[Mare Nostrum] Der Truppentransporter "Charybdis" | Roma - Antiochia

  • RE: Angus' Episode: Per aspera ad astra


    "Du hast aber mein Ansehen beschädigt, du und Iduna habt mich vor allen Soldaten und Offizieren auf diesem Schiff lächerlich gemacht", antwortete Caesoninus in einem neutralen Tonfall. Es bestand kein Grund wütend zu werden, denn der Schaden war längst angerichtet und Angus hatte ja schon eine Strafe hierfür erhalten. Eine die hoffentlich hart genug gewesen war, damit derlei nicht wieder vorkam. Als ein "mildernder" Umstand hatte ja dieses Mal nochmal angeführt werden können, dass der Großteil der Rekruten auf der Charybdis nach der Überfahrt sowieso in alle östlichen Legionslager verstreut werden und Caesoninus sie nie wieder sehen würde. Gut, auch einige Rekruten für die XII. Legion, jener in der er Dienst tun würde, waren an Bord und die Geschichte würde sich zweifellos auch bei den übrigen Soldaten dieser Legion verbreiten, aber ein erzählter Bericht war doch etwas ganz anderes, als wenn man persönlich mitansah, wie sich der eigene Vorgesetzte zum Narren machte. In Syria wäre das schon etwas anderes gewesen, wo Caesoninus sich und sein Ansehen Tag für Tag vor seinen untergebenen Soldaten behaupten musste. Wäre es dort passiert, bzw. würde es dort noch einmal geschehen, wäre die Strafe nicht mehr so mild, denn dann hätte wirklich das Kreuz auf Angus gewartet.


    Doch all das sagte Caesoninus nicht, denn es war ohnehin klar. Stattdessen sprach er weiter: "Es mag hart klingen, aber gesetzlich gesehen bist du kein Mensch, du bist ein Gegenstand, genauso wie Iduna. Gegenstände haben nicht eifersüchtig zu sein auf ihre Besitzer, sie haben nur zu funktionieren und ihrem Besitzer zum Vorteil und zum Vergnügen zu dienen. Was du und Iduna unten im Sklaventrakt miteinander treibt ist mir gleich, doch in den Augen der Öffentlichkeit erwarte ich mir tadelloses Benehmen. Immer, zu jeder Zeit. Denn was denkst du denken diese Soldaten jetzt von mir? Normalerweise sind Frauen generell verboten auf den Schiffen des Militärs und dann kommt da so ein grünohriges Politikerjungchen daher, das ein wenig Tribun spielen will und in seinem Gefolge männliche und weibliche Sklaven mitbringt, die es munter wie die Karnickel treiben? Ein schwacher Mann, der seine Sklaven so wenig unter Kontrolle hat! Wie respektlos müssen seine Sklaven ihm gegenüber sein, dass sie derartiges wagen, weil ihr Herr sich anscheinend nicht durchsetzen kann bei ihnen und sie seine Strafen so wenig fürchten, dass sie es sogar mitten auf einem militärischen Schiff treiben? Wenn dieser Mann schon seinen privaten Haushalt so wenig unter Kontrolle hat, wie soll er da erst Soldaten in die Schlacht führen können? Wie sollen gestandene Männer so einen durchsetzungsarmen Schwächling respektieren und als ihren Anführer anerkennen können? Verrate mir das." Caesoninus war auch weiterhin ruhig geblieben und hatte Angus mit diesen Worten hoffentlich zur Genüge vor Augen geführt, wie stark sie den militärischen Ruf ihres Herrn schon beschädigt haben mochten, noch bevor dieser überhaupt syrischen Boden betreten, geschweige dem seine Legion das erste Mal persönlich in Augenschein nehmen hatte können. Jetzt würde Caesoninus sich doppelt anstrengen müssen, um sich doch noch zu beweisen und von seinen Legionären eine umso strengere Disziplin als gewöhnlich fordern müssen, damit sie sahen, dass er durchaus stark war und über diesen erschwerten Drill durften sich die Soldaten der XII. Legion jetzt schon mal bei Angus und Iduna bedanken, die ihnen das mit ihrer Unbedachtheit eingebrockt hatten. Eine schnelle Nummer, die Auswirkungen auf tausende Menschenleben hatte, wenn man so wollte.

