Beiträge von Lucius Cornelius Bestia

    Bestia saß da und wartete, bis die Akrobaten ihre Sachen packten und das eigentliche Theaterstück beginnen konnte. Hoffentlich war es besser wie das Vorprogramm. Einen Pluspunkt hatte Euripides' Werk schon mal, weil es ein Satyrspiel war. Die hatten gerne mal ein paar schlüpfrige Stellen, vielleicht hatte er ja heute Glück und auch hier würden ihm pikante Sätze und Sachen geboten? Bestia war jedenfalls gespannt. Von dem Inhalt des Stücks selbst wusste er nichts näheres, doch so war es andererseits ja auch spannender.


    Als Silenos auf die Bühne stürmte, waren neben Bestia auf seiner linken Seite immer noch zwei Plätze frei. Rechts, vor und hinter ihm saßen jedoch Leute. Bestia richtete seine Konzentration auf die Bühne und verfolgte Silenos' Monolog so aufmerksam wie möglich, doch störende Geräusche in der Reihe hinter ihm unterbrachen ihn immer wieder beim zuhören. Weibliche Stimmen, so schien es, stritten sich dort. Er versuchte es so gut es ging auszuklammern, doch sie hörten einfach nicht auf. Wie sollte man in so einer Atmossphäre nur ein Stück genießen können?!


    Der Prolog vom "Kyklops" war noch gar nicht wirklich zu Ende, da trieben es die Hühner wirklich auf die Spitze, als die Ältere anscheinend gar nicht mehr zu reden aufhören wollte. Cornelius Bestia schnaubte ungehalten und drehte sich auf seinem Platz nach hinten zu den Frauen um und warf ihnen einen bösen Blick zu. Die eine war gut beleibt, die andere... hm, die andere war hübsch! Und schien in etwa in seinem Alter zu sein! Sie sah genervt durch ihre Finger hindurch, während die Alte neben ihr in einem fort weiterquasselte. Bestias Blick blieb einige Momente länger an der Jüngeren der beiden haften als er gewollt hatte. Sie saß direkt hinter ihm. Er hatte nicht erwartet gehabt, dass sie ihm so sehr gefiel, als er vorhin nur ihre Stimme gehört gehabt hatte. Noch ein kurzer eindrücklicher Blick auf die Alte (so einer in der Art von "Klappe, verdammt!"), dann drehte er sich wieder um mit Blick auf das Stück.


    Der Chor zog jetzt ein. Ein großes lautes und buntes Durcheinander. Es kam Bestia nur recht, um seine Gedanken zu ordnen und seine Konzentration wieder auf die Bühne und nicht auf die Sitzreihe hinter ihm ausrichten zu können. Der Chor begann zu singen. Bestia war in den ersten paar Momenten des Lieds verwirrt. Er hatte natürlich angenommen, dass die Satyrn ihren Herrn Silenos in ihrem Lied adressierten, weshalb er umso ratloser war, als sie plötzlich davon sangen ihn mit Steinen verletzen zu wollen. Was war denn plötzlich in die gefahren?


    Dann erst ganz am Schluss der Gegenstrophen fiel bei ihm der Sesterz und Bestia konnte sich ein ertapptes kurzes Lächeln über seine eigene Dummheit nicht verkneifen. Die Satyrn kamen ja gerade mit ihren Schaf- und Ziegenherden von der Weide, also hatten sie in ihrem Lied natürlich mit ihren Tieren geredet! Peinlich. Vor allem der letzte Teil vom Lied bestärkte Bestia in seiner Erkenntnis, dass es um Schafe ging, denn die Satyrn würden wohl kaum von den "geschwollenen Eutern" des Silenos singen! Diese Gedanken schafften es doch tatsächlich Bestia aufrichtig zu erheitern und ihn für einen kurzen Moment seine Miesepetrigkeit vergessen zu lassen, ein Kunststück, das es nicht oft im Leben gab.

    Einer jener, die schon am Vormittag ins Theater gekommen waren, war Bestia. Er war schon im Voraus losgegangen, um nicht unnötig lange bei seiner Familie sein zu müssen. Sobald es möglich war, war er aufgestanden, hatte sich fertig gemacht und war dann alleine zu Fuß zur Porta hinaus, um quer durch die Stadt zum Theater zu wandern. Hier angelangt, hatte er nicht einen Platz in den vorderen Reihen bei den besseren Kreisen in Anspruch genommen, sondern sich beim gewöhnlichen Volk irgendwo mitten auf den Tribünen hingesetzt. So würde er auch später noch seine Ruhe haben können, selbst wenn seine Familie noch nachkommen sollte. Links von ihm waren noch ein paar Plätze frei, Bestia hatte sich mit verschränkten Armen gegen die Steinmauer hinter sich gelehnt und starrte gelangweilt hinunter auf die Bühne, wo ein paar Artisten gerade ein paar ihrer akrobatischen Kunststücke aufführten.


    Das was sie ihm da boten war nur mäßig für ihn interessant und so sah er mit einem Auge zu und war mit dem anderen auf sich und seine Gedanken gerichtet. Hier konnte er sitzen und in aller Ruhe Trübsal blasen. Hier war es sogar angenehmer wie in seinem Zimmer, da er hier die Wärme der Sonne und die Schatten der Sonnensegel über sich genießen konnte. Außerdem befand er sich inmitten einer riesigen lärmenden Menschenmenge, wo ließ es sich besser allein sein, wenn nicht hier?

