Beiträge von Narrator Minor

    Der Consul sah dabei zu wie seine Kollegen alle von ihren Sitzen aufstanden und sich in Bewegung setzten um dort Aufstellung zu nehmen wo sie für ein „Ja“ oder „Nein“ hin mussten.


    Als dann jeder mit seinem Standort glücklich war maß der Consul noch einmal beide Seiten mit einem prüfenden Blick und verkündete dann: „Die Mehrheit stimmt dafür, die neuen Konstitutionen für Antiochia ad Orontem und die Oase Palmyra sind damit angenommen!

    Es gab noch vereinzelt ein paar Wortmeldungen und Fragen an den Iulier, bis dieser Tagespunkt völlig erschöpft war und man zum nächsten schreiten konnte. So nickte der Consul und sprach: „Wir haben hier jetzt viel über die neuen Verfassungen von Palmyra und Antiochia ad Orontem gehört, schreiten wir nun dazu zu entscheiden, ob sie auch angenommen und in Kraft treten sollen! Es wurden in den letzten Tagen jedem von euch Kopien dieser uns zugesandten Gesetze übergeben, damit sie ein jeder aufs gründlichste studieren kann vor dieser Abstimmung. Fangen wir an! Alle die für eine Annahme dieser neuen Stadtverfassungen sind sollen sich zu meiner linken aufstellen und alle die dagegen sind zu meiner rechten.

    Nach und nach füllten sich die Reihen der Curia Iulia. Senatoren erschienen alleine oder in kleinen Gruppen zusammen mit ihren Sklaven, die ihre Stühle für sie trugen. Der Consul, der in dieser Periode den Vorsitz inne hatte, war ebenfalls schon anwesend und unterhielt sich mit einem Kollegen aus der ersten Reihe. Am offenen Portal sammelten sich Schaulustige aus dem einfachen Volk, die von hier aus die Sitzung beobachten wollten. Sobald genug Senatoren die Reihen füllten konnte es endlich losgehen und die Auspizien wurden eingeholt. Sie wurden für gut befunden, damit war die Sitzung eröffnet.


    Der Consul erhob sich und sprach: „Heute hören wir den Amtsbericht des Quaestors Gaius Iulius Caesoninus, danach gilt es noch über neue Stadtverfassungen aus Syrien zu befinden. So beginnen wir mit dem ersten Tagungspunkt, tritt vor Iulius Caesoninus und berichte uns von deiner Amtszeit!

    Der Räuberhauptmann, der zuvor mit Caesoninus gesprochen hatte, sah dabei zu, wie sein Kumpane den jüngeren der beiden Opfer zum absteigen zwang. Na also, ging doch. Breit lächelte er, als er beobachtete, wie der Junge seinem Räubergenossen Zügel und sogar gleich dazu seinen Geldbeutel reichte. "Har haha Har! Dich lobe ich mir, Bürschchen! Wie ein Lamm, das sich selbst auf die Schlachtbank legt, so freut uns das! Fast schon zu einfach, braver Bengel!" So zuvorkommende Opfer hatte er noch selten erlebt. Antias' schnelle Aufgabe hatte den größten Teil der Anspannung von den Männern genommen, die hier würden sich nicht wehren. Der Bandit sah jetzt wieder zu Caesoninus hin. "So, und jetzt du! Du wolltest meinen Namen wissen, so will ich dir ihn nennen. Man nennt mich Sardios, den Herrn der Einsamen Orte, König über die Nächtlichen Gefilde und Besitzer aller Straßen! Wie dein Name ist, musst du uns nicht extra sagen, er würde uns ohnehin nicht kümmern!" Die Banditen lachten hinter Sardios.


    "So, genug gespielt! Und jetzt gib uns dein Gold und deinen Hengst! Mach es so wie deine Freundin da neben dir, los!" Die Räuber zogen ihren Kreis jetzt etwas enger.

    2. Episodeion


    Polyphem der Zyklop erscheint. Bei ihm hat sich die Schauspielertruppe selbst übertroffen. Polyphems Schauspieler ist der denkbar größte Mensch, den die Truppe zwischen hier und Tyrus aufgetrieben hat. Seine Riesenhaftigkeit wird noch durch spezielle Theaterschuhe gesteigert, wo der Fuß stelzenartig gut eine Unterarmlänge über dem Boden ist, die Konstruktion rundherum und unterbei jedoch wie ein einziger großer Schuh bzw. Stiefel wirkt, welcher sich organisch nach unten hin so weit verbreitert, dass der Schauspieler halbwegs sicher auftreten kann, ohne Furcht umzuknicken und sich die Knöchel zu verstauchen. Diese Theaterschuhe machen Polyphem gleich noch einmal um einiges größer, sodass er wirklich wirkt wie die Ungeheuer aus der Legende. Polyphem ist in groben grauen Schafs- und Ziegenfellen gekleidet, seine Maske ist im Umfang größer als normalerweise (zur zusätzlichen Steigerung des Rieseneffekts) und zeigt einen ungeschlachten vollbärtigen Mann mit breiter Fratze, dessen beide Augenhöhlen nur angedeutet sind, in der Stirn jedoch ein riesiges kreisrundes Auge prangt. Bei sich führt der Zyklop einen riesigen Wanderstock (der dem Schauspieler als verstecktes drittes Bein zusätzliche Balance gibt).


    Volltönend beginnt Polyphem mit besonders weit tragender Bassstimme zu rufen: "Still! Sagt, was soll das! Diese Lustigkeit, wozu treibt ihr Bacchusdienst? Wo doch dieser Gott hier nicht ist. Auch nicht der Pauken und der Becken Lärm! Wie steht mir's mit den Zicklein in der Höhle? Wie? Saugen sie an der Mutterzitze, sag's mir, oder drücken sie die Seite? Und die Körb' aus Weid'geflecht sind voll von Milch? Was sagt ihr? He, was meint ihr? Mit dem Stocke werd' einen ich zu Tränen bringen gleich! Blickt nicht hinab zur Erde, hübsch hinauf zu mir empor gesehen, Bursche!"