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  • RE: Angus' Episode: Per aspera ad astra


    Ja, mir war schon klar, dass ich einen riesigen Fehler gemacht hatte. Ich hatte nicht nachgedacht und nur an die Befriedigung meiner eigenen Bedürfnisse gedacht. Was diese dumme Sache für ihn bedeutete, hatte ich gar nicht bedacht. Eigentlich hatte ich gar nichts gedacht, was ja noch viel schlimmer war. Doch nun überschüttete er mich mit Vorwürfen, bleib dabei aber völlig ruhig, was die Sache definitiv nicht besser machte.

    "Was kann ich noch sagen außer dass es mir leid tut, was ich getan habe? Oder was soll ich tun? Soll ich vor dir auf dem Boden kriechen?

    Ist es das, was du willst? Sag mir, was ich tun soll und ich tue es! Ich habe meine Strafe hingenommen, ohne zu klagen, weil ich wusste, dass sie gerechtfertigt war. Also, was soll ich noch tun?"

    Ich hatte versucht, ihm im gleichen ruhigen Ton zu antworten, wie er zu mir sprach. Das war zwar schwierig, doch wenn ich mich bemühte, dann ging es auch.

    Aber was mich am meisten traf und es mir unendlich viel schwieriger machte, nicht aufbrausend zu werden, war seine Aussage, dass ich per Gesetz kein Mensch, sondern nur ein Gegenstand war, der nichts zu empfinden hatte, stattdessen aber funktionieren musste! Ich musste erst einmal schlucken, bevor ich darauf etwas entgegnen konnte. Oder hätte ich besser gar nichts mehr sagen sollen? Hätte ich stattdessen einfach nur kuschen sollen? Wie stellte er sich das vor, wie ich ihm zukünftig begegnen sollte? Wenn ich tatsächlich nur ein Gegenstand sein sollte, dann war es am besten, ich stürzte mich hier und jetzt ins Meer, denn so wollte ich nicht weiterleben! So konnte ich auch nicht weiterleben!


    "Das siehst du also in mir und in all deinen anderen Sklaven? Einen Gegenstand, der zu funktionieren hat? Wie ein dummes Stück Holz? Wenn es so ist, dann töte mich besser sofort, denn ich bin nicht das, wofür du mich hältst! Ich bin ein Mensch, der einen wirklich großen Fehler gemacht hat. Wenn ich ein Gegenstand wäre, dann wäre mir das nicht passiert. Aber durch diese Adern fließ nun mal Blut und in dieser Brust schlägt ein Herz." Ich hielt ihm zunächst meinen Arm hin, dann zog ich am Ausschnitt meiner Tunika, um ihm zu beweisen, dass ich ein Lebewesen war, wie er selbst.

    "Ich weiß, dass ich nur ein Sklave bin und ich habe mich auch damit abgefunden, dass ich dein Sklave bin. Auch wenn du es mir manchmal nicht besonders leicht machst, dich zu respektieren. Du hast mich für meinen Fehler bestrafen lassen. Du hattest ein Recht dazu. Aber ich bitte dich, und das ist mein voller Ernst, ich bitte dich, gib mir nun einen Grund, dich zu respektieren und loyal hinter dir zu stehen. Oder lass mich jetzt und hier über Bord werfen. Ich werde mit Freuden in den Tod gehen, denn ich fürchte mich nicht davor! Lieber bin ich tot, als dass ich nur ein Stück Fleisch in deinen Augen bin!"

    Möglich, dass ich mich gerade um Kopf und Kragen redete. Aber Respekt entstand nur aus Gegenseitigkeit. Niemals aus Unterdrückung oder Geringschätzung.