    Lucius nahm diese Abwesenheit von Unterhaltung zwischen den Mitgliedern seiner Familie als Versinnbildlichung von fehlender Nähe zueinander wahr. Die Peinlichkeit nicht zu wissen was man miteinander sprechen sollte, wenn es nicht gerade unbedingt erforderliche Informationen auszutauschen gab. Er sah in die Augen seines Vaters. Er, dem er Zeit seines Lebens nie genügt hatte. Dann Aemilia Agrippina, herrisch wie am ersten Tag. Er wechselte den Blick zu Cornelia Merula. Seine Schwester, die immer schon Spaß daran gefunden hatte ihn zu piesacken, seit sie jedoch zur jungen Erwachsenen herangereift, völlig unausstehlich war und keinen Hehl aus ihrer Verachtung ihm gegenüber machte. Zu guter letzt dann seine Mutter, Fabia Sagittia. Sie war die Einzige der er wirkliche ungeteilte Zuneigung entgegenbringen konnte. Wie oft kam es vor, dass sich Lucius fremd in der eigenen Familie fühlte...


    Da es sonst nichts für ihn zu tun gab hing er seinen eigenen Gedanken nach und nippte ab und zu an seinem Wein. Er wäre jetzt viel lieber in seinem Zimmer ganz für sich, wo es niemanden gab der ihn störte, wo er einfach er selbst sein konnte ohne irgendwie bewertet zu werden, egal ob im positiven oder negativen Sinne.

    Die ehrwürdige Mutter des Cinna, Aemilia Agrippina, blickte auf.


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    Aemilia Agrippina, Witwe des Cornelius Barbatus


    "Guten Abend, mein Sohn. Lange hast du uns aber warten lassen!" Kurz hinter ihrem Vater schlich Aemilias Enkelin, Cornelia Merula herein. "Und hier hätten wir die liebe Enkelin! Ganz die Tochter ihres Vaters, wenn es um Pünktlichkeit geht!" Cornelia Merula machte ein verstimmtes Gesicht.


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    Cornelia Merula, Tochter des Cornelius Cinna


    "Wir sind nicht unpünktlich, unsere Gäste sind noch nicht einmal hier, avia*!"

    "Das hat damit nichts zu schaffen! Die Familie hat anwesend zu sein, wenn der Besuch ankommt! Das ist eine Frage des Respekts, Kind!" blaffte die Alte.

    "Und wo ist überhaupt dein Bruder? Ich sehe ihn nicht hier bei uns?" Cornelia musste sich anstrengen nicht die Augen zu verdrehen. "Ich weiß es nicht, ich habe ihn seit dem prandium nicht mehr gesehen", antwortete sie in so neutralem Tonfall wie nur irgendmöglich.

    "Dann schlage ich vor du läufst los und suchst ihn", sagte Großmutter Agrippina mit einem Blick der ein Nein nicht gelten lassen würde. Cornelia neigte dein Kopf. "Natürlich, Großmutter", dann drehte sie sich um und verließ das Triclinium wieder. Großmutter war ja heute wieder bester Laune...

    Cornelia Merula schlenderte über den östlichen Porticus in die leere Zwischenhalle und von dort weiter ins große Peristyl. Von dort aus wechselte sie ins Atrium und bog von da in den Korridor ein, der zum westlichen Porticus führte. Hier in diesem Korridor lagen die Zugänge zu vier Cubiculae, gleich das allererste zur rechten Seite gehörte ihrem kleinen Bruder. Ohne anzuklopfen stieß Cornelia die Tür auf und trat ein. "Komm, mein Brüderchen! Hand aus der Hose und Essen kommen! Omi ruft nach dir!"


    Lucius Cornelius Bestia hatte in einer leicht buckligen Haltung an seinem Schreibtisch gehockt und über einer Schriftrolle gebrütet. Mit einem miesepetrigen Gesicht sah er sich nach seiner großen Schwester um. "Geh einfach wieder..."

    "Glaub mir das mache ich nur zu gern, aber du kommst mit, also hoch mit dir. Tante und Onkel kommen zu Besuch."

    Immer noch mit einem mürrischen Blick antwortete er: "Und was kümmert mich das?"

    "Ach Luzilein du kannst dir nicht vorstellen wie egal mir das ist. Oma will dich dabei haben... oder soll ich ihr sagen, dass du ein böses Luziwuzi bist?" fragte sie den letzten Halbsatz mit einer Babystimme intonierend.

    Bestia schlug mit beiden Fäusten auf seinen Tisch. "Götter! Ich heiße Lucius!" Die plötzlich aufwallende Wut riss Bestia dann doch von seinem Sitz und so stand er auf und drehte sich zu Cornelia Merula um. Diese zeigte ein spöttisches Lächeln und ihre Augen glommen boshaft. "Nur verhälst du dich sehr oft so wie ein Luziwuzi." Bestia rauschte an ihr vorbei zur Tür mit seiner feixenden Schwester im Schlepptau. "Wärst du bloß ein Junge ich würde..."

    "Was dann? Dir von mir eine blaue Nase holen?" Bestia schluckte seine Antwort hinunter (die einige unflätige Bemerkungen enthalten hätte) und stürmte weiter die Gänge und Räume hindurch, bis sie wieder vor dem Triclinium Scipione ankamen. Bestia atmete noch einmal tief durch und versuchte seine Körperhaltung zu lockern (seine Schultern blieben aber immer noch starr angespannt), dann trat er mit seiner Schwester zusammen in den Raum.

    "Guten Abend."


    Sim-Off:

    avia = lat.: "Großmutter"