Beiträge von Titus Pompeius Atticus

    "Sprich mal schön nur für dich selber, Dicker. Noch ein Grund, nicht zu heiraten: Das macht einen älter. Pass auf, noch fünf Jahre, und du kriegst eine Glatze", frotzelte Atticus, der nun wirklich nicht alt war. Grade mal Anfang zwanzig. Das war nun wirklich alles andere als alt. Nur weil Nero schon näher am dritten X war als am zweiten, musste er Atticus da sicher nicht mit reinziehen.

    "Und ja, ich würde dann wohl aus Rom geschickt werden, irgendeine Ala befehligen, oder sogar eine Legion in Ägypten oder so. Ich hoffe ganz ehrlich, dass die Kaiserin da nicht auf blöde Ideen kommt. Ich hab es so gar nicht eilig damit. Mal im Ernst, siehst du mich als Legionskommandanten? Ich mich nämlich nicht. Ich mag Rom. Ich war noch nie wo anders. Und auch, wenn cih gern die Welt mal etwas sehen würde… das muss nicht unbedingt irgendwo sein, wo es heiß und staubig ist und du den lieben langen Tag damit zubringst, irgendwelche Rebellen zu jagen. Davon haben wir hier in Rom schon mehr als genug, da muss ich die nicht noch im Wald oder in der Wüste suchen."

    Übergroßen Ehrgeiz konnte man Atticus wohl wirklich nicht unterstellen. Er wäre sogar zufrieden, nach wie vor einfacher Tribun bei den Vigiles zu sein. In seiner kleinen Statio hatte er zumindest weit mehr Spaß gehabt als als Stellvertreter des Praefectus Vigilum.

    "Wie alt ist sie jetzt?" fragte Atticus geradezu entsetzt und rechnete nach. "Zwölf? Ne, dreizehn, oder?" Er war sich grade nicht ganz sicher. "Sofern er nicht drei Jahre älter ist und seine Militärkarriere als Legionskommandant begehen will, sollte er sich nichts darauf einbilden." Ja, auf einmal kam dann doch der Beschützerinstinkt ganz deutlich bei Atticus durch. Aber Albina war wirklich zu jung für sowas! Er war ja nicht eifersüchtig auf irgend einen jungen Burschen, ganz sicher nicht, und gerade eben hatte er sich ja noch sowas ähnliches gewünscht. Aber die Götter sollten sowas doch bitte nicht wörtlich nehmen!


    "Versucht sie dich denn immer noch zu überreden, ein Tribunat zu machen?" fragte Atticus hauptsächlich deshalb, um sich selbst abzulenken von der Möglichkeit, dass Albina tatsächlich in die Pubertät kommen und bald heiraten würde. Er erinnerte sich noch daran, wie sie sich an seinem Hals festgeklammert hatte, weil sie nicht zu den Tiberiern wollte, sondern lieber bei ihm bleiben hatten wollen. Das war doch höchstens vorgestern gewesen!

    Gespielt holte atticus aus, verfehlte Nero aber natürlich. Er bekam dafür einen strafenden Blick. Ja, wahrscheinlich würde sich Atticus noch hänseln lassen müssen, wenn Albina in drei oder vier Jahren dann wirklich heiratete – und zwar nicht ihn!

    Er schaute noch einmal zu den beiden Mädchen hinüber, die sich scheinbar angeregt unterhielten – und wohl grade in Richtung der Gladiatoren schielten. Er seufzte leise. Frauen waren einfach so kompliziert, und überhaupt verstand er auch nicht, was sie ausgerechnet an Gladiatoren fanden. Und er war sich auch sehr sicher, dass er sich diesen Konkurrenzkampf nicht geben wollte.

    Und trotzdem schaute er in ihre Richtung, auf die Art, wie die Kleider um ihre Konturen fielen, wie sie ganz bestimmte Stellen ihrer Anatomie noch betonten, und fragte sich doch so ein ganz klein bisschen, ob er nicht doch einfach nur ein Idiot war, sich so gegen alles zu wehren. Denn hübsch waren sie definitiv, und es gab sicherlich sehr viel schlimmeres, als eine hübsche Frau, die einen verliebt ansah.


    "Vielleicht geh ich mit Albina ja spazieren, damit sie nicht denkt, ich hätte sie vergessen. Solange du ihr bitte wirklich keine Hoffnungen auf mehr machst", meinte er, irgendwo zwischen Ernst und Resignation. Er mochte das Mädchen ja, aber er hoffte wirklich, dass sie sich bald in jemand passenden verlieben würde. Das würde viele Dinge einfacher machen.

    "Bist du sicher?" fragte Atticus nochmal, als Nero beteuerte, keine Selbstmordabsicht zu haben, es aber trotzdem nicht lassen konnte, ihn weiter in Richtung der Mädels zu schubsen. Wobei Atticus noch nicht mal wusste, welche der beiden jungen Frauen Nero jetzt meinte, denn immerhin hatte er grade eben ja noch behauptet, er kenne nur die Namen. Aber gut, beide waren nicht grade hässlich, das stimmte schon.

