Beiträge von Alaric

    Was auch immer diese Frau gegen ihn hatte, er verstand es einfach nicht. Man hätte meinen können, dass eine Frau eines berühmten Gladiators nicht auf die Bewunderung anderer angewiesen war, dennoch reagierte sie noch immer geradezu beleidigt, weil er sich bei einem Treffen mit Flamma eben eher mit Flamma als mit ihr unterhalten hatte.

    Alaric zuckte mit den Schultern. Ja, sie war hübsch, aber zunächst einmal war sie nicht seine und dann gab es hier noch mehr hübsche Frauen, die durchaus nichts gegen seine Gesellschaft hatten.

    "Sie ist immer noch unserer Kriegsgöttin ähnlich...", murmelte er.

    Sich wieder Flamma zuwendend, seufzte er.

    "Tut mir leid. Wir haben jetzt eine neue Domina im Haus und wenn sie ausgeht, begleite ich sie meist. Aber ich wollte ohnehin noch einmal fragen, ob ich dich wiedersehen kann. Es ist nicht so, als ob die anderen Männer im Haushalt viel Interesse daran hätten, mit mir zu trainieren." Aus unterschiedlichen Gründen. Ein paar hatten Angst und ein paar waren eifersüchtig. Und die, mit denen er sich verstand, waren eindeutig nicht zum Kämpfen gemacht.

    "Aber mein Training lasse ich nicht schleifen. Wenn ich nicht arbeite, trainiere ich. Nur sind Erfolge allein nicht wirklich zahlreich. Doch den Rückkampf kannst du haben. Ich muss die Blamage vom letzten Mal ausgleichen."

    Oh verflucht, nun war Kara wieder so giftig. Was hatte er ihr nur getan?

    "Ähm... Ich... Äh, schade, dass du schon gehst. Ähm... Hab aber auf dich acht. Keiner wird die Blicke von dir nehmen können, wenn er dich sieht also bekommst du hoffentlich keinen Ärger."

    Götter, sagte er gerade was Dummes? Er sagte was Dummes, oder? Ja, definitiv.

    "I-Ich meine... äh, hat mich gefreut, Kara."

    "Dunklere Farben...", murmelte Alaric prüfend. Er war nicht so als ob er Schmuck gar nichts abgewinnen konnte. Aber das war vermutlich etwas zu delikat für einen wie ihn. Und die "Mode", die so manch anderer Sklave so zur Schau stellte, sprach ihn auch nicht unbedingt an. Er hatte keine Lust, sich Goldringe oder sowas in die Nippel jagen zu lassen beispielsweise. Oder in die Nase gar. Da konnte man dann eine Leine dran befestigen oder so.

    "Ich verstehe. Nun, ich lasse mich von dir gern unterrichten, damit ich dir beim nächsten Mal ein besserer Gesprächspartner bin", sagte er bescheiden. Es war wie verhext, jedes Mal wenn er mit einer Frau sprach, klang es so als würde er flirten.

    Unverhofft kam Flamma durch die Menge der Sklaven auf ihn zu und ergriff seine Hand. Ein Händedruck, den Alaric gern erwiderte.

    "Flamma, mein Freund! Ich freue mich, dich wiederzusehen! Hah, du weißt es ja, so ganz hört es nie auf. Ich wollte schon lange darum bitten, wieder mit dir trainieren zu können. Aber du weißt ja, so viel zu tun..."

    Und damit war nicht immer unbedingt Training oder Arbeit gemeint.

    Er hatte schon zuvor einen Blick auf sie erhascht, doch Flammas Worte waren gewissermaßen die Freigabe, dessen Frau anzustarren wie ein Wunder. Sie war unglaublich. Da wollte man sich gar nicht sattsehen.

    "Unvergesslich, in der Tat", gab der junge Nordmann zu und nickte eifrig. Verdammt, wie sollte er denn heute noch ne andere ansehen?

    Alaric hatte für sich schon beschlossen, Morrigan einmal zum Tanz zu animieren, als Rhian eröffnete, wo nun genau ihr Problem lag. Bevor er jedoch antworten konnte, hatte Morrigan sich schon eingemischt und ein paar überaus klare Worte gefunden, welche die Sache wohl kaum beruhigen mochten.

    "Morrigan, ich weiß nicht, ob ich bei dir je erröten könnte", gab er mit einem anzüglichen Grinsen zu bedenken. "Wenn überhaupt, machst du mich jetzt neugierig! Aber Rhian, ich hatte nicht... also, ich wollte nicht andeuten... Ich wollte nur anerkennen, dass du viel zu tun hast. Ich urteile gewiss nicht über deine Aufgaben."