  • RE: Angus' Episode: Per aspera ad astra


    Die erste Reaktion war verständlich für Caesoninus, die zweite verwunderte ihn jedoch. "Du musst nichts mehr sagen oder tun, denn der Schaden ist bereits angerichtet und du hast ja schon deine Strafe hierfür erhalten, also ist diese Sache gegessen. Ich wollte dir nur die Folgen deiner unbedachten Handlung aufzeigen, damit du auch besser verstehen kannst, dass die Taten von Sklaven auch immer mit voller Macht auf ihren Herrn zurückfallen. Begeht ein Sklave eine Dummheit ist ja nicht er verantwortlich, sondern sein Dominus, der ja für ihn verantwortlich ist. Ich hoffe daher bloß, dass du in Zukunft bedachtsamer bist mit dem was du in der Öffentlichkeit tust, denn auch wenn es euch nicht bewusst sein mag, auch ihr Sklaven repräsentiert fortwährend die Gens Iulia nach außen hin! Das ist eine große Ehre, doch kann es mitunter auch eine große Bürde darstellen. Wir sind immerhin Teil der Nobilitas und keine Gossengens aus der Subura, auch auf uns sind fortwährend die Augen anderer gerichtet und dementsprechend müssen wir in der Öffentlichkeit agieren und repräsentieren. Besonders in einer militärischen Umgebung wie hier, oder später bei der Legion in Syria, wo die Einhaltung der Regeln einfach alles ist."


    Caesoninus machte eine kurze Pause. Das war jetzt der verständliche Teil gewesen. "Was deine weiteren Worte angeht, so bin ich gerade sehr überrascht über deine Reaktion. Ich habe dir lediglich den gesetzlichen Status eines Sklaven rezitiert, der dir eigentlich hinlänglich gut bekannt sein sollte, wo du ja versklavt bist und dies darüber hinaus auch ein universelles Gesetz darstellt, auch jenseits der Grenzen des Imperiums. Wieso ist das also jetzt plötzlich so ein Problem für dich? Bisher war es das ja auch nicht? Und wie ich persönlich und auch meine Familie zu unseren Sklaven stehen, solltest du nach all der bei uns verbrachten Zeit ebenfalls zur Genüge wissen und dass wir uns stets gut um unsere unfreien Familienangehörigen kümmern, wenn auch sie ihren Teil erfüllen! Denn würdigst du dies nicht, beleidigst du all jene guten Dinge, die wir dir angedeihen ließen seit du bei uns bist und das willst du ja nicht, oder?"

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  • RE: Angus' Episode: Per aspera ad astra


    Mir war schon bewusst, dass ich an mir arbeiten musste. Es war nicht leicht für mich, denn in all den Jahren hatte ich nie wirklich akzeptiert, von nun an ein Sklave zu sein. All die, die als solche geboren worden waren, taten sich da wesentlich leichter. So nickte ich dann, al er mir erklärte, dass mein ganzes Tun auf das Ansehen seiner Familie und auf ihn zurückfiel.

    "Dann verspreche ich dir jetzt, bei allem, was mir heilig ist, dass ich mich von nun an bemühen werde, jeden Schaden von dir oder er deiner Familie abzuwenden." Und mir war eine Menge heilig. Mal abgesehen von Brighid, der ich heute Abend geopfert hatte, waren da noch meine Tochter und auch Iduna.


    "Es hat mich sehr getroffen, als du das gesagt hast! Deswegen habe ich jetzt ein wenig zu heftig reagiert. Entschuldige bitte! Und ja, mir ist auch sehr wohl bewusst, was du für uns tust und ich würdige es auch. Ich weiß, dass es manch anderen Sklaven wesentlich schlechter geht als uns. Doch bitte versuche dich auch mal in meine Lage oder in die der anderen zu versetzen. Vergiss dabei bitte nie, dass wir auch nur Menschen sind, die Gefühle haben. Die Schmerz und Trauer empfinden können. Und ja, leider auch Eifersucht. Das ist das einzige, worum ich dich bitten möchte, Dominus." Ich hoffte, er würde verstehen was ich ihm sagen wollte.

  • RE: Angus' Episode: Per aspera ad astra


    Er hatte nicht immer an Angus' Seite gestanden und nicht fortwährend in dessen Inneres geblickt, sodass Caesoninus gedanklich noch nicht ganz die Brücke dahin geschlagen hatte, wo Angus gerade den letzten Pfahl seines neuen Standpunkts eingerammt hatte. Von jenem neu hinzugekommenenSklaven, der seinen Herrn gleich bei ihrem ersten Treffen verhöhnt und verspottet hatte, hin zu jenem Mann, der jetzt in diesem Moment vor ihm geschworen hatte alles für seine iulische Herrschaft tun zu wollen. Wie ernst dieses Versprechen gemeint war würde ja die weitere Zukunft zeigen. So nickte Caesoninus. "Gut, entsprechend soll es dir auch die Familie vergelten."