    Trotzdem verschränkte Atticus demonstrativ die Arme vor der Brust und schaute grimmig, als Nero wieder zu einem wahren Redeschwall ansetzte. "Ich will aber gar nicht heiraten und ich will nicht irgendeinem jungen Ding Hoffnung auf etwas anderes machen. Das wäre nicht ehrlich. Am Ende verliebt sie sich noch in mich und heult dann ihre Verwandten voll, was für ein elender Schuft ich bin. Und überhaupt, ich müsste erst ihren Verwandten um Erlaubnis fragen, und der ist sonstwo und war vorhin schon nicht nüchtern."

    Atticus konnte den Gedanken, jemandem etwas vorzuspielen, nicht leiden. "Wenn es nur ums Spazieren gehen würde oder meinetwegen auch die dämlichen Blumen, gut, könnte ich machen. Aber wie soll ich denn einen Verwandten von ernsthaften Absichten überzeugen, die ich gar nicht habe?"

    Atticus rollte mit den Augen. "Sooo alt ist er nun leider doch nicht, als dass ich da Hoffnung haben könnte, dass sich das Problem in den nächsten paar Jahren von Allein löst. Keine Ahnung, wie alt ist er jetzt? Vierzig? Fünfzig? Bei meinem Glück ist der noch zwanzig Jahre mit meiner Mutter verheiratet und macht ihr noch fünf Kinder..." Atticus hätte nicht per se was gegen Geschwister, und ihm ging es auch null um sein Erbe, das er natürlich mit seinen Geschwistern teilen würde. Aber allein die Vorstellung, dass der Typ und seine Mutter…. Und darüber hinaus war es ja auch gefährlich für seine Mutter. Von den vielen Fehlgeburten, die sie aller Wahrscheinlichkeit nach erleiden würde, ganz zu schweigen. Kurzum: Atticus hasste allein die Idee davon.


    Aber Nero musste natürlich weiterbohren und sich lustig machen. Erst wollte Atticus laut streiten anfangen, dann verschluckte er sich aber fast, als er die zwei Mädchen von vorhin zurückkommen sah und Nero natürlich sofort auf sie zeigte und weiterstichelte.

    "Du weißt, dass Selbstmord allgemein akzeptiert wird und du mich nicht so weit triezen musst, dass ich dich umbringe, wenn du unbedingt sterben willst, oder?" fragte er daher nach, denn Nero stand wirklich sehr kurz davor, in ein Schwert zu laufen. Siebenunddreißig Mal. Oder so.

    Theatralisch verdrehte Atticus die Augen. "Mann, ehrlich, du solltest aufhören, meine Mutter zu verteidigen, bevor ich noch die falschen Schlüsse ziehe", scherzte Atticus leicht genervt. Nicht dass er solche Schlüsse ziehen würde, aber das würde seinem freund wohl den nötigen Hinweis geben, dass Atticus sich bisweilen einfach über seine Mutter auskotzen wollte, ohne auf ihre Vorzüge hingewiesen zu werden. Er selbst liebte sie ja, aber sie trieb ihn nunmal zur Verzweiflung, und bisweilen auch zur Weißglut.

    Und zielsicher sprach Nero auch gleich Atticus’ zweites Problem bei der Sache an: Lucius’ Vater. "Auch wenn ich nicht glaube, dass er auch nur halb so schlimm wie dein Vater ist, ist genau das der Punkt, der mich ankotzt. Ich kann Axius Lucro nicht ausstehen. Und wenn ich mir vorstelle, dass er und meine Mutter… nein, NEIN! Das stelle ich mir gar nicht vor. Aber ehrlich, ich weiß gar nicht, wie ich damit umgehen soll, dass der der Vater meines Bruders ist. Ausgerechnet der!" Ja, Atticus regte sich wirklich auf und musste sich beherrschen, leise genug zu bleiben, dass niemand es versehentlich mithörte, auch wenn die Geräuschkulisse des Festes eigentlich alles schluckte. "Ich hab ehrlich gesagt keine Ahnung, was ich damit anfangen soll, und hoffe wirklich, dass ich dann auch Kontakt zu Lucius aufbauen kann, wenn er mal alt genug ist, um zu kapieren, was ein Bruder denn überhaupt ist."

    "Naja, wir haben ja noch Dardanus und Menyllus, aber denen fehlt halt die Rennerfahrung. Es müsste wieder mehr Wagenrennen geben, dann könnten wir die Kleinen auch öfter mitfahren lassen. Aber bislang ist Olophernes unser bester Lenker, da kommt einfach keiner ran." atticus zuckte mit den Schultern und schloss sich Nero an auf dem Weg zu seinem Schwippschwager. Da sprach Nero auch noch Atticus Mutter an, was diesen gleich wieder zu einem Augenrollen veranlasste. "ich kann sie fragen, aber sie sagt grade eh zu allem ja. Sie hat grade nur noch einen Kopf für meinen Halbbruder und nur wenig anderem. Ist Corvina auch so bei euren Kindern? Ich weiß nämlich wirklich nicht, ob das normal ist oder ob ich mir Sorgen machen sollte." Und noch ein Schulterzucken. Da die Gelegenheit grade gut war, sprach Atticus auch gleich weiter. "Als ich das letzte Mal zu Besuch war, hat sie ihn mir in die arme gedrückt und davon geschwärmt, was für ein toller Vater ich wäre. Als ob sie Großmutter werden wollte, obwohl sie grade erst ein Baby gekriegt hat." Eine kurze Pause und ein Schnauben später setzte er hinzu. "Ganz ehrlich, ich kann das immer noch nicht fassen, dass ich einen Bruder hab, der vom Altersunterschied her mein Sohn sein könnte. Das ist total verrückt."