    Nun, er war ja selbst einmal von seiner Domina ins Bett geholt worden, aber im Gegensatz zu Rhian war das für ihn eine eher schmeichelhafte und nette Erfahrung gewesen. Das sah sie wohl anders. Er hatte schon gehört, dass manche Frauen hier unten sich etwas anstellten, was schade war. So ganz abgeschrieben hatte er Rhian nämlich noch nicht. Nur wenn sie eine solche AUffassung davon hatte.

    "Wenn es dir unangenehm ist, haken wir es ab. Ich wollte mich nicht über dich lustig machen. Wir sollten stattdessen endlich von dem Wein trinken, sonst bleiben wir am Ende noch nüchtern. Und das will doch keiner." Morrigan zwinkerte er bei diesen Worten zu.

    Verdutzt warf Alaric Rhian einige Blicke zu. Bildete er sich das ein oder war die Raumtemperatur um ein paar Grad gefallen?

    "Nun... gut, wenn du es sagst?", meinte er daher nur und fragte sich, ob er was Falsches gesagt hatte. Morrigans Satz quittierte er mit einem Nicken und Lächeln. "Nun, das Training vereinnahmt mich schon ziemlich. Ich würde gern wieder mit Flamma trainieren, aber das schaffe ich nur selten. Vor allem bei den ganzen Erkundungsgängen, welche die neue kleine Domina unternimmt." Und das war zur Abwechslung mal nicht zweideutig gemeint. Dass das Mädchen absolut tabu war, war selbst ihm klar.

    "Das heißt also, wir werden uns auch ein wenig amüsieren können?", wollte Alaric wissen und nickte anerkennend. Das klang nicht übel, nein wirklich. Es würde seine erste römische Feier werden und er nahm an, dass sie ganz anders als die in seiner Heimat werden würden. "Bin gespannt, aber dann solltest du dich an dem Abend auch mal etwas gehen lassen."

    Mit diesen Worten nahm er einen großen Schluck Wein und bemerkte erneut, dass Rhian den ihren nicht angerührt hatte.

    "Habe ich... irgendwas gesagt?", wollte er daher wissen.

    "Ja, wieso nicht?", fragte Alaric, der sich da gerne was beibringen ließ. Nicht, dass er dieses Wissen je selbst anwenden können würde. Aber wenn es die kleine Domina glücklich machte...

    Aber sie schien wohl ohnehin gänzlich andere Absichten zu verfolgen, wenn er das richtig verstand. Nun redete sie jedoch sehr geschäftsmäßig, wie jemand, der genau verstand, wovon er sprach. Bei Alaric taten sich da große Fragezeichen auf.

    "Also... kaufst du ein... um des Einkaufens willen", fasste er zusammen und fragte sich, warum sich das jemand freiwillig antat. Er sah sich in der Auslage um und griff dann unwillkürlich zu. Eine hübsche Halskette, offensichtlich für Frauen gedacht. Prüfend hielt er sie sich an den Hals und sagte so trocken, dass man es für Ernst hätte halten können:

    "Ich glaube, das ist die falsche Farbe für mich."

    Es war schon ganz schön voll hier. Das nannte Alaric doch mal eine Feiergesellschaft. Alle lachten und waren froh, mal einen Abend nicht arbeiten zu müssen. Sie konnten sich untereinander amüsieren und schon bald herrschte hier unten eine großartige Stimmung. Ein paar Gesichter kannte er natürlich, darunter alle Sklaven der Aurelier. Doch einige waren ihm auch vollkommen neu, wobei er natürlich vor allem auf die weiblichen Neulinge neugierig war. Was da oben die Gladiatoren für Blicke ernteten, kam hier unten ihm zugute und das war in all dem Gewusel schon eine andere Hausnummer.

    Er für seinen Teil suchte sich etwas von dem Wein, schließlich sollte man an einem solchen Abend nicht nüchtern sein. War zwar kein Met wie daheim, aber er tat seine Wirkung schon.

    Alaric hatte ein wenig den Eindruck, dass sie sich langweilte. Das oder sie war wirklich pingelig, was ihren Schmuck betraf. Er hatte wirklich keine Ahnung, was sie denn nun suchte. Ob es Sinn machte, sie zu fragen?

    Frohen Mutes blieb er ihr immer dicht auf den Fersen, was in der Menge schon nicht einfach war. Glücklicherweise überragte er die meisten hier und so machten sie ihm schon automatisch Platz. Die Schneise hinter ihm war auch noch breit genug, damit Salome hinter ihm herschlüpfen konnte.

    "Ich bin seit einigen Monaten in Rom. Seitdem bin ich im Besitz der Domina Claudia", erklärte er. "Vor ihr hatte ich keinen anderen Besitzer. Inzwischen habe ich mich an diese Stadt gewöhnt, wenngleich sie ganz anders ist als mein Zuhause."