    Caesoninus erhob sich von der Reling in eine aufrechte Position, um gleich zurück in die Kabine gehen zu können. "Dies ist nun einmal die gesetzliche Diktion, doch dass abgesehen davon auch Sklaven biologisch gesehen auch Menschen bleiben ist natürlich jedem Sklavenhalter bewusst, hier geht es ja in erster Linie um den Unterschied zwischen einer rechtlichen und einer körperlichen Persönlichkeit, wobei nur letztere bei einem Sklaven gegeben ist. Am besten du machst dir nicht zu viele Gedanken darüber, du weißt ja inzwischen wie es dir bei den Iuliern ergeht und es wird sich auch nichts daran ändern. Du musst nur eben noch etwas an deiner Arbeitsdisziplin arbeiten wann Gefühle angebracht sind in einer Situation und wann nicht, das ist alles." Caesoninus schwieg daraufhin kurz etwas und dachte über diese Sachlage nach. "Ich denke... ich wäre ein miserabler Sklave. Ich bin vom Wesen her mehr Befehlsgeber, denn Empfänger, ein durchschnittliches Sklavendasein wäre wohl nichts für mich... entweder würde ich zusehen mich schnellstmöglich wieder legal freizumachen, oder... ich würde eine Sklavenrevolte anführen!" Caesoninus lachte, doch trotz dieses Witzes zur hoffentlichen Erheiterung von Angus in dessen trostloser Lage wusste er gleichzeitig, dass er die Wahrheit über sich gesprochen hatte. Caesoninus würde wenn nötig einen Umsturz anzetteln, um wieder die Freiheit zu erlangen, die er von je her gewohnt war und wenn legale Mittel wirklich nichts brachten, dann eben gewaltsame. "Es wird langsam Zeit, ich werde mich in meine Kabine zurückziehen. Gute Nacht."

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  • RE: Angus' Episode: Per aspera ad astra


    Wieder nickte ich mit ernster Miene. Ich hoffte nur, dies waren nicht die gleichen leeren Versprechen, die mir damals der Flavier gegeben hatte. Andererseits war der Iulier von seiner Art her ein ganz anderer Typ Mensch. Er machte einen bodenständigen Eindruck auf mich, obwohl er einige Jahre jünger war als ich. Mir blieb also nicht anderes übrig, als ihm zu vertrauen.


    Als er meinte, ich solle mir nicht allzu viele Gedanken über das Sklavendasein machen, dafür aber an meiner Arbeitsdisziplin arbeiten und mich weniger von meinen Gefühlen leiten sollte, wusste ich jetzt schon, dass es nicht einfach werden würde.


    Meine Bitte, sich in meine Lage zu versetzen, kam er sofort nach und es verwunderte mich kein bisschen, was ich da hörte. Offenbar waren wir gar nicht so verschieden, als ich gedacht hätte. "Da haben wir eines gemeinsam! Wie du siehst, bin ich auch ein miserabler Sklave. Aber deine Ideen, um dich aus dieser Lage zu befreien, werde ich mir gut merken. Wenn ich dann eines Tages eine Revolte anstacheln werde, dann bist du derjenige mit dem ich mich zusammentun werde!", antwortete ich mit der gleichen ernsten Miene und sah ihn dabei an. Doch lange konnte ich nicht an mir halten und prustete dann vor Lachen.


    Ja, es war schon spät! Unter dem klaren Nachthimmel, an dem inzwischen abertausende von Sternen zu sehen waren, war es kalt geworden. "Ja, ich komme mit!"

  • Zwischenkapitel: Ankunft in Piräus


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    Von der Westspitze Kretas aus benötigte die Charybdis insgesamt drei Tage, bis sie den athenischen Hafen Piräus erreichte. Piräus war ungefähr 4 Meilen* von Athen entfernt und zählte gut 2700 Einwohner. Es war unbestritten, dass hier der wirtschaftlich bedeutenste Ankerpunkt in der südwestlichen Ägäis lag. Er umfasste insgesamt drei große Hafenbecken; im Westen den großen Handelshafen Kantharos und im Osten die zwei kleineren Teilhäfen Zea und Mounychia, die dem Militär vorbehalten waren. Die Charybdis steuerte Zea an, das das größere der beiden militärischen Hafenbecken darstellte. In Zea fanden sich insgesamt 196 Schiffsunterstände als Lagerort für Kriegsschiffe. Je zwei Standartgröße-Triremen fanden in einem Unterstand Platz. Die Charybdis war für diese natürlich ein wenig zu hoch und zu breit, doch würde sie sowieso nur an einem offenen Pier ankern, da sie ja nicht lange hier bleiben würde.