    Polyphem hebt drohend seinen Wanderstock in Richtung des Chors der Satyrn. Dieser blickt betreten zu Boden und spricht unisono:


    "Sieh, selbst zum Iuppiter den Blick erhoben hier,

    Gestirn und den Orion sehen wir."


    "Das Mittagessen ist bereitet doch?"


    "Es ist bereit, sieh nur zu, ob auch dein Schlund dazu bereit."


    Silenos gackert und verschwindet in der Höhle.


    Polyphem sieht ihm kurz nach, dann wendet er sich wieder an den Chor:


    "Mit Milch sind auch die Krüge angefüllt?"


    "Zu Schlürfen fässerweise sie nach Lust."


    "Schafmilch?"


    "Ja"


    "Kuhmilch?"


    "Ja, ja! Schlürf mich nur nicht mit in deinen Bauch."


    Polyphem stößt ein Lachen aus.


    "Ha, wahrhaftig nicht! Der Bockstanz in dem Magen müsst' mich stracks doch zu den Toten jagen! Doch halt, welchen Haufen seh' ich bei den Ställen dort? Sind Räuber oder Diebe hergekomm' in dieses Land? Ich seh' wie meine Lämmer festgebunden mit der Weidenfessel werden und dort! Auch meine Käsekörbe seh' ich vor der Kluft!" Polyphem sieht jetzt zu dem wieder hervorkommenden Silenos. "Und dir, dem Greisen, den Kahlkopf und das Antlitz von Schlägen und von Stößen schwer verletzt."


    "Weh' mir, ach ich Unglückseliger habe das Fieber!"


    "Von wem? Wer, Alter, schlug dein Haupt so sehr?"


    Silenos zeigt plötzlich auf die Stelle hinten, dort wo sich Odysseus und seine Männer verbergen.


    "Jene da, weil ich dein Eigentum nicht wollte wegtragen lassen!"


    Polyphem brüllt einmal wie ein Ungeheuer.


    "Rrrrahr! Wussten sie denn nicht, dass ich ein Gott, ein Göttersprosse bin?"


    Silenos nimmt eine einschmeichelnde Körperhaltung an.


    "Das sagt' ich ihnen, aber sie trugen die Schätze fort, fraßen dir die Käse weg, obschon ich's nicht leiden wollt', und trieben auch die Lämmer hier von dannen. Ja sie drohten, dass sie dich mit dreifachen Fesseln binden, dir die Eingeweide grade durch das Auge herausziehen und deinen Rücken mit Ruten peitschen wollten. Dann, dich gebunden, in den Schiffsraum werfen und danach an den Erstbesten verkaufen, auf dass du Steine brechen, oder Mühlen treiben mögest, voll geknechtet."


    Wieder brüllt Polyphem.


    "Wahrhaftig? Hurtig geh' und wetze mir die Messer und das Beil, auch häufe Holz in Masse zu der Flamme, dass sogleich wir sie erstechen und schlachten und zermalmen könn', zu meines Bauches Füllung! Ein Teil geröstet an der Kohlenglut, ein Teil im Kessel, weich und mürb gekocht, hmm, so soll mir diese Opferspeise trefflich munden. Denn überdrüssig bin ich auch des Wilds, gesättigt von der Löwen, Hirschen Fleisch. Gib mir dieser Männer süße Brust, hmm, zu lang schon aß ich Menschenfleisch nicht mehr!"


    Silenos nickt eifrig und wackelt mit dem Kopf.


    "Ein neues Gericht, nach langer Wiederholung des alten, ist doppelt süß o Herr. Schon lange nicht sind Fremde hier gelandet und zu deiner Höhle hergekommen."


    Da hält es Odysseus nicht mehr aus. Er springt auf und tritt aus dem Versteck hervor bis direkt vor Polyphem. Mit einer anrufenden Handgeste spricht er: "Vernimm, Kyklop, nun auch uns, die Fremdlinge! Bemüht, uns durch Kauf uns Speise zu verschaffen, kam aus dem Schiff zur Höhl' ich mit den meinen. Die Lämmer hat uns jener da verkauft für einen Becher Weins, nachdem er ihn gezecht. Und gab uns alles willig gern als Freund! Mit Gewalt entführten wir sie also nicht. Wohl nicht bei Sinnen hat er das Falsche dir hier vorgelogen, da ertappt er ward, wie das deine heimlich er zu verkaufen im Begriff gewesen."


    Silenos zeigt übertrieben auf sich selbst.


    "Iiich? Sei des Henkers, augenblicklich!"


    "Wenn ich lüge."


    Silenos beginnt bei der Beschwörung von Neptun, Triton, Kalypso und einiger weiterer Meeresgestalten hoch und heilig zu versprechen, dass er des Meisters Schätze nie und nimmer an die Fremden verkauft habe und wenn er lüge, so sollten seine heißgeliebten Buben hinab in den Tartarus fahren. Das weckt Leben im Chor der Satyrn. Empört antworten er:


    "Da sieh dich vor! Ich selbst sah dich an den Fremden diese Güter ihm verkaufen. Red' ich Lügen, so soll Tod den Vater treffen, doch den Fremden schone."


    Polyphem glaubt aber Silenos und nicht dem Chor. Dann spricht er Odysseus mit der Frage an woher sie denn kämen. Er antwortet: "Von Ithaka sind wir, von Illions Verwüstung kommen wir durch Sturm im Meer hierhergeschleudert in dein Land, Kyklop." Polyphem nennt den Zug der Achäer gen die Stadt des Priamus "schimpfwürdig", worauf Odysseus einen langen Monolog darüber hält, in dem er an Polyphem und die Sitte der Gastfreundschaft appelliert. Der Zyklop solle ihnen besser Nahrung und Kleidung geben, anstatt sie zu verspeisen.

