Willst du mit mir gehen

  • Nero warte zur verabredeten Zeit am Eingang des Parks Jener Park wo sie sich damals getroffen und eigentlich recht gut verstanden hatten. Ja er versuchte mit dieser Symbolik daran anzuknüpfen. Ja er erinnert sich noch, vielleicht tat sie das ja auch. Er hoffte es zumindest. Nun sah er in die Richtung aus welcher sie hoffentlich bald kommen würde. Er wusste nicht so recht wie er sich ihr begreiflich machen sollte. Aber er hatte den Eindruck gewonnen, dass sie dringen vor der Bekanntgabe der Verlobung miteinander reden sollten. Noch war niemandem zu sehen. Er war unsicher, was man auch daran merkte, dass der junge Mann sich öfter mit einer Hand durch die Haare fuhr.

  • Mit Kara an ihrer Seite und Trautwini als Leibwächter etwas hinter sich kam auch Corvina am Hortus Sallustani an. Sie war eigentlich sicher, pünktlich zu sein, sofern man dies eben nur nach Sonnenstand sein konnte, aber Caudex wartete schon auf sie am Eingang des großzügigen Parks.

    Sie wusste noch immer nicht so genau, wie sie mit ihm umgehen und was sie von seinem Verhalten halten sollte. Ihr Vetter Faustus hatte ihr zwar den ein oder anderen Blickwinkel eröffnet, aber ihr eben auch durch seine Worte deutlich gemacht, dass es durchaus auch an ihr und ihrem Verhalten in der Vergangenheit gelegen haben könnte, dass Caudex sie als unzureichend wahrnahm. Ein Umstand, der Corvina durchaus sehr beschäftigte und betrübte.


    Dennoch hatten sowohl Faustus wie auch ihr Onkel sie ermutigt, ihren Zukünftigen durchaus etwas kennen zu lernen, soweit die Sitten des Anstandes dieses eben zuließen, ohne Gerüchte aufkommen zu lassen. Und so trat sie auf Caudex zu, ein wenig zögerlich und nervös vielleicht. Aber sie wollte sich wirklich bemühen. Ein wenig zumindest. "Salve, Caudex", grüßte sie ihn, vielleicht nicht ganz so überschwänglich und leicht wie vor ihrer beider Verlobung, aber freundlich, und sie rang sich auch ein kleines Lächeln ab, das zwar wohl nicht über ihre Nervosität hinwegtäuschen konnte, aber als Geste vielleicht bemerkt wurde.

  • Endlich erblickte er sie und er atmete tief durch als sie unsicher und nervös auf ihn zutrat. „Salve Corvina, ich danke dir das du gekommen bist.“ Sagte er leise. Er hielt natürlich den angemessenen Abstand ein, schließlich sollte niemand etwas negatives über seine Braut sagen können. „Begleitest du mich ein Stück?“ Fragte er und bot ihr den Arm an. Als sie sich eingehakt hat schritt er langsam in den Park hinein. „Erinnerst du dich?“ Und deutete auf die Statue, welche den sterbenden Gallier zeigt. „Hier haben wir uns damals kennengelernt. Wir haben uns damals über die Traurigkeit in seien Augen unterhalten.“ ja er erinnerte sich nur zu genau. Nun standen sie also wieder hier vor eben jener Statue. Nero sah kurz die Statue und dann Corvina an. Ja seine Augen waren wohl klar und blau wie die See, doch wie immer lauerte tief im Verborgenen die für ihn so typische Traurigkeit. Er sah sie jedoch offen an und warte ob sie sich erinnern konnte.

  • Den angebotenen Arm nahm Corvina natürlich, auch wenn sie weiterhin so neben ihm herschritt, dass ihrer beider Körper sich nicht in unangemessener Art und Weise berühren würden. Es war ein einfacher, unschuldiger Spaziergang, nichts, das irgendwo anecken konnte. Nach dem, was ihr Cousin ihr über die Gerüchte gesagt hatte, und dem, was sie sich selbst zusammengereimt hatte, wollte sie wirklich nicht noch mehr Anlass für Gerüchte geben.

    Sie hielten vor der Statue des sterbenden Galliers, als Caudex sie wieder ansprach. Ihre erste Begegnung, damals, noch ehe die Villa Tiberia im Sklavenaufstand angegriffen worden war und die Tiberier zu den Aureliern hatten fliehen müssen. Natürlich erinnerte sie sich. "Ich erinnere mich. Hat nicht ein junger Plebejer mit dir damals einen Streit anfangen wollen?" fragte sie nach. Sie war sich nicht mehr ganz sicher, wer das gewesen war oder worum es ging, aber sie erinnerte sich dunkel daran. Nicht, dass es wirklich etwas zur Sache tat. Aber sie wusste auch nicht, was gerade die Sache wirklich war oder worauf Caudex hinaus wollte.