    Nero trat den Rückzug an, und Atticus war ganz froh darüber. Er wollte sich jetzt wirklich nicht auch noch von seinem Freund zu einem Date geschubst werden. Auch wenn er gar kein Date hatte. Und auch keines wollte. Auch wenn die Decima schon ganz hübsch gewesen war. Aber er wollte sich da nicht mit irgendwelchen Verwandten auseinandersetzen, die ihn kritisch beäugen und entweder gleich in Eheverhandlungen eintreten würden, oder aber ihn wie eine lästige Fliege wegscheuchen würden, weil sie eher auf einen einflussreichen Senatoren spekulierten. Und wenn er mit der Decima wirklich ausgehen würde, würden ja doch nur alle von ihm erwarten, dass er sie heiratete. Dabei hatte er nur nett sein wollen. Einfach nur nett die Gärten, von denen er keine Ahnung hatte, zeigen, so dass sie sie sicher anschauen konnte mit ihrer Freundin. Also so absolut un-date-haft, wie es ging. Genau. Aber sowas konnte man Verwandten schwer verkaufen, insbesondere irgendwelchen Consularen, die sie sicher noch innerhalb eines Jahres verheiraten wollten. Wie alt war sie? Bestimmt über 15, also wurde es für sie so langsam Zeit. Oder so.


    Ne, da war es besser, über Wagenrennen zu reden. "Ja, könnten wir machen. Er war bei… den Goldenen?" Atticus versuchte, sich zu erinnern, zu welchem Rennstall wer gehörte. "Oder bei den Blauen?" Nero hatte zu beiden Rennställen Beziehungen, aber Atticus wusste nicht mehr, welche durch seinen Klienten und welche durch seinen Schwager waren. Egal, so oder so sollten wie mal wieder trainieren. "Ich hoffe ja immer noch, dass Chares langsam mal seiner Erfahrung gerecht wird und Olophernes in den Ruhestand gehen kann." Mit 29 wurde das nämlich langsam Zeit.

    Okay, jetzt war es amtlich: Atticus würde Nero verprügeln müssen. Der amüsierte sich viel zu gut auf seine Kosten. Sehr viel zu gut. Dementsprechend düster war auch Atticus’ Blick. "Woher weißt du denn, wer die beiden waren?" fragte Atticus daher etwas angefressen und kam sich vor wie das Opfer einer gewaltigen Verschwörung. Wollte denn wirklich die ganze Welt, dass er über Blumen redete? Ja, die sind hübsch, die blühen und duften… Blärgs. Nein, danke, wirklich nicht.


    Atticus schmollte noch ein wenig, ehe er mit den Schultern zuckte.

    "Ja, ich denk schon, dass sie ganz hübsch war. Bisschen jünger als ich und sah schon ganz okay aus." Ganz okay? Ganz okay? Bist du sicher, dass du ein Kerl bist? Die war mehr als ganz okay, und das weißt du auch! motzte die kleine Stimme im Kopf, die Atticus schon eine ganze Weile geflissentlich ignorierte. "Keine Ahnung, als ich vorhin noch hier drinnen war, haben sich gleich mal zwei Kerle auf sie gestürzt. Und draußen war es recht dunkel. Ich hab nicht so genau hingesehen. Aber wenn sie die Enkelin eines Consulars ist, kann sie wohl auch aussehen, wie sie will." Noch immer missmutig zuckte Atticus mit den Schultern. Mit den Decimern hatte er bislang eigentlich keinen Kontakt gehabt, da seine Mutter eine sehr lange Feindschaft mit einer Decima gehegt hatte, die wohl bis zu einem Mordversuch gegipfelt war. Das war alles kurz vor Atticus’ Geburt gewesen und er hatte keine Ahnung, ob davon noch irgendwas aktuell war. Wohl eher nicht, seine Mutter war da… etwas kurzentschlossen, was dumme Ideen anging. Und auf der anderen Seite war sein beständig lungenkranker Onkel irgendwann vor hundert Jahren oder so mal Klient bei den Decimern gewesen. Also sollte eigentlich alles gut sein. Irgendwie. Vielleicht. Wenn Atticus denn mit dem betrunkenen Cousin reden wollte, was er nicht wollte.

    Man konnte Atticus förmlich ansehen, wie gerne er Nero eine reingehauen hätte. "Nur über Blumen", brummte er. Trotzdem schweiften seine Gedanken kurz ab, als er überlegte, dass die beiden DAS gemeint haben könnten und ob ihm da irgendwas entgangen wäre. Aber nein, er war sich sehr sicher, dass es um das Grünzeug gegangen war.

