GRAPHEION (Officium) Synhodiarches Waballat ben Attar Athenodoros

  • Alexandria >>>


    Ich war aus Alexandria eingetroffen und hatte mich sofort in das grapheion unseres Gastgebers führen lassen, um ihm Bericht zu geben, ohne zu versuchen, Nilofer zu sehen.

    Offiziell war ich mit ihr zerstritten und sie würde heiraten, daher durfte sie für mich in der Öffentlichkeit nichts mehr sein als die zukünftige Gattin meines Gönners. Ich hoffte aber sehr, ich konnte sie alleine sprechen, wenn Athenodoros Wachsamkeit nachließe.

    Ihr verzweifelter Satz:

    phRaOTeS, biTTe kOmm SO SchNell ZURUeck, Wie dU NUR kaNNST. AleXaNdeR iST hieR iN palmYRa. wiR mUeSSeN VON hieR flieheN!

    lag mir schwer auf der Seele. Auch wenn ich mich freute, dass dem Jüngling, der an allem was sein Vater tat, wohl keine Schuld trug, nichts Böses zugestoßen war.

    Ich bemühte mich also darum, dass angemessen traurige Gesicht eines Mannes zu machen, der einem anderen äußerst schlechte Nachrichten brachte und wartete, bis Athenodoros Zeit für mich hätte.



    Eneigke lupēn kai blabēn emschēmόnos - Mit angemessenem Anstand trage Trauer und Verlust! *


    Sim-Off:

    *nach Chariton von Aphrodisias

  • Durch Zufall hatte ich auf dem Gang zwei Sklavinnen belauscht, die sich darüber ausgetauscht hatten, dass 'der Parther' der von der kyria, also mir, einen Korb bekommen hatte, wieder zurückgekommen sei und nun im Grapheion auf den Hausherrn wartete. Davon musste ich mich unbedingt selbst überzeugen! Also schlich ich mich bis hin zu jenem Raum. Dabei sah ich mich ständig um, damit mich niemand beobachtete. Dann linste ich vorsichtig hinein und tatsächlich, da war er! Phraotes, mein Geliebter war zurück! Er hatte also tatsächlich meine Nachricht erhalten und hatte sie auch richtig gedeutet! Dann zeigte ich mich ihm kurz und wisperte ihm etwas zu: "Liebster! Ich bin so froh! Lass uns später auf dem parthischen Markt treffen! Hier ist es zu gefährlich." Dann verschwand ich schnell wieder, denn Athenodoros sollte mich hier nicht sehen! Wie gerne hätte ich ihn in die Arme geschlossen! Doch das musste zunächt auf später verschoben werden.

  • Wenig später kam Athenodoros und setzte sich. Er bemerkte die Niedergeschlagenheit des jungen Parthers wohl, und er dachte bei sich: So sehen Verlierer aus!

    Da er selbst jedoch glänzender Laune war, gestattete er sich ein großmütiger Sieger zu sein:

    "Chaire Phraotes, gut dass du wieder heil hier bist.", begrüßte er ihn:

    "Was hast du über meinen Sohn Alexandros herausbekommen können?"


    Und da seine Großmütigkeit keine Grenzen kannte, ließ er zugleich nach Idunah rufen, die er mit Nilofers Einverständnis Phraotes schenken wollte, auf dass sie sein Lager wärme und ihn hinweg trösten würde über den Verlust der hinreissendesten Frau des Erdenrundes, Nilofer, die sich letztendlich für die bessere Partie erschieden hatte.


    "Schick mir Idunah hierher!", befahl er einem der mandeläugigen Knaben, die Botendienste verrichteten.

  • Jener mandeläugige Knabe eilte sich, den Befehl des Herrn umgehend auszuführen und die rothaarige Sklavin auf direktem Weg zu ihm zu führen. Iduna befand sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt im cubiculum ihrer Herrin und sortierte dort einige Duftwässerchen. Während das Fenster geöffnet stand und ihr Blick immer wieder mit einem sehnsüchtigen Blick hinaus schweifte. Wenn sie doch nur die Möglichkeit hatte. Andererseits wollte sie Nilofer nun auch nicht unbedingt in Gegenwart des Herrschers belassen. Denn irgendwie war ihr die junge Partherin ans Herz gewachsen. Und wie würde Angus erst reagieren, sollte er Palmyra erreichen und sie nicht vorfinden.