    Sim-Off:

    * = 6 km

  • Zwischenkapitel: Ein Ende in Sicht


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    Sobald die Charybdis alle Vorräte und neuen Rekruten und natürlich den neuen Legat für die XI. Legion aufgesammelt hatte, ging am nächsten Morgen die Reise auch schon wieder weiter. Die nächsten Tage hindurch kreuzte der stolze Truppentransporter mitsamt seiner Geleitschiffe durch die Ägäis zwischen all den vielen verstreuten Inseln, die dort aus den Wellen ragten. Sie kamen sie unter anderem an den Inseln Serifos und Sifnos vorbei, an Paros und auch dem berühmten Eiland Naxos, auf dem der Legende nach der große Theseus die Minos-Tochter Ariadne zurückgelassen haben soll, kurz nach seinem Abenteuer mit dem Minotaurus auf Kreta. Nach zwei Tagen verließen sie die Ägäis über das Karpathische Meer, als sie zwischen Karpathos und Rhodos hindurchfuhren und hinein in das Mare Phoenicium*. Jetzt war ihr Ziel, Antiochia am Orontes nur noch wenige Tagesreisen entfernt. Nicht mehr lange und die Rekruten aus Italien und Griechenland würden das erste Mal syrischen Boden betreten.


    Sim-Off:

    * = Phönizisches Meer, heute Levantisches Meer genannt. Es umfasst das ganze östliche Mittelmeer zwischen der Ägäis und dem syrischen Festland.

  • Caesoninus' Episode: Wertvolle Ratschläge


    Wieder auf See genoss Caesoninus die nächsten Tage das Durchpflügen des Ägäischen Meeres. Es herrschte ein höchst angenehmes, warmes Klima vor und der Anblick der vorbeiziehenden griechischen Inseln war einfach sagenhaft. Griechenland hatte wirklich das Potenzial, dass sich Caesoninus in es verliebte. Das und die ausführlichen Gespräche, die er seit ihrem Aufbruch aus Piräus mit Legat Gaius Corfidius Cotyla führte, waren eine ausreichende Entschädigung für das Schlafen in dem kleinen Verschlag, das er für den Rest der Reise nun eben hinnehmen musste. Natürlich hatte er sich schnell an diese neue Situation angepasst und Caesoninus war ja sowieso keine pingelige Natur, jedoch wenn man aus früheren Tagen wusste, dass es auf der Charybdis auch wesentlich bequemer zu nächtigen war...


    Jedenfalls genoss Caesoninus seine Konversationen mit Legat Cotyla. Er war ein wackerer alter Veteran, der schon viel im Leben gesehen hatte und Caesoninus versuchte so viel von seiner Lebensweisheit in sich aufzusaugen wie nur möglich. Gerade wieder hatte Cotyla ihm ein wenig etwas über Truppenführung und einige taktische Kniffe im Falle eines Feindkontakts verraten. Zuletzt z.B. wie man einem Feind in der Wüste 3-4x mehr eigene Soldaten vortäuschen konnte, als man tatsächlich besaß. Der Trick bestand in der Mitnahme von Eseln. Esel wirbelten mehr Staub auf als Pferde, was die, das Heer begleitende Staubwolke um vieles größer machte und der Feind daher annehmen musste, dass dort gerade viel mehr Truppen auf ihn zumarschierten, als tatsächlich vorhanden waren.

    "...also wenn du einmal in so einer Lage bist und das Gelände gibt dir die Möglichkeit, dann mach es so, Junge." Caesoninus war wieder einmal aufs höchste beeindruckt auf welche Ideen der Legat schon im Laufe seines Lebens gekommen war. "Hab vielen Dank für diesen Exkurs, o Legat! Ich werde auch diesen Ratschlag wieder genauso beherzigen, wie alle anderen, die du mir schon gegeben hast!"