    "Who, hoh, langsam, Brauner!" bremste er dann aber seinen Freund aus, als der fragte, ob er eine Einladung hätte. Eigentlich hatte er keine. Eher… so eine halbe. Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Atticus war sich nicht sicher. "Keine Ahnung, die zwei haben sich über die öffentlichen Gärten unterhalten, und es könnte sein, dass ich mich vielleicht angeboten habe, sie ihnen zu zeigen, und, ähm… sie sind daraufhin nicht schreiend weggelaufen. Aber das ist ja nicht wirklich dasselbe wie eine richtige Einladung, und überhaupt hat nur die eine gesagt, wen ich dafür überhaupt sprechen müsste und..."

    Atticus fuchtelte etwas hilflos beim reden mit den Armen. Er war sich ja wirklich selber nicht sicher, was das im Garten gewesen war. Aber dass ER eingeladen worden wäre zu irgendwas, das wäre ihm wohl komplett entgangen. Nein, er war sich ziemlich sicher, dass er keine Verabredung hatte. Da fehlte ja schon allein der Termin dafür.

    "Ähm, es waren eine Aurelia und eine Decima. Aurelia… Graecula oder Graeca oder so… Irgendwas mit Griechenland. Und die Decima hieß… Ovina? Ofella? Keine Ahnung, ich kann mir sowas nicht merken. Auf jeden Fall ist sie diejenige mit dem angeschickerten Cousin, denn mit dem hätte ich sprechen sollen, wenn ich sie hätte einladen wollen, aber… ähm… naja." Atticus hob etwas hilflos und gleichzeitig gleichgültig die Schultern. Mit betrunkenen zu reden machte ungefähr so viel Sinn, wie sich mit einem Maultier zu unterhalten. Außerdem wollte Atticus ja gar nicht in irgendeinen Garten. Was sollte er da?

    "Nicht du auch noch", stöhnte Atticus theatralisch und verdrehte die Augen. Hatte er heute irgendwo ein Schild umhängen, auf dem Verkuppel mich stand? Aber Nero schaute eher verwirrt auf die Aussage hin, und wahrscheinlich brauchte er tatsächlich etwas mehr Kontext, um das zu verstehen.

    "Ich war kaum eine viertel Stunde hier, da fing mein Cousin an, mich “aufzumuntern“, doch mal mit ein paar Mädchen zu sprechen. Kurz darauf kommt auch schon ein Decimer vorbei und schubst mich schon fast in die Richtung von ein paar Mädchen hier. Ich bin dann in den Garten geflüchtet, damit die nicht noch weiter machen… und weil ich glaube, dass der Decimer schon ein wenig mehr Wein getrunken hatte, als er sollte. Egal, ich bin also grade im Garten, leg mich wegen so einer blöden Stufe halb auf die Fresse und hab grade meine Ruhe, und was ist? Kommen genau die zwei Mädels um die Ecke, und eine fliegt beinahe über dieselbe Stufe wie ich. Die sollten da echt ein Schild aufstellen, so im Dunkeln ist das echt nicht einfach zu sehen, und überhaupt versteh ich den Sinn der Stufe da nicht..."

    Atticus merkte, dass er abschweifte und schüttelte kurz den Kopf. "Naja, stellt sich raus, dass das eine Mädchen, das ich aufgefangen habe, eine Decima ist. Ja, die Cousine von dem Typen davor – was der natürlich nicht gesagt hatte. Und die wollen sich mit mir über BLUMEN unterhalten! Als ob ich eine Ahnung von dem Grünzeug hätte. Naja, keine Ahnung, auf jeden Fall wollten sie in die öffentlichen Gärten gehen und ich hab mich dann verabschiedet und… jetzt fängst du auch schon wieder damit an." Von der nervigen, kleinen Stimme in seinem Kopf ganz zu schweigen. Aber Atticus wusste doch wirklich nicht, was er ausgerechnet über Blumen reden sollte.

    Atticus sah Nero und dessen Frau auf sich zukommen. Er hoffte, nicht zu sehr Trübsal hier zu blasen und dass sich seine Stimmung gleich bessern würde, denn er wollte seine schlechte Laune wirklich nicht an seinem Freund oder gar dessen Frau auslassen. Da der ihn aber wie gewohnt leicht stichelnd begrüßte, wandte sich Atticus erst mal an dessen Frau. "Salve, Corvina. Wie ich sehe, bist du immer noch mit dem Dicken hier zusammen, wofür dir der Kaiser eigentlich eine Auszeichnung verleihen müsste. Ich hoffe, der Familie geht es gut?"

    Ja, er ignorierte kurz Nero, ehe er mit einem Schulterzucken und schiefen Lächeln dessen frage beantwortet. "Meine Mutter, mein Chef, oh, und mein Cousin. Irgendwie scheinen alle der Meinung zu sein, dass mir das gut tun würde, warum auch immer."