    Ein Gedanke der Iduna unwillkürlich schwindelte, so dass sie sich reflexartig am Fensterbrett festklammerte und langsam ein- und wieder ausatmete. Angus würde sie finden, dessen war sich die Rothaarige sicher. Zumindest klammerte sie sich verzweifelt an diesen Gedanken und schrak regelrecht zusammen, als sie von einem Sklaven angesprochen wurde. Wie kam der denn hier hinein? Und wieso hatte er sich so angeschlichen? Fragend drehte sich Iduna langsam herum und blickte dem mandeläugigen Sklaven nicht minder fragend entgegen. Doch dieser wies nur aus der Türe und gebot ihr ihm zu folgen.


    Etwas unwohl war Iduna dann doch, als sie sich über ihr Kleid strich und dem Sklavenjungen lautlos folgte. Durch die Gänge, bis sie schließlich vor einer Türe stehen blieben. Ein klopfen des Sklavenjungen an der Türe erklang und diese schwang beinahe lautlos auf. Der Sklavenjunge blieb vor der Türe stehen, deutete Iduna jedoch an, einzutreten. Bevor sich die Türe hinter ihr schloss. Da die Rothaarige nicht wusste was ihr bevorstand, trat sie vorsichtig und Schritt für Schritt näher. Um schließlich gar grazil zu Boden zu sinken. Niedergeschlagen ihr Blick, so kauerte Iduna auf dem Boden und wartete darauf, bis sie entdeckt werden würde.

  • "Liebster! Ich bin so froh! Lass uns später auf dem parthischen Markt treffen! Hier ist es zu gefährlich." Dann verschwand ich schnell wieder, denn Athenodoros sollte mich hier nicht sehen! Wie gerne hätte ich ihn in die Arme geschlossen! Doch das musste zunächt auf später verschoben werden.

    Nilofer war noch genauso hinreißend wie ich sie in Erinnerung hatte, und ich schluckte, als ich sie sah, aber gehetzt wirkte sie, als hätte sich die Schlinge der Gefahr, die uns umgab, noch enger zugezogen:

    "Wir sehen uns ...", sagte ich gleich, doch da entschwand sie schon wie ein Traum, und keine Minute zu früh, denn schon nahte Waballat, und er sprühte vor guter Laune.

    "Schlechte Nachrichten o Athenodoros", erwiderte ich auf seine Frage und gab den Namen des Zeugen und was der angeblich berichtetet hatte:

    "Der junge Alexandros ben Attar wurde auf dem Weg nach Alexandria von Sklavenhändlern entführt und in den Osten verschleppt. In Ktesiphon oder im Westen unseres Reiches ist er gewiss wieder zu finden. Aber er kann auch schon in der Persis oder in Indien sein, und ...", ich sprach nicht weiter und senkte als sei ich ergriffen das Haupt. Im Osten bestand man bei versklavten Jünglingen meist auf der dunklen Operation, und es starben viele wegen dieses Eingriffs:


    Etwas unwohl war Iduna dann doch, als sie sich über ihr Kleid strich und dem Sklavenjungen lautlos folgte. Durch die Gänge, bis sie schließlich vor einer Türe stehen blieben. Ein klopfen des Sklavenjungen an der Türe erklang und diese schwang beinahe lautlos auf. Der Sklavenjunge blieb vor der Türe stehen, deutete Iduna jedoch an, einzutreten. Bevor sich die Türe hinter ihr schloss. Da die Rothaarige nicht wusste was ihr bevorstand, trat sie vorsichtig und Schritt für Schritt näher. Um schließlich gar grazil zu Boden zu sinken. Niedergeschlagen ihr Blick, so kauerte Iduna auf dem Boden und wartete darauf, bis sie entdeckt werden würde.

    Dann öffnete sich die Porta und eine hübsche junge Frau trat ein, und da sie sich mir, einem Fremden, so ohne ihren Kopf zu bedecken zeigte und sich hinkauerte, musste es eine Sklavin des ben Attar sein. Ich sah ihren gebeugten weißen Nacken und das Haar, welches wie Kupfer schimmerte. Ja, der Alte hatte Geschmack, und ich war sehr dafür, dass er sich hübsche Dienerinnen kaufte und dafür Nilofer und mich in Frieden endlich unser Leben leben ließe.

  • "Schicksal - Tyche.", sprach Athenodoros.