    Der Legat lachte auf und winkte ab. "Ach Junge, das alles soll uns ja in erster Linie nur zur Unterhaltung dienen, bis wir in Syrien angekommen sind. Ich denke nämlich nicht, dass du jemals einem Feind auf dem Schlachtfeld begegnen wirst. Vielleicht in zehn bis zwanzig Jahren, aber ganz gewiss nicht jetzt schon während deines Tribunats." Caesoninus blickte ihn leicht enttäuscht an. Natürlich wusste er sehr gut selbst um die Natur des Tribunats, das plebejische Politiker im Zuge ihrer Karriere durchlaufen mussten, aber wenn man mit den Gallischen Kriegen Iulius Caesars unterm Kopfkissen einschlief und darauf lechzte endlich selbst einige militärische Erfolge feiern zu können und feindliche Festungen mittels brillianter Strategien im Sturm zu erobern, dann mochte man das natürlich nicht hören, was Cotyla als nächstes wieder einmal bestätigte: "Die Stelle eines Tribunus Laticlavius ist ein Durchzugsposten ohne realmilitärische Bedeutung, eine bloße Formalie aus alter Zeit, wenn du so willst. Es mag auf dem Papier hübsch klingen, dass du der zweithöchste Offizier deiner Legion sein wirst, aber das heißt nichts. Die wahre Macht über die Soldaten liegt bei den Centurios. Bei denen, die den täglichen Drill über die ihnen unterstellten Soldaten ausüben und sich selbst schon in vielen Schlachten und Gefechten bewiesen haben. Männer mit Erfahrung also, Erfahrung die du nicht hast, weil du die als junger Politiker verständlicherweise auch gar nicht haben kannst. Dein Alltag in der Kaserne wird vermutlich so aussehen, dass du im Stabsgebäude Verwaltungsaufgaben wahrnehmen und gelegentlich deine Männer beim Exerzieren einmal quer über den Hof jagen wirst, mehr jedoch nicht."


    Ziehmlich desillusionierende Worte für jemanden, der auch Ruhm und Ehre auf den Schlachtfeldern des Mars ernten wollte und Caesoninus wusste nur allzu gut noch, dass der Legat in Athen vor ein paar Tagen noch ganz anders über das Tribunat gesprochen hatte. Doch Caesoninus wusste ja selbst, dass Cotyla im Grunde Recht hatte und genau so wohl sein kommendes Jahr aussehen würde, nur wollte er das besonders im Moment nicht wahrhaben, sondern viel länger noch seinen eigenen romantischen Vorstellungen eines Tribunats anhängen. Nicht, nachdem ihm der Corfidier jetzt stundenlang von allen möglichen höchst spannenden Tricks und Täuschungsmanövern erzählt hatte, die einem einen Feind im Gefecht in Schach halten ließ.

    Caesoninus seufzte. "Dieser Gedanke klingt niederschmetternd, jedoch weiß ich ja selbst, dass es auf genau das hinauslaufen wird. Wobei ich mehr machen werde müssen als andere, um mir den Respekt meiner Männer zu erhalten." Cotyla hob eine Braue. "Warum solltest du das nötig haben?"

    "Weil ich und mein Ansehen bei ihnen jetzt schon kompromittiert sind."

  • RE: Caesoninus' Episode: Wertvolle Ratschläge


    "Kompromittiert? Inwiefern?"

    Es kostete ihn etwas Überwindung diese Blöße zu offenbaren, doch das wusste außer dem Legat ja ohnehin schon das ganze Schiff, also was sollte es noch machen.

    "Vor mehreren Tagen, als wir gerade von Sizilien auf dem Weg nach Kreta gewesen waren, waren mein Sklave und meine Sklavin an Bord dieses Schiffs erwischt worden, wie sie sich mitten am Tag vereinigt hatten."

    Der Legat pfiff angesichts dieses starken Stücks. Sowas war ihm in seiner langen Laufbahn als Soldat auch noch nicht untergekommen. Caesoninus lief rot an vor Scham.

    "Ich bestrafte beide natürlich sofort, doch der Schaden ist angerichtet. Viele Rekruten der Charybdis sind der XII. Legion zugeteilt, ergo werden mit mir in Antiochia stationiert sein. Sie kennen natürlich diese Episode, wo ja das ganze Schiff sie mitangesehen hat und bestimmt wird sie sich später dann in der Garnision schnell unter den übrigen Soldaten verbreiten und mich als Witzfigur und schwachen Kerl erscheinen lassen, der nicht einmal seine eigenen Sklaven unter Kontrolle hat. Wie soll so jemand sich dann anmaßen dürfen gestandene Soldaten in die Schlacht führen zu können?" Das war etwas, das Caesoninus schon seit dem Vorfall das Herz beschwerte und es tat gut es einmal laut aussprechen zu können. Er vertraute darauf, dass Corfidius Cotyla es zu würdigen wüsste, dass er sich ihm so intim geöffnet hatte. Trotzdem überraschte ihn seine Antwort: "Na wenn es weiter nichts ist."

