Scapula genoss im Garten der Villa die wärmenden Sonnenstrahlen der winterlichen Sonne. Vom Meer her wehte heute nur eine leichte Brise. Lange hatte er darüber nachgedacht, was er aus seinem Leben machen sollte. Wäre es nach seiner Mutter gegangen, hätte es auf diese Frage nur eine Antwort gegeben: Bleib hier, geh nicht weg! Wer soll sich denn hier um alles kümmern, jetzt da dein Vater nicht mehr ist?
Er hatte ja Verständnis für sie, denn seine beiden älteren Brüder hatten beide das Anwesen und die Pflichten, die damit verbunden waren, beizeiten verlassen. Nun hatte all ihre Hoffnung auf ihm gelegen. Aber Scapula hatte seinem Vater auf dem Totenbett versprochen, der Familie viel Ehre zu machen. Wie hätte er besser sein Versprechen umsetzen können, indem er die Stätte seiner Kindheit verließ, um in Rom etwas aus seinem Leben zu machen?
Gades war ein schönes beschauliches Städtchen, das vom mare atlanticum umspült wurde. Die Sommer waren angenehm, denn vom Meer wehte ständig eine leichte Brise. Auch die Winter waren eher mild und hatten nichts mit den harten Wintern in den Bergen gemein. Sein Vater hatte hier vor vielen Jahren vor den Toren der Stadt ein Landgut gegründet, auf dem hauptsächlich Wein angebaut wurde. Als Kind hatte er es gemocht, hier zu leben. Es gab alles, was in seiner kleinen beschränkten Welt von Nöten gewesen war. Je älter er aber wurde, umso enger wurde ihm die leuchtende Stadt am Meer und das Weingut seines Vaters. Jahr um Jahr erwuchs in ihm ein Wunsch. Der Wunsch, Gades den Rücken zu kehren und nach Höherem zu streben. Scapula wollte den Mittelpunkt der Welt kennenlernen - Rom!
An jenem sonnigen Winternachmittag wurde aus seinem Wunsch ein Entschluss. Er hatte sich ins Officium seines Vaters begeben, hatte sich von einem Sklaven Schreibzeug bringen lassen und setzte nun einen Brief an seinen Onkel auf.
Ad
Sixtus Cornelius Cethegus
Villa Cornelia
Roma
Salve, geschätzter Onkel
heute möchte ich dir schreiben und dir mitteilen, dass ich mich nun dazu entschlossen habe, Gades endgültig den Rücken zu kehren, um in Rom an meiner Karriere zu feilen. Ich bin nun dazu bereit, den Cursus honorum zu beschreiten, so wie ich es am Sterbebett meines Vaters versprochen hatte.
Da es das Wetter im Augenblick nicht zulässt, ein Schiff zu besteigen, welches mich an den Säulen des Herakles vorbei ins mare nostrum bringt, werde ich ein Teil meiner Reise zu Lande bestreiten müssen. Wenn alles gut geht und es den Göttern gefällt, werde ich in etwa zwei Monaten Rom erreichen.
Ich freue mich schon sehr, dich endlich kennenzulernen. Von Mutter soll ich auch liebe Grüße senden!
Mögen die Unsterblichen ihre schützenden Hände über dich halten!
Quintus Cornelius Scapula
Scapula rollte den Brief zusammen und versiegelte ihn mit dem Siegelring seines Vaters. Dann gab er ihn einem Sklaven, der ihn dem cursus publicus übergab.