    Nachdem die Vigiles wussten, wo sie suchen mussten, kamen die Dinge schnell ins Rollen. Die Kanalarbeiter kamen an diesem Tag nicht zum arbeiten, denn alle, die in diesem Viertel zu tun gehabt hatten, waren verhört worden. Einen Teil ließ man auch zusehen, wie andere verhört wurden, was die Sache letztendlich sehr beschleunigte und schließlich einige zu reden anfingen. So waren sehr schnell die Lage und die Eingänge der illegalen Tunnel bekannt.

    Da die Sache groß zu werden drohte, waren auch die Cohortes Urbanae und die Praetorianer mit einbezogen worden. Man konnte sagen, dass das Emporium gerade umstellt war und hier nicht einmal eine Maus rausgekommen wäre. Natürlich passte das den Händlern nicht, aber das war egal.


    Atticus stand auf seinem Posten neben dem Praefectus Vigilum, der sich das nicht entgehen lassen wollte. Ihrem Stand angemessen waren sie beide sogar zu Pferd, genauso wie einer der Preafecti Praetorio, die ebenfalls hier waren, während die Männer ausschwärmten.

    Natürlich war der ekeligste Teil an den Vigiles hängen geblieben: Zwei ganze Cohorten waren in die Tunnel hinabgestiegen und gingen durch das Gewirr der Tunnel und die stinkende Brühe der Abwässer, um zu sehen, ob an Quintus’ Vermutung wirklich etwas dran gewesen war. Die anderen Männer bewachten alle Ausgänge, und sie hatten viel zu tun. Sobald die Vigiles unten waren, fingen an, allerhand Gestalten an die Oberfläche zu kommen, um das weite zu suchen. Naja, sie versuchten es, denn kaum waren sie draußen, waren sie auch schon verhaftet und konnten sich auf eine recht unangenehme Befragung vorbereiten. Und sofern irgend jemand eine Anklage erheben würde – und das würde wohl passieren – auf ein paar Jahre in den Minen. Rom hatte wenig Verständnis für diejenigen, die seine Gesetze übertraten, und die städtischen Beamten würden schon allein deshalb Klage führen, um selbst vor Klagen geschützt zu sein, sie würden auf ihren Posten nichts tun.


    Immer wieder klangen leichte Kampfgeräusche zu ihnen, aber da man nichts sah, war es schwer, genaueres auszumachen. Es dauerte mehrere Stunden, bis schließlich auch der letzte Vigil wieder an der Oberfläche war. Die zwei Tribunen der eingesetzten Cohorten kamen angelaufen und salutierten vor ihrer kleinen Kommandozentrale.

    "Wir haben insgesamt vierundachtzig Personen festgenommen, die sich in den Tunneln befunden haben. Dort ist jetzt alles geräumt. Insgesamt achtzig Mann werden bleiben und sämtliche Hinterlassenschaften herausräumen, ehe die Kanalarbeiter sie unter Aufsicht auffüllen und verschließen werden."

    Atticus konnte sich nicht gar zurückhalten, vor allen Dingen, da sein Bein noch immer schmerzte und das Sitzen auf dem Pferd es nicht besser machte. "Und, waren die Waffen dort unten?" fragte er ungeduldig.

    Die beiden Tribune wechselten einen Blick, ehe der andere diesmal den Kopf schüttelte. "Ein bisschen war dort unten, aber… wir glauben nicht, dass das das Lager war. Sah mehr nach dem Waffenversteck einer Bande aus als nach was größerem."


    Atticus schnaubte. Wieder eine Sackgasse, wie es schien. Aber vielleicht wusste einer der Gefangenen etwas. Das war zumindest die einzige Spur, die sie gerade hatten.

    Noch eine Weile war Atticus im Garten geblieben und hatte sich den Sternenhimmel angesehen, ehe er sich wieder auf den Weg nach drinnen gemacht hatte. So ganz sicher, war er nicht, was er von dem allem halten sollte. Woran maßgeblich sein innerer Dialog schuld war.

    Und, gehst du jetzt zu dem Decimer?

    Nein, warum sollte ich?

    Na, weil sie gesagt hat, dass du seine Erlaubnis brauchst, um mit ihr spazieren zu gehen!

    Ja, schon, aber…

    Was aber?!

    Na, der Typ war komisch.

    DU bist komisch!

    Bin ich nicht!

    Du unterhältst dich mit einer Stimme in deinem Kopf. Doch, Mann, du bist komisch.

    Gut, sind wir alle komisch. Egal. Der Typ war mir zu kuschelig. Und überhaupt glaub ich nicht, dass der noch mit mir reden will.

    Dann lässt du die Gelegenheit einfach so davonflattern?

    Welche Gelegenheit denn?

    Bist du blöd oder was?

    Na, im ernst, was soll ich da in dem öffentlichen Garten? Noch weniger über Blumen wissen als in dem Garten da draußen?

    Kannst du nicht ein einziges Mal in deinem Leben so sein wie andere Kerle?

    Ich BIN wie andere Kerle! Kein Kerl da draußen interessiert sich ernsthaft für fucking Blumen!

    Aber für fucking Weiber! Wortwörtlich!

    Hrmpf...


    Kurz gesagt, Atticus war mit sich selbst im Unreinen und schnappte sich erstmal einen großen Becher Wein, mit dem er sich an eine Säule lehnte und versuchte, nicht daran zu denken, ob dieses Mädchen ihm absichtlich gefolgt war und ob das was zu bedeuten hatte oder nicht.

