Hier finden die regelmäßigen Besprechungen mit dem jeweils amtierenden Procurator ab epistulis statt, um den Kaiser so immer auf dem Laufenden zu halten
/span>Besprechung mit dem Procurator ab epistulis
-
-
Wieder einmal hatte der Procurator ab epistulis einen ganzen Stapel an Briefen, die er mit Gnaeus Septimius Antoninus Augustus besprochen haben wollte. So nickte der Kaiser am heutigen Tag einige Bittgesuche ab, von der Versetzung eines Beamten bis hin zur Standeserhebung. Einige andere lehnte er rigoros ab oder verschob sie auf einen späteren Zeitpunkt. Wenn man sich allen Wünschen beugte, nahmen die Leute sie als selbstverständlich hin und hielten einen für schwach, während wenn man zu rigoros war, man schnell als Tyrann verschrien war. Es galt also, das rechte Maß zu finden und den richtigen Leuten einen gefallen zu tun, während man die anderen nicht gleich vergraulte, aber im Zaum hielt.
Nachdem der Kaiser nun also den Legatus Augusti pro Praetore von Britannia ausgetauscht hatte und dem neuen Statthalter ein entsprechendes Schreiben zukommen zu lassen, wandte er sich wieder an seinen Procurator. "Gibt es sonst noch etwas?" fragte er mir der Tonlage eines Mannes, der dieselbe Aufgabe schon seit Stunden erledigte und allmählich müde wurde.
"Die Virgo Maxima hat dir einen Brief geschrieben. Eine der Vestalinnen ist verstorben – Aemilia – und sie bittet dich in deiner Aufgabe als Pontifex Maximus darum, zeitnah ein Mädchen als Ersatz zu ergreifen."
Der Kaiser schaute verwirrt auf. "Und das sagst du erst jetzt und nicht gleich am Anfang unseres Termins?" fragte der Kaiser etwas ungehalten. Die Vestalinnen standen unter seinem persönlichen Schutz und ihre Reinheit war Garant für die Stabilität seiner Herrschaft! Kein Kaiser konnte auf ein stabiles Reich hoffen, wenn das Kollegium seine Aufgabe nicht versah! Antoninus war zwar nun nicht übermäßig religiös oder gar abergläubisch, aber gewisse Dinge musste ein Kaiser beachten, wenn schon nicht für sich selber, dann für die Bevölkerung Roms!
Ungehalten brummelte Antoninus noch ein wenig weiter in seinen Bart, ehe er sich der eigentlichen Sache zuwandte. "Gut, eine neue Vestalin also. Habe wir irgendwelche Vormerkungen von den bekannten Familien oder dergleichen?" Ab und zu, insbesondere, wenn sich die Amtszeit einer Vestalin dem Ende zuneigte oder aber, wenn aufgrund von Krankheit schon absehbar war, dass ein Platz bald frei werden würde, boten vorausschauende Väter ihre Töchter schon an, um den Platz dann zu gegebener Zeit zu füllen. Oder auch kurz nachdem eine Vestalin gestorben war. Nicht oft, aber ab und zu kam es vor.
Aber der Procurator sah nur auf seine Tafel und schüttelte den Kopf. "Mir ist nichts davon bekannt. Aber ich werde noch einmal nachforschen und mit deiner Erlaubnis auch nochmal die Nobilitas darauf aufmerksam machen, dass jetzt ein guter Zeitpunkt wäre, ihre Töchter anzubieten."
Antoninus seufzte leicht. Wär auch zu schön, wenn es einfach gewesen wäre! Dass viel dabei herauskommen würde, wenn die noblen Familien Roms angesprochen würden, bezweifelte Antoninus. Die meisten wollten ihre Töchter lieber für eine politische Ehe verheiraten. "Bitte nur subtile Anfragen. Es soll nicht der Eindruck entstehen, wir hätten das nötig", sagte er also und überlegte, wie denn die alternative Vorgehensweise war. Allzu häufig war er noch nicht in Verlegenheit gekommen, eine Vestalin ergreifen zu müssen. Manche Kaiser kamen überhaupt nie in diese Verlegenheit, da, wenn alles gut lief, eine Vestalin mindestens 30 Jahre lang diente, die wenigsten Kaiser aber 30 Jahre lang herrschten.
