"Rhea scheint zu glauben, dass wir bereits im kühlen Germanien leben und nicht hier in Brundisium, "sagte ich, während ich unseren Jungen in die Obhut seiner Mama gab, und dabei ihre weichen Hände drückte. Immer noch erschien es mir als großes Wunder, dass sie mir dieses schöne Menschenkind geschenkt hatte. Meinen Sohn Sonnmar - Caius.
Und auch wenn es ein Scherz war, verstand ich Rhea doch zu gut. Zuviele kleine Kinder wurden von der Hel noch in ihrem ersten Jahr geholt. Da waren die beiden Dienerinnen Rhea und Lyda eben übervorsichtig. Dennoch, verzärteln sollten sie mir Sonnmar nicht:
"Bei uns Chatten werden kleine Kinder in einem Bach gebadet, auch im Winter, zur Abhärtung."
Es war doch so, dass die Tiere des Nordens größer und stärker waren als die römischen. In unseren Wäldern lebte der Auerochse und der Bär, und der italische Ochse war winzig verglichen mit unserem, und die Bären hierzulande glichen Bärenjungen. Aber auch wir Menschen waren größer und stärker, und unsere Eltern schworen auf eiskaltes Wasser.
Das führte ich jedoch nicht näher aus. Meine Stella kannte viele unserer Bräuche, aber Stallia Sextilla würde sich vielleicht erschrecken.
Dann streckte Sonnmar seine Ärmchen nach mir aus. Ich nahm ihn sofort hoch, roch seinen Duft nach ..nun eben Sonnmar, und nahm ihn so, dass er einen guten Ausblick auf die Besucherin hatte:
"Schau, Sohn, das ist Stallia Sextilla. Sie ist die Frau deines Onkels Furius Saturninus. Sie hat Pflanzen gepflückt und gepresst, um Papyrus damit zu schmücken…" mit der anderen Hand angelte ich nach einem Blatt, hielt es aber so, dass es sich Sonnmar nicht in den Mund stecken konnte.
Sonnmar wollte sich aber kein Papyrus in den Mund stecken. Forschend und unverwandt sah er Sextilla an. Auch wenn er noch klein war, von meiner Fridila gestillt wurde und in seine Windeln machte; das war wieder einer dieser Momente, in denen ich spürte, dass unser Sohn manchmal älter war als die Monate, die er zählte. Hier auf meinem Arm, im Blick seine Mutter, schaute er gelassen auf das, was um ihn vorging.