    Das war jetzt kein eindeutiges Ja von den beiden Damen. Atticus war zwar, was Frauen anging, durchaus etwas langsamer als andere Kerle, aber das verstand er schon, da sie ihm keinen Hinweis gaben, an welchen Verwandten er sich wenden sollte, um um Erlaubnis zu fragen. Ein eifriger Verehrer hätte auf sowas hingewiesen und nochmal nachgebohrt. Aber ein eifriger Verehrer hätte auch im Vorfeld gewusst, was er sagen musste. Atticus war kein eifriger Verehrer. Er war eben einfach nur Atticus, und daher bohrte er nicht nach, sondern nickte nur und machte den Weg wieder frei, damit die Damen an ihm vorbeigehen konnten. Die Decima, die zwar insgesamt irgendwie an ihm interessiert zu sein schien, aber auch etwas vage blieb, leitete die Flucht auch mit Worten ein.

    "Natürlich, ich will euch nicht aufhalten." Atticus versuchte ein schiefes Grinsen.

    Bitte, bitte, sag noch irgendwas Charmantes..., wimmerte die Stimme in seinem Kopf. Irgendwie tat sie Atticus selber ja schon fast leid, aber er wusste einfach nicht, was er da sagen sollte. "Es… war sehr nett", versuchte er, auch wenn es lahm war und die kleine Stimme zum heulen brachte. Aber er wusste einfach wirklich nicht, was man in so einer Situation besser sagen sollte.


    Und so machte er einfach den Weg frei und schaute den beiden auch nur kurz nach, ehe er wieder nach oben zu den Sternen schaute und sich fragte, was das hier gerade eigentlich gewesen war. Und vor allen Dingen, wie ausgerechnet er dazu gekommen war.

    Und da fing es schon an. Wieso waren Frauen so kompliziert? Wenn man einem Kerl sagte, man konnte mit Grünzeug nichts anfangen, es sei den, es lag auf dem Teller, bekam man allseits zustimmendes Grunzen und fertig war das Thema. Aber bei Frauen funktionierte das irgendwie nicht. Die wollten darüber reden. Und Atticus hatte keine Ahnung, worüber man da reden konnte.

    "Naja, ich komm einfach mehr mit Dingen klar, die sich melden, wenn sie Futter oder Wasser brauchen", murmelte er wahrscheinlich wenig hilfreich und nicht unbedingt so, dass es das Herz jeder Frau erweichen würde. Aber seine Pflanzenkenntnis hörte wohl beim Gänseblümchen dann schon auf. "Aber ja, der Garten ist wirklich… er ist wirklich hübsch", sagte er nochmal etwas hilflos und wusste beim besten Willen nicht, wie andere Kerle das machten und was die in so einer Situation sagten. Wie schafften die es, bei sowas Komplimente einfließen zu lassen und sich über NICHTS zu unterhalten? Atticus kam sich wirklich wie der letzte Mensch vor. Die Aurelia schien auch schon die Flucht zu planen, hatte er das Gefühl. Verdenken konnte er es ihr wirklich nicht.


    Aber die Decima hatte das wohl nicht mitbekommen. Oder sie unterhielt sich gerne mit Atticus. Er wusste es nicht. Auf jeden Fall fragte sie ihn nach den öffentlichen Gärten und irgendwelchen Statuen und Sehenswürdigkeiten. Und dann noch in seiner Eigenschaft als Vigil. Oh Götter, was sollte er sagen? Dass Gänseblümchen schlecht brannten? Besser nicht.

    "Ähm, das klingt ein wenig nach den Horti Sallustiani. Da sind auf jeden Fall viele Statuen, und Kaiser Hadrian hat dort kurz vor seinem Tod noch ein Nymphäum bauen lassen, das wohl ganz imposant sein soll. Wobei die Horti Lolliani oder die Maecenatis noch imposanter sein sollen, weil das am Esquillin wohl besseres Terrain ist, nicht so viel auf und ab und die Aquaedukte sind wohl auch ganz imposant." Ja, über Bauwerke konnte Atticus auf einmal relativ flüssig reden. Ihm selber fiel das nicht mal auf.

    Vor allen dingen nicht, weil die kleine Stimme in seinem Kopf grade ganz aufgeregt anfing, herumzuhüpfen. Los, lad sie ein! Sag, du zeigst ihnen die Gärten! - Was? Wieso das denn?! - MACH ES EINFACH, DU IDIOT! Oh, Veiovis! Atticus war es nicht gewohnt, von seinen inneren Stimmen angebrüllt zu werden.

    "Ähm...also… ich versteh zwar nach wie vor nichts von Gärten, aber, also wenn ihr wollt, und wenn eure Verwandten keine Einwände haben, dann könnte ich euch ja mal einen der Horti zeigen oder so?"

