Axilla hatte ganz sicher nicht damit gerechnet, dass Tiberius Caudex noch einmal zu Besuch kommen würde. Nun, anfangs, kurz nach der Geburt, hatte sie fast damit gerechnet, dass er sie aufsuchen würde. Oder dass er zum dies lustricus für ihren Sohn erscheinen würde. Aber nichts davon war geschehen, und so hatte Axilla das so für sich verbucht, dass der tiberier beschlossen hatte, dass er das Kind besser gar nicht sehen wollte. Eine Entscheidung, die Axilla verstand und sogar auf der einen Seite ein wenig erleichtert aufnahm. Nichts wäre schlimmer, als ein Mann, der noch öffentlich ihre Ehre infrage stellen würde, weil er die Ehelichkeit ihres Kindes infrage stellte, wegen… nunja, Ehre oder sowas. Manchmal taten Männer verrückte Dinge.
So aber war sie davon ausgegangen, dass sich ihrer beider Wege wohl nicht mehr kreuzen würden oder eben nur noch bei seltenen Gelegenheiten wie den üblichen Festen und dergleichen. Sie war vielleicht etwas wehmütig, aber nicht ernsthaft traurig deshalb. Dafür freute sie sich viel zu sehr über ihren Sohn.
Als es dann aber auf einmal hieß, er wäre da, war Axilla zugegebenermaßen sehr überrascht. Sie ließ Begoas Caudex hereinholen, während sie ihren Sohn in die kleine Wiege legte, die sich überall schnell herumtragen und aufstellen ließ. Grade schlief er glücklicherweise. Die letzte Behandlung des Arztes war jetzt drei Wochen her, und scheinbar hatte sie dem kleinen Kerl Linderung verschafft, so dass er weniger weinte.
Sie strich noch einmal ihr Kleid glatt und wartete, bis Caudex hereinkam. Dann begrüßte sie ihn mit einem leichten Lächeln. "Caudex! Welche Überraschung. Ich hatte gar nicht mit dir gerechnet", sagte sie ehrlich und lächelte ihn freundlich an, ohne ihm wie früher um den Hals zu fallen oder ähnliches. Dafür konnte sie viel zu wenig die Umstände seine Besuches abschätzen, oder was er genau wollte. Und sie war sich auch nicht sicher, was sie wollte.