[Katakomben an der Via Appia] Kriminelle Gespräche

  • Es war finsterste Nacht. Sogar noch dunkler, als normalerweise, denn kein Mond warf sein silberweises Licht auf die Gefilde der Welt. Es war Neumond.

    Nur die Sterne funkelten am Himmelszelt über der Ewigen Stadt, die bereits fest schlief.

    Alle? Nein. Nur die redlichen und gesetzestreuen Untertanen des Augustus geruhten in jener Nacht zu schlafen, wenn sie nicht gerade als brave Händler, oder Fuhrwerker mit Maultierkarren durch die engen Straßen polterten, um den Geschäften und Märkten die benötigten Waren für den nächsten Tag zu liefern. Und dann war da natürlich auch noch das kriminelle Gesindel Roms. Es trieb sich bevorzugt in den besonders dunklen Ecken und verwinkelten Gassen herum, darauf lauernd, dass ein unbedachtes Opfer des Weges kam.

    Doch dieses Mal soll es nicht um die finsteren Gesellen in Rom selbst gehen. Unsere Geschichte findet weiter draußen vor den Toren Roms statt, ein Stück weit unter der Erde in den Katakomben, die an der Via Appia liegen. Dort waren, entgegen der üblichen Gepflogenheiten an so einem Ort, Fackeln und Öllampen entzündet worden, damit die Anwesenden die Gegenpartei auch ja gut genug im Auge behalten konnte. Wie misstrauisch waren nur diese Unterweltbosse für gewöhnlich untereinander! So hatte Nero Helvetius Archias auch angeordnet, dass jede der beiden Seiten neben ihrem Berater auch noch zwei weitere Männer mitnehmen durften, alle ohne Waffen, verstand sich. An diesem Ort sollte das Treffen zwischen Archias und dem Verbrecherboss Silius über die Bühne gehen. Archias war bereits anwesend. Zu seiner rechten stand Ferox. Hinter ihm flankierten ihn Bursa und Nasica, mit finsterem Blick und verschränkten Händen.

    Geraume Zeit verging. Alles blieb still. Nur die Fackeln knisterten und erhälten die bunten Wandmalereien an den Wänden der Grüfte.


    Endlich regte sich was. Schritte wurden hörbar. Zwei Männer kamen in die Kammer und blieben kurz nach dem Eingang stehen. Archias gab seinen beiden Bluthunden ein Zeichen, woraufhin Bursa und Nasica vortraten und sie durchsuchten. Keine Waffen. Nun machten die beiden Fremden das gleiche mit ihnen, bis sie an Ferox und Archias herantraten und auf ein Nicken der Krähe hin sie selbst ebenfalls auf Waffen durchsuchten. Als sie keine fanden, schienen sie zufrieden zu sein. "Bursa, begleite einen von ihnen hinaus und erweise unseren noch fehlenden Gästen dieselbe Ehre." Darauifhin blieb einer der Fremden im Raum, während der andere mit Bursa die Katakomben wieder verließ. Nach ein paar Momenten kehrten sie wieder, mit noch zwei Männern mehr im Gefolge.


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    "Sie sind sauber.", meldete der Bluthund. Archias nickte. Nachdem die -bei direkten Aufeinandertreffen der großen Syndikatsbosse Roms beinahe schon einem Ritual gleichenden- Durchsuchungen aller beteiligten auf etwaige Waffen abgeschlossen war, konnte es also beginnen. Einer der beiden neuen, die mit Bursa und in die Katakomben gekommen waren, hob leicht das Kinn.


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    "Archias, also sind die Gerüchte wahr, die ich über deine Rückkehr nach Rom vernommen habe."

    Archias wendete seinerseits die Handflächen nach außen zum Gruße: "Silius! Es ist viel zu lange her. Alt bist du geworden."

    Der andere Unterweltboss schnaubte. "Von dir könnte ich das gleiche behaupten. Doch kommen wir zum geschäftlichen. Wieso bin ich heute hier?"

    Direkt zum Punkt, Silius hatte sich in seiner Abwesenheit nicht verändert. Das gefiel Archias. Also sollten sie nun darüber sprechen. Archias schickte mit einem Kopfnicken seinem Berater Ferox einen stummen Befehl, worauf dieser vortrat und zu sprechen begann:


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    "Wir sind heute hier zusammengekommen, um über die Rückforderung unseres alten Territoriums zu debattieren." Kaum hatte er geendet, wurde Ferox auch schon von Silius' Berater unterbrochen, der nun seinerseits für seinen Herrn die Stimme erhob, während die beiden Bosse selbst sich -noch- im Hintergrund hielten.


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    "Was soll das heißen "Rückforderung eures alten Territoriums"? Da gibt es nichts zu debattieren, dein Herr, die Krähe ist weg vom Fenster, seit sie außerhalb Roms für so viele Jahre untergetaucht ist. Andere sind gekommen und haben ihren Platz eingenommen, alle Ansprüche von früher sind verwirkt. Egilius herrscht jetzt an eurer statt über euer altes Revier."

    Ferox spielte mit seinen Mundwinkeln. "So, sind sie das? Wir haben seit der Rückkehr des Chefs wieder einen Gutteil an Boden in der Subura und dem umliegenden Raum gemacht, Egilius wird fallen, so oder so. Die Krähe wird wieder groß werden in Rom. Um unseren aktuellen Machtkampf in Rom geht es jedoch hier und heute nicht, deswegen sind wir nicht hier zusammengekommen. Es geht um die Zeit danach.

