[Sklavenmarkt] O tempora, o mores! Firas.

  • O tempora! O mores!


    Es waren doch recht betrübliche Zeiten gewesen, in denen die ein oder andere Träne angemessen gewesen war. Ein Dominus starb nicht jeden Tag und irgendwie hatte Firas irriger Weise angenommen, dass Dominus Archias von dieser Angelegenheit völlig ausgenommen gewesen wäre. Immerhin hatte er ja nur vor Lebenskräften gestrotzt, was aber am Ende ein Trugschluss gewesen war. Alle Oden und Arien an den Fährmann hatten nichts genutzt. Schlussendlich hatte dieser nur eine Münze genommen und war mit dem Dominus davon gerudert. Hinüber über den Styx und dann in ferne Welten, in welche Firas noch nicht folgen mochte. Der Tod war eine Sache, die doch arge Befrüchtugnen weckte und das in allen Betroffenen. Wie sehr Firas nun, nachdem ihm die Aelier nun auch hatten loswerden wollen, involviert war, hörte er nun von dem Sklavenhändler Rufus, der ein recht renomierter in seinem Handwerk war und nur die beste Ware bot. So konnte Firas nicht umhin anzuerkennen, dass der Mann sich wirklich Mühe gab, auch wenn er nur zu den Kundschaft freundlich war und der Ware gut eintrichterte, wie sie sich zu verhalten hatte, um einen guten Preis zu machen. Zum Glück war er selbst Schlägen entgangen, auch wenn die Handlanger doch recht grob gewesen waren und ihn wie eine störrische Last auf das Podest gezogen hatten, obwohl er doch keine Gegenwehr gezeigt hatte.


    Und nun stand er da, auf dem Podest und blickte über die Menge. Schon zum zweiten Mal in seinem Leben. Das erste Mal war in Aegyptus in Alexandria gewesen, nachdem damals Dominus Gaius das Zeitliche gesegnet hatte, was auch kein Wunder gewesen war. War er doch den Süchten erlegen, welchen er so reichlich gefrönt hatte. Aber dies war nur noch eine ferne Erinnerung. Gaius, Archias und die schöne Ophelia. Selbst seinen Kaktus hatte er nicht behalten dürfen, was umso mehr betrübte, da er nun gar nichts mehr hatte. Doch er sollte ja immerhin etwas bekommen. Einen neuen Besitzer, so Rufus es denn gelang, in an den Mann oder eben eine Frau zu bringen. Wohlhabend sollte sie sein und eben genug Geld in der Tasche haben. Firas seufzte schwer, als die Stimme des Rufus nun über den Markt - nun, zumindest aber über die Köpfe der anwesenden Interessenten - erschallte. “SCHAUT NUR HER! EIN RICHTIGES PRACHTEXEMPLAR!“, dröhnte die Stimme. Rufus ging sogar nun so weit, ein wenig die Stufen vom Podest hinunter zu treten, um etwas vertraulicher mit der Menge reden zu können. “Aus einem guten Haus und nur zu verkaufen wegen dem Verscheiden seines Herrn! Dieser Sklave kann nicht nur einen Haushalt führen, rechnen und gut für einen Menschen sorgen…. Nein….“ Eine spannungsheischende Pause war entstanden, die Rufus dann schließlich selbst unterbrach: “Er kann sich auch um Pferde kümmern und hervorragend für Leib und Geist Sorge tragen!“


    Rufus Stimme hatte sich nun andächtig gesenkt, auch wenn sie noch immer sehr deutlich vernehmbar für die Anwesenden war. Firas stutze kurz und hätte sich auch wohl am Kopf gekratzt, wären seine Hände nicht mit lästigen Fesseln vor seinem Bauch zusammen gebunden. Rufus hatte nur eine Angst: Kein Geld zu machen und Entflohene, so meinte er, brachten eben keines ein. Da galt es für ihn auf die sichere Nummer zu setzen. “Er spricht nicht nur Griechisch und Latein, nein, er versteht sich auch auf die Sprache der Ägypter in Wort und Schrift!“ Firas blickte über Rufus hinweg wieder in die Menge und versuchte sich vorzustellen, nur vor einer Versammlung von Kohlköpfen zu stehen, was weniger nervös machen sollte. Dominus Archias meinte dergleichen, als er seine rhethorischen Übungen vor Publikum unternommen hatte. Leider hatten die Kohlköpfe vor dem Podest noch alle Augen, die Firas sich einfach nicht wegdenken konnte, weshalb er nun doch von einem Bein auf das andere trat und sich lieber den leicht bewölkten Himmerl betrachtete. Es sah nach Regen aus oder nicht? Ohren würden die imaginierten Kohlköpfe wohl ebenso besitzen, sodass sie auch die Worte den Rufus vernahmen, der anstatt von Kohl nur lauter Geldbeutel vor sich sah, weshalb er wohl nun auch ein bisschen verschwörerisch zu grinsen begann.