    Caesoninus blinzelte. "Nichts weiter? Was ist denn mit dem Respekt, den ich als höher gestellter Offizier von ihnen einfordern muss? Ich werde doppelt so hart mit ihnen umspringen müssen, damit sie mich genauso wieder im Ansehen halten, wie einen gewöhnlichen Offizier und sie sehen, dass ich durchaus nicht schwach bin!"

    "Das ist Blödsinn, Junge."

    "Blödsinn? Legat, darf ich mir anmaßen die Frage zu stellen, warum das "Blödsinn" sein soll?"


    Corfidius Cotyla musterte ihn einen Moment lang. "Es gibt da so ein Sprichwort. Jemand der sagen muss, er sei der König, ist kein König. Gerade indem du verbissen versuchst gegenüber deinen Untergebenen deine Härte zu markieren, demonstrierst du ihnen in Wahrheit nur um so deutlicher deine Schwäche, wenn du meinst in der Position zu sein ihnen etwas beweisen zu müssen. Echte Anführer müssen aber nichts beweisen. Entweder sie sind dazu geboren für das was sie machen, oder sie sind es nicht. Es gibt nichts dazwischen."

    "Ja, aber... aber wenn ich nichts mache und diese Geschichte einfach ignoriere, dann wird sie sich doch weiterhin unter den Männern verbreiten und sie werden denken ich sei schwach?"

    Cotyla schnaubte. "Und wenn schon! Was kümmert es dich so sehr was sie von dir denken mögen? Verlierst du durch eine negative Meinung von ihnen etwa einen Arm, oder dein Bein?"

    "Nein, natürlich nicht!"

    "Wo liegt also dann dein Problem? Kümmere dich nicht darum was andere von dir denken mögen, das ist deren Sache und nicht deine, solange du mit bestem Wissen und Gewissen jene Aufgabe wahrnimmst, die dir zugeteilt wurde. Wunderbar, wenn die Männer sich ihrerseits an deine Befehle halten und die militärische Disziplin achten und sollte doch einer von ihnen einmal Zweifel an deinen Kompetenzen anmelden, dann untersuche den Fall und bestrafe ihn nach den geltenden Militärgesetzen, so einfach ist das. In den Legionen herrscht zwischen den Männern ohnehin ein rauerer Ton, als zwischen den feinen Herren Politiker in Rom. Mögen von mir aus meine Männer über mich denken ich sei eine saufende, Kleider tragende Tunte, solange sie nur rennen, wenn ich sage "Rennt!" "


    Caesoninus fand diese Einstellung bewundernswert. Er selbst war noch nicht so weit, dass ihm auch einfach die Meinung seiner Männer so egal war wie Legat Cotyla, doch er nahm sich fest vor daran zu arbeiten.

  • Angus: Am Ende der Reise


    Nach der Rückkehr von unserem Landausflug nach Athen hatte auf dem Schiff noch eine böse Überraschung auf uns gewartet. Die Kabine, die sich der Iulier mit uns, seinen Sklaven geteilt hatte, war in der Zwischenzeit an den in Piräus an Bord gekommenen Legat weitergegeben worden. Uns hatte man in einem Verschlag untergebracht, in dem auch die Habseligkeiten des Iuliers verstaut worden waren. Es war stickig und eng. An einen erholsamen Schlaf in der Nacht war auch nicht zu denken, da wir alle mehr oder weniger neben und übereinander schlafen mussten. Nur der kleinen Aislin machte dieser Umstand wenig aus. Sie schlief abwechselnd angekuschelt bei mir oder bei ihrer Mutter.

    Ich hingegen lag oft in der Nacht wach und dachte über unsere Reise und unsere Erlebnisse nach. Glücklicherweise hatten die Eulen mich nicht mehr heimgesucht und ich hoffte, dass auch meine Göttin mir weiterhin gewogen war und mich und die meinen beschützte.