  • „Ja.“ stimmte er zu. Sie konnte sich also auch noch erinnern. Vielleicht konnte sie die Geste jetzt noch nicht deute vielleicht nie. „Ich habe hier damals ein bezauberndes junges Mädchen kennengelernt.“ Sagte er und führte Corvina weiter. „Ein Mädchen von dem ich niemals zu hoffen gewagt habe, das sie tatsächlich meine Frau werden würde.“ Er sprach leise, damit nur Corvina ihn hören konnte. „Ich wollte dir mit meiner Frage neulich nicht zu nahe treten oder dich gar beleidigen. Ich hoffe du kannst mir meine unbedachten Worte verzeihen.“ Ja auch wenn er auf seine Frage genau die Antwort bekommen hatte, die wohl keine Mann bekommen wollte, akzeptierte er es. Er ging für sich und seinen Seelenfrieden davon aus, dass es wohl einen Mädchenschwärmerei war. Wenn er konnte und sie ihn ließ, würde er ihr zeigen, dass er ihr sehr wohl einen guter Mann sein konnte. Er achtete sie, er schätzte sie, er ehrte sie. Er konnte nur hoffen, dass sie ihrer Schwärmerei vergessen und an seiner Seite ihr Glück finden konnte. Er würde von sich aus dieses Thema jedenfalls nie wieder ansprechen. Sie waren nun mal dazu bestimmt bald zu heiraten. „Du webst und stickst gern nicht wahr?“ Wechselte er das Thema. „Würde es dir gefallen, wenn ich dir dafür ein Zimmer zum Garten hin einrichten würde? Dort hättest du genug Licht undan warmen Tagen könntest du dir Türen zum Garten öffnen.“ Ja man konnte wohl sehen, dass er sich sehr wohl Gedanken über das Wohlergehen seiner Zukünftigen machte und das er wollte, dass sie sich in ihrem neuen Heim wohlfühlte.

  • Sein Kompliment jetzt an dieser Stelle, verwirrte sie. Oder war es eher ein Geständnis? Nach dem, was Faustus ihr über die Mitgift erzählt hatte, wusste Corvina wirklich nicht, was sie von Caudex denken sollte. Und nach seiner leisen Entschuldigung wusste sie es noch viel weniger. Sie ging mit ihm langsam durch den Park und tat so, als würde sie die winterkahlen Büsche dabei betrachten.

    "Mein Cousin sagte mir, dass es... zu Gerüchten gekommen war bezüglich meiner Krankheit. Ich wusste davon nichts und hätte auch nicht gedacht, dass ich zu so etwas Anlass geben könnte. Daher war meine Reaktion auf deine Frage vielleicht... etwas harscher, als du hättest erwarten können. Das tut mir leid", entschuldigte Corvina sich ihrerseits. Sie ging einfach davon aus, dass auch Caudex diese Gerüchte gehört hatte und sie deshalb so direkt darauf angesprochen hatte und nicht aus einem anderen Grund. Dennoch sah sie ihn nicht an, sondern blickte ein wenig verlegen auf eine der Winterblumen, die mit ihren Blüten einer der letzten bunten Flecken im sonstigen Braun, Grau und dumpfen Grün war.


    Sein Themenwechsel kam da gelegen, und nun blickte sie doch einmal überrascht zu ihm auf. Kurz zögerte sie und suchte in seinem Gesicht nach Hinweisen, wie er es meinte, aber es sollte wohl einfach nur ein Geschenk sein. Für sie, als Willkommen im Haus.

    "Ja, das wäre sehr schön. Ich danke dir." Sie ging ein paar Schritte weiter, ehe sie leise fortfuhr, damit niemand es hörte. "Und du findest das nicht zu... langweilig und hausbacken? Ich meine... andere Frauen begeistern sich für Philosophie, oder Musik, oder Spiele. Sie sind weltgewandt und... beliebt und... interessant und... aufregend und...." So viele Dinge, die Corvina einfach nicht war. Während sie diese Aufzählung begann, schweifte ihr Blick wieder in den Garten zur nächsten Statue, die sie einfach nur betrachtete. Es verunsicherte sie nach wie vor, dass Caudex angeboten hatte, die Verlobung abzuwenden, und nach wie vor, auch trotz seiner Worte, hatte sie das dumpfe Gefühl, eigentlich nicht diejenige zu sein, die er wollte.

    Natürlich würden sie sich beide dennoch in ihr Schicksal fügen. Corvina würde das sicherlich, und auch Caudex war viel zu pflichtbewusst, als dass er so eine Verbindung ablehnen könnte. Aber es war einfach ein seltsam diffuses Gefühl, jemanden zu heiraten, weil man im Grunde keine andere Wahl hatte, und mit diesem Menschen dann das Leben zu verbringen und Kinder in die Welt zu setzen. Wollte er das überhaupt wirklich?

