[Quirinal] Park der Dryade Kraneia

  •    Park der Nymphe Kraneia   
     

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      Die Via Nomentana  führte den Hügel Quirinal hinab; an hinter Mauern liegenden Domus, die mit kleinen Parkanlagen: Bäumen, Springbrunnen und steinernen Bänken zum Ausruhen abwechselten, vorbei, bis endlich zu der Porta Salutaris, einem der alten Stadttore. Dort gab es ein  namenloses Fleckchen Grün, um das sich niemand mehr kümmerte, denn dort wuchs Gestrüpp und rankten sich Äste einer Kornellkirsche um die Statue einer Dryade, die nach ihrem bevorzugten Baum wohl die Dryade Kraneia war.  Dort unter der Statue, deren Bemalung bereits abgeblättert war, stand eine ebenso verwitterte halbrunde Steinbank. Es war ein vergessenes, von der Straße nicht einsehbares Plätzchen.

  • Voller Sehnsucht hatte Eireann an der Häuserecke verharrt und gewartet, ob sie den furischen Maiordomus nicht doch durch die Porta treten sah. Doch nichts dergleichen geschah. Aber vielleicht hielt sich Tiberios auch einfach nicht in der Urbs Aeterna auf. Dann hätte sie vergeblich auf ein Lebenszeichen gewartet. Dabei wollte sie den Lockenkopