Die Hügel der Gesegneten

  • Wieder einmal war Caesoninus ganz mit dem Wahlkampf beschäftigt. Es war ähnlich so wie damals, als er diesen Zirkus das erste mal mitgemacht hatte bei seiner Kandidatur als Vigintivir, jedoch bewarb er sich dieses Mal um ein höheres Amt, entsprechend gesteigert waren auch seine Ziele. Alles musste ein wenig größer und besser sein als beim letzten Mal. So wollte er auch dieses Mal dem Volke etwas spenden und zwar in einer besonderen Weise.


    Auf die Details hatte ihn die iulische Sklavin Tsuniro gebracht, als er ein paar Tage nach dem Start seiner Wahlkampfkampagne in der Domus Iulia im Hortus gesessen und auf ein leeres Blatt Papyrus vor sich gestarrt hatte.


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    Tsuniro, Haussklavin


    Was überlegt der Dominus so intensiv?“ Hatte sie ihn gefragt. Die schöne Nubierin stellte für Caesoninus eine willkommene Abwechslung von dem Papyrus vor sich dar, der in der Tat für ihn schön langsam höchst deprimierend wurde, leer wie er war. Gerade konnte er jeden Dichter nur allzu gut verstehen, die einmal ähnliches über die Hemmnis der Inspiration in Verbindung eines leeren Blattes geäußert hatten.

    So wandte er den Blick ihr zu und antwortete: „Ich wollte mir weitere Ideen aufschreiben, für meinen Wahlkampf du weißt schon. Ich möchte dem Volk etwas spenden, aber nicht so stupide wie beim letzten Mal, wo einfach ein paar Karren durch die Gassen zogen, Wahlkampfsprüche riefen und Brot verteilten. Ich möchte es dieses Mal noch besser machen, nur wie? Wie kann man ein solches Ereignis noch steigern, außer in der Quantität der Gaben? Da fällt mir bislang nichts ein.


    Tsuniro lächelte. „Nichts leichter als das, Dominus!“ Doch ihr Herr verstand nicht ganz. Auf dessen Nachfrage hin drehte sie vor ihm stehend einmal eine Pirouette und bewegte dabei die Arme so, als wäre sie drauf und dran einen Schleiertanz aufführen zu wollen, verbunden mit einem höchst anziehenden Blick unter schweren Lidern. „Es liegt an der Verpackung und nicht am Produkt, Dominus. Teile nur Brot aus so wie schon beim letzten Mal, nur dieses Mal mach es… mit mehr Grazie!“ Und dabei deutete sie pathetisch gen Himmel, gleich einer Schauspielerin.


    Bei diesen Worten kam Caesoninus eine Idee. „Du hast mich da auf etwas gebracht, danke Tsuniro!“ Und nach einem Küsschen auf ihre Wange lief er davon. Die nächsten 2-3 Tage war er vollauf mit der Organisation seines Vorhabens beschäftigt. Immerhin mussten Kostüme und Requisiten besorgt werden und (am allerwichtigsten) Brot und Wein, sehr sehr viel Brot und Wein. Mehrere große Bäckereien in Rom wurden damit beauftragt und arbeiteten die ganze Zeit durch. Die Kosten von allem beliefen sich am Ende fast auf die Hälfte der Summe dessen, was man normalerweise für Spiele für das Volk zahlen musste. Da pfiff er schon etwas vor Staunen. Doch zum Glück befand er sich im Rang noch zu weit unten, um jetzt schon Spiele finanzieren zu müssen. Doch dieser Tag würde kommen und er sollte dringend seine Finanzen entsprechend vorbereiten.


    Doch blieb ohnehin jetzt mal die Spendenaktion. Caesoninus gedachte etwas wundervolles zu machen. Er wollte ganz Rom in „Die Hügel der Gesegneten“ verwandeln. Auf jedem der sieben Hügel Roms positionierte er an einem prominenten Platz seine Leute. Diese waren (je nach Geschlecht) wie Faune und Nymphen verkleidet und spielten liebliche Hirtenweisen auf ihren Panflöten. Sie standen unter extra errichteten kleinen Lauben, deren Säulen mit Weinranken umschlungen waren und auf allen vier Seiten der Laube oben an der Traufe hing ein Holzschild, bemalt in Marmoroptik auf dem geschrieben stand „DIE HÜGEL DER GESEGNETEN - X“ Anstelle des „X“ dann jeweils immer der Name des jeweiligen Hügels auf dem sie sich gerade befanden, also Aventin, Esquilin, usw.


    An den vier Säulen der Laube hingen ebenfalls Marmoroptik-Holzschilder auf denen groß und breit „WÄHLT GAIUS IULIUS CAESONINUS ZUM QUAESTOR !!“ zu lesen war. Es gab auch an einer jeden Laube eine Kline, auf der ein dicker Schauspieler lag, der immer wieder vergnügt lachen und Wein trinken musste um so den Gott Bacchus darzustellen. So waren die Hügel der Gesegneten mit Faunen, Nymphen, Bacchus, Wein und Spendenbrot komplett. In den Straßen rund um die jeweiligen Plätze gingen Ausrufer umher, die die Leute abwechselnd mit der Aufforderung Caesoninus zu wählen und mit dem Hinweis, dass es am jeweiligen Platz X in der Nähe jene kleine Festoase gab.


    Jeder Mann, jede Frau und jedes Kind, die zu so einer solchen Laube kamen, erhielten einen halben Laib Brot und einen Becher verdünnten Wein (die Kinder etwas stärker verdünnten) geschenkt, das sie in dieser angenehmen Atmossphäre dann verzehren konnten. Ging dann ein Mann z.B. vom Caelius zum Forum Romanum (das anstelle des Palatin als „siebter Hügel“ diente, weil man ja schlecht eine Laube im Palastgarten des Kaisers aufbauen hatte können) oder irgendeinem der anderen Hügel und fand erneut Ausrufer in den Straßen und eine Gabenlaube mit lachendem, Bacchus, Nymphen, Panflötenmusik, Wein und Faunen vor, so musste er ohne Zweifel den Eindruck eines stadtweiten Volksfestes gewinnen, an dem alle teilhaben konnten.


    Caesoninus seinerseits hielt sich den ganzen Tag über bei den einzelnen Lauben auf um mit den Passanten zu sprechen und sich und seinen Namen bei den Leuten bekannt zu machen. Dabei wechselte er auch regelmäßig den Standort und wanderte (per Sänfte) immer zwischen den sieben Lauben in ganz Rom verteilt hin und her, um mit Leuten von allen sieben Hügeln ins Gespräch zu kommen und so eine möglichst breite Masse abzudecken. Wenn er sich dann auf dem Weg von einem Hügel zum anderen befand, begleitete auch immer ein weiterer Ausrufer seine Sänfte, um auch den Leuten unterwegs immer zuzurufen sie sollten Gaius Iulius Caesoninus zum Quaestor wählen. Noch ein kleines Detail das erwähnenswert war (und sich zudem sehr kostensenkend für ihn auswirkte), war der Umstand, dass der ausgeschenkte Wein Falerner von den familieneigenen Weingütern in Misenum war, den er eilig herbeischaffen hatte lassen. So prangte auf den bei den Lauben stehenden Weinfässern überall groß und breit das iulische Familienwappen, damit jeder sehen konnte, dass dies iulischer Wein war, eine weitere Maßnahme, die das Wohlwollen der Massen für Caesoninus und seine Wahl gewinnen sollte.