    Sie kannten sich schon so lange, aber Corvina merkte, dass sie ihn im Grunde genommen trotz all dieser Zeit gar nicht kannte.

  • „Ich habe keine solchen Gerüchte vernommen.“ Sagte er mit gesenkter Stimme. Er machte sich aber innerlich einen Notiz, dass er sie unterbinden würde sobald sie an seien Ohr dringen würden. Niemand sollte etwas über seine Zukünftige verbreiten. Er würde sie vor derartigen dingen zukünftig beschützen.

    Als sie sich aber nun als langweilig und gar hausbacken darstelle hielt er in seinem Schritt inne und sah sie direkt an. „Wie bei allen Göttern kommst du auf so was?“ Fragte er und runzelte leicht die Stirn. „Du bist alles andere aber sicher nicht langweilig. Du erschaffst mit deiner Hände Arbeit kleine Kunstwerke. Und du bist die liebenswerteste Person die ich kenne.“ Ja sah sie das denn nicht? Sah sie nicht, wie schön sie war, wie unzureichend sich jeder Mann und er im speziellen neben ihr fühlte. Er wusste nicht wie er sich ihr begreiflich machen sollte. Und dennoch versuchte er es. „Jeder Mann würde sich glücklich schätzen dich zur Frau  zubekommen. Für mich ist es eine große Ehre, nicht nur wegen deines Onkels sondern und gerade wegen dir.“ Er sprach leise aber eindringlich. „Ich weiß wirklich nicht womit ich diese Ehre verdient habe.“ Ja er sah sich selbst als unzureichend unzulänglich für sie an. Langsam führte er sie weiter durch den Park. Eine Weile schwieg er bevor er noch leiser sagte. „Ich würde mir wirklich für die Zukunft wünschen, dass du dich an meiner Seite ...also das du dich zumindest wohlfühlst.“ Er wusste, dass es nicht einfach werden würde. Ja sie kannten sich, von eigen Treffen oder Festen. Aber wirklich kennen nein das taten sie nicht. Ja man konnte sagen, dass sie eigentlich zwei Fremde waren.

  • Wenn er keine solchen Gerüchte gehört hatte, warum hatte er sie dann gefragt, ob sie in einen anderen verliebt wäre? Hätte er jetzt einfach genickt und sich entschuldigt oder dergleichen, hätte sie es einfach abtun und beiseite legen können. Aber wenn er die Gerüchte nicht kannte, wie sollte sie dann seine Frage verstehen? Auch wenn er sich erneut entschuldigt hatte dafür. Aber wie war er darauf gekommen? Wieso ausgerechnet diese eine Frage?

    Corvina schwieg und schob den Gedanken nach hinten. Sie konnte das mit ihm nicht in einem öffentlichen Park erörtern. Was ihn aber nicht davon abhielt, stehen zu bleiben und sie mit Komplimenten zu überschütten. Verlegen sah Corvina zu Boden und errötete leicht. Was sollte sie darauf erwidern? Was sagte man, wenn man von seinem gegenüber geradezu in den Olymp erhoben wurde, um dort mit den Unsterblichen zu speisen, während man sich selbst weitaus geringer sah.


    Ein anderes schlenderndes Pärchen kam den Weg entlang, und Corvina trat beiseite, um ihnen Platz zu machen. Dafür löste sie sich von Caudex. In einer hilflosen Geste legte sie ihre Hände vor ihrem Schoß zusammen. Das Pärchen ging kichernd an ihnen beiden vorbei, und einen Moment sah sie ihnen verlegen nach, ehe sie wieder zu Caudex blickte. Sollte sie seinen Arm einfach wieder nehmen, von sich aus? Sie sah kurz unschlüssig und blickte wieder verlegen zu Boden.

    Sie war es gewohnt, Schmeicheleien zu hören und auch Komplimente zu bekommen. Ihr Onkel überschüttete sie geradezu damit. Aber das war alles nur Spiel, alles nur leicht dahergeredetes Geplapper. Damit konnte sie umgehen, auch wenn sie selbst dabei errötete und bescheiden abwinkte. Bei Caudex gerade aber klang es ernst. Und das machte ihr fast ein wenig Angst.

    Sie wollte es gerne ansprechen. Das alles. Wollte ihn fragen, wie er das meinte, ob er sie wirklich so sah, was er von ihr so dachte. Aber sie wusste nicht, wie. Und es würde auch nicht helfen, mit ihrem Cousin zu drohen. Sie fühlte sich gerade sehr unzulänglich.


