Beiträge von Tiberia Corvina

    Mit zügigen Schritten durchquerte Corvina ihr cubiculum. Dede hatte den Auftrag bekommen, den Neuzugang in Schale zu werfen. Na mal sehen. „ Frija geh und hole Baldemar. Ich möchte euch beide im Tablinum haben.“ Noch einmal die Kleidung überschaut. Soweit war alles in Ordnung. Sie ging nach unten und setzte sich in einen Korbstuhl. Eine Schriftrolle mit Gedichten überbrückte die Wartezeit. Frija und Baldemar stellten sich seitlich vom Korbstuhl auf.

    Ah, der Aurelius lag vorn und eine Dame aus dem Hause der Claudier bot mit. Corvina grüßte die Claudierin angemessen. Sie war ihr zwar unbekannt, aber das konnte man ja ändern.„ Frija, geh bitte zur Claudia und lade sie in aller Form zu einer kleinen Cena ein. Einer Cena unter Frauen versteht sich. Sie kann ja durch einen Boten Bescheid geben lassen, wann es ihr am besten passt.“ Frija tat was ihr aufgetragen wurde und ging zur Claudierin. Wie es sich gehörte, wahrte sie angemessen Abstand. „ Salve Claudia, meine Herrin Aurelia Corvina schickt mich. Sie würde dich gern zu einer kleinen Cena unter Frauen einladen. Lass sie bei Gelegenheit wissen, wann es dir am besten passt. “ Sie blieb bei der Claudierin stehen um eventuell gleich eine Antwort oder ein Zeichen zu bekommen, dass sie gehen durfte.

    Brüderchen wurde ausgeblendet. Corvina stellte sich einfach selbst vor. „ Tiberia Corvina, Schwester des hier anwesenden Tiberius.“ Wieder ein freundliches Nicken zum Aurelius. Zum Senator Aurelius. Ein kleiner aber sehr interessanter Zusatz. „ Ihr seid sicher nicht nur hier um euch mit meinem Bruder über Politik und Geschäfte zu unterhalten.“ Man konnte sich über diese Ding an wesentlich besseren Orten treffen. „ Eine Neuanschaffung?“ Corvina sah zu dem Nubier. „ Von hinten sieht er ja ganz nett aus. Was hat er denn sonst noch, dass man ihn unbedingt kaufen sollte? Das letzte Gebot war wie hoch?“ 

    So groß, so dreckig , staubig und von den Gerüschen ganz abgesehen, hatte Corvina den Sklavenmarkt nicht in Erinnerung. Dafür hatte sie sich in Schale geworfen? Aus purer Neugier war sie hier gelandet. Was sie sah war es allerdings wert, hier her zu kommen. " Baldemar, lass uns ein Stück weiter an das Podest gehen und du Frija bleibst dicht hinter mir." Baldemar nickte und machte den Weg frei. Dabei entdeckte er Tiberius Nero und wies Corvina darauf hin. Bei ihm stand ein für sie Fremder. Gelassen und so elegant wie möglich ging zu ihnen. „ Salvete Bruder, salvete….“ Ein leichtes Nicken in Richtung des Gesprächspartners ihres Bruders. Den Namen des jungen Mannes kannte sie ja nicht. „ Rom ist doch sehr klein, dass man sich ungewollt über den Weg läuft.“ Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Sie beugte sich leicht zu Nero. „ Hast du für den Jungen da oben schon geboten?“ raunte sie. „ Er sieht ja von hinten ganz gut aus.“

    Keiner im Haus. Also keine erwähnenswerte Person. „ Frija wir gehen aus. Hilf mir beim zurecht machen.“ Die Sklavin öffnete eine Truhe und legte einige Sachen zur Auswahl bereit. Gefühlte eine Stunde später stand fest, was die Junge Patrizierin anziehen wollte. „ Ich nehme das dunkelgrüne mit der goldenen Stickerei. Dazu die passenden Ohrringe und diese Kette.“ Frija sortierte alles heraus. Corvina zog sich an und setzte sich. Frija machte ihr die Haare und trug, gewünscht dezent etwas Schminke auf. Corvina betrachtete sich im Spiegel, nickte zufrieden. „ Lass uns gehen.“ Als Anhängsel zu ihrer Sicherheit wurde Baldemar mitgenommen.

    Sieh an, er hatte an alles gedacht. Anders hatte Corvina es nicht erwartet. Sie war es gewohnt von ihrem Bruder alles zu bekommen was sie wollte. Er las ihr die Wünsche förmlich von den Augen ab. Trotz dieser Tatsache, hielt sich Corvina mit den Wünschen zurück. Es reichte ihr, zu wissen, dass sie alles bekommen konnte was sie wollte. „ Ja, ist mir recht. Ich könnte dir im Moment auch kaum mit voller Aufmerksamkeit folgen. Die Reise war etwas anstrengend, staubig, und ….na du weißt ja. Wenn es dir nichts ausmacht. Würde ich mich erst einmal zurückziehen.“ Corvina zog ihre Palla fester um die Schultern , ihr war kalt. Die Müdigkeit machte sich immer mehr bemerkbar.“ Ich danke dir.“ Sie ging zu Nero und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Ihren Becher stellte sie Dede aufs Tablett. „ Dann zeig mir mein Zimmer, Frija.“ Ihr Gepäck hatte man sicher schon dort abgeladen. Frija ging voraus und Corvina folgte.

    Dankend nickte Corvina und nahm den Becher entgegen. Ein kleiner Schluck, die Mischung war perfekt. Der Korbstuhl lud wieder zum Sitzen ein. „ Was hast du bis jetzt so getan. Seit wann hast du diese Kleine denn hier? Hast du eventuell auch etwas für mich im Haus?“ Corvina merkte, dass sie schon wieder zu viele Fragen auf einmal hatte. „ Entschuldigung. Die Aufregung und Freude lassen mich überreagieren.“ Sie lehnte sich zurück und nahm einen Schluck aus dem Becher. Ja, das war gut und langsam wurde sie ruhiger. Jetzt merkte sie auch die heraufziehende Müdigkeit.

    Mein Brüderchen, die Umarmung tat gut. Corvina streichelte ihm über den Rücken. Wie hatte sie ihn vermisst. „ Nero, ich freue mich endlich wieder in deiner Nähe zu sein.“ Sie sah ihn an. Sein Kompliment quittierte sie mit einem Lächeln. „ Du siehst gut aus. Als ob ich nicht einen Tag abwesend gewesen wäre. Du hast dich nicht verändert. “ Sie freute sich aufrichtig. Ihr Blick blieb an der jungen dunkelhäutigen Sklavin hängen. Sie war zusammen mit Nero im Tablinum aufgetaucht. „ Ich sehe du hast immer noch einen guten Geschmack.“ Ihr war das Tablett, was die Sklavin hielt, nicht entgangen. „ Bitte eine Teil Wein und drei Teile Wasser.“ Corvina sah zu Nero und lächelte. Ja es tat gut wieder hier zu sein. „ Wie ist dein Name?“ wandte sie sich an die Sklavin.

    Das Tablinum hatte sich nicht verändert. Wie sollte es auch, es war keiner gestorben oder hatte irgendwelche herausragenden Leistungen vollbracht. Ein Korbstuhl lud zum Sitzen ein. Corvina ließ fasst hineinfallen. Sie sah sich gelangweilt die Büsten ihrer Väter und Vorväter an. Wer davon wer war wusste sie kaum mehr. Ein frischer Luftzug strich durch den Raum. Ein bisschen Garten sah sie von ihrem Platz aus. Auch da hatte sich nichts geändert. Ihre Finger klopften rhythmisch auf die Armlehne. „ Ich möchte einen verdünnten Wein. Wenn du das einrichten könntest.“ sagte sie zum Türsteher, der sie hier her gebracht hatte.

    UUUUh, das war mal eine Begrüßung. Die Sklaven auf ihrem Landsitz waren sehr einsilbig, was das Reden betraf. Alwina nahm die Hilfe beim Hinausklettern aus der Sänfte dankend an. Jedes Mal verrutschten und verschoben sich die Klamotten dabei. Schrecklich. „ Er wartet schon? Dann bringe mich gleich zu ihm.“ Vorher frisch machen wäre nett gewesen, aber wenn er sie soooooo sehnlichst erwartete. Sie blieb ja nicht nur eine Stunde im Haus. Naja,….. Also war nach dem ersten Empfang genug Zeit, sich der Schönheitspflege und der Erholung von der Reise zu widmen.

    Eine aufregende Landreise hatten sie gesagt. Du wirst viel sehen hatten sie gesagt. Wo saß Corvina? In einem geschlossenen Wagen, der dunkel und unbequem war. Es polterte, rüttelte, ihr wurde fast übel. Nichts war von der Umgebung zu sehen, außer sie versuchte bei dem Geschaukel den Vorhang ein wenig beiseite zu ziehen und hinaus zu sehen. Immer gewärtig, sich den Kopf dabei am Rahmen zu stoßen. Nein, danke, blaue Flecke und Beulen am Kopf kamen nicht in Frage.

    Sie lehnte sich so gut es ging zurück und dachte an Vergangenes. Was gab es an Rom für Erinnerungen? Keine nennenswert relevanten Ereignisse. Flüchtige Begegnungen, wie die mit diesem, na wie hieß er gleich … ach irgendein Aurelier. Corvina’s Gedanken schweiften ab. Was wohl Nero trieb? Es musste ihm ja viel daran liegen, dass sie nach Rom zurück kehrte. Sein Drängen war sehr unnachgiebig gewesen, Widerspruch nicht geduldet. Sie konnte es ja als Rückkehr ins richtige Leben ansehen. Also eher eine Befreiung vom ereignislosen Landleben. Hoffentlich setzte ihr Nero nicht gleich einen Mann vor die Nase. Naja, eigentlich war es egal, so lange sie ihre kleinen Freiheiten hatte.


    Die Straße wurde nicht besser. Die kurzen Aufenthalte machten die unbequeme und anstrengende Reise nicht angenehmer. Am Stadttor endlich etwas Erleichterung. Der Wagen wurde gegen eine Sänfte getauscht. Luftig, hell, man konnte die Umgebung sehen. Die Vorhänge waren nicht gänzlich zugezogen. Ein Veteran ging voran und sorgte für den nötigen Freiraum. Lebendig, sehr lebendig, dieses Rom. Die auf sie einströmenden Reize waren überwältigend. Corvina kannte sie ja eigentlich. Trotzdem war wieder alles wie beim ersten Eintreffen in der Stadt. „ Sind wir bald da?“ fragte sie ungeduldig an den Veteran gewandt. „ Ja noch ein paar Schritte.“ entgegnete er und drängte einen älteren Mann aus der Laufbahn der Sänfte.


    Ein paar Schritte… je nach Maß des Betrachters gesehen. Corvina kam es wie eine Ewigkeit vor. Die Sänfte hielt. Der Türklopfer wurde betätigt. „ Tiberia Corvina will eingelassen werden!“ Rief der Veteran.