Ja, ich war mir bewusst, dass ich mich hatte hinreißen zu lassen, meine temperantia für den Moment komplett über Bord zu werfen. Ich hatte die Stimme gegen meinen Mann erhoben und klagte ihn an. Ja, ich wusste, dass ich nicht in der Position war, so mit ihm zu sprechen, denn letztendlich war ich immer noch nicht meiner Pflicht nachgekommen. Doch in mir war gerade etwas kaputt gegangen. Das Bild, welches ich bis eben noch von meinem Mann hatte, war gerade in tausend Splitter zerborsten, die nun alle mein Herz torpedierten. Hatte ich bis eben noch geglaubt, mein Mann würde nur mich begehren und müsse sich nicht in die Arme einer Anderen begeben, war ich gerade eines Besseren belehrt worden. Es würden sogar zwei andere Frauen sein, was alles für mich noch schwieriger machte. Auch wenn es Sklavinnen waren und auch wenn er es von seinem Onkel aufgetragen bekommen hatte, machte es für mich nicht leichter. Wenn er in Zukunft nun zu mir kam, würde ich ständig den Duft dieser beiden Frauen riechen, auch wenn vielleicht dieser Geruch gar nicht existent war. Ständig würde in meinem Bewusstsein das Wissen lauern, dass er sich in die beiden versenkte, so wie er sich in mich versenkte, wenn wir beieinander lagen .Nein, die Zeit der Rücksichtnahme und der Leichtigkeit war ein für allemal vorbei! Davor hatte ich mich die ganze Zeit so gefürchtet. Von nun an würde nichts mehr so sein, wie es einmal war. Ich war in der grausamen und bitteren Realität meines Daseins angekommen.
Er hatte mich am Arm gepackt und zog mich zurück zu dem Korbsessel, aus dem ich mich gerade erst erhoben hatte und drückte mich dort wieder hinein. Dann beugte er sich über mich, so dass es für mich kein entrinnen gab. Ja, in diesem Moment hatte ich Angst. Angst vor ihm! Das war nicht der Mann, den ich kannte und liebte. Nun, da er mich dort hatte, wo er es wollte, erhob auch er seine Stimme gegen mich und wieß mich zurecht. Seine Worte kränkten mich und ja, ich wusste was auf dem Spiel stand. Gerade diese Last quälte mich doch schon seit Monaten!
Mein Gesicht nahm einen schmerzverzerrten Ausdruck an in Anbetracht meiner Machtlosigkeit. Die Tränen wollten mir in die Augen steigen. Doch nein, ich würde nun nicht in seiner Gegenwart losheulen! "Lass mich!" entgegnete ich in meiner Hilflosigkeit nur. Ich wollte, dass er mich nicht weiter bedrängte. Eigentlich wollte ich, dass er mich in Ruhe ließ und endlich ging, damit ich meinen Tänen freien Lauf lassen konnte. Ich wünschte, meine Tante wäre jetzt hier bei mir. Sie würde mir beistehen und mich trösten. Doch niemand würde mich nun tösten. Niemand würde mir meinen Schmerz dieser Kränkung linden. Ich war gerade ganz allein auf mich gestellt. Davor hatte ich am meisten Angst. Dieses Haus, dass zu meiner neuen Heimat geworden war, fühlte sich plötzlich so fremd, ja fast schon feindselig an. Doch ich wusste, dass es von hier kein entrinnen gab.