waren etwas anderes, aber ein öffentlicher Kult war nicht beleidigt worden.


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