    Er wollte, dass sie sich bei ihm wohlfühlte. Corvinas Blick wurde sanft. Sie sah sich leicht um, wo die anderen Personen im Part waren. Trautwini und Kara standen in einigem Abstand auf Sichtweite, das Pärchen von zuvor war schon aus dem Blickfeld ganz verschwunden.

    "Ich könnte... also, wenn du das magst, dann könnte ich ja... vielleicht einmal auch für dich eine Tunica machen." Es war nur eine kleine Geste. Eigentlich weniger als das, denn noch hatte Corvina gar nichts getan, sondern eher eine Frage gestellt, ob sie etwas tun durfte. Aber sie wusste einfach nicht, wie sie sonst auf Caudex zugehen sollte. Sie war bestimmt einen Kopf kleiner als er, aber von dem Sockel, auf den er sie gehoben hatte, kam es ihr so vor, als müsse sie sich bücken und klein machen, um ihn erreichen zu können.

  • Er nickte und lächelte leicht. „Das würde mich sehr freuen.“ Ja das würde es tatsächlich, denn es wäre was persönliches von ihr für ihn gemachtes. Alles was er ihr schenken könnte würde man wohl mit Geld kaufen können. Er kannte sie zu wenig um zu wissen, was ihr tatsächlich Freude machen würde. Und sie gab nur wenig von sich preis, so dass er wohl auch keine Möglichkeit haben würde ihr zur Verlobung etwas persönliches zu schenken. Vielleicht sollte er bei seine Schwester mal nachfragen. Ja das würde er wohl machen, sie konnte ihm bestimmt weiterhelfen.

    „Corvina freut sich übrigens, dass ihr … als wenn du eingezogen bis, also das ihr dann mehr Zeit miteinander verbringen könnt.“ Bei den Göttern war es kompliziert ein Gespräch zu führen, jetzt nachdem sie wussten, dass sie ihre Zukunft miteinander verbringen würden. Vorher waren sie doch viel unverkrampfter miteinander umgegangen. Warum war das jetzt so.. so, so anders eben?

    Wieder einmal fuhr Nero sich unsicher durch die Haare. Er sah Corvina an und ja er wollte ehrlich mit ihr sein, Deshalb sprach er dann tatsächlich ganz leise seine Gedanken aus. „Meinst du wir können irgendwann wieder normal miteinander umgehen ohne so .. also ohne so umeinander herzu schleichen?“



  • Gut. Das war gut. Es war etwas, das Corvina tun konnte. Etwas, von dem sie wusste, dass sie es gut konnte. Etwas handfestes, bei dem sie ihre Fehler selbst bemerkte und ausbessern konnte, ehe jemand anderes sie darauf anstieß. Das gab ihr Sicherheit. Und genau die brauchte sie gerade.

    Sie lächelte leicht und beruhigte sich ein wenig. Und als Caudex seine Schwester Corvina erwähnte, und dass ihre Freundin ihr deswegen nicht Gram war, sondern sich freute, wurde das Lächeln etwas wärmer. "Ja, ich freue mich auch schon auf die Zeit mit deiner Schwester", gab Corvina leise zu und war gerade dabei, doch etwas aufzutauen.


    Allerdings auch nur für diesen Moment, denn dann verunsicherte Caudex sie wieder in erheblichem Maße. Ob sie wieder normal miteinander umgehen könnten und nicht mehr umeinander herumschleichen? So sah er sie gerade? Gut, sie war auch verunsichert. Und es tat ihr auch sehr leid. Aber es so direkt gesagt zu bekommen, war doch nochmal anders. Sie stockte und sah zu Boden. Die Worte ihres Vetters kamen ihr in den Sinn, dass sie ehrlich zu ihm sein sollte und ihn auch einmal anfahren sollte, wenn er sich nicht benahm. Das konnte sie nicht, zumindest nicht hinreichend. Aber sie versuchte es und ließ für einen kurzen Augenblick zu, zu reden, ohne zu überlegen, ob der Anstand ihre Antwort gutheißen würde.

    "Zuvor hatte ich auch keine Angst, deine Erwartungen zu enttäuschen", sagte sie leiste und ging weiter auf dem Weg, ohne auf ihn zu warten. Die zwei Schritte Vorsprung kamen ihr gelegen, da sie aufgewühlt war und einen Moment brauchte, um sich wieder zu fassen. Sie wollte nicht öffentlich in tränen ausbrechen, und auch Caudex wollte sie in diesem Moment ihre Verletzlichkeit nicht zeigen.

  • Er nahm es erfreut auf, dass sie sich ebenso auf die Schwester freute doch gleich darauf verschloss sie sich wieder. Himmel was hatte er denn nun schon wieder..?