  • Saturninus war, nach dem er sich gegen den Kauf einer Keltin als Haushälterin entschieden hatte und mit Atticus einige anregende Stunden verbracht hatte, zurückgekommen,  und taxierte die angebotenen Sklaven. Er suchte wie gesagt nach einem Factotum, einem Mädchen/ Burschen für alles, das selbstständig arbeiten konnte und das er nicht erst domestizieren musste.

    Kurz gedachte er des Services, den er in der ersten Zeit im Hause seiner Cousine genossen hatte: Einen Andreas als Cubicularius, eine Rhea, die ihn ständig mit Leckereien aus der Küche verwöhnte,; an den Alexandriner Tiberios, den er als Scriba und Lector ausbenutzen konnte. Aber nun hatte er seinen eigenen Hausstand und war auf der Suche nach eigenem Personal.

    Seine Gedanken an die Annehmlichkeiten in der Casa Furia wurden sozusagen von der Stimme eines der Händlers, der seine Ware anpries, be-echot:

    Gutes Haus - Haushalt führen - Griechisch und Latein - Pferde ( leider hatte Saturninus keine eigenen) - Aegyptisch???? . Das klang viel versprechend, und er trat auf den Händler zu:

    " Salve, ich interessiere mich für den jungen Mann da, kann ich ihn ein paar Sachen fragen.", sagte er. Es war üblich, dass Interessenten Sklaven genau besichtigten, ihnen auch in den Mund schauten oder sie anfassten. Aber Saturninus wollte sich eher ein Bild davon machen, ob die Anpreisungen stimmten.

  • Es war schon ein wenig Gemurmel durch die versammelte Menge gegangen und Rufus hatte seinen Kopf erhoben, um nicht auf die erste Schnelle einen Käufer auszumachen. Noch allerdings hatte niemand geboten, was ihn die Stirn runzeln ließ. “Das Angebot ist unschlagbar!“, erklärte er dann und deutete auf Firas, der sich noch immer die leichte Bewölkung betrachtete, ehe sein Blick dann abrupt doch auf einen Römer fiel, der in der zweiten Reihe stand. “Ich biete fünfhundert!“, rief dieser und Firas sah sich flüchtig den Mann an. Mittelgroß, mit einem gut sichtbaren Bäuchlein und wenn nicht alles täsuchte, war er etwas rotnasig. Wie damals auch Dominus Gaius und wie das geendet hatte, was Firas noch immer klar, der nun schwer schluckte und statt in den Himmel auf die Bretter des Podestes schaute. Es war fein gemasert und das auch unter einem recht natürlichen Holz. Etwas Schweres. Auf jeden Fall keine Pinie. “Fündhundertfünzig!“, hallte dann eine weibliche Stimme zu ihm hinüber. “IST ER BELESEN?“, wollte einer andere, dies Mal wieder männliche Stimme wissen. Firas hatte aber nicht wieder aufgeschaut und sich stattdessen auf seinen Atem konzentriert. Auch das war gut bei öffentlichen Auftritten, wusste er noch von Dominus Archias, der sich damals auch nicht so übel geschlagen hatte. Wenn auch nicht auf einem solchen Podest, aber immerhin.


    Aus dem Augenwinkel jedoch hatte Firas dann doch neben dem Holzmaserung etwas gesehen. Einen noch recht jung wirktenden Römer mit einer ebenso recht aufrechten Haltung, der nun zu Rufus getreten war, der noch “UND WIE BELESEN ER IST!“, in die Menge rief, ehe er dem herbei getretenen Interessenten entgegen lächelte. Hyänenhaft vielleicht, aber das haftete Händlern dieser Art wohl allen an und war eine Berufskrankheit. “Salve, edler Herr!“, grüßte Rufus nun zurück. “Aber natürlich! Aber natürlich! Frag‘ nur und Rufus wird antworten!“, gab er bekannt und deutete dann auf Firas. “Stelle deine Fragen auch laut, wenn es dir beliebt!“, ließ er dann aber noch folgen. Firas hatte nun den Kopf vollends gehoben und schaute dem Römer entgegen. Zaghaft, aber immerhin, auch wenn die Kohlkopf-Idee nun immer schwieriger umzusetzen war. Es war schon eine elende Sitaution, doch vielleicht hatte er Glück und es war schnell vorbei.