    Ein wenig verlegen wanderte die Hand doch wieder zu Atticus Hinterkopf, um da zu kratzen. Wenn er so weitermachte, dachten die beiden sicher noch, er hätte Läuse, aber die Geste half einfach, die Verlegenheit etwas zu überspielen, die er dabei verspürte, gleich mit zwei hübschen Frauen in seinem alter zu sprechen. Es war jetzt nicht so, dass er stottern würde und überhaupt nie mit Mädchen sprechen würde, er war auch schon lange keine Jungfrau mehr und stand sogesehen mit beiden Beinen im Leben. Es war nur so, dass er bei Frauen immer das Gefühl hatte, jeden Moment was kaputt zu machen. Sie waren einfach so anders. Nicht unbedingt schlecht-anders, aber eben anders. Und er hatte immer keine Ahnung, was sie von ihm erwarteten.

    "Ähm, gern geschehen. Ich, ähm, konnte dich ja nicht einfach hinfallen lassen", versuchte er, den Dank möglichst unbefangen anzunehmen. Aber was sollte er da sagen? Dass er schneller reagiert hatte, als ihm bewusst gewesen war, und sie, wenn er Zeit zum Nachdenken gehabt hätte, vermutlich auf dem Boden gelandet wär, weil er sich dann nicht sicher getraut hätte, ihr so nahe zu kommen? Nein, SO dämlich war Atticus dann auch wieder nicht, das auszuplaudern.


    Dass er jetzt aber in das Gespräch miteinbezogen wurde, überraschte ihn doch. Er hatte eigentlich mit einem kurzen Aha, danke, war nett, vale gerechnet. Aber nicht damit, dass er danach gefragt wurde, warum er im Garten war. Auch jetzt war er wohl clever genug, nicht zu sagen, dass er vor ihnen geflüchtet war, oder besser vor seinem Cousin und Decimus… Moment. Atticus schaute kurz verwirrt. Wie hieß der Typ gleich noch mal? Er und sein Namensgedächtnis… Der Name war ihm entfallen. Aber vielleicht war das auch gut, sonst hätte er die Decima noch nach dem Typen gefragt, und warum der ihn anstacheln wollte, sie anzusprechen. Aber am Ende war der Name nur Zufall und Atticus würde sich lächerlich machen.

    Egal. Garten. Was machte er im Garten? "Um ehrlich zu sein brauchte ich nur ein wenig frische Luft, weil drinnen… waren mir die Leute ein wenig zu kuschelig, wenn du verstehst." Naja, wahrscheinlich genoss sie es, lauter Verehrer um sich zu haben. Zumindest hatten die beiden vorhin zwei gehabt. Auch wenn die jetzt nirgends zu sehen waren. Egal. "Ich versteh nicht wirklich was von Pflanzen und dem ganzen Zeug."

    Dann erinnerte er sich, dass die Pflanzen und das ganze Zeug ja der Stolz der Familie Aurelia war, und eine hier direkt vor ihm stand. "Ähm, also, sie sind sehr schön. Und es wurde alles sehr schön dekoriert mit den Lampions und so. Und ganz sicher ist das alles sehr kunstfertig", beeilte er sich also in Richtung der Aurelia zu sagen, damit die sich auch nicht außen vor vorkam. Mit einer Frau zu sprechen war schon schwer, aber bei zweien kam Atticus ganz aus dem Takt. "Deine Familie kann da sicher stolz sein und es ist sehr nett, Aurelia, dass du Decima den Garten zeigen willst. Nur ich… ich hab so überhaupt keine Ahnung von Blumen und Sträuchern und all dem."

    Tja. Sehr erfolgreich. Atticus musste sich schon wieder kratzen. Vielleicht hatte er ja tatsächlich Läuse. Im Moment wünschte er sich welche. Er überlegte schon, ob er nicht einfach irgendeine Abschiedsfloskel murmeln und besser abhauen sollte, bevor die beiden noch einen Grund fanden, sauer auf ihn zu sein. Und den würde er ihnen ganz sicher früher oder später liefern. Er kannte sich und sein Geschick bei den Damen.

    Atticus war noch damit beschäftigt, verlegen zu sein, als ihn eines der beiden Mädchen auch gleich an seine Manieren erinnerte. "Oh", stimmt, sie hatte recht. Er sollte sich vorstellen. Er hörte auf, sich am Hinterkopf zu kratzen und räusperte sich kurz, um wenigstens die Grundformen der Höflichkeit einzuhalten. "Werte Aurelia, werte Decima. Ich bin Titus Pompeius Atticus, Subpraefectus Vigilum. Es freut mich eure Bekanntschaft zu machen." Ja, wenigstens so viel hatte er ja doch aus seinem Elternhaus mitbekommen, dass er wenigstens eine Vorstellung hinbekam. Das war ja auch nicht kompliziert, das war bei Männern und Frauen genau gleich, da erwartete niemand irgendwelche Komplimente oder irgendwas.

    So langsam hatte sich sein Puls wieder beruhigt und die Gedanken und Gefühle wurden auch klarer und weniger ärgerlich. Atticus hasste einfach solche Feste, insbesondere, wenn er eigentlich wichtigere Dinge zu tun hatte und ganz, ganz besonders, wenn ihn wieder jemand daran erinnerte, dass er unverheiratet war und das ändern sollte. Konnten ihn nicht einfach alle damit in Ruhe lassen? Die Welt wäre ganz sicher friedlicher, wenn niemand zum heiraten genötigt würde.