    Alexandros war immer weich und sensibel gewesen, zu weich für seinen Geschmack, und sein junger Erzieher, ein Grieche, hatte diese Tendenz noch verschärft. Er wäre nie ein guter Geschäftsmann geworden, nie ein Anführer, nie ein kühner Wüstenreiter und Herr über eine phyle, einen Stamm. Und vielleicht hatte er Alexandras Wahnsinn geerbt. Nein, Alexandra im Kerker war eine lebende Tote, und ihr Sohn war nun rechtlich tot, ein toter Lebender, ein Sklave in den unermesslichen Weiten zwischen Palmyra und dem Reich der Serer.

    Athenodoros erinnerte sich tatsächlich einen Moment daran, wie viele Hoffnungen er in den Jungen gesetzt hatte. Er erinnerte sich an einen Knaben, der Pferde über alles liebte, der von seinem Namensvetter, dem großen Alexander, sprach, der lebhaft und witzig war. Und einen Moment sah er die Schatten von drei Menschen vor sich: den Knaben Alexandros, die Sklavin Kainis und deren Sohn. Sie saßen alle zusammen auf einer Kline und lächelten ihn an. Dann hob Tyche ihre Hand, und sie waren ausgelöscht, vergangen und im Schattenreich entschwunden. Ihr Lächeln verblasste, die leuchtenden Tage von Alexandria waren vorüber.


    Einen Moment lang nur dachte Athenodoros, dass es hätte anders sein können. Aber es war wie es war:


    "Das sind in der Tat schlechte Nachrichten, doch wer kann sich gegen qisma, Kismet, stellen? Ein Trost und eine Hoffnung werden mir jedoch sein, dass Nilofer, meine Braut, mir starke und mutige Söhne gebären wird. ", sprach er und beobachtete Phraotes unter gesenkten Lidern: Ja, du hast verloren, junger Parther, aber Athenodoros ist großmütig.


    Also schnippte er mit den Fingern und gab dem Botenjungen, der Idunah gebracht hatte, ein Zeichen, er solle sie antippen, auf dass sie ihn ansähe:


    "Phraotes, gräme dich nicht. Du wirst andere Aufträge erhalten und andere Reisen für mich machen. Und zum Zeichen meines guten Willens schenke ich dir diese erlesene jasminhäutige Sklavin mit dem Kupferhaar."


    Er deutete auf Idunah und dann auf Phraotes und sprach:


    "Idunah - Phraotes - despotés von Iduna. Du gehörst nun ihm, Mädchen. Komm her und knie vor deinem neuen Herren"

  • Das kleine Wörtchen –Schicksal- hallte in Idunas Köpfchen nach, als der bene Attar dieses Wörtchen in Gegenwart des jungen Mannes aussprach.


    “Tyche.“


    Wiederholte Iduna für sich im Stillen und ohne ihre Lippen zu bewegen. Vielleicht war dies alles Schicksal. Die Verschleppung durch die Banditen. Die lange Trennung von Angus und Aislin. Ihre neue Herrin, die hübsche Partherin Nilofer. Und wenn Angus endlich hier ankam, um sie aus ihrer Gefangenschaft zu befreien, dann würde sie ihm von Nilofer berichten und wie gütig sie von der Partherin behandelt wurde. Ganz anders der ältere Herr. Und als Iduna ihren Blick aus dem Augenwinkel in Richtung des Athenodoros gleiten ließ, spürte sie wie ein Schauer ihren Körper ergriff und sie sich unwillkürlich noch kleiner zusammen kauerte. So dass sie beinahe flach auf dem Boden auflag. Viel fehlte wahrlich nicht mehr.


    Das sachte schnippen von Fingern blieb Iduna dann doch nicht verborgen, auch wenn sie ihren Blick artig gesenkt behielt und die Fliesen betrachtete, auf denen sie kauerte. Jedoch konnte sie das antippen durch den Botenjungen nicht ignorieren. So dass sich Idunas Kopf langsam anhob und sie vorsichtig in Richtung der beiden Männer blickte. Jederzeit bereit ihren Blick abzuwenden, was ihr auch das liebste wäre.


    Denn als Iduna den Fingerzeit des Bene Attar bemerkte, fröstelte sie es innerlich. Was hatte das zu bedeuten? Das Wort despotés war Iduna mittlerweile geläufig und so ahnte sie, was hier gerade geschah. Sie würde verschenkt werden. Wie man eine goldene Brosche verschenkt oder ein anderes Schmuckstück.