  • Saturninus grinste und rief mit lauter Stimme:

    " Du wirst als belesen und gebildet angepriesen. So erbitte ich von dir dreierlei:

    Erstens: Übersetze "Xylon angkylon oudepot orthon" vom Griechischen ins Lateinische.


    Zweitens: Welcher Dichter hat

    - Extemplo Libyae magnas it Fama per urbes,
    Fama, malum qua non aliud velocius ullum;
    mobilitate viget, viresque adquirit eundo
    *

    Das Gerücht schreitet sofort durch Libyens mächtige Städte,

    Das Gerücht, ein Übel, das nie von andern im Laufe besiegt ward,

    Sich der Beweglichkeit freut und an Kraft zunimmt, wie es forteilt-


    geschrieben?


    und drittens, da du des Aegyptischen mächtig bist: Was bezeichnet Peret? "




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    *Sim off

    Das Gerücht schreitet sofort durch Libyens mächtige Städte,

    Das Gerücht, ein Übel, das nie von andern im Laufe besiegt ward,

    Sich der Beweglichkeit freut und an Kraft zunimmt, wie es forteilt-

  • Als der Römer nun auf die Aufforderung von Rufus hin tatsächlich laut einige Fragen stellte, weiteten sich Firas Augen unwillkürlich. Offenbar suchte der Mann wirklich jemanden, der diese auch beantworten konnte. Auch Rufus stutze kurz, da die Antworten selbst wohl seinen Horizont ein bisschen überforderten. Dann sah der Sklavenhändler in die Menge, aus der sich wieder Geraune und Gemurmel erhob. Darunter war auch ein gewisses Gelächter. “HÖRT! HÖRT!“, rief einer aus der Menge. Einige lachten. “Kannst du das beantworten, Rufus?“, wollte eine kecke Stimme wissen. Wieder wurde gelacht und gemurmelt. Rufus grinste etwas bitter und hob seine Hand. Irgendwie schaute es aus, als wolle er die Menge um Ruhe bitten, was doch glatt noch mehr Unruhe in Firas selbst brachte, der neuerlich schluckte und sich dann nervös mit der Zunge über die Unterlippe strich. Es war schon sonderbar, was hier geschah. Plötzlich hatte er Durst. Ganz schrecklich. Und Hunger. Und noch andere Bedürfnisse. Auch eine gewisse Fluchtbereitschaft stellte sich in der Tat ein, denn im Gegensatz zu Dominus Archias damals, war es nicht gewohnt vor einer Menge zu sprechen und in einer so unangehmen Situation erst recht nicht! “Ich… ich…,“ begann er dann rhethorisch sehr ungelenk. Dann musste er doch noch einmal seine Augen schließen. Vor der Menge. Und vor der Zukunft. Und auch vor Rufus, welcher einen recht gefährlich und drohend wirkenden Blick aufgesetzt hatte, den er ihm nun zukommen ließ.


    “Lingum curvum nunquam rectum…,“ sagte Firas dann recht leise, fast schon ein wenig dahin geflüstert. “WAS?, brüllte einer aus der Menge. “Nun mach‘ schon lauter!“, forderte auch Rufus nun unwirsch. “Krummes Holz wird niemals gerade!“, stieß Firas dann aus und öffnete die Augen wieder, wobei er nun dem Römer entgegen blickte, welcher die Frage gestellt hatte. Ein gebildeter Mensch wohl und wohl vielleicht auch edel, so wie Rufus schon vermutet hatte. “Ovid… ich meine… das andere… ist von Ovid!, brachte er dann noch heraus. Die dritte Frage war wohl eher die einfachste. Immerhin war er in Aegyputs gezeugt, geboren und aufgewachsen und da lag es doch auf der Hand. Peret“ ist im Calendarium der Monat des Sprießens… des… Getreides...“ Dann schaute Firas wieder in die Menge. Nur nicht den Mut verlieren! Das sprach er sich nun selbst zu. Innerlich und in Gedanken. “Siebenhundert!“, rief nun wieder die weibliche Stimme und die Dame wühlte sich nun etwas nach vorn an zwei Männern vorbei, was Firas wieder sehr erstaunt und auch alarmiert dreinschauen ließ. Es war eine sehr pummelige Person in eine adrette, wunderschöne und reichlich bestickte Bekleidung geworfen, die für die Dame aber wohl doch leicht zu eng war. Auch schnaufte sie laut und ihre Augen wirkten wie jene von einem Falken. Stechend und wenig anziehend. “Ich brauche einen Lehrer für meine Kinder!“