    Er stand noch da neben der vermaledeiten Stufe und schaute in den Himmel, als er Frauenstimmen hörte. Automatisch trat er einfach einen Schritt beiseite ins Gras, ohne wirklich hinzusehen, wer da kam. Er wollte einfach nur Platz machen, damit die Pärchen an ihm vorbei konnten. Er schaute noch nach oben und überlegte, ob das Sternbild da oben Orion war oder nicht, da nicht alle Sterne sichtbar waren, als er ein Quietschen neben sich hörte.

    Seine Reaktion war schneller als sein Verstand, und so hatte er die junge Dame schon aufgefangen, bevor er merkte, was er da eigentlich grade machte. Sein Verstand setzte ungefähr dann ein, als die Junge Frau ihre Finger in seine Arme gebohrt hatte und er sie so etwas aufrichtete, so dass sie wieder im Gleichgewicht war.

    Los, sag was! schaltete sich eine Stimme in seinem Kopf ein. "Ähm…." Nein, das mit Worten! Richtige Worte, die Sätze bilden! "Salve. Alles in Ordnung?"

    Atticus ließ die junge Dame wieder los und trat leicht zurück. War das nicht das Mädchen von vorhin? Und das andere Mädchen war auch dabei. Verfolgten die ihn? Nein, das war Quatsch, warum sollten sie? Dafür gab es keinen Grund. Zumal beide ja wirklich mehr als genug Verehrer da drinnen gehabt hatten.

    Los, mach ein Kompliment! befahl die Stimme schon wieder angespannt. Atticus hatte den Blick gesenkt, um die beiden nicht anzustarren, und so waren seine Augen auch auf den Boden gerichtet in diesem Augenblick. Daher sagte er auch das erstbeste, was er sah. "Ihr habt Schuhe."

    Atticus konnte regelrecht hören, wie die Stimme in seinem Kopf verzweifelt den Kopf gegen eine Wand schlug. "Ähm, ich meine, ihr habt schöne Schuhe. Also, bestimmt bequem und… ähm… sehr passend, und so." Das war wohl der Moment, in dem die kleine Stimme ihre Kollegen in Atticus Kopf darum anflehte, dass sie ihrem Leid ein Ende setzen mögen. Verlegen kratzte sich Atticus am Hinterkopf. Bei Pollio hatte es so leicht geklungen, was er sagen sollte, aber er erinnerte sich an nichts davon. Gar nichts. Er war für sowas einfach nicht gemacht.

    "Danke, es wurde sich schon darum gekümmert", winkte Atticus ab, als der Patrizier ihn fragte, ob er einen Arzt brauchte. Wahrscheinlich würde er nochmal einen brauchen und wahrscheinlich würde der schimpfen, warum Atticus rumlief und sich nicht schonte, aber was sollte er denn machen? Zuschauen, wie noch mehr Leute verletzt wurden oder es schließlich zu einem Aufstand kam? Einem bewaffneten in der Stadt, wo verdammt viele, richtig unschuldige Leute sterben würden?


    Der Aurelier stellte auch durch die Blume klar, dass dieser Quintus nur für ihn arbeitete und er sich nicht als Patron fühlte. Ganz toll. Also hatte der kleine Gauner zum einen gelogen und zum anderen konnte der Aurelier wahrscheinlich weniger druck machen, als gewünscht, was dann doch auf verschwendete Zeit und Folter rauslaufen würde. Atticus hasste es jetzt schon.

    Und noch mehr hasste er es, dass dieser Typ jetzt so tat, als würde Atticus kleine Babys ertränken wollen! Atticus starrte ihn einen Augenblick an, dann platzte ihm doch der Kragen. "Ich hab dir schonmal gesagt, dass das nur der letzte Ausweg wäre, wenn du nicht endlich die Klappe aufmachst, wo wir hinmüssen. Denn ja, lieber ersäuf ich einen Haufen Diebe und Mörder, als zuzusehen, wie genau diese Leute bewaffnet durch die Straßen ziehen und wirklich Unschuldige abstechen. Und DEINE Hilfe bestand darin, dass du dich zu ihnen gesellen wolltest und ich dir vertrauen soll, dass du dabei weder geschnappt wirst, noch einfach verschwindest, und mir obendrein dann alle Informationen zukommen lässt, nachdem du dich selbst jetzt noch beharrlich weigerst!"

    Ja, vielleicht war es so ein wenig peinlich, vor einem Patrizier einen Wutanfall zu kriegen, aber der Tag heute war für Atticus einfach zu lang. Er hatte mehrere Typen töten müssen, war abgestochen worden, hatte scheiß Schmerzen im Bein und dieser kleine Dieb stellte sich hin, als wäre er der Retter der Geknechteten und Wehrlosen.

    "Also einfache Frage: Verrätst du mir, wo die Eingänge zu den illegalen Tunneln sind, oder muss ich dich dafür foltern lassen?" Denn ja, Atticus hatte jetzt die Nase voll.