    Als hätte sie den Älteren verstanden, erhob sich Iduna langsam, trat näher und kniete sich anschließend vor den jüngeren Dunkelhaarigen. Ihren neuen despotés, wenn man den Worten des Mannes Glauben schenken durfte.

  • Phraates, der Prinz, mein Freund und für mich immer der wahre Shahanshah hatte den Traum geträumt von Heliopolis, dem Reich, in dem alle Menschen gleich sein würden, und der König für das Glück der Untertanen verantwortlich war. Ich hatte gedacht, im Westen würde ich wenigstens eine Spur davon finden, aber hier war es nicht anders als anderswo, und Athenodoros war auch nicht anders.


    "Danke o Athenodoros, für deine Großzügigkeit", sprach ich, doch ich ahnte, dass er nur so großmütig war, weil er dachte, dass er mir Nilofer weggenommen hatte. Als ob tausend rothaarige Sklavinnen einen Fingernagel meiner Geliebten aufwiegen konnten!

    Die junge kniende Sklavin erregte mein Mitleid, sie trug keine Schuld an der Lage:

    " Cum - Steh ruhig auf!", sagte ich zu Idunah - welch seltsamer Name war das, auf Aramäisch und machte eine Handbewegung zu dem Stuhl neben mir:

    "Setz dich bitte dorthin."

    Ich hätte das Geschenk nicht zurückweisen dürfen, ohne den Ben Attar tödlich zu beleidigen, so nahm ich die Hand der Frau und lächelte sie an. Sie sollte wissen, dass sie mich nicht fürchten musste:

    "Du bist bestimmt eine gute Dienerin, und ich werde gut für dich sorgen.", fuhr ich fort.

  • Das war es dann auch für Athenodoros, mehr hatte er mit Phraotes nicht mehr zu besprechen, doch sehr selbstverständlich zählte er den jungen Mann nun zu seinen Bediensteten. Da hatte er im Gästetrakt oder gar in der Nähe seiner zukünftigen Braut nichts mehr verloren.

    Er winkte den Botenjungen, der Idunah hergeführt hatte, zu sich und befahl ihm: "Zeige Phraotes und seiner neuen Sklavin die Kammer, die nun ihm gehört." Sie lag zu der Prostas hin, dort wo sich auch die Männer aufhielten, wenn sie den Synhodiarches sprechen wollten, und sein Privileg war, dass er sie immerhin nicht mit anderen Karawanenbediensteten teilen musste:

    "Bald habe ich eine neue Aufgabe für dich. In der nächsten Woche sende ich eine Karawane nach Antiochia." Gratis durchfüttern würde er den jungen Parther nicht, er musste sich seinen Unterhalt verdienen.

    Aber eine Spitze hatte er noch:

    "Ich hoffe doch, aber du wirst wieder hier sein, wenn die Flötenspieler die bekränzte Nilofer in mein Haus führen. Es soll eine prächtige Hochzeitsfeier werden, und selbstverständlich sind auch meine Leute geladen und sollen nach Herzenslust essen und trinken. Ich warte nur noch darauf, dass die Schwiegereltern mit Jabel aus Ktesiphon eintreffen - keine Sorge, Phraotes, auch wenn sie zweifellos auf dich wütend sein werden, da du ihre Tochter zum Weglaufen überredet hast, stehst du unter meinem Schutz, und ihr Zorn wird verflogen sein, sobald sie erkennen, wie gut es meine schöne Braut getroffen hat. Du kannst dich nun ausruhen gehen"

    Das war das Zeichen, dass Phraotes entlassen war.

  • Nachdem sich Iduna vor dem jungen Mann zu Boden gekniet hatte, verharrte sie dort vollkommen regungslos. Auch wenn der mit Fliesen ausgelegte Raum mittlerweile ihre Knie aufscheuern musste, so drang doch kein Laut des Unmuts über ihre Lippen. Stattdessen hielt die junge Frau ihren Kopf gesenkt und ihre Hände sittsam auf ihre Oberschenkel gebettet. Dem Wortwechsel zwischen dem älteren Herrscher und ihrem neuen despotés lauschte sie dann doch mit gespitzten Ohren. Auch wenn sie nicht alle Worte verstand, so reimte sie sich den Sinn der Unterhaltung zusammen. Vielleicht lag sie mit ihrer Vermutung auch einfach nur daneben. Aber diese Unterhaltung drehte sich mit Sicherheit um die hübsche Partherin Nilofer.