    Vielleicht wurde es Zeit zu den Göttern zu beten. Oder zu dem Römer eben. Der mit den Fragen und dem Interesse. “Ich schreibe auch!“, sagte Firas schnell in dessen Richtung. “Nähen, kochen… was immer du verlangst!“ Rufus grollte nun leise und bedrohlich und warf ihm – wohl gehofft unauffällig genug – eine unschöne Handgeste entgegen, die ihm bedeuteten sollte, dass er nun besser dem Sklavenhändler das Reden überlassen sollte, wenn sein Kopf nach erfolgloser Auktion noch auf seinem Hals sein wollte. Kein schöner Anblick, diese Geste und Firas schaute wieder in den Himmel. Noch nervöser als vorher schon. Vielleicht würde es helfen an die schöne Ophelia zu denken, mit der er einst angebandelt hatte und die Toga des Dominus aus Versehen an dessen Unterbekleidung genäht hatte, während das Hühnchen auf dem Herd verbrannt war. Eine schöne Zeit war das gewesen. Doch sie war vorbei.

    “Ein richtiges Prachtexemplar, wie ich schon sagte!“, pries ihn Rufus nun dem Herrn mit den Fragen an, während auch von anderen noch weitere Gebote kamen.

  • Saturninus zog eine Augenbraue hoch, denn der angebotene Sklave war nicht nur gebildet, er war auch äußerst umsichtig, da er mit einem kleinen eingebauten Irrtum seinen Preis drückte.

    Erst nahm sich der Furier die Dame vor, die einen Lehrer für ihre Kinder suchte und rief, einer dieser großartigen Gesten, die man im Rhetorikunterricht lernte, imitierend:

    "Bürgerin, du möchtest doch nicht im Ernst einen Lehrer für deine vorzüglichen Söhne, der Ovid mit Vergilius verwechselt, denn zwar schreibt auch Ovid über die Fama, aber nur Vergil lässt sie durch Lybiens Städte rasen, um die Schande der Königin Dido zu verkünden!"

    Alles andere war richtig, und Saturninus mochte den gebildeten jungen Mann sofort. Ohne weiteres zu fragen, rief er aus: "Da ich heute einen guten Tag habe, würde ich den Jüngling kaufen, freilich nicht für überteuerte siebenhundert Sesterze, sondern sagen wir für sechshundertfünfzig. Meine Pferde werden sich über einen neuen Pfleger freuen!"

    Saturninus hatte nichts weniger als eigene Pferde, doch damit die Lacher auf seiner Seite.

  • Vielleicht war es nur ein flüchtiger Gedanke, doch vielleicht wäre es besser, wenn Rufus ihn von seinem Hals befreite, ehe er in das Haus dieser Dame würde einziehen müssen. Sie selbst war schon uriger Anblick und Firas mochte sich nicht ausmalen, wie denn dann die Ableger aussehen würden. Also dann doch lieber die Verzweiflungstat und sich in einen Dolch stürzen. Oder vom Podest. Oder eben die leichtere Variante: Den jungen Römer irgendwie von sich begeistern, denn die Dame schaute in der Tat so aus, also würde sie ihr Kaufangebot auch durchaus ernst meinen. Firas atmete tief durch, als der Römer auch tatsächlich nun die Frau ansprach und sie darauf hinwies, dass er Ovid mit Vergil verwechselt hatte. An Firas jedoch rauschte das alles nur vorbei, denn nichts war ihm im Moment ferner als die Königin Dido und auch Lybien war unglaublich weit entfernt. Sogar auch räumlich. Nur hörte er auch noch sein Herz schlagen, was nun nicht unbedingt obendrein ein gutes Zeichen war. Eher dann doch, dass der Römer nun verkündete, dass er ihn gerne kaufen würde. Als Pfleger für die Pferde, was einige Lacher in der Menge provozierte.