    Du, ehrenwerter Silius," dabei sprach Ferox kurz Canus' Herrn direkt an, ehe er seine Worte dann wieder zurück zu dessen Berater lenkte, "...bist ein großer Mann in Rom und deine Freundschaft mit Egilius ist bekannt. Wir möchten dir mit diesem Treffen hier versichern, dass niemand der anderen Bosse etwas von uns zu befürchten hat, wir holen uns nur zurück, was unser ist. Danach ist wieder Ruhe." Wieder an Canus gewandt sprach er: "Um Egilius' Wegfall und damit einhergehend eventuelle Verluste deinerseits zu kompensieren, bieten wir überdem einen Handel für euch an. Ihr sollt die Hälfte des Suburagebiets von Egilius' Revier erhalten, während wir die andere Hälfte und all sein Territorium außerhalb der Subura übernehmen. Zusätzlich war Egilius sehr im Sklaven- und im Weinhandel engagiert, wir würden eurer Organisation die nächsten vier Monate mit 30% aller Gewinne an den Einnahmen daraus beteiligen.Überdies wären wir sehr darüber verbunden, falls von irgendwelchen Vergeltungsmaßnahmen abgesehen werden würden nach Egilius' Sturz."

    Canus hob etwas das Kinn und es war offensichtlich, dass er nachdachte. Er war sich nicht völlig sicher, was er darauf sagen sollte, doch zum Glück wurde ihm die Entscheidung von seinem Boss abgenommen, denn jetzt sprach Silius persönlich an Archias gewandt: "Du bietest mir allen Ernstes etwas Land und läppische 30% Gewinnbeteiligung am Sklaven- und Weinhandel dafür an, dass ich einen Partner im Stich lasse? Du hast nachgelassen Corvus! Dieser Lohn ist es nicht wert dafür Freunde fallen zu lassen!" Archias hob kurz die Hand in Richtung seines Beraters, damit Ferox still bleiben würde und er selbst antworten konnte. "Ist unsere nicht viel älter? Haben wir nicht schon Politiker geschmiert und Schutzgeld erpresst, als Egilius noch in den Windeln lag?"Silius schnaubte auf. "Wir waren niemals Freunde! Geschäftspartner...ja, von Zeit zu Zeit, aber Freunde nein."

    "Silius, auch du bist alt geworden. Seit wann stellst du Freundschaft über das Geschäft? Hast du vergessen, was ich in der Vergangenheit geleistet habe? Wozu ich fähig war? Weswegen ich sogar aus Rom fort musste?"

    "Zugegeben, deine Tat hat Beachtung verdient und du warst immer ein verlässlicher Geschäftspartner, jedoch..."

    Archias unterbrach ihn: "...jedoch bin ich eine Gefahr für dich, während du Egilius gleich einer Puppe an deinen Fäden tanzen lassen kannst, wenn du es wünschst, stimmt es?"Silius' Mundwinkel zuckte kurz, während er still blieb. Ertappt!

    Archias sprach weiter, während nun die Berater ihrerseits zu stummen Zusehern verkommen waren und die Bosse eigentlich gerade ihre Arbeit taten.

    "Ich werde dir sagen, was du noch davon hast, wenn du deine Marionette fallen lässt. Ich habe Informationen zu liefern, die interessant sein könnten für dich.""Pah! Was sollte das schon sein!"

    Archias winkte seinen Berater Ferox heran und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Dieser nickte. Dann ging er zu Silius' Berater Canus und tat es bei ihm ebenfalls, jedoch kürzer, ganz so, als würde er nicht alles wiedergeben, was er von seinem Boss gehört hatte. Canus dann verzog kurz den Mund, ging jedoch seinerseits jetzt zu seinem Herrn und flüsterte Silius Archias' Botschaft zu. Silius' Augen weiteten sich.

    "Ausgeschlossen!"

    Archias lächelte. "Wusstest du nichts davon? Sei versichert es ist wahr." War es nicht. Archias hatte es eben gerade erfunden, doch vielleicht half es ihm weiter. Auch war es sowieso einmal wieder an der Zeit die anderen Unterweltbosse etwas gegeneinander auszuspielen.

    "Ich verlange Beweise!"

    "Die sollst du auch bekommen, jedoch im Austausch dafür, dass ich deine Zusicherung habe, dass du keine Schritte gegen meine Organisation unternehmen wirst bei unseren Plänen zur Übernahme von Egilius' Territorium, einverstanden?"

    In der Tat hatte Archias' Geflüster Silius derart beeinflusst, dass er nicht mehr sofort in eine ablehnende Haltung verfiel. Er begann stattdessen darüber nachzudenken, welche geschäftlichen Vorteile es ihm wohl bringen würde, wenn er Egilius, seine Puppe, aufgab und dafür Archias, bzw. Corvus, die Krähe wieder in der Stadt agieren lassen würde. Keine leichte Entscheidung. "Ich verlange Beweise für deine Behauptung! Außerdem 60% Beteiligung an allen Gewinnen, aus sowohl dem Sklaven- als auch dem Weinhandel von dir und das für ein ganzes Jahr."

    Archias nickte. "Nun gut, dann werde ich dir deine geforderten Beweise liefern. Danach können wir in weitere Verhandlungen treten, einverstanden?" Silius nickte. "Einverstanden!"


    Phase Eins der Verhandlungen mit seinem alten Konkurrenten war abgeschlossen. Archias hatte noch längst keine entgültige Einigung, jedoch würde Silius vorerst zumindest nicht gleich eingreifen bei weiteren Angriffen auf Egilius, da er auf den evt. Deal mit Archias jetzt hoffen konnte. Außerdem waren natürlich auch die ungehörigen geflüsterten Neuigkeiten für ihn von größter Bedeutung, sollten sie wahr sein, besser man brachte die einzige Quelle nicht zum versiegen, ehe man sich wirklich sicher sein konnte.

    Nur dass es dann schon zu spät wäre für Silius' Eingreifen, wenn er zu lange abwartete.