    Die kaum wahrnehmbare Handbewegung ihres neuen despotés bemerkte Iduna und erhob sich im selben Moment. Dabei taumelte sie leicht und tat einen Schritt zur Seite, um ihr Gleichgewicht wieder zu erlangen. Als der junge Mann schließlich auf den Stuhl an seiner Seite deutete, biss sich Iduna leicht unwohl auf die Unterlippe. Er behandelte sie wie eine Gleichgestellte. Vielleicht war dies aber auch nur ein Trick, um herauszufinden, ob sie eine loyale Dienerin war. So wirkte Iduna tatsächlich etwas unschlüssig. Bis zu dem Moment, als sie seine Berührung spürte, wie er sanft nach ihrer Hand griff. Diese Berührung ließ Iduna dann doch handeln und so ließ sie sich vorsichtig auf dem ihr dargebotenen Stuhl nieder. Ihre Hände sittsam auf ihre Oberschenkel gebettet, während sie ihren Kopf gesenkt hielt.


    “Ich werde dir eine gute Sklavin sein despotés.“


    Antwortete Iduna mit leiser Stimme. Dabei drangen ihre Worte stockend über ihre Lippen, denn die hiesige Sprache verursachte ihr noch immer Probleme.

  • Porta>>>

    Der Spatz in der Hand...


    Athenodoros saß über seinen Geschäftsbüchern, die er zwar von einem Buchhalter führen ließ, aber selbst nachkontrollierte. Er erkannte am Klopfen an der Tür Anippe. Anippe war schon seit sie denken konnte sein Eigentum, und irgendwann hatte sich dann etwas wie, nein, nicht Freundschaft, eher Komplizität entwickelt:

    "Komm rein, Mädchen", sagte er. Eine kleine Pause würde ihm gut tun, und Anippe kam da gerade recht. Er wollte sie schon auf seinen Schoss winken, da bemerkte er, dass sie nicht alleine war. Im Schlepptau hatte sie zwei Männer und ein Bündel, das aber offenbar auf zwei Füßen laufen konnte.

    Die Männer sahen nicht so aus wie Leute, die der Synhodiarches der Bene Attar normalerweise empfing; für Unwichtiges hatte er Angestellte.

    Mit zusammengekniffenen Augenbrauen musterte er die Leute:

    "Wer seid ihr? ", fragte er ziemlich barsch.

    Er war aber eigentlich böse auf seine Sklavin. Was fiel ihr ein, zwielichtige Fremde einfach zu ihm durchzulassen?

  • RE: Der Spatz in der Hand...


    Der Hausherr schien ungehalten darüber, dass er gestört worden war, doch gewiss würde sich diese Emotion schnell wandeln, sobald er erführe welchen Schatz sie ihm da zurückbrachten. So nahmen Barnabas und Schmuel vor ihm Aufstellung mit Shahnaz zwischen sich, während Barnabas das Wort ergriff: "Chaire, oh mächtiges Haupt der Bene Attar! Wir sind Barnabas und Schmuel, zwei Diener deiner hohen Gunst und gekommen um dir dein Eigentum zurückzubringen!" Schmuel war ganz ergriffen von diesen Worten. Ach Vetter Barnabas, du findest doch immer die besten Worte!, dachte er bei sich. "Vetter Schmuel, wenn ich bitten darf...", "Oh, gewiss Vetter Barnabas!" Und eine Hand von Shahnazs linkem Oberarm lösend (den anderen behielt er darauf, damit sie nicht weg konnte) machte er sich an den Schnüren am Hinterkopf der Prinzessin zu schaffen. Gleich darauf löste sich der Beissschutz und er zog ihn ganz ab, sodass der Bene Attar das Gesicht von Shahnaz nun erkennen konnte. "Sieh her oh Großer! Sieh was uns in der Wüste südlich von Cara* ins Netz ging als wir auf der Vogeljagd gewesen sind, ein ganz prächtiger kleiner Spatz!" "Jau! Prächtiger kleiner Spatz! Und der gehört doch dem Herrn Waballat ben Attar haben wir uns gesagt!" Barnabas fiel seinem Vetter ins Wort in der Meinung, dass es wohl besser wäre, wenn er sprach. "Nun! Pflicht wie sie uns guten Geistern die... "verlorenes Eigentum" berufsmäßig nun einmal zu ihren rechtmäßigen Herren zurückbringen, auferlegt ist, haben wir nicht gezögert sofort hierher nach Palmyra zu eilen und dir dein Eigentum zurückzubringen und hoffen darauf, dass du diese selbstlose Tat mit viel entsprechendem Preis vergüten wirst, oh mächtigster der Nomaden." Der Kopfgeldjäger schloss seine Ansprache mit einer Art Verrenkung, die wohl eine elegante Verbeugung darstellen sollte.