    Rufus jedoch lachte nicht, sondern schaute dem Römer nun prüfend entgegen. “Sechhundertfünzig?“, hakte er ein wenig ungläubig nach. “Siebenhundert!“, stellte er dann noch einmal fest. “Genau! Siebenhundert!“, stellte die Dame nun noch einmal lautstark fest, auch wenn sie dann ins Grübeln zu fallen schien. Einer im Publikum hatte nämlich nun abgewunken. “Kommt darauf an, wie alt deine Kinder sind. Ich glaube nicht einmal, dass der schreiben kann…,“ sagte einer der Männer, der irgendwie nach einem Tavernenbesitzer aussah. “Vielleicht kann er ihnen neue Tuniken nähen! Er sagt ja, dass er das kann!“ Wieder lachten einige. “Natürlich kann er das!“, sprang nun Rufus auf diesen Kommenatar an. “Siebenhundert also!“, wiederholte er dann noch einmal, da er wohl nun annahm, dass er mehr Geld nicht bekommen würde. Dann hielt er der Dame seine Hand zum Einschlag hin. Diese war auch näher gekommen, doch sie zögerte. “Meine beiden Söhne sind zwölf und vierzehn!“, erklärte sie etwas pikiert. “Und ich brauche niemanden für den Stall!“ Firas hatte zugehört und bestimmt war das seine letzte Chance. Wenn ihn nun niemand kaufte, dann war das sehr ungut. Wenn ihn die Dame kaufte wohl auch. Andere schienen zu zögern und Rufus wirkte jetzt schon ergrimmt. Nicht auszudenken, wie er es ohne Publikum wäre! “Ich habe noch nie unterrichtet!“, wagte er es dann zu sagen. Nicht so fürchterlich laut, aber zumindest so, dass die Dame, der junge Römer und eben Rufus es hören mussten. Eine gefährliche Sache. Das sah man Rufus nun an. Firas jedoch beachtete ihn gar nicht, sondern schaute auf den jungen Römer, der trotz einer eitlen Attitüde, die ihm aufgefallen war, nun doch schon ein wenig wie der Retter in der Not wirkte. Vor allem, wenn man die Handlanger des Rufus kannte. Und Rufus selbst. Und die Dame, deren Kinder er sich nicht ausmalen wollte.

  • "Bürgerin, wenn deine Söhne einst im Senat sitzen sollten oder - wie ich - in der kaiserlichen Kanzlei Anstellung finden, dann wäre es fürchterlich, wenn sie Ovid und Vergilius verwechseln.", erklärte Saturninus mit ernster Stimme:
    "Ich weiß aus dritter Hand, dass der Caesar Augustus einmal jemanden für einen solchen Irrtum ad bestiam verurteilt hat."

    Saturninus setzte ein äußerst betrübtes Gesicht auf:
    "Ich war im Circus, als sie den Mann herein führten. Zehn Minuten später bleichten seine kleinen weißen Knochen im Sand, und alles nur wegen eines dichterischen errors.....tu das deinen Söhnen nicht an!"

    Nachdem er die Dame tüchtig erschreckt hatte, hörte er den Sklaven sagen: Ich habe noch nie unterrichtet! und wieder wies Saturninus auf ihn, als wolle er seine Worte unterstreichen:
    "Das ist auch besser so!", erklärte er: " Sechshundertsiebzig Sesterze, um diese pädagogische Gefahr von euren Kindern fernzuhalten, cives! Ich nehme ihn auch so mit, Sklavenhändler, du brauchst ihn mir nicht einpacken!"

  • Die Dame hörte nun wirklich sehr genau hin, was der junge Römer zu erzählen hatte. Firas unterdessen hob eine Augenbraue, denn er hatte noch nie vernommen, dass jemand mit dem Tode bestraft wurde, nur weil einen kleinen Lapsus begangen hatte. Aber gut, dieser sollte nun wohl über sein eigenes Schicksal entscheiden, welches so ähnlich wie ad bestiam verlaufen würde, sollte er bei der Dame landen oder – noch schrecklicher – bei Rufus verbleiben. Also nickte er nun sachte, während Rufus zwischen den beiden Interessenten nun hin un her schaute und seine Felle schwimmen sehen sah. Die Dame nämlich, fasste sich an die Wange und staunte nicht schlecht. “Doch nicht der Caesar Augustus…,“ murmelte sie dann. Einige hinter ihr lachten wieder. Offenbar waren sie schlauer als die Dame und wohl auch deren Kinder. Firas nickte schnell, als der junge Römer meinte, dass es besser sei, dass er noch nie unterrichtet hatte, während Rufus Blicke ihn nun durchbohrten. Wie Nägel, die einen Delinquenten ans Kreuz treiben wollten. Nun war doch ein kritischer Moment gekommen. “Er ist deutlich mehr wert!“, murrte Rufus, dem Römer entgegen, der ihn gleich mitnehmen wollte. “Ich verzichte trotzdem!“, sagte die Dame nun. “Hast du noch einen Gebildeteren im Angebot?“, wollte sie dann von Rufus wissen.


    Firas war recht erleichtert, doch noch war der Einschlag nicht gegeben. “Der da wäre schon gut! Aber ja, ich habe noch einen….“ Man hörte ihm an, dass er schon schäumte. “Aber nun gut...“ Rufus hielt dem jungen Mann die Hand hin. Wahrscheinlich hatte er abgewägt, dass das wohl im Moment das bessere Geschäft war, als ihn dem herrn Archias über den Styx hinterher zu schicken. “Sechshundertfünzig und kein Ass weniger!“ Firas hätte am liebsten erleichtert aufgeatmet, doch noch hatte der junge Römer ja nicht eingeschlagen. Es war ein Wunder. Wirklich ein Wunder. Welchem Gott sollte er also opfern? Herr Archias hätte das gewusst und bestimmt wäre dabei auch wieder etwas schief gegangen. Aber immerhin hätte man die Götter nicht vergessen. Sein eigener zukünftiger Fortunus stand ja nun da und Firas schaute ihm flehend entgegen.