    Doch auch fragte ich mich auch des Nachts immer häufiger, je mehr wir uns der syrischen Küste näherten, was uns noch alles in Antiochia erwarten würde. Ich hatte so einiges über Syria gehört. Ein Land in dem nicht viel wuchs, weil es dort nur Wüste gab, war nicht gerade das, was ich als ansprechend erachtete. Träumte ich doch noch immer von den mit Farm bewachsenen Hügeln, den fischrechen Seen und dem kühlen Wasser der Flüsse, das vom Moor braun gefärbt war. Leider waren meine Träume in unerreichbare Ferne gerückt und inzwischen war ich mir ganz sicher, dass ich meine Heimat nie wieder sehen würde. Auch war ich inzwischen darüber hinweg, deswegen zu verzweifeln, denn es gab nichts mehr, zu Hause in Albion, was auf mich wartete. Lediglich meine Erinnerungen an ein anderes, längst vergangenes Leben gab es noch dort.


    Dann endlich, nach etlichen Wochen erreichten wir unser Ziel. Eine scheinbar endlose Reise hatte ihr Ende gefunden.

  • Scamander: Auf zu neuen Welten - mit kleinen Hindernissen


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    Macer und ich bestiegen das Schiff. Bis wir Antiochia erreichten, wollte ich mich an ihn halten, damit ich nicht völlig allein war. Wir hatten uns miteinander angefreundet, denn zu zweit war man weniger allein! Später in Syria würde sich ja herausstellen, ob sich unsere Wege trennten oder ob wir doch noch weiter zusammenbleiben konnten.

    Von Anfang an aber hatte ich ein ungutes Gefühl, als ich die Charybdis bestiegen hatte. Ich hasste Schiffe! Ganz gleich, wie groß oder klein sie waren. Sobald wir den Hafen verließen und dieses elende Schaukeln begann, wusste ich was mir blühen würde. Hoffentlich gab es dort, wo sie uns einquartierten genug Kotzkübel!


    Es gab Hängematten! Ich hatte zuvor noch nie in einer Hängematte genächtigt. Besonders bequem sahen sie nicht aus, diese Hängematten. Aber schließlich war ich ja hier nicht auf einer Vergnügungsreise! Ob die Hängematten das Schaukeln des Schiffes ausgleichen konnten? Falls ja, wäre es sicher das Beste gewesen, sich den ganzen Tag in der Hängematte aufzuhalten, was sicher im Konflikt mit den Plänen meiner Vorgesetzten stand!

    Meine Fragen sollten schon bald beantwortet werden. Die nächsten vier Tage kotzte ich mir fast die Gedärme aus dem Leib. Von unserer Reise bekam ich daher nicht viel mit, denn kurz darauf erreichten wir endlich die syrische Küste.

  • Zwischenkapitel: Ankunft in Syria


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    Die letzten Tage der Überfahrt der Charybdis von Rom nach Antiochia am Orontes verliefen ohne größere Zwischenfälle. Zwischen Piräus und Antiochias Küstenhafen, Seleukia Pieria, waren es insgesamt neun Tage Fahrt. Es gab ruhigen Wellengang und einen moderaten Wind, der die Segel blähte und besonders den neuen Athener Rekruten einen Teil ihrer Ruderarbeit abnahmen, denn diese mussten natürlich wie auch vor ihnen schon die italischen Rekruten aus Ostia und Neapolis regelmäßig in den Ruderschichten mitarbeiten. Die vielen neuen Gesichter auf dem Schiff ließen die "dienstälteren" Rekruten (streng genommen hatte ja noch keiner von ihnen den offiziellen Dienst aufgenommen) grinsen, wenn sie die müden und fertigen Gesichter der Athener sahen und sich an den Start der Charybdis in Italia zurückerinnern, als sie selbst teils zum ersten Mal im Leben überhaupt ein Ruder in die Hand genommen hatten. Doch das lag inzwischen Wochen in der Vergangenheit und die Körper der italischen Rekruten waren schon entsprechend gestählt durch das wochenlange tägliche Rudern, das sie den Neuen vorraus hatten. Verständlich, dass sie sich zumindest in den ersten Wochen in der Grundausbildung leichter tun würden durch ihre höhere Fitness.


    So kam also der Tag an dem nach wochenlanger Fahrt endlich die syrische Küste vor der Charybdis auftauchte und ihre Reise zu Ende ging.