    Wie üblich wenn er nach seinem Leben gefragt wurde, hielt sich Alaric kurz. Er war keiner, der aus dem Nähkästchen plauderte, doch war dies wohl nicht, was die junge Domina hier hören wollte. Daher fügte er an:

    "Frag mich, was immer du wissen willst. Ich werde so gut antworten, wie ich kann. Oder du kannst mir sagen, was genau du suchst und worauf ich achten soll. Vielleicht bin ich dann ein besserer Gesprächspartner."

    "Ach ja, da war was", sagte Alaric, als Morrigan von den Festvorbereitungen sprach. Er selbst half ja immer nur aus, wenn keine der Domini ihn brauchte, um mit ihm durch die Stadt zu laufen. Er hatte nicht das Gefühl, wirklich gebraucht zu werden, vor allem da nie jemand versucht hatte, seinen Schützlingen was zu tun, wenn er dabei war. Aber darum ging es vermutlich auch nicht. Seine Domina hatte es ja erklärt. Er war im Grunde vergleichbar mit einer teuren Halskette.

    "Und bei mir? Nun, wenn ich nicht gebraucht werde, helfe ich aus. Aber ich nehme an, du meintest mit 'ausgelastet' was anderes."

    Er zuckte mit den Schultern. Kein Grund, damit schamhaft umzugehen.

    "Was soll ich sagen? Hier gibt es eben viel zu sehen. Und warum soll ich mich beschweren, wenn die Mädchen an mir Interesse haben? Sag, Rhian, geht's dir gut?"

    Die Arme war ja puterrot auf einmal. Hatte sie sich verschluckt?

    Inzwischen hatten sich beide Damen hier mit ihm eingefunden und zu dritt würden sie hoffentlich weiterhin bleiben. Grundsätzlich mochte er die meisten seiner Mit-Sklaven – vor allem natürlich die Sklavinnen. Doch zu viele auf einem Haufen waren laut und nervig.

    „Schön, dann müssen wir uns heute ja nicht zurückhalten“, grinste Alaric, der ein paar Becher auf dem Tisch verteilte, ebenso wie eine Flasche zwar mittelmäßigen doch wohlschmeckenden Weins. „Keine Zurückhaltung heute, es ist genug da.“

    Mit diesen Worten ließ er sich auf einen der Hocker sinken und beobachtete seine Abendgesellschaft. Ja, da konnte man eine schlimmere Wahl treffen.

    „Dein Dominus scheint dich ja sehr zu fordern“, sagte er zu Rhian, wandte sich dann jedoch Morrigan zu. „Und du? Viel zu tun in letzter Zeit? Der Haushalt ist ja sehr lebhaft.“

    Was als kleiner Spaß begonnen hatte, hatte sich ganz einfach organisieren lassen. Er konnte sich zwar nicht erklären, warum Rhian auf Morrigans Beisein bestanden hatte, doch Alaric fühlte sich nicht davon gestört. Immerhin, er hatte was Gutes zu trinken und zwei hübsche Frauen, ihm Gesellschaft zu leisten.

    Und diesen Abend hatte er sich heute wohlverdient. Nicht nur hatte er seine Pflichten erfüllt, er hatte auch noch hart trainiert. Immerhin sollten Flammas Lektionen nicht umsonst sein.

    Schließlich noch hatte er sich im Balneum gesäubert, immerhin wollte er die Damenwelt nicht mit dem Geruch nach Schweiß und Anstrengung quälen. Getrocknet und wenigstens in ein Tuch um die Hüften gekleidet, machte er sich auf den Weg in die Küche. Es war schon spät genug, damit sie niemanden mehr nennenswert störten. Ein paar Flaschen mussten es schon sein. Die Mädchen würden ihn für hoffnungslos gierig halten, aber es brauchte eben ein wenig, bis sie im Norden ordentlich betrunken wurden. UNd er hatte ganz gewiss nicht vor, nüchtern zu bleiben.

    "Ich grüße euch!", sagte er, als er die beiden Teilnehmerinnen des Abends begrüßte. "Ich hoffe, ihr müsst morgen nicht früh aufstehen."

    Hätte Alaric ihre Gedanken lesen können, hätte er vermutlich gelacht. Ja, er fand Rhian durchaus ansehnlich und hätte sich über ihr Interesse gewiss nicht beschwert. Hey. Er hatte viel Liebe zu geben.

    Als Rhian dann noch vorschlug, Morrigan dazu zu holen, wenn sie ihre Trinkorgie starteten, machte Alaric dann doch große Augen. Verflucht, allein die Vorstellung, mit den beiden einen vergnüglichen Abend zu verbringen... Welch ein Gedanke.