    Shahnaz keuchte und atmete mehrmals tief durch als ihr die Halbmaske abgenommen wurde. Endlich frische Luft. Das tat so gut wieder frei atmen zu können. Nachdem sie genug geatmet hatte blickte sie hoch. Das Gesicht dieses ungewaschenen Barbaren war wieder vor ihr, jenes Gesicht, das sie so weit wie möglich hinter sich lassen hatte wollen. Trotz ihres geschwächten Zustands versuchte Shahnaz eine abweisende und undeutbare Miene aufzusetzen und nicht von dem Wilden wegzuschauen (wie hieß er nochmal? Bel Kyrios?). Er sollte merken, dass sie ihn nicht fürchtete und egal wie sehr sie in den Staub getreten wurde, sie war von königlichem Blut und daher immer weit über ihm stehend.


    Sim-Off:

    * = Kartenlink = Cara befindet sich ziemlich mittig auf dieser Karte des Südens der Provinz Syria, während Palmyra rechts oben zu finden ist.

  • RE: Der Spatz in der Hand...


    Athenodoros schaute etwas perplex auf Shahnaz und dann auf die beiden Sklavenjäger, die sich Barrabas und Schmuel nannten. Dann griff er halb gespielt, aber durchaus halb von Entsetzen über den desolaten Zustand seiner Sklavin gepackt sich an den Kopf: "Oh ihr hebräischen Einfaltspinsel, ihr Grausamen, was habt ihr mit meiner schönen Perserin getan? Angenehm war ihre Gestalt wie die Zedern eurer Heimat, schwarz und duftend ihr Haar wie Trauben, weiß ihr Antlitz wie das der göttlichen Allat. Meine Blume, meine persische Blume! Ihr habt sie mir zuschanden gemacht! Was soll ich nur mit ihr anfangen? Ich könnte sie höchstens den Römern verkaufen, die könnten mit ihr die Parther erschrecken! Besser wäre es gewesen, ihr hättet sie in der Wüste sterben lassen, als so mein Auge zu beleidigen. Und ihr wollt noch Lohn? Wie dreist ist das? Eher sollte ich euch vor den römischen Praetor bringen, um euch auf Schadensersatz zu verklagen!"

    Wenn die Sklavenjäger gewieft waren, würden sie ganz ruhig bleiben. Wabballat ben Attar Athenodoros hatte lediglich angefangen, zu feilschen.


    Er stand nun auf und ging einmal um Shanaz herum: "Tu nicht so, als würdest du kein Wort verstehen. Ich habe Ezra ben Abraham schon genug Geld dafür bezahlt, dass du meine Sprache lernst.", sagte er: "Für dein Weglaufen werde ich dich bestrafen - oh keine Sorge, nichts was deine zarte Haut oder das, was davon noch übrig ist, verletzt." Auch wenn die Perserin nicht alles verstand; Athenodoros grimmige Miene sprach Bände.


    Er warf einen Blick zu Anippe, die ganz still und ängstlich in der Ecke stand. Fürchtete sie sich? Das war gut: "Nachher wirst du mir Shanase wieder menschlich herrichten, baden und ihr neue Kleidung geben. Aber bleib nicht alleine mit mir, das Weib hat einen Djinn im Leib. Nimm zwei Diener mit Knüppeln mit. Dann sollen ihre Hände gefesselt werden, und ihr bringt sie wieder her."

  • RE: Der Spatz in der Hand...


    "Natürlich, Herr, ich werde mich gleich um alles kümmern.", sagte Anippe und schaute Shanaz mitleidig an. Sie hätte sich in ihrer Lage Athenodoros zu Füßen geworfen, gejammert und um Gnade gefleht; das war zwar nicht sonderlich würdevoll, aber meist kam man mit einem blauen Auge davon. Und was sollte Anippe mit Würde anfangen, sie war eine Sklavin?

    Die Perserin tat jedoch nichts desgleichen. Sie benahm sich nicht wie eine Dienerin, obwohl sie schrecklich zugerichtet worden war, und Anippe dachte, dass sie es auch nie lernen würde. Shanaz war einfach anders als sie. Sie würde nie damit aufhören, sich wie eine Prinzessin zu benehmen, selbst wenn sie dabei drauf ginge.