    Silenos hört das nicht gern und ruft den Einäugigen seinerseits an, er solle von Odysseus' Fleisch auch ja nichts übrig lassen, hätte Polyphem erst des Ithakers Zunge ganz verschlungen, so wäre er der wortgewandteste Manne Siziliens und von der ganzen Welt.

    Polyphem antwortet seinerseits mit einem nicht minder langen Monolog. Er fürchte nichts und niemanden, nicht einmal den gewaltigen Iuppiter. So wenn der Donnerer die Blitze rollt und Regen strömt, so liege Polyphem bequem im Zelt und schmaust sein Kalb, sein Wild und trinkt dazu die Milch aus Eimern. Und bricht einmal der Ätna aus, so schreckt auch das ihn nicht, dann würden umso eher jene Kräuter wachsen, die sein Viehe mästen, die der Zyklop dann sich selbst im Mahle opfert, nur ihm und keinem and'ren Gott. Sein Magen ist Polyphem der höchste Gott. Darum wolle er Odysseus fressen, das sei sein Gastgeschenk an ihn.


    Odysseus beginnt zu klagen: "Weh, oh wehe! Entronnen bin ich Trojas Gefahren, der Wut des Meer's, doch an des Mannes frevel'n Herzen, des gastlosen, scheitr' ich nun. O Minerva! Herrin, iuppitererzeugte Göttin, nun errett' uns, eine größere Gefahr als dort bei Illion gewärt'gen wir. Du, der du in funkelnden Gestirnen thronst, Iuppiter! Gastbeschützer, blick' herab. Wo nicht, so glauben wir vergebens Iuppiter, dann bist du nichts."


    Odysseus geht von der Bühne ab. Im Hintergrund tun es ihm seine Männer gleich.


    Sim-Off:

    Schauspieler in dieser Szene: Polyphem, Odysseus, Silenos, Chor

    1. Epeisodion


    Odysseus und vier andere Männer erscheinen am rechten Bühnenrand. Die Männer, die seine Mannschaft darstellen, tragen Krüge und Wasserschläuche bei sich und bleiben ein Stück hinter ihrem Anführer. Odysseus hat einen Weinschlauch am Gürtel. Dieser geht weiter vor in Richtung Bühnenmitte bis zu Silenos und bleibt dann stehen.


    "Sagt Freunde, doch wo in der kühlen Flut den heißen Durst zu löschen uns gestattet? Und -wenn es einer möchte zeigen uns- wo Nahrung finden, ihr bedürft'ge Schiffer."


    Odysseus blickt hinunter zum Chor, er bemerkt ihre Bocksfüße.


    "Was zeigt sich hier? Ist's doch, als ob zur Stadt des Bromios der Lauf uns hingeführt; der Satyrn Chöre seh' ich vor den Höhlen. Den Ältesten begrüß ich hier zuerst; Heil dir und Gruß, du guter Greis!"


    Odysseus begrüßt zuerst Silenos, dann den Chor der Satyrn, während es diese und Odysseus' Mannschaft es ihnen gleichtun und allgemein Begrüßungen ausgetauscht werden.


    "Sei auch du mir gegrüßt, Fremdling! Wer bist du, sag' an und welches ist deine Heimat?"


    "Odysseus der Ithaker, Fürst von Kephallenia!"


    "Ich kenne die Advokatenzunge recht gut, samt dem gefährlichen Sohne des Sisyphus."


    "Ich bin es selbst, doch zügle deine Schmähung!"


    "Aber sag', woher führt dich deine Schifffahrt nach Sizilien?"


    "Von Ilion und troischen Mühen heim."


    Silenos ist überrascht, dass sie wohl den Weg von Troja heim nach Ithaka nicht kannten, doch Odysseus entgegnet die Wut der Stürme hätte sie von ihrem Kurs abgeblasen, ebenso wie einst Silenos und seine Buben selbst bei deren Versuch die Entführer des geraubten Bacchus zu verfolgen. Silenos erklärt Odysseus er befinde sich auf Sizilien an den Hängen des Ätna und dass die Insel von wilden, in Höhlen hausenden Zyklopen bewohnt werde, die auf nichts und niemanden außer sich selbst hören würden. Sie würden sich nur von Milch, Käse und Lammfleisch ernähren, sonst gebe es nichts anderes essbares hier. Auch keinen Wein, wie Silenos zu seinem großen Leide eingestehen muss, wo er ja schon so eine große Sehnsucht danach hat. Auf Odysseus' Frage hin, ob sich die Zyklopen denn auf Besuch freuen würden bejaht dies Silenos, ja, sie würden sich sehr freuen, denn die Zyklopen wären Menschenfresser und Menschen hätten für sie das allersüßeste Fleisch! Momentan wäre ihr Herr mit seinen Hunden in den nahen Wäldern das Wild hetzen, aber bestimmt käme er bald zurück.


    Odysseus ist bestürzt, als er das hört und fragt nach Fluchtwegen von der Insel. Silenos weiß nichts darüber, doch wolle er gerne helfen. Doch zuvor bräuchte Odysseus' hungernde Mannschaft Nahrung und so verlangt der König von Ithaka danach. Silenos fragt ihn was er ihm denn an Gold dafür bezahlen wolle? Doch Odysseus hat kein Gold, dafür aber einen Schlauch voll Wein. Silenos ist hellauf begeistert, als er das hört. Er kostet den Rebensaft. "Juchei! Bacchus ruft mich zum Tanz. Ahahaha!" Es ist offensichtlich, dass es ihm sehr geschmeckt hat. So verlangt jetzt Odysseus erneut, Silenos solle Käse und Lämmer für seine Männer herbeischaffen. Silenos stimmt zu. Für einen Becher Wein wolle er gern gegen alle Kyklopen und ihre Herden angehen und sie samt und sonders ins Meer stoßen, wenn er dafür nur sein angenehmes Räuschchen hätte. So geht er nach hinten und verschwindet in der Höhle.