"Informiere auch das Collegium Pontificum, sie sollen eine Liste von 20 Mädchen mit Hilfe des Tabulariums erstellen, deren Eltern die notwendigen Voraussetzungen erfüllen. Sollte sich keine Jungfrau anbieten, dann soll Vesta ihre Dienerin durch das Los bestimmen." Auch wenn Antoninus hoffte, dass es nicht so weit kommen würde.
-
Der Procurator ab epistulis hatte offenbar aus der letzten Rüge gelernt. Als die Antwort des Collegium Pontificium bezüglich der Causa Vestalis kam, lag dieses Schreiben ganz oben auf dem ansehnlichen Stapel und wurde auch als erstes von diesem vorgestellt. Gnaeus Septimius Anoninus Augustus schmunzelte in sich hinein, ließ sich aber die Liste der Mädchen vorlegen. Es waren verdammt viele Namen darunter, bei denen er keine Ahnung von der Familie hatte. Er seufzte leicht. "Und es hat wirklich kein patrizischer Haushalt seine Tochter vorgeschlagen? Und auch bei meinen rittern niemand?" Fürchterlich, die nachlassende Religionsmoral in Rom. Nicht einmal mehr Vestalinnen fand man ohne Druck von außen!
"Nun gut. Dann wollen wir die Angelegenheit bald hinter und bringen. Welche Termine stehen denn an, wo könnte man die Captio denn noch reinquetschen?" Antoninus wollte es so schnell wie möglich hinter sich gebracht wissen, damit der Staatsfrieden wieder sichergestellt war. Und, damit er sich um andere Dinge kümmern konnte.
"Nun, die Ludi Plebeii stehen an, da müssten wir zumindest ein wenig Rücksicht nehmen. Und an den Iden des November natürlich das Epulum Iovis, was dem Ganzen entgegensteht. Es sollte natürlich auch kein dies ater sein…."
"Wann hab ich gefragt, nicht, wann es überall nicht geht" grummelte Antoninus ungehalten. Vielleicht brauchte er bald mal einen neuen Procurator, der schneller auf den Punkt kam.
Der Mann schien den Gedanken gehört zu haben, denn er beeilte sich. "Ich würde fünf Tage vor den Iden des November (09.11.) vorschlagen. Dann sind die großen Spektakel der Ludi vorbei und die Leute noch in Feierlaune. Und ein Tag nach dem Ehrentag der Mania…"
Antoninus winkte ab. Ihm war alles recht. "Ja, machen wir es so. Sendet ein Schreiben an die Pontifices und macht eine entsprechende, öffentliche Ankündigung. Und bereitet auch das ganze Drumherum vor." Damit war das wohl endlich einen Schritt weiter. "Was gibt es sonst noch?"
-
Und wieder gab es einen ganzen Schwung an Briefen abzuarbeiten. Neben der Post aus den Provinzen und den üblichen Berichten und Bittschriften waren zum Ende eines Amtsjahres auch wieder jede menge Bittschriften fleißiger Patrone, die für ihre Klienten entweder Posten als Tribun irgendwo haben wollten oder eben andere Vergünstigungen und Standeserhebungen. So fand sich auch der Brief von Aurelius Lupus erstaunlich weit oben im Stapel und wurde dem Kaiser vorgelesen.
"Haben wir denn gerade freie Plätze im Senat?" erkundigte sich Gnaeus Septimius Antininus Augustus, der nicht die Sitzreihen übermäßig füllen wollte. Immer wieder starb ein Senator oder schied aus sonstigen Gründen aus, aber meistens rückte dann auch gleich ein begieriger verwandter nach. Und die Tiberier hatten gerade keinen Mann im Senat, soweit er das im Kopf hatte bei bis zu 600 Senatoren, wenngleich einige davon nur den Titel ehrenhalber führten und irgendwo in der Provinz auf ihren Landgütern saßen.
Der Procurator aber nickte und zählte all diejenigen auf, die in den letzten beiden Jahren ausgeschieden waren, bis der Kaiser abwinkte. "Nun gut, tun wir ihnen den Gefallen. Bereitet die Erhebungsurkunde und alles für die Unterschrift vor und legt sie mir dann auf den Stapel", entschied er dann großzügig und widmete sich daraufhin auch schon dem nächsten Fall.