    Anippe verstand das nicht wirklich, aber sie hatte die unbeugsame junge Frau, die ihr so viel Ärger einbrachte, dennoch irgendwie gern. Shanaz war sehr schön. Und für Freundlichkeit war sie durchaus dankbar.

    Anippe sagte ihr die aramäischen Wörter für "baden" "kämmen" "essen" und "ausruhen" Aber über die Drohung, dass sie bestraft werden sollte, schwieg sie.

  • Shahnaz hatte in der Tat nicht vor sich zu erniedrigen, wozu auch? Sie sah ihrem Herrn festen Blickes an als er mit ihr sprach und antwortete dann: "Ich verstehen... dich, Bel Kytios", verbunden mit einem Blick der ihm mitteilen sollte, dass sie sich von ihm bestimmt nichts unterschieben lassen würde wie Furcht vor ihm oder das absichtliche Nichtverstehen aus Angst vor Konsequenzen. Auch wenn das zusätzliche Schmerzen geben sollte, als eine geborene Prinzessin Persiens durfte sie keine Schwäche zeigen. Ihr Vater sollte auch in ihrer Gefangenschaft bei den Barbaren stolz auf sie sein können, auch wenn es schwer war. Solange niemand Anstalten machte sie aus den Raum zu führen blieb Shahnaz stehen wo sie war (zwischen ihren Häschern) und ließ den Blick dann immer wieder zu Anippe wandern, während sich gerade niemand mit der Perserin direkt unterhielt. Jetzt wo sie wieder zurück war musste sie sich wieder an das Sklavenmädchen halten, bestimmt wäre sie eine brauchbare Verbündete.


    So verhandelten die Sklavenjäger weiter mit dem Nomadenherrn. Während Schmuel weiter die Hand auf Shahnaz ließ um sie zu halten, ging Barnabas auf ein Knie und tönte mit ausgebreiteten Armen: "Wir müssen uns um den Zustand der Ware in der Tat bei dir entschuldigen, oh Waballat von den Bene Attar, doch es sei dir versichert, dass wir nur das nötigste an Halterungen an sie angelegt haben! Sie war einerseits schon in einem desolaten Zustand als wir sie in der Wüste fanden, andererseits wohnt in ihr auch der Geist einer wilden Berglöwin, weshalb wir sie zu unserem und auch zu ihrem eigenen Schutz fesseln und das Maul fixieren mussten um sie unbeschadet transportieren zu können!"

    "Jau, zu unserem Schutz! Schau nur wie die beissen kann großer Herr!" schaltete sich Schmuel ein und hielt die Hand mit Shahnazs tiefen Bissmarken hoch zum Zeichen, dass sie gefährlich wäre. Barnabas schluckte seinen Ärger darüber hinunter, dass sich schon wieder sein einfältiger Vetter ins Gespräch eingebaut hatte und fuhr fort: "Du siehst also wir haben nur die nötigen Maßnahmen ergriffen, um sie so unbeschadet wie möglich zu dir zurückbringen zu können, wir haben also erwiesenermaßen nur das allerbeste für die Ware im Sinn gehabt! Und jetzt wo wir vor dir stehen und auch dein Eigentum zu dir zurückgekehrt ist möchten wir deine geschätzte Zeit nicht länger verschwenden als unbedingt nötig. Auch andere entflogene Vögelchen warten darauf zu ihren Herren zurückgebracht zu werden so wollen wir uns also baldmöglichst wieder zurückziehen. Doch bevor wir gehen möchten wir noch untertänig um ein wenig Lohngeld bitten für unsere Mühen und zur Deckung unserer Unkosten. Sagen wir... 150 Sesterze? Allein für den hohen Herrn ein besonders niedriger Preis für unsere bescheidenen Dienste!"

  • Der Preis war an für sich nicht unrecht, denn Shanaz war vielfaches wert, aber Athenodoros wäre nicht er selbst gewesen, hätte er nicht noch versucht, ihn etwas zu drücken: "Nun ja, die Sklavin gehört wirklich mir. Ihr habt sie mir wiedergebracht, und daher bedanke ich mich und möchte euch nicht länger aufhalten. Shlomo - gehet in Frieden, ihr guten Sklavenjäger. Ich zahle euch für eure Dienste fünfundzwanzig glänzende Drachmen, aus gutem alten Silber, das mögt ihr doch. "

    Eine Drachme war eine Münze von beträchtlichem Durchmesser, und sie hatte, obwohl die Römer ihren Wert gleich einem Denar angesetzt hatten, doch einen höheren Silbergehalt. Die Münzen machten richtig was her und waren im ganzen Osten Zahlungsmittel.