    Da steht jetzt der Chor der Satyrn in der Orchestra wieder auf und beginnt unisono zu sprechen:


    "Hör Odysseus, reden möcht' ich gern mit dir."


    "Als Freunde mögt' ihr kommen zu dem Freund."


    "Nahm Troja eure Hand und Helena?"


    "Und Primaus' ganzes Haus verderbten wir!"


    "Nachdem die Frau ihn wiederum genommen

    Hat sie von jedem doch ihr Teil bekommen?

    Da sie zu vieler Männer Eh' entbrannt.

    Treulos. Als sie dem farbigen Prachtgewand

    An Paris' Hüft' Bewunderung gezollt,

    Wie seinen Nacken schmückt der Kette Gold,

    War es vorbei - oh ob des Armen wehe!

    Mit Menelaos, Treu brach sie und Ehe.

    Verdürb' für alle doch, mir wär' es recht!

    - Für mich nur nicht - der Frauen ganz Geschlecht!"


    Silenos kommt wieder zu ihnen heraus.


    "Sieh' hier, o König Odysseus, die Herden unserer Hirten, und Speise, wie sie die bläckenden Lämmer zu geben mögen, Milch und Käse in Fülle. Bringt herbei und kommt schnell aus der Höhle zurück, dass ihr mir die Gabe von Bacchus' süßem Safte entgegenbringt."


    Doch Odysseus geht nicht zur Höhle, um Nahrung daraus für seine Männer zu holen. Er hat scheinbar etwas am linken Bühnenrand bemerkt und zeigt darauf.


    "Weh' mir! Da naht der Kyklops! Was nun tun? Verloren sind wir; Greis, wohin die Flucht?"


    Silenos zeigt nach hinten zum Bühnenbild.


    "Da hinein, in jener Felsenkluft, werdet ihr euch ganz herrlich verbergen können."


    "Du rätst gefährlich, selbst hinein ins Netz!"


    "Ich behüte! Es ist gar nicht gefährlich, der Fels hat viele Schlupfwinkel."


    "Nicht also; klagen müsst' die hohe Troja doch, wenn wir dem einäug'en Manne jetzo weichen, da oft zurückgedrängt vom Schildesbuckel, die Haufen uns von tausend Phryger wichen. - Ist von dem Schicksal angeordnet, dass des Lebens Ende uns ereile hier: So sterben - und wo nicht, so wahren wir mit unserm Leben auch zugleich den Ruhm."


    Odysseus und seine Männer laufen nach hinten und verbergen sich im Bühnenhintergrund.


    Sim-Off:

    Schauspieler in dieser Szene: Silenos, Odysseus, Chor


    Sim-Off:

    Anmerkung: Ab dieser Stelle verlassen wir beim weiteren abschnittsweisen Erzählen die klassische Abfolge eines griechischen Theaterstücks. Von jetzt an würden im Wechsel Epeisodien (Akte/Bühnenhandlung) und Stasima (Chorlieder) im Wechsel folgen bis zum Exodos (Schlussteil nach dem letzten Chorlied), mein verwendetes Skript ist aber schon "etwas" älter und hält sich nicht an diese Stückaufteilung, sondern ist in "Szenen" je nach Auf- oder Abtritt von Figuren eingeteilt, den Konventionen des Theaters des 19. Jh. folgend. Epeisodien und Stasima sind in diesen Szenen also miteinander vermischt und die restlichen Teile des Stücks werden beitragsmäßig nach den dargelegten Szenen veröffentlicht (für mehr Atmossphäre nenne ich diese dann trotzdem immer "Epeisodion"), so erspare ich mir das mühsame herumdoktern im Text, wo jetzt ein Epeisodion beginnen oder enden "könnte" und es am Ende vielleicht gar nicht tut.

    Parodos


    Der fünfzehnköpfige Chor der Satyrn zieht in wildem lärmenden Tanz durch die beiden Seiteneingänge des Theaters in die Orchestra ein und beginnt das folgende zu singen, während er sich immerzu im Kreis im Uhrzeigersinn bewegt:


    "Wohin? Vortrefflicher Väter du

    Und Spross auch edler Mütter,

    Was irrst du auf die Klippen zu,

    Und folgest nicht dem Hüter?

    Hier wehet keine sanfte Luft,

    Kein frisches Gras haucht süßen Duft,

    Noch tanzt des Wassers Sturze hier

    Wie bei der Höhl' ins Becken;

    Noch schallet auch so liedlich dir

    Der jungen Lämmer Bläcken.


    Wart', hinweg da! Hier und dort willst du nicht weiden?

    Nicht den behauten Abhang willst du?

    Sieh'! Den Stein erheb' ich, schnelle sollst du leiden!

    Willst du zurück? Sonst werf' ich zu.

    Komm zurück, gehörnter Bock, zum Felsenstall

    Des Kyklopen, der jetzet schweift durch Berg und Tal."


    Der Chor der Satyrn wechselt urplötzlich die Richtung und bewegt sich immer noch im Kreis, jetzt aber gegen den Uhrzeigersinn, während Silenos mit schrägem Kopf oben auf der Bühne steht und dem Chor unten in der Orchestra vor sich bei dessen Treiben zusieht.


    "Erleichtert die geschwollnen Euter,

    Und reichet sie dem zarten Kind,

    Das in den Hürden ihr daheim ließt.

    Nach euch verlangen die schüchternen Kleinen,

    Die des Tages entschlummert nun sind,

    Mit Gebläck, gleich beweglichem Weinen.

    Wenn, lasst ihr die Triften der duftigen Kräuter?

    Zeit ist es zur Heimkehr, wie ihr auch wisst.


    Hier ist kein Bromios, hier ist kein Chor,

    Bacchanten und Schwinger des Thyrsus;

    Der Trommel Geroll' hört nicht das Ohr

    An der Quelle surr'nden Dahinfluss.

    Wein tropft hier in den Becher nicht,

    Mit Nymphen ist hier Nysa nicht."


    Der Schlussgesang beginnt:


    "Iacchus' Sang, Iacchus' Sang

    Stimm' ich an die Aphrodite,

    Der nach ich einst mich jagend schwang

    Mit weißfüßiger Bacchen Blüte.

    O du lieber, teurer Bacchus!

    Wo irrest einsam du?

    Schüttelnd deine blonden Locken.

    Ich, dein wackerer Genoss',

    Hör' hier dem Kyklopen zu,

    Welchem nur ein Auge groß

    Aus der Stirne blickt; irr' einsam,

    Mit dem Geißfell angetan,

    Deiner Liebe bar und bloß."


    Silenos hebt jetzt gebieterisch die Hand und ruft:


    "Schweigt nun Buben und lasst das geweidete Vieh von den Dienern in die Felsenklüfte treiben."


    "Geht denn. Doch Vater, wozu hast du diese Eil?"


    "Ein Schiff von Hellas seh' ich in der Bucht des Vorgebirgs vor Anker, und die Helden nahen mit dem Führer zu der Höhle. Die leeren Schläuch' und Krüge auf dem Nacken nah'n sie, um frische Quellenflut zu schöpfen. O arme, unglücksel'ge Fremdlinge! Die nicht den rohen Polyphemus kennen und sein, den Gästen unwirtbares Haus, zu dem sie jetzt emporgestiegen sind. Doch schweigt, damit wir das Geschlecht erforschen, woher sie landend nahen Aetnas Höhen."


    Der Chor der Satyrn setzt sich auf den Boden der Orchestra und blickt hoch zur Bühne in Erwartung der nächsten kommenden Episoden, während Silenos immerzu nach rechts an den dortigen Bühnenrand blickt, offenbar weit in die Ferne schauend. Das Parodos ist zu Ende.


    Sim-Off:

    Schauspieler in dieser Szene: Chor, Silenos, Chorführer


    Sim-Off:

    Falls wer fragt: Dem Prologos folgte in einem griechischen Stück das Parodos; der Einzug des Chors und dessen erstes Chorlied. Dieses war immer dreigeteilt, zuerst zwei Strophen, dann zwei Gegenstrophen (mitunter mit Richtungswechsel in der Bewegung der Chorsänger) und zum Schluss die Epode, bzw. der Schlussgesang. Die Strophen und Gegenstrophen waren metrisch identisch, während der Schlussgesang oft eine andere metrische Form hatte.

    Prologos


    Auf der Bühne stehen künstliche Büsche und Bäume, das übergroße gemalte Bühnenbild dahinter zeigt einen großen Höhleneingang am Fuße eines Berges, im Hintergrund ist am Horizont das Meer zu sehen. Silenos, der Herr der Satyrn, erscheint auf der Bühne. Ein großer dicker Schauspieler, dessen ganzer Körper von einem gold gefärbten, enganliegenden Schafsfell bekleidet ist. Seine Maske zeigt einen vollbärtigen alten Mann mit Glatze, hervorquellenden Augen und einer breiten, flachen Nase. Brüllend vor Lachen und gackernd galloppiert er auf die Bühne, schüttelt sich und dreht dann still eine Pirouette.


    Dann sieht er nach links, dann geht er ein paar Schritte die Bühne lang nach rechts und blickt immer suchend in die Menge. Dann neigt er wieder den Kopf und geht langsam zurück zur Bühne, der Körpersprache nach dabei wohl tief in Gedanken. In der Mitte angekommen dreht er sich mit noch einer Pirouette zur Zuschauermenge um, schweigt einen Moment und beginnt dann zu sprechen, dabei beide Arme in rhetorischer Manier anhebend, wie bei einer Arie:


    "O Bromios! Was für unzählige Müh' und Not hab ich um deinetwillen nicht schon erdulden müssen, von meiner blühenden Jugend an bis nun zu meinem Kahlkopfe. Zuerst, wenn ich daran denke wie du von Iunos Wut getrieben der Erziehung der Waldnymphen entflohst, dann wieder in der Schlacht mit dem erdgebornen Gigantengeschlechte, wo ich, ein treuer Waffenknecht, dicht hinter deine Ferse andrängte und den Enceladus durch einen Schlag mit meiner Lanze auf seinen Schild tötete.


    Aber lass mal seh'n! Ich schwatze doch da nicht so im Traume? Nein, wahrhaftig nicht, beim Iuppiter! Ich habe ja hernach auch dem Bacchus die eroberten Waffen gezeigt. Doch was vorbei ist, ist vorbei, aber nun ist mir leider noch größeres Trübsal als das auf den Kopf geschafft, durch dein letztes Abenteuer. Denn als dir die erzürnte Iuno die tyrrhenische Räuberbande über den Hals geschickt hatte, damit sie dich in die Weite schleppten und ich dahinter kam, bestieg ich mit den Buben ein Schiff und segelte aus, um dich zu finden. Oben auf dem Spiegel des Schiffes saß ich selbst und lenkte sorgsam das Steuer, die Buben saßen auf den Bänken und ließen das Meer unter ihren Rudern tüchtig schäumen. Ach! Du, o Herr, warst ja allein der, den wir suchten. Als wir aber auf die Höhe von Malea kamen, blies der Wind von Osten in die Segel und warf uns gegen die Felsen des Aetna, wo die menschenfressenden Kyklopen, die Söhne des Meergottes, in den wüsten Höhlen wohnen.


    Der, welchem wir dienen müssen, heißt Polyphemus. Statt der jubelnden Bacchustänze müssen wir jetzt die Herden des heillosen Kyklopen auf die Weide führen, meine Knaben weiden da in den entlegenen Tälern die zärtliche Viehnachkommenschaft. Ich will die Körbe füllen und die Behausung fegen, nach meiner stehenden Vorschrift, und dann will ich dem ruchlosen Kyklopen seinen heillosen Fraß anrichten."