    Frauen er würde sie in diesem Leben wohl nicht mehr verstehen. Um so verdatterte war er als er ihre leisen Worte vernahm. Er ließ ich einen kurzen Vorsprung. Nicht nur sie brauchte wohl einen Moment für sich. So schloss er nur langsam zu ihr auf. Ebenso leise wie sie gerade sagte er. „Wir haben wohl die selben Ängste.“ er atmete tief durch. „Ich habe Angst, dass ich dir nicht gerecht werden kann und dir nicht genüge.“ er sah sie bei den Worten nicht an. Aber man konnte wohl hören, dass er ihr gerade zumindest ebenso wie sie einen Einblick in seine Gedanken und ein kleines bischen wohl auch in seine Seele gab.

  • Als Corvina ihn hinter sich hörte, wurde sie langsamer, damit er aufschließen konnte. Wie zwei geprügelte Hunde gingen sie wohl nebeneinander her, keiner wirklich fähig, den anderen anzusehen. Als sie seine geflüsterten Worte vernahm, blieb sie unvermittelt stehen und schaute nun doch zu ihm auf.

    Er hatte Angst vor ihr?


    Das war neu. Gut, er hatte es zuvor schon angedeutet, als er sie so erhöht hatte und so über die Maßen gelobt hatte. Und es würde auch in gewisser Weise seine Frage erklären, wenn er sich selbst für nicht gut genug hielte, ebenso wie sein Angebot, die Verlobung auf seine Kosten – wohl auch die seines Lebens – zu lösen.

    Aber es so direkt gesagt zu bekommen, dass er Angst hatte, war dennoch etwas anderes. Er war ein Mann, ein angehender Magistrat und ein Patrizier, großgewachsen, gutaussehend, bestimmt Schwarm Dutzender Frauen. Sie war nur Corvina. Einfach nur Corvina aus Athen. Gut, sie war Aurelia und ihr Onkel war bald Praetor, ansonsten würde sie auch niemals mit jemandem wie Tiberius Caudex verlobt werden. Aber dennoch war sie einfach nur Corvina. Nichts, wovor man Angst haben musste.

    Sie blinzelte und kurz zuckte ihr Arm in seine Richtung, wie um ihn zu berühren. Dann schloss sie die Augen und schüttelte den Kopf. "Ich wünschte, wir wären irgendwo, wo uns niemand sehen und hören kann", flüsterte sie und meinte es ernst. Hier draußen konnte sie nicht sagen und tun, was sie wollte. Andernorts wohl auch nicht, ehe sie nicht verheiratet wären, um keine Gerüchte aufkommen zu lassen. Aber jetzt und hier noch weniger.

    Sie atmete einmal tief durch und sammelte sich, um den Spaziergang fortzusetzen. "Du musst keine Angst vor mir haben, Caudex. Ich will dich heiraten. Wirklich. Ich habe nur Angst davor. Das liegt auch gar nicht an dir. Nur an mir. Ich... ich weiß einfach nicht, ob ich schon bereit dafür bin."

  • Er bemerkte ihre kleine Geste und nahm sie dankbar auf. Er griff vorsichtig nach ihrer Hand und legte sie in seien Armbeuge. Dann setzte sie langsam ihren Weg fort. Ja er wünschte sie auch, dass sie irgendwo wären, wo sie offen miteinander reden konnten und doch flüsterte sie ihm ihre Angst zu. Ganz vorsichtig, so das niemand es sehen konnte strich er ihr kurz mit der freien Hand sanft über ihren Handrücken. „Du musst keine Angst haben. Du hast alle Zeit der Welt. Ich werde warten bis du bereit bist.“ Ja das würde er, er würde sie nicht zwingen. Nero sah sie lange an bevor er weitersprach. „Ich würde es aber gerne sehen, wenn du bei mir hier in Rom bleiben würdest. Und uns die Chance gibst, dass wir uns besser kennen und verstehen. Nicht so wie die Frau deines Onkels, die ja noch lange Zeit bei ihrer Familie blieb. Aber wenn du.. also wen du das nicht wünscht, dann stelle ich mich deinen Wünschen nicht entgegen.“ Er wusste nicht ob er sich richtig ausdrückte, er hoffte nur, dass sie verstand, dass er dies Entscheidung einzig und allein ihr überlassen würde.

  • Jetzt, wo er sie wieder bei sich am Arm hatte, würde er sicher bemerken, dass Corvina ein wenig zitterte. Nicht viel, mehr ein leichtes Frösteln, das auch dem Wetter zugeschrieben werden könnte, aber doch eher ihrer Angst entsprungen war. Wenn sie nicht darüber redete, konnte sie es besser beherrschen, konnte es einfach vergessen und so tun, als wäre nichts. Aber sich so damit auseinanderzusetzen und gleichzeitig die damit einhergehenden körperlichen Reaktionen zu unterdrücken, war wesentlich schwerer.

