RE: Der Spatz in der Hand
Nachdem Shahnaz gegen ihren Willen wieder ins Haus des Waballat ben Attar geschleppt und diesem übergeben worden war, ging sie jetzt zusammen mit der Sklavin Anippe nach dem Balaneion. Also genauer gesagt sie, Anippe, und zwei grobschlächtige Kerle die anscheinend zu ihrer Bewachung abgestellt worden waren. Natürlich wusste sie um die Natur des wahren Auftrags der beiden, doch Shahnaz besaß immer noch genug Hochmut um sie in ihre persönliche Leibgarde durch das Haus hindurch umzudeuten, die viel mehr sie vor den anderen beschützten als umgekehrt. Doch ebenso klar, dass sie nichts in diese Richtung verlauten ließ, sondern dies als kleine Geschichte stumm sich selbst erzählte um vor sich selbst wenigstens noch etwas die Illusion zu wahren, dass sie jemand war und dementsprechend Untergebene hatte.
Beim Badezimmer angekommen blieben sie vor der Tür und sie und Anippe betraten es alleine. Shahnaz sah sich um und schürzte die Lippen. Da war sie also wieder. Doch bevor es ans Waschen ging hatte Anippe offenbar etwas anderes vor, denn sie zauberte scheinbar aus dem Nichts ein ganzes Menü an kleinen Köstlichkeiten. Die Erfahrungen der letzten Monate seit ihrer Gefangennahme hatten Shahnaz auch derlei einfache Mahle zu schätzen gelehrt, doch andererseits war ihr ja auch nichts anderes übrig geblieben. Doch jetzt in diesem Moment meldete sich wirklich urplötzlich ihr Magen mit Geknurr, kaum dass sie all diese köstlichen Imbisse erblickt hatte und erst jetzt wurde ihr wirklich bewusst wie hungrig sie eigentlich war und in einem unbedachten Moment als sie nicht aufpasste verspürte sie wirklich sowas wie das Gefühl von ehrlicher Dankbarkeit gegenüber Anippe und Freude über das Essen das sie gleich genießen durfte.
"Oh!" machte Shahnaz und eh man sich's versah langte sie mit beiden Händen zu und schlang das Brot und die Paste in einem hinunter und spülte mit dem Wein ordentlich nach. Anschließend rülpste sie etwas undamenhaft und streichelte sich den Bauch. Ein komisches bedrückendes Gefühl überkam ihr Gemüt. Was war das? Sie wandte sich halb der Wanne zu weil sie zu ihr gehen wollte, doch diese Unruhe blieb immer noch. Es war so als müsste sie noch unbedingt etwas tun, doch was nur? War es vielleicht... aber nein, gewiss nicht. Shahnaz machte einen Schritt zur Wanne zu, blieb aber sogleich wieder stehen, denn das Gefühl war mit einem Mal stärker geworden. Ob es wirklich das sein konnte? Das was sie vermutete?
Die Prinzessin drehte sich mit einem Mal zu Anippe um, blickte sie an und hob etwas den Blick wie eine hohe Herrschaft, die einen Diener ansieht und dabei über diesen nachdenkt. "Danke, Anippe."
Mit einem Mal war das Gefühl befriedigt und nicht weiter existent, während sie jetzt wieder ganz normal sich umdrehen und zur Wanne gehen konnte, während Shahnaz ein klein wenig über sich selbst bestürzt gewesen war. Hatte sie gerade ernsthaft Gewissensbisse gehabt, weil ihr das gute Mädchen eine Nettigkeit erwiesen und sie, Shahnaz, sich nicht dafür bei ihr bedankt hatte? Wo war das denn so plötzlich hergekommen??
Immer noch etwas verwirrt über sich selbst streifte Shahnaz die Schulterfetzen dessen ab, was früher mal ihr Kleid gewesen war, welches mit einem Ruck von ihr abfiel und sie ganz nackt vor der Sklavin stand. Sie war jetzt so lange geknebelt gewesen, dass sie gar keine Vorstellung mehr davon hatte wie sie jetzt nach all diesen Strapazen aussah und so begann Shahnaz neben der Wanne stehend und nackt wie sie war ganz unbekümmert ihren Körper zu betrachten und auf alle möglichen Verletzungen und Blutergüsse zu untersuchen. Sie betrachtete ihre Arme von beiden Seiten, befühlte ihre Brüste (welche zum Glück heil davongekommen zu sein schienen) und inspizierte ihren Bauch, welcher ebenfalls relativ unversehrt geblieben war, abgesehen davon dass sie jetzt schmäler war wie vor der Flucht. Dann setzte sie sich auf den Rand der Wanne und hob ihr linkes Bein um sich dieses anzusehen und mit ihren Händen zu befühlen. Hier gab es schon wieder mehr Schrammen und sie hatte auch Blasen an den Füßen, großteils aus der Zeit vor ihrer Gefangennahme, oder genauer bis zu ihrer völligen Fesselung, als sie dann nicht mehr selbstständig gehen hatte können auf langer Distanz.
Nachdem sie so beide Beine untersucht hatte schien sie zufrieden. Scheinbar hatte sie an den Extremitäten am meisten Schaden genommen, das war verschmerzbar. Blieb nur noch eine Stelle. Sie drehte ihren Rücken Anippe zu und machte ein Hohlkreuz. "Sieh dir meinen Rücken an, sind darauf irgendwelche Blessuren oder ähnliches zu erkennen?" Dann war Shahnaz mit ihrer Selbstuntersuchung fertig und stieg endlich in die Wanne.
Das Wasser war dampfend heiß und wohlige Schauer überkamen sie. Ach wie angenehm!