    Der Silenos steht eine Weile still und bloß da, klopft sich langsam und gemütlich mehrmals auf den dicken Bauch und sieht mal nach links, mal nach rechts. "Meiner Treu, s'ist wahrhaftig die höchste Zeit, dass ich dem Befehle nachlebe. Nun so will ich die Herculesaufgabe angehen und mit eisernem Karst die Höhle säubern, dass mir mein Herr, der Kyklop und seine Schafe, in das gereinigte Hause eingehen können."


    Silenos will in Richtung Höhleneingang gehen, doch scheint er im Gehen etwas in der linken hinteren Bühnenecke bemerkt zu haben. Er stoppt, macht einen Juchzer und springt einmal hoch. "Aber, da seh' ich, dass die Knaben die Herde ja schon zurückbringen! Was soll das? Gibt es etwa wieder sifinischen Festtanz? Wie damals, als Bacchus, euch zu gefallen, in das Haus der Althaia die bekränzten Chöre, mit Blumen geschmückt, einführte, unter dem süßen Klange der Lyra?"


    Sim-Off:

    Schauspieler in dieser Szene: Silenos


    Sim-Off:

    Zum besseren Verständnis: Das antike griechische Theater setzte sich nach Sophokles einerseits aus einem 12-15 köpfigen Chor zusammen, der immer erst nach dem Prologos einzog und dann in der runden Orchestra vorn bei den Zuschauertribünen stand und singend, oder unisono sprechend die gezeigte Handlung kommentierte oder in diese eingriff. Ansonsten agierten auch noch auf der hinter der Orchestra liegenden rechteckigen Skené (der eigentlichen Bühne mit dem Bühnenbild) nur 3 Schauspieler, die alle Rollen zu spielen hatten, z.B. durch Maskenwechsel. Apropo, alle Schauspieler trugen zur Darstellung ihrer Rolle übergroße, zur Rolle passende stilisierte Tonmasken mit übertriebenen Emotionsausdrücken. Die Masken verstärkten nicht nur akustisch die Stimme des Schauspielers, sondern ließen auch die Leute auf den hintersten Reihen erkennen, welches die Hauptemotion der betroffenen Rolle war durch den Gesichtsausdruck.

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    Die Räuber hatten rasch reagiert, sobald ihre beiden Opfer um die Kurve geritten waren. Rasch hatten sie zusammen die Bäume der hinteren Barriere über den Weg gezogen gehabt, sie war aufgrund der Schnelligkeit mit der all das geschehen musste eigentlich niedrig genug, damit die Pferde ohne Mühe darüber hätten springen können, doch bis die sich umgedreht und den nötigen Anlauf für den Hopser genommen hätten, hätten sich längst ihre Dolche in ihr Fleisch gebohrt. Außerdem war die bloße Existenz einer Barriere, die den einzigen Rückweg verschloss auch ein psychologischer Aspekt, den die Räuber auszunutzen gedachten, denn nach links, bergauf, konnten sie nicht, weil der Hang zu steil für die Pferde war, rechts ging es bergab hinein in das Waldstück, um das sich die Straßenkehre wand. Doch die Räuber würden gut darauf aufpassen, dass ihnen das nicht einfiel.


    So umringten sie die beiden Reiter, nachdem die zweite Barriere stand. Zwei hinter ihnen, vier vor ihnen und einer rechts. Der Bandit, der sie zuerst begrüßt hatte, schien ihr Anführer zu sein. Er war auch der einzige, der neben seinem gezückten Dolch auch noch ein richtiges Schwert am Gürtel hängen hatte. Er machte eine beschwichtigende Geste in Richtung seines Kumpanen, der Antias gerade zum absteigen aufgefordert hatte. "Immer mit der Ruhe, wir sind hier alle Freunde, wir haben alle Zeit der Welt. Die beiden Ehrenmänner hier vor uns haben gewiss genug Grips im Köpfchen, dass sie wissen, dass ihre Habe unser ist, aber du hast Recht, schöne Tiere haben sie!" Mit einem höhnischen Grinsen und einer schiefen Miene, die wohl so etwas wie einen hochnäsigen Kennerblick darstellen sollte, ging er an den Rappen heran und ergriff das Tier am Unterkiefer, um sich die Nüstern anzusehen. "So ein prachtvoller Hengst! Der steht mir doch viel besser als dir Bursche, nicht wahr? Hab doch die Güte und komm von ihm herunter, gebt uns alles Geld und Gold das ihr habt mitsamt den Pferden und vielleicht, ja vielleicht lassen wir euch dann sogar am Leben, beim Mercur!" Wieder sein maskenhaftes Grinsen und dabei ein Kopfgewackel, von dem der Kerl vermutete, dass es auch die feinen, besonders reichen Patrizier zu tun pflegten.

    Vor den beiden waren direkt hinter der letzten Straßenkurve drei Baumstämme mitten auf dem Weg als eine Blockade aufgebaut worden, damit Pferde von so nahem nicht darüber springen konnten. Kaum hatten sie die Kurve umrundet, wurden da plötzlich weitere Baumstämme hinter ihnen auf den Weg gezogen und sieben Männer traten zu ihnen. Rau aussehende Kerle mit Messern in den Händen. "Salve, ihr freundlichen Wanderer! Seid doch so gut und gebt uns arme Schlucker etwas von eurem Gold ab!"

    Seine Kumpane hinter ihm lachten.

    Wie schon lange im Voraus überall in der Stadt angekündigt, war heute wieder einmal Theatertag in Antiochia. Eine Schauspieltruppe wollte das Satyrspiel "Kyklops" von Euripides aufführen. Schon früh am Morgen strömte das Volk, alt und jung, arm und reich, Römer und Peregrini, zum Theater, um sich die besten Plätze zu sichern. Die wohlhabenden Reichen und Schönen ließen sich natürlich noch nicht blicken, die würden erst Stunden später kommen. Dafür gab es immerhin Sklaven. Sie hatten sie anstatt ihnen vorgeschickt, um Plätze zu sichern, so dass sie um die Mittagszeit nach dem prandium bequem kommen und ihre Sitze einnehmen konnten. Wollten sie die Vorspektakel vor dem eigentlichen Theaterstück sehen, dann kamen sie natürlich schon Vormittags.