    Sie nahm an, dass sein Einwurf sie beruhigen sollte, aber das tat er nicht. Es verunsicherte sie nur noch mehr. So sehr, dass sie beinahe gestolpert wäre. Sie brauchte einen kurzen Schreckmoment, um sich zu sammeln.

    "Willst du mich denn nicht?" fragte sie unsicher nach. In ihren Gedanken war diese Möglichkeit bislang noch nicht einmal ansatzweise vorgekommen. Für sie war immer klar gewesen, dass von ihr erwartet wurde, im ersten Jahr nach Beginn der Ehe ein Kind, bestenfalls einen gesunden Erben, hervorzubringen. Und das ging auch nur, wenn man möglichst bald damit anfing, Kinder zu machen. Und für Corvina war da auch immer klar gewesen, dass die Initiative hierfür vom Mann auszugehen hatte.

    Ihr Onkel war da anders, da er ja schon einen Erben hatte und nur verheiratet sein musste wegen seines Standes und der gesellschaftlichen Erwartungen. Und Curtia Minor war sogar etwas jünger als Corvina selbst, ihr Onkel hatte sie sehr jung geheiratet. Aber jetzt war ihre angeheiratete Tante auch schwanger und erwartete ihr erstes Kind. Wie sollte Corvina da begründen können, keines zu bekommen?

    Und dass er ihr eröffnete, nicht wie seine Ehefrau bei ihm zu leben, sondern noch in der Villa Aurelia und damit ihre Pflichten als Hausherrin erst einmal komplett nicht auszufüllen, beruhigte sie auch nicht, sondern verursachte im Gegenteil eine völlig neue Art der Panik. Auch wenn er es als Wunsch formulierte, genau das nicht zu tun.

    "Ich... ich hatte nicht vor, meine Pflichten zu vernachlässigen", meinte sie unsicher.

  • Kurz hob er seine Hand, er wollte ihr beruhigend über die Wange streicheln, aber er erinnerte sich rechtzeitig wo sie waren. So ließ er sie unverrichtete Dinge wieder sinken. „Natürlich will ich dich.“ Sagte er leise und sah ihr dabei direkt in die Augen, damit sie die Wahrhaftigkeit seiner Aussage auch sehen konnte. „Es war auch nicht das was ich ausdrücken wollte.“ Ja wer bei allen Göttern sollte sie nicht wollen? Ja wie so oft wenn er mit Frauen redete hatte er das Gefühl, dass sie einfach nicht die selbe Sprachen redeten. „Was ich ausdrücken wollte ist, das du es nicht aus Pflichtgefühl tun sollst, sondern weil du es willst.“ Weil du mich vielleicht tatsächlich ein kleines bisschen willst.

    Ja es wäre wohl denkbar ungünstig wenn sie ihn nicht wollte, denn er hatte sich nun mal geschworen keine Frau gegen ihren Willen .. ja mehr noch, sie mussten es ihm schon deutlich sagen, dass sie es wirklich wollten.

    Ja der junge Mann wirkte wohl etwas geknickt. „Vielleicht können wir ja...“ Ja wie sagte man es Freunde klang falsch, obwohl doch auch aus einer Freundschaft viel erwachsen konnte. Verbündete, klang auch irgendwie nicht richtig. Irgendwas dazwischen. „...irgendwann Vertraute werden?“ Er wusste nicht ob das jetzt das richtig Wort war, aber er fand gerade kein besseres.





  • Er wollte sie, aber er wollte, dass sie es wollte, obwohl er nicht darauf bestand, dass sie ihn liebte, aber aus Pflichtgefühl sollte sie es auch nicht tun. Corvina war überfordert. Wenn nicht aus Liebe und nicht aus Pflichtgefühl, aus welchem Gefühl sollte sie denn sonst heiraten und Kinder bekommen? Was erwartete Caudex von ihr?

    Sie überlegte, ihm von Prisca zu erzählen. Deren erste Ehe mit Flavius Piso war kinderlos geblieben, als er starb. Sie war danach lange unverheiratet geblieben und es hatte das unschöne Gerücht gegeben, sie sei gänzlich unfruchtbar. Ihr Onkel hatte ihr sogar von einem Plebejer erzählt, der die Frechheit besessen hatte, um Priscas Hand zu bitten, obwohl er nichts vorzuweisen hatte, das nur annähernd eine solche Verbindung rechtfertigen würde. Dieser Mann hatte das nur gewagt, weil Prisca als gefallene Frau, als unfruchtbare Zierde gegolten hatte. Dieses Schicksal war für sie einfach unvorstellbar. Davor hatte sie noch mehr Angst als vor allem, was auch immer in der Hochzeitsnacht oder jeder anderen Nacht passieren könnte. Selbst die Aussicht, bei einer Geburt zu sterben, schreckte sie nicht so sehr, wie die Vorstellung, ihre gesamte Familie zu enttäuschen und deren Ruf Schaden zu bringen.