    "Das Singen bringen wir dir schon bei", versprach er lächelnd und versuchte, sich die lüsternen Gedanken nicht anmerken zu lassen. So verlockend sie auch waren. "Also dann... bleiben wir dabei. Und Morrigan fragen wir, damit sie uns nicht beim Dominus verpfeift."

    „Ja, diese Geschichten kennen wir auch“, schmunzelte Alaric, der ein wenig die Sehnsucht nach der Heimat verspürte. Auch ihre Winter waren kalt gewesen. Regen und Matsch und Schnee, der ganze Scheiß. Ja, sie waren anstrengend gewesen und nicht selten hart, doch auch wunderschön. Er zweifelte daran, je wieder einen solchen Winter zu erleben, vor allem weil man umgeben gewesen war von Menschen, denen man vertraute.

    „Vielleicht sollten wir das ja eines Tages einmal hier machen“, sagte er. „Nicht wie Zuhause. Aber vielleicht ein wenig ähnlich.“

    Er hatte keine Schwermut in ihr auslösen wollen. Dabei hatte das Gespräch einen so heiteren Verlauf gehabt, bis jetzt. Nun, vielleicht bekamen sie das Boot ja noch gedreht.

    „Weißt du, man kann sich gut mit dir unterhalten. Wir sollten das wiederholen. Vielleicht mit einem Wein, wenn uns Morrigan nicht dafür tadelt.“

    Erneut musste Alaric sich eingestehen, dass das hübsche zarte Mädel vor ihm einen ganz eigenen Kopf hatte. Was war das mit den Aurelia-Frauen, die so fragil und folgsam anmuteten und einen dann mit ihrer selbstbewussten Art völlig überraschten? Es war… einerseits beeindruckend, andererseits war es als Mann doch etwas zum Fürchten, konnte er sich vorstellen. Von Zuhause kannte er starke Frauen ja. Denen sah man das aber auch in der Regel an. Wie mussten sich dann die römischen Kerle fühlen?

    „Ich fürchte, mit Kleidern und Schmuck kenne ich mich nicht aus“, gab Alaric zu. „Ich trage, was mir gegeben wird (und sehe auch ohne gut aus…), außerdem weiß ich gar nicht, was Männer überhaupt tragen sollen.“

    Mit den Schultern zuckend, deutete er in eine Richtung, in der er die meisten Geschäfte vermutete. Ein paar davon hatte er mit seiner Domina bereits aufgesucht. Aber ob diese Sachen für ein so junges Mädchen ebenso geeignet waren wie für eine erfahrene Frau wie seine Domina? Nun, er würde es sehen.


    Auf dem Weg blieb er stets nah an Graecinas Seite und bemerkte, dass sich auch andere wie sie hier langsam zu tummeln schienen. Während die Männer weitaus geschäftiger unterwegs waren, nahmen die Frauen sich Zeit, vor den Geschäften zu bummeln und sich Auslagen anzusehen. Einige von ihnen wurden ebenso von Sklaven begleitet, wenn auch nicht alle. Und viele von ihnen tuschelten und gackerten dabei. Die Frauen hier waren wirklich ganz anders…

    Alaric ignorierte die fremden Blicke, die entweder auf Graecina oder auf ihm ruhten, und konzentrierte sich auf sie und den Weg vor sich.

    „Nun, da wären wir. Siehst du schon etwas, das dich interessiert, Domina?“

    Alaric wusste nicht, ob ihm der Gedanke behagte, ein menschliches Statussymbol zu sein, obgleich ihm die Logik dieser Aussage durchaus geläufig war. Die Thraell in seiner Heimat gehörten zwar mehr oder weniger dem Dorf, doch auch ihrer Ernährung und Gesundheit konnte man ansehen, wie es dem Dorf so ging. Denn die Rechtlosen litten immer als erste, wenn es nicht lief.

    „Das heißt, wenn dein Mann es noch weiter nach oben schafft, darf ich mich auf goldene Armspangen freuen“, schloss Alaric mit einem Grinsen, der die Versicherung seiner Domina natürlich mit Freude hörte. Es war nicht das Leben, das er sich noch vor einem Jahr vorgestellt hatte, doch wenn er jetzt darüber nachdachte, hätte es für ihn noch weit schlimmer kommen können.

    „Ich wusste nicht, wie… wichtig es hier ist, Leute zu beeindrucken“, gab er zu und musste trotz allem irgendwie zugeben, dass es… schmeichelte, dass ausgerechnet er dafür gut sein sollte. Aber was erwartete man auch? Er war ein Häuptlingssohn aus dem Norden. Natürlich waren die Leute beeindruckt.