    Als es gegen Mittag zuging und die Hitze spürbarer wurde, wurden Sonnensegel aufgezogen, um die Tribünen zu beschatten. Das Halbrund hatte sich mittlerweile gut gefüllt, überall saßen schon viele viele Menschen, die laut miteinander plauderten und sich auf das Kommende freuten, nicht mehr lange und es würde beginnen.

    RE: Dienstantritt des neuen Scriba


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    Sextus Verrius Aviola, Caput Scribarum


    Der Hüne sah ihn kurz und abschätzig von oben bis unten an. "Ich bin Verrius Aviola. Agrippa hat so etwas erwähnt, ja." Dann sah er sich wieder im Raum um und deutete auf einen Scriba. "Gnaeus! Du und der Neue! Räumt deinen Saustallfehler aus! Hopp!" Und schon marschierte Seine Gnaden von dannen.


    Gnaeus kam zu Furius Luscus herübergeschlichen, immer noch in geknickter Stimmung. "Salve, Ich bin Gnaeus Carisius Faustinianus, aber du kannst mich Gnaeus nennen so wie alle anderen hier auch. Verzeih bitte den Chef und seine Art und verzeih, dass du gleich als erstes mir helfen musst. Ich hab das Tintenfass nicht gesehen, ehrlich, es ist einfach umgekippt." Er machte eine hoffnungslose Geste und seufzte. "Naja kann man nichts machen. Wer bist du? Bestimmt fragst du dich was hier los ist, oder?"

    RE: Dienstantritt des neuen Scriba


    "Platz da, Junge!" Ein Mann mit einer übergroßen Wachstafel unterm Arm geklemmt, auf der ein Stadtplan gekritzelt zu sein schien, drängte sich an Furius Luscus vorbei, riss die Tür auf und ließ sie sperrangelweit offen.


    In diesen Tagen ging es in den Räumen der Schreiber zu wie in einem Hühnerstall. Ständig kamen Leute und brachten neue Stappel Papyri und Wachstafeln, oder sie kamen, um solche abzuholen. Oder Leute die schon im Raum waren griffen sich ein paar Unterlagen und trugen sie irgendwo hin. Im ganzen Raum herrschte heute ein ziemlich hoher Lärmpegel, überall schnatterten die Leute miteinander, riefen sich etwas quer über den Raum hinweg zu, oder verstanden eben so etwas nicht und riefen daraufhin ein schallendes "Was? Waaas?" zurück, anstatt aufzustehen und den Abstand zu verkürzen.

    Überall im Raum, der etwas mehr als das doppelte eines üblichen Atriums groß war, mit hohen Regalen an den Wänden, standen Tischgruppen auf denen die Scribae saßen und ihre Arbeiten verrichteten. "Wo ist der Bericht von Tiberius hin? Der Bericht von Tiberius!" "Schreibt man honorificabilitudinitas mit vier oder fünf Is??" "Gnaeus! Dein Tintenfass läuft über meine Tabellen!" "Ich sagte zwei Schriftrollen! Zwei!" "Passierschein A38, ich brauche Passierschein A38!"


    Es war offensichtlich, dass heute mehr Volk in diesem Raum unterwegs war, als normalerweise vorgesehen, bedachte man dazu noch die frühe Stunde zeigte es sich umso mehr, dass wohl gerade wichtige Dinge vonstatten gingen. Der Mann, der sich an Furius Luscus vorbeigedrängt hatte, näherte sich einem besonders großen und beleibten Kerl, der unentwegt durch den Raum walzte und da und dorthin Anweisungen rief. Er hielt ihm den Stadtplan vor die Nase und begann auf ihn in schneller Weise einzureden. Dabei deutete er auf ein Spinnennetz an Bezirken und Regionen, die über dem Plan ihre Linien zogen. Besonders ein Viertel im Westen schien ihm wichtig zu sein. Der Große hörte sich das einen Moment an, dann schüttelte er den Kopf und sagte: "Nein, Barbatus! Gerade das Kerateion ist wichtig! Setz Fabius dahin!" Der Mann mit dem Plan hob zu einer Erwiderung an, doch der Große deutete mehrmals auf die Stelle am Plan, wo das Kerateion von Antiochia eingezeichnet war, womit er einen tiefen Fingerabdruck im Wachs hinterließ und brüllte: "Es ist mir egal, ob du ihn im Brunnenviertel benötigst! Gabinius macht es nicht im Kerateion! Gabinius ist ein Holzkopf! Wir würden ewig brauchen! Fabius übernimmt die Hebräer!" Der Große schnaubte wie ein Bulle und drehte sich in eine andere Richtung um. "Du da! Bring mir die aktuellen Zahlen von der Neustadt!" Der Mann mit dem Stadtplan machte ein böses Gesicht in Richtung des Großen und ging in Richtung Ausgang. Dabei murmelte er die ganze Zeit zu sich selbst. Als er an dem Furier vorbeikam war er gerade bei: "...sollte echt an seiner Art arbeiten, Götter was geb ich jetzt um eine Antwort der Furien. Verdient hätte es dieser canis, vor allem wenn man..." Immer noch beleidigt marschierte der Plänehalter von dannen, während es aus der offenen Tür herausplärrte: "WAS SOLL DAS HEISSEN, GNAEUS HÄTTE TINTE ÜBER DIE NEUSTADTZAHLEN LAUFEN LASSEN???!", in dem Moment, als zwei neue Männer mit ungesund hohen Stapeln an Wachstafeln in den Armen balacierend in die Schreibstube traten. "Nachschub aus der Via Claris!"

