Graecina konnte manchmal ziemlich launisch sein, besonders wenn sie erst einmal mit dem falschen Fuß aufgestanden war. Sie hatte schon an ihren guten Tagen meistens ihren eigenen Kopf, aber an schlechten konnte sie sich wirklich benehmen, als ob eine Gewitterwolke direkt über ihrem Kopf schwebte. Heute war einer dieser schlechteren Tage und sie war deshalb schon den ganzen Morgen so unruhig und gereizt gewesen, dass sie schließlich beschlossen hatte, in der Nähe der Villa Aurelia einen Spaziergang zu unternehmen, ohne ein besonderes Ziel zu haben, zu dem es sie hingezogen hätte. Vor allem wollte sie gerade nicht Gefahr laufen, irgendwem zu Hause grundlos an die Gurgel zu springen, nur weil sie gerade schlechte Laune hatte, ohne richtig benennen zu können, woher die eigentlich kam. Nicht, dass sie ein Problem mit Konflikten gehabt hätte, aber normalerweise suchte sie sich die lieber bewusst aus und nicht nur aus Versehen. Das lohnte sich in der Regel ohnehin nicht und am Ende musste sie sich nur bei irgendwem entschuldigen und sowas hasste sie sowieso.
Sie war, natürlich, trotzdem nicht allein losgezogen, auch wenn sie in der Stimmung gewesen wäre, das zu tun. Salome, die sie eigentlich hatte aufhalten wollen, war ihr wie selbstverständlich auf den Fersen, was Graecina erst recht nervte, und die wiederum hatte, nachdem sie zwar gut darin war, ein wachsames Auge auf ihre Herrin zu haben und sich nicht von ihren Launen einschüchtern zu lassen, aber keinen echten Schutz darstellte, noch so einen jungen Kerl unter den Sklaven eingesammelt, dessen Namen Graecina entweder bisher nicht kannte oder der ihr schon wieder entfallen war. "Du musst nicht so rennen, Herrin. Du bist ja nicht auf der Flucht", versuchte Salome sie gerade etwas auszubremsen, woraufhin Graecina mit den Augen rollte, aber trotzdem ihre Schritte verlangsamte. Auf Salome zu hören, kam aber natürlich selbstverständlich nicht infrage, deshalb wandte sie sich demonstrativ ihrem anderen Begleiter zu. "Wie heißt du? Ich glaube, ich habe deinen Namen noch nicht mitbekommen", sprach sie ihn direkt an und musterte ihn nun zum ersten Mal aufmerksam. Auch wenn sie sich jetzt eigentlich in erster Linie ihm zugewandt hatte, weil ihr Salome auf den Geist ging, war sie doch in der Lage ihre Aufmerksamkeit ehrlich zu verschieben. "Erzähl mir etwas über dich."