    Der Ben Attar öffnete über einen sinnreichen Mechanismus eine kleine Truhe, die hinter ihm stand und begann zu zählen.

  • So ging es jetzt ans große Rechnen. Die Sklavenjäger waren so gütig gewesen wirklich nur einige Unkosten + etwas Gewinn in Rechnung zu stellen, da der normale Kaufpreis selbst eines nur unterdurchschnittlichen Sklaven meist nicht unter 1000 Sesterze lag. Der Herr Ben Attar bot ihnen 25 Drachmen, sprich 25 Denar. Wenn man davon ausging, dass ein Denar 4 Sesterzen entsprach, so bot er ihnen gerade alles in allem 100 Sesterze statt ihrer verlangten 150. 25 Denar entsprach dem Monatslohn eines niederen Arbeiters, doch damit wollte sich Barnabas nicht zufrieden geben. Immerhin waren sie etwas besseres als irgendwelche billige Lohnarbeiter! So lächelte er milde als der Palmyrener seine Truhe öffnete und hob etwas die flache Hand als stoppende Geste. "Der Herr ist zu großzügig mit seinen freundlichen Worten und es freut uns, dass er eine so hohe Meinung von uns hat und so ist es um so sicherer, dass er unsere Lage verstehen wird, dass es nötig ist auch unsere Gefahrenzulagen in Rechnung zu stellen. Denn du hast durchaus Recht, 25 Drachmen sind ein ehrenwerter Preis, doch diesem Frauenzimmer sitzen wilde Geister in der Brust und sie fauchte, biss und kratzte wie ich es meinen Lebtag noch nicht erfahren durfte. So nehmen wir deine fünfundzwanzig Drachmen plus der Gefahrenzulage, so wäre unser Lohn 35 Drachmen und dabei erlassen wir dir auch noch die Kosten des Seiles das nötig war um dein Eigentum zu binden. Da du ein so hoher Herr bist und wir auch unsererseits deine hohe Gunst zu schätzen wissen schenken wir dir das Seil zusätzlich ohne es in Rechnung zu stellen als Geste unserer wohlmeinenden Freundschaft mit deinem Hause!"


    Bei der Erwähnung des Wortes "Gefahrenzulage" entkam Shahnaz ein kurzer höhnischer Laut und sie rollte mit den Augen. Allmählich begann sie sich zu langweilen und dachte darüber nach ob sie nach einem Bad fragen sollte. Ihr wäre in dem Moment durchaus nach einem Bad, ja.

  • Shahnaz war mehr wert als fünfundreißig Drachmen, in Rhome hätte man auf den einschlägigen Sklavenmärkten das Zehnfache bezahlt, und es gab Mittel und Wege, eine widerspenstige Sklavin zu zähmen. Eine letzte Frage stellte Athenodoros aber doch: "Ihr bringt mir die Sklavin doch unberührt zurück?" Er hatte seiner Ansicht nach sehr geduldig um die junge Frau geworben, so dass es ihn ärgern würde, hätte ihm zuvor schon jemand die Blume weggeschnappt. Dann zählte er die fünfundreißig Drachmen den Sklavenjägern hin, und diesmal machte er keine Ausflüchte. Nur ab und zu warf er Shanaz einen überaus finsteren Blick zu. Die rollte mit den Augen und schien überhaupt nichts von dem ihr innewohnenden Trotz verloren zu haben.

    "Was soll ich mit einem Seil? Seile habe ich so viele, dass ich eine Legion daran aufhängen könnte.", sagte er etwas verständnislos und abgelenkt:

    "Nun ihr Herren, ihr wart mir nützlich. Vielleicht kann ich eure Dienste einmal wieder brauchen. Dann wäre es gut, zu wissen, wo ich euch erreichen kann. Ansonsten Chairete und Zel Bashlomo, gehabt euch wohl. "


    Kaum waren Schmuel und Barnabas gegangen, wandte sich Waballat ben Attar Athenodoros an Anippe: "Du hast meinen Befehl gehört? Was stehst du hier noch herum?"