    Aber sie blickte auf Caudex, sah seinen Gesichtsausdruck und die hängenden Schultern, und traute sich dann nicht, ihn damit auch noch zu belasten. Das waren ihre Sorgen und ihre Probleme, nicht die seinen. Sie musste damit fertig werden, nicht er. Abnehmen konnte er es ihr ohnehin nicht. "Verzeih mir. Ich wollte dich mit meinen Ängsten nicht belasten", entschuldigte sie sich leise.

    "Vertraute klingt schön. Es wäre schön, wenn wir uns gegenseitig vertrauen könnten." Auch wenn Corvina so ihre Probleme damit hatte, jemanden ins Vertrauen zu ziehen. Sie wollte keine Fehler machen. Sie verlangte von anderen keine Perfektion, aber sie selbst bemühte sich, möglichst perfekt zu sein. Auch wenn es nur selten gelang.


    Da das Gespräch gerade so betrüblich und so abstrakt und kompliziert war, überlegte Corvina, wie sie etwas daran ändern konnte. "Wollen wir uns über die Sponsalia unterhalten?" fragte sie also. Das war ein konkretes Thema. Etwas, womit sie vielleicht mehr anfangen konnte wie solche abstrakten Dinge wie die Hochzeitsnacht, Pflichtgefühl und Liebe. "Hast du schon etwas geplant? Oder gibt es etwas, das ich tun sollte, oder anziehen sollte oder sagen sollte...?" Wenn sie einen Fahrplan hätte, nach dem sie sich richten konnte, wäre ihr schon einmal sehr viel wohler.

  • Belasten? Sie würde ihn doch nicht belasten. „Ich würde mich freuen, wenn du mir eines Tages so vertraust, dass du mir deinen Ängste mitteilst, Damit wir uns ihnen gemeinsam stellen können.“ Sagte er und strich noch einmal beruhigend über ihre Handfläche.

    Dann griff er dankbar ihr Thema auf. „Das sie für die Cena in ein paar Tage geplant ist weißt du, nehme ich an?“ Ja er ging davon aus, dass sie es wusste. „Ich habe natürlich deinen Familie, die Claudier, die Flavier und die Decimer eingeladen. Daneben noch Iunia Axilla sie ist eine Geschäftspartnerin und ihren Sohn Pompeius Atticus, er wohnt gelegentlich bei uns in der Villa. Also seit ich die Tochter des verstorbenen Consular Purgitius bei mir aufgenommen habe. Ich beabsichtige die Vormundschaft für Albina zu beantragen, denn so wie es aussieht gibt es väterlicherseits keine lebend Verwandten mehr.“ Nero merkte erst jetzt das er abschweifte. „Entschuldige ich bin wohl vom Ursprung der Frage abgekommen. Nein bisher habe ich noch nichts geplant. Hast du irgendwelche Wünsche diesbezüglich? Und Kleidung ich dachte wir halten es leger?“

  • Corvina würde ihm wirklich gern so vertrauen, um mit ihm über all diese Dinge sprechen zu können. Aber nicht jetzt und hier in einem öffentlichen Park, wo die Gefahr bestand, dass ihre Gefühle sie übermannten. Also schwieg sie dazu und konzentrierte sich eher auf das gesagte bezüglich der Cena.

    Ja, sie wusste, dass es in ein paar Tagen schon verkündet werden sollte. Zu der Einladungsliste nickte sie auch und überlegte, wer vielleicht noch kommen konnte. Vielleicht die Verwandten von Flavius Minors Frau Cornelia? Oder noch ein paar Nachbarn? Der ein oder andere Priester vielleicht? Wobei, das sah dann schon fast nach Hochzeit aus. Vielleicht war es im kleinen Kreise doch sehr viel besser.

    Caudex sprach dann viel von der Tochter von Purgitius Macer. "Ich kenne Purgitia Albina flüchtig. Onkel Sextus und Consular Purgitius waren sehr gut miteinander bekannt", sagte sie und verkniff sich die Frage, ob Caudex das Mädchen adoptieren wollte oder nicht. Er hatte nur Vormundschaft gesagt, aber natürlich interessierte Corvina, ob ihr baldiger Mann auch Kinder haben würde neben denen, die sie gebären würde.

    Caudex fragte sie nach ihren Wünschen, was Corvina wieder ein wenig aus dem Konzept brachte. Welche Wünsche hatte sie zu ihrer Sponsalia? "Ich wäre froh, wenn ich nicht so viel sagen müsste. Vor Publikum zu reden fällt mir schwer. Oder, du sagst mir rechtzeitig Bescheid, damit ich mich vorbereiten kann. Nur zu improvisieren, wenn mir so viele Menschen zuhören und mich ansehen... bei zwei oder drei Personen geht das, oder bei Freunden, die ich schon lange kenne. Aber..." Bei zu viel Publikum lief sie rot an und musste sich beherrschen, nicht zu stottern anzufangen. Sie musste solche Auftritte zuvor üben und durchgehen können, um das zu verhindern. Aber einfach auf einem Fest auf eine Bühne geholt zu werden und reden zu müssen war einer ihrer persönlichen Albträume.