  • Der Sklavenhändler hatte offensichtlich nicht genau hingehört und gab ihm noch einmal einen Nachlass von zwanzig Sesterze.

    Saturninus schlug ein.

    Es galt also nur noch die Formalien zu erledigen. Der Furius stieg auf das Podest zu dem Sklaven, so das man ihn sehen und hören konnte. Dann griff er mit der Hand nach dem Oberarm des Firas, denn man musste das Objekt ja anfassen.

    „Ich behaupte, das dieser Sklave nach quiritschem Recht mein Eigentum ist."

    Ein Moment der Stille, denn natürlich würde der Händler keinen Einspruch erheben, denn sie hatten sich ja geeinigt, so dass das Manzipieren des Sklaven eine einfache Formalität war. Da nun der Händler keinen Einspruch erhoben hatte gehörte der Sklave ihm.

    Saturninus stieg wieder von dem Podest zu dem Händler.

    Selbstverständlich schleppte keiner soviel Geld mit auf den Markt. Also sagte er: " Mein Name ist Aulus Furius Saturninus, ich bin der Primicerius ab Epistulis der Kaiserlichen Kanzlei. Komm morgen zur hora decima in die Insula Charis auf dem Esquilin, dort habe ich die Summe für dich parat."


    Dann wandte er sich an Firas: "Komm mit mir."

    Plötzlich fing Saturnnus an zu lachen: "Ich habe ganz vergessen, zu fragen: Wie heißt du, woher kommst du und weshalb hat man dich verkauft? "

  • Rufus schien inzwischen schon genauso überfordert zu sein wie Firas selbst. Für Firas allerdings war das nichts Neues, da sowohl Herr Gaius, als auch Herr Archias vom Typ her Menschen waren, die für sowas prädestiniert waren. Immer geschah etwas Unvorhergesehenes. Am Ende ja ihr eigener Tod, was ja die Basis dieses Geschäftes hier war. Firas schnappte nach Luft, als er sah, wie die beiden Männer sich die Hände reichten. Dann atmete er erleichtert aus, auch wenn es noch nicht gar klar, ob das der Glücksgriff war, den der junge Römer, der das Geld ausgab erhoffte. Oder auch er selbst. Das alles blieb abzuwarten, doch besser als eine schäbige Unterunft, die Schergen des Händlers und der Händler selbst würde es bestimmt. So hoffte er es zumindest und er schaute dann auch gleich sehr dankbar, als der Römer dann zu ihm trat und ihn für sich beanspruchte. Recht geschwollen wohl und sehr auf das Recht bedacht. Bestimmt war der Mann ein Held der Verwaltung oder eben von Dingen, die mit Gesetzen zu tun hatte. Etwas Verantwortungsvolles, wie es Herr Archias einst auch in Aegyptus in der Poststelle gehabt hatte. Also ließ sich Firas gern am Oberarm ergreifen und er zuckte auch kein bisschen. Schließlich war dies auch angenehmer, als die groben Hände der Handlanger, die ihn erst hier herauf gezerrt hatten..


    Niemand erhob Einspruch und Firas seufzte noch einmal erleichtert auf. Rufus war weniger begeistert, war ihm doch nun aufgefallen, dass er finanziell einen Faut Pas begangen hatte, doch statt ihn, Firas, starrte er nun die Frau etwas wütend an, die das aber wohl kaum bemerkte. Sie redete schon wieder mit der Anwesenden untern am Podest und wartete wohl auf den Lehrer für ihre Kinder. Nun erfuhr Firas auch den Namen seines neuen Herrn. Aulus Furius Satruninus. Auch etwas mit der Post, was so vertraut war, dass Firas recht warm ums Herz wurde. Rufus nickte auf die Worte hin, wo er sein Geld abholen konnte. Doch er sprach keine Drohung aus für den Fall, dass das Geld nicht da wäre. Kaiserliche Kanzlei. Das machte Eindruck. Die Frau und der Römer neben ihr nickten nun sogar anerkennend. “Ich werde pünktlich sein!“, sagte Rufus aber nun doch noch und er winkte schon die die Handlanger mit dem nächsten Unglücklichen herbei, der ebenso wie Firas zuvor auf die Bühne gebracht wurde.