    IN NOMINE IMPERII ROMANI

    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI

    ET IN NOMINE MVNICIPII ANTIOCHIAE AD ORONTEM



    ERNENNE ICH

    Manius Furius Luscus


    MIT WIRKUNG VOM

    ANTE DIEM IV NON IUN DCCCLXXXV A.U.C. (02.06.2023/132 n.Chr.)



    ZUM

    Scriba - Antiochia


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    Lucius Falcidius Phormio - Duumvir Antiochiae

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    Faustus Virgilius Agrippa, Agrimensor


    Agrippa nickte. "Ja ich denke es spricht nichts dagegen, dass du Scriba wirst. Vor zwei Wochen ist sowieso einer aus dem Dienst ausgeschieden. Ich werde Verrius Aviola darüber informieren, dass du aufgenommen bist. Komm morgen zur hora prima* wieder in die Curia, dann beginnt für dich deine Anstellung."


    Auf die letzte Frage des Furiers hin antwortete er: "Wenn ich dich richtig verstanden habe bist du hier aufgewachsen? Dann bist du ja schon antiochischer Bürger. Aber das alles ist ohnehin gerade in der Schwebe. Es finden umfassende Reformen in der Provinz statt, näheres erfährst du dann morgen. Vale." Und damit drehte sich der Agrimensor abrupt um und ging wieder ganz nach hinten in die Ecke des Raums zu seinem Fenster und begann wieder mit, hinter dem Rücken verschränkten Händen, aus dem Fenster zu sehen.


    Sim-Off:

    * = 8 Uhr morgens

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    Faustus Virgilius Agrippa, Agrimensor


    Der Agrimensor sagte wieder eine Weile nichts, während er sehr aufmerksam Luscus' Gesicht studierte. Was ihm dabei durch den Kopf ging konnte man nur raten. Es schien so als versuchte er bloß mit Blicken den Charakter seines Gegenübers kennenzulernen. Am Ende nickte Agrippa und brummte, ehe er sagte: "Es zeugt mehr von Weisheit als von Schwäche zuzugeben, dass man noch nicht so weit ist. Natürlich weiß man das erst mit Gewissheit, wenn man den ersten Schritt getan hat und gerade der ist immer der schwerste." Virgilius Agrippa wandte den Blick von Luscus ab und begann in der Nähe von ihm bleibend im Raum umherzugehen, während er weitersprach: "Ich respektiere deinen Wunsch kleiner als nötig anzufangen, außerdem ist es auch nicht meine Sache darüber zu urteilen. Bedenke jedoch, dass du damit vielleicht gerade die Zeit verlierst, die dir später fehlen könnte, außerdem..." jetzt stoppte er und sah ihn wieder an, "könnte dir dies später auch von deinen Feinden vorgeworfen und als Schwäche ausgelegt werden am Anfang deiner Karriere gezaudert zu haben."


    Agrippa brummte wieder und begann seine Wanderung im kleinen fortzusetzen, dabei wieder auf den Boden blickend. "So viel dazu, kommen wir zu dem weshalb du hier bist. Sei dir bewusst, dass du keinerlei Vorzug erhalten wirst und wenn du ein Cornelius oder Iulius wärst. Nein. Hier bist du nicht besser dran als der einfachste Peregrinus, den die Curia beschäftigt, alles was zählt ist deine Leistung. Vorraussichtlich wirst du Scriba unter der Leitung von Verrius Aviola sein, es kann auch vorkommen, dass du mir assistieren wirst. Gerade dann wisse, dass ich Sorgfalt, Gewissenhaftigkeit und Aufrichtigkeit erwarte!"

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    Faustus Virgilius Agrippa, Agrimensor


    "Aah, also doch die Chímaira! Gens Furia also, ein alter Name. Ein großer Name, ja vielleicht einer der größten ganz Roms mit Sprösslingen wie Marcus Furius Camillus, dem zweiten Gründer Roms. Solche Namen mögen manches Mal eine Last sein, schwer wie sie und ihr Erbe wiegen." Der Virgilier strich sich über den Bart. "Manche fliehen davor und suchen Zuflucht in den einfachen Dingen. Doch so ein Name kann auch ein Türöffner sein für die höchsten Posten des Imperiums! Sage mir, Furius Luscus, hattest du nie den Drang verspürt zur dignitas deiner Gens beizutragen durch eine Karriere im höheren Staatsdienst? Glomm in dir nie der Funke des Ehrgeizes die Stufen des cursus honorum zu besteigen oder als Offizier die Legionen Roms zu befehligen? Die Gaben des Imperiums hinaus zu den Barbaren zu tragen? Anders gefragt, was bewegt dich mit so einem Namen dazu als einfacher Beamter hier in der Curia anfangen zu wollen, wo du doch so viel größeres vollführen könntest? Eine Tätigkeit als kleiner Scriba oder einem Agrimensor unter vielen?" Mit ernstem Blick stand Agrippa da und hielt seinen Blick auf Luscus gebannt, darauf wartend, was die Antwort von ihm sein würde.

    Aus der Provincia Syria trafen dieser Tage von Legatus Augusti pro Praetore Gnaeus Publicius Marcellus gesandt zwei neue Stadtverfassungen ein mit der Bitte um Weiterleitung an den Senat, damit dieser sie prüfen und ggfs. mit Gesetzeskraft verabschieden konnte.


    Lex Municipalis Antiochensis


    Lex Municipalis Palmirensis

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    Der Statthalter war zufrieden mit Iulius Caesoninus' Antwort. "Gut, du hast also dein Bestes getan, um deine Aufgabe zu erfüllen. Mehr erwarte ich auch nicht von dir. Ich werde deine Gesetze noch heute nach Rom schicken lassen, damit sie der Senat prüfen und über sie abstimmen kann. Das wäre dann alles, du darfst dich zurückziehen."


    Publicius Marcellus nahm die Schriftrolle mit der neuen Verfassung von Antiochia zur Hand und begann sie jetzt im Detail zu lesen. Ihr Gespräch war beendet.