Mein Herr verwirrte mich. Oder eigentlich nicht, eigentlich verwirrte ich mich selber. Glaube ich. Es war aber auch schwer zu verstehen!
Nachdem wir die Nacht gemeinsam verbracht hatten, war er wieder so distanziert, wie sonst auch. Ich weiß nicht, was ich mir erwartet hatte, wie er reagieren sollte oder was ich gewollt hätte. Zumindest nicht, dass er mich wieder ganz normal wie jeden Morgen herumscheuchte, sein Essen zu holen und ihn anzukleiden. Man hätte eigentlich meinen können, dass rein gar nichts passiert wäre. Und eigentlich war das ja auch gut. Es war niemand in den anderen verliebt, es war einfach nur… ich wusste nicht mal, was es war. Aber es fühlte sich irgendwie leer an. Erst recht, dass er so überhaupt gar keine Zuneigung zeigte. Gut, ich hatte das auch nicht erwartet. Er hatte ja durchaus klar gemacht, dass er mich eben einfach als seinen Besitz sah, um den er sich kümmerte und dessen Vorzüge er eben bisweilen genoss. Und ich wollte ja auch gar nicht, dass er sich in mich verliebte. Ich wollte nur…
Ich seufzte leise, denn ich wollte Angus. So einfach war sie Sache. Ich wollte Angus. Ich wollte Gwen. Ich wollte einen Menschen, den ich liebte. Einen Menschen, der mich genauso liebte. Von dem ich träumen konnte. Mit dem ich mir eine Zukunft ausdenken konnte, selbst wenn die nicht wahr werden würde. Und gerade bezweifelte ich, dass ich sowas jemals wirklich gehabt habe, geschweige denn je haben würde. Gwen war unerreichbar für mich, und wenn ich ehrlich war, dann war ich für sie immer eher ein netter Zeitvertreib gewesen. Sie hatte schon immer auch gerne mit dem Dominus oder dem ein oder anderen Sklaven poussiert. Und Angus? Nun, er redete nicht mehr mit mir, sah mich noch nicht einmal an. Ich war mir nicht mehr sicher, ob er mich wirklich geliebt hatte, oder ob ich nicht auch einfach nur ein netter, kleiner Zeitvertreib für ihn gewesen war. Wir hatten ja kaum Zeit gehabt, uns wirklich kennen zu lernen, ehe es auch schon wieder vorbei war. Und ich konnte nur annehmen, dass ich ihm weit mehr nachtrauerte, als er mir.
Mein Herr badete wie jeden Nachmittag, und ich half ihm dabei. Wie selbstverständlich hatte cih auch wieder das Sandelholzöl mit dabei, um es aufzutragen. Ja, ich hatte ihn darum gebeten, es manchmal wegzulassen, aber jetzt gerade war ich mir nicht sicher, ob er das wirklich ernst gemeint hatte, dass wir es weglassen könnten, und zum anderen, ob heute so ein Tag war, wo er darauf verzichten wollte. Und wenn ja, was das bedeutete. Ob es etwas bedeutete. Verdammt, mir schwirrte der Kopf.
Ich hatte ihn also gesäubert und eingeseift und abgespült, wie er es wollte, und war jetzt mit ihm im Wasser, um ihm die Schultern zu massieren. Wenigstens das konnte ich recht gut, oder zumindest hatte er darüber noch nie ein Wort verloren. Und ich konnte dabei auch gut nachdenken, denn man konnte dabei die Gedanken treiben lassen.
Und meine trieben in die Zukunft. Angus würde mich nicht mehr wollen. Und ich wollte auch niemanden mehr. Überhaupt glaubte ich nicht, dass ich mich in naher oder ferner Zukunft noch einmal verlieben würde. Und anders herum, wer würde sich schon in das Betthäschen eines Aureliers verlieben, wohl wissend, dass er sie teilen musste? Wohl auch niemand. Also sollte ich diese Gedanken verbannen und mehr an das denken, was übrig blieb. Und das saß hier vor mir. So unerfüllend es auch war, das war es, was ich hatte. Meinen Herrn und ihm gefällig zu sein.
Ich atmete noch einmal leise seufzend und überlegte, ehe ich für mich beschloss, es so anzunehmen und das beste daraus zu machen. Also stellte ich auch meine Frage. "Dominus? Darf ich dich fragen, ob du mir wohl erlauben würdest, ein Verhütungsmittel zu besorgen?"
Ja, ich musste ihn um Erlaubnis fragen. Verhütungsmittel zu verwenden war ohnehin offiziell verboten. Heiler, die die Mittel verkauften, konnten wegen Giftmischerei angeklagt werden. Und für eine Sklavin war es doppelt illegal, weil sie damit ihren eigenen Wert schmälerte. Immerhin gehörten ihre Kinder auch ihrem Dominus.
Aber mein Dominus wollte mit mir kein Kind zeugen und ich mit ihm auch nicht. Morrigan würde wissen, wo man auch solche Mittel herbekam, die einen für Jahre unfruchtbar machen würden. Und ich hatte keinen Grund, sie nicht zu nehmen, da ich nicht annahm, dass ich in den nächsten Jahren ein Kind bekommen wollte. Von wem auch?