    Legere Kleidung. "Wäre so etwas angemessen?" fragte Corvina und deutete auf ihre momentane Damentunika aus heller Wolle, die mit einfachen Mäandermustern abgestickt war. "Oder lieber ein wenig festlicher?" immerhin war sie die zukünftige Braut. Sie wollte zwar nicht gleich in roter Seide auflaufen, aber vielleicht eben doch ein wenig auffälliger. Auch wenn sie eigentlich gar nicht auffallen wollte.

  • Nero lächelte sie zaghaft an. „Du musst nicht reden wenn du nicht willst.“ Etwas leiser fügte er hinzu. „Oh glaub mir, das geht nicht nur dir so. Bei meiner rede auf der Rostra wäre ich beinahe umgefallen vor Nervosität und wenn ich an meine Rede vor, Senat denken...“ Nero schüttelte sich leicht und sag sie mit einem schiefen Grinsen an. Er sah ihre Tunika an und nickte. „Ja wäre es. Du kannst aber auch ein Kleid tragen. Es soll nur bequem sein und du sollst dich wohlfühlen.“ Ja er wollte nicht das sie den ganzen Abend penibel darauf achten muss keine Knitter oder so im Kleid zu haben. Sie sollte sich wohlfühlen. „Du weißt aber, dass auch wenn du keine rede halten muss, du schon neben mir stehen muss, damit ich dir den Ring anstecke und wir die Verlobung mit einem Kuss besiegeln können?“ Ja er fragte lieber mal nach in wie weit sie vertraut war mit dem Ritus.

    „Gibt es noch etwas womit ich dir als Brautgabe einen Freude machen könnte?“

  • Dass auch er nervös wurde, wenn er vor Publikum sprechen sollte, überraschte Corvina. Sie hätte nicht gedacht, dass es einem angehenden Senator auch so gehen könnte. Onkel Sextus hatte keine Probleme damit, zu reden. Manchmal auch lang und breit und ausschweifend. Aber nervös war er deswegen nie. Überhaupt hatte sie ihren Onkel noch nie nervös erlebt. Dass Caudex seine Nervosität so offen zugab, war da etwas neues. Und sehr menschliches.

    Dass er ihr Kleid für gut befand, erleichterte sie noch mehr. Sie wollte jetzt nicht angeben und sagen, dass sie es selbst gemacht hatte, aber es beruhigte sie doch, dass er daran nichts zu beanstanden gefunden hatte. So konnte sie etwas tragen, das sie selbst angefertigt hatte. Das gab ihr Sicherheit.


    Caudex redete weiter über die Verlobungsfeier und brachte einen Punkt zur Sprache, den sie bislang gar nicht bedacht hatte. Ja, sie würden einander küssen müssen. Kurz nur, aber doch. Die Verlobung wurde mit einem Kuss besiegelt.

    Die Frage, ob er ihr mit irgendetwas eine Freude machen konnte, ging in diesem Gedanken völlig unter. Sie schüttelte kurz den Kopf und sah sich noch einmal um, ob niemand in der Nähe war und sie belauschen konnte. "Caudex?" begann sie unsicher, und man konnte ihrer Stimme anhören, wie schwer es ihr fiel, das folgende auszusprechen. Ihre freie Hand nestelte auch nervös am Rand ihrer Palla herum, weil sie nicht wusste, was sie sonst damit machen sollte.

    "Würdest du... also nicht jetzt, nicht... so öffentlich, und auch nur wenn du möchtest, wenn es dir keine Umstände bereitet. Ich meine... würdest du..?"Sie schloss kurz die Augen und sah sich noch einmal um. Es war ihr sehr peinlich. "Würdest du mich schon davor einmal küssen? Nur... nur damit ich weiß, wie es sich anfühlt. Damit ich darauf vorbereitet bin. Nicht irgend etwas unanständiges. Nur... damit ich mich nicht erschrecke oder etwas falsch mache bei der Feier." Es war ihr wirklich zutiefst peinlich, ihn das so zu fragen. Sie sah auch zu Boden, um seine Reaktion nicht sehen zu müssen. Aber sie wollte bei der Feier wirklich nichts falsch machen und sie wusste nicht, wie sie darauf reagierte, wenn er sie küssen würde. Und wie er sie küssen würde. Überhaupt, wie er küsste. Beim Gedanken daran vor allen Leuten solche Intimitäten auszutauschen wurde ihr ein wenig anders.