    Er selbst ließ es sich nicht zweimal sagen, dass er folgen sollte. Das tat er nämlich auch gleich und geradezu umgehend. Auf dem Fuße des neuen Dominus, der sich nun lachend nach seinem namen erkundigte. Nach seiner herkunft und dem Grund, warum er überhaupt auf dem Podest gestanden hatte. „Mein Name ist Firas!“, sagte dieser schnell. “Ich stamme aus Alexandria in Aegyptus und mein Dominus ist leider verstorben.“ Dan atmete er noch einmal schwer und lächelte dann leicht. Zum Lachen war ihm ja nicht zu Mute. “Danke, Dominus!“ Damit meinte er natürlich den Kauf und die Rettung von dieser Bühne. “Du wirst das natürlich nicht bereuen! Ich kann wirklich einiges… nähen und kochen und auch gut haushalten. Und natürlich auch Ställe misten und Pferde pflegen und ich spreche auch wirklich Griechisch!“, sprudelte er auch sogleich weiter. Dann rieb er sich mit den noch immer gefesselten Händen ein wenig die Wangen so gut dies eben ging. Ihm war warm geworden. Doch das war auch nun wirklich kein Wunder.

  • Saturninus bemerkte jetzt erst, dass der Mensch immer noch seine Handfesseln trug. Er sah sie sich an und versuchte sie zu lösen: "Wer beim Orcus macht denn solche Knoten?" Er schüttelte den Kopf. Firas machte einen gutartigen Eindruck, er verstand nicht, warum man den jungen Mann überhaupt gefesselt hatte.

    Kurzerhand steuerte er mit dem Sklaven eine Taberna an, die ihres Zeichens einem Blechschmied gehörte.

    "Salve", grüßte er: "Tu mir den Gefallen, Schmied und schneide den Mann los. Und dann brauche ich so ein Bronzeschildchen für Sklaven, die sie an einem Lederband um den Hals tragen: Inschrift Firas Servus Furii . Aulus Furius Saturninus, Insula Charis"

    Er schaute Firas an, um zu sehen, wie er darauf reagierte:

    "Zuhause wirst du es nicht tragen müssen, aber wenn du Besorgungen machst, wird es jedem zeigen, dass du unter meinem Schutz stehst.", erklärte er.

    Sie warteten ein wenig, bis der Schmied die Fesseln durchgeschnitten und das Bronzeschild, das etwa handgroß war, fertig ziseliert hatte.

    "Willkommen in der Familia", sagte Saturninus und hing es seiner Neuerwerbung um:

    "Jetzt zeige ich dir mein Dominzil. Wenn du etwas Großartiges erwartest, muss ich dich enttäuschen, ich bin Junggeselle und wohne in einer Insula. "


    >>> Insula Charis Thermopolium

  • Noch immer war ihm warm, aber das würde ja nun bald nachlassen. Etwas überrascht schaute Firas nun drein, als der neue Dominus sich daran machte, um seine Fesseln zu lösen, was aber nicht so einfach erschien. Er fluchte sogar ein wenig und das obwohl er ja gar nicht der Träger derselben war. Firas nickte dazu. “Die Männer des Sklavenhändlers hatten es ein wenig eilig!“, erklärte er dann, was auch der Wahrheit entsprach. Ein wenig zu fest waren sie ja auch, aber er mochte sich nun noch obendrein beklagen, auch wenn er ein wenig den Mund verzog, als der neue Dominus die Fesseln letzten Endes doch nicht auf bekam und ein Blechschmied bemüht werden musste. Firas schaute sich ein wenig um, während der Furier ein Schild bestellte, welches er tragen sollte. “Oh! Eine Insula!“, stellte Firas nun fest und nickte dazu wieder. “In Aegyptus haben wir auch lange in einer Insula gelebt…,“ erklärte er dann ein wenig seufzend. Damals hatte er ja mehr oder weniger unter dem Schutz von Herrn Archias gestanden, auch wenn die bedeutet hatte, dass sie gemeinsam in die ein oder andere brenzlige Situation gekommen waren. “Natürlich, Dominus!“, sagte er deshalb nur kurz dazu, das Schild dann in den heimischen Räumen nicht tragen zu müssen.


    “Bisher hatte ich keines, aber hat doch viele Vorteile!“, gestand er dann noch dazu und lächelte seinen neuen Dominus an. “Vielen Dank, Dominus!“ Nun hieß es aber auch tief durchatmen. Ein wenig mussten sie ja schon warten, bis das Schild gefertigt worden war, aber Firas hatte es sich natürlich anstandslos um den Hals hängen lassen und betrachtete es dann. Schließlich war er ja nun auch von den Fesseln befreit worden und hatte sich noch die Handgelenke reiben müssen. Hoffentlich lebte der Herr Saturninus deutlich länger als der Herr Gaius und der Herr Archias. Er machte doch einen freundlichen und umgänglichen Eindruc. “Mein alter Dominus hatte auch klein angefangen!“, gab er dann von sich, "... und auch er war Junggeselle.“ Ein wenig schelmisch grinsen musste er nun doch bei der Erinnerung. “Aber er war natürlich immer auf der Jagd und hat auch viele Frauen für sich überzeugen können!“ Zwar nicht immer aber es waren doch die besten für ihn gewesen. Das sollte natürlich nicht allzu verschwörerisch klingen oder gar seinen neuen Dominus erzürnen oder gar unter Druck setzen. Letzteres wusste man ja nie. Also folgte Firas dem Herrn nun doch besser schweigend in sein neues Heim und würde sich wohl überraschen lassen müssen, welche Aufgaben dort auf ihn warteten. Auch die ordnungszustände wären interessant, denn diese waren ja beim Herrn Archias nicht immer vorhanden gewesen und hatten im Tagesverauf eine Menge Zeit gekostet, weil der Dominus alles Mögliche um sich herum verteilt hatte und das auch in so ziemlich jedem Raum, selbst wenn er dort nur kurz verweilt hatte.

  • Saturninus grinste, die Alexandriner Sklaven hatten den Ruf, witzig und unterhaltsam bei der Arbeit zu sein, und Firas war da anscheinend keine Ausnahme:

    " Ich weiß nicht, ob ich so viele Frauen in die Insula locken kann wie dein Exdominus in Alex, Gyas.", sagte er und bemerkte nicht, dass er seinem Sklaven gerade den Namen eines mythologischen Riesen verpasste: " Aber wenn mich die Sehnsucht packt, bist du ja auch noch da."

    Auch Saturninus stieg mit einem Scherz ein; denn obwohl es ihm in Hellas außerordentlich gut gefallen hatte, hatte er der Knabenliebe nichts abgewinnen können; er bevorzugte eindeutig das weibliche Geschlecht.

    "Gehen wir erst einmal etwas essen und trinken.", sagte er zu seinem Sklaven: "Dabei erzähle ich dir ein wenig darüber, wie ich mir deine Arbeit vorstelle."


    Hier geht es weiter, Firas :winken:

  • Ob es so gut war, seinem neuen Dominus von den vielen Frauen des Herrn Archias zu erzählen – so viele hatte er ja nun auch wieder nicht, dafür aber die besten der besten – darüber konnte Firas im Moment nicht nachdenken, denn er war noch sehr aufgeregt. Auch wenn er nun dem Podest entkommen war, so stand die Zukunft ja doch noch ein wenig in den Sternen. Sternen, nach denen sich der neue Dominus wohl sehnte, denn wie Firas die Lage einschätzte, handelte es sich um einen gebildeten Mann mit Ambitionen. Das war an sich nichts Schlechtes, doch es hatte sich ja auch gezeigt, dass sich die eigene Arbeit gemehrt hatten, nachdem der Herr Archias dann auch irgendwann einige Ambitionen entwickelt hatte. Firas lächelte nun, als sein neuer Dominus meinte, dass er sich nicht sicher wäre, ob er auch so viele Frauen in seine Insula locken konnte. Aber was war das? Gyas? Firas runzelte die Stirn, nickte dann aber, wenn auch bedächtig. Sah er aus wie ein hundertarmiger Riese? Einen Moment war er sich nicht sicher, ob derer denn bedurfte, wenn er nun für Herrn Saturninus arbeiten würde.


    Und dann redete der Mann von der Sehnsucht, für welche er ja auch noch da wäre, wenn es mit der Damenwelt im Argen liegen würde. “Oh,“, entkam es Firas dazu. Danach folgte ein schweres Schlucken und die Hoffnung, dass dies wirklich nur ein Scherz gewesen war. Er liebte natürlich die Liebschaften auch selbst. Auch war er schon sehr oft der Leidenschaft verfallen gewesen, an denen aber bisher weder Herr Gaius noch Herr Archias partizipiert hatte. In umgekehrter Weise natürlich auch nicht, denn das war doch nicht gänzlich natürlich und er war doch…. “Ja… das klingt sehr gut, Dominus,“ sagte er dann auf Antwort als das Essen und Trinken, welches in Aussicht stand und eben auch zum neuen Heim, in welchem er seine neue Arbeit kennen lernen sollte, so wie der Furius diese sich imaginierte. Dann fiel ihm aber noch etwas ein. Nicht dass der Dominus seine Worte auf die andere Aussage bezog. Dies war nun doch eine Sorge, welche ihn noch eine Weile beschäftigte, bis sie dann wirklich bei der Insula Charis waren und eine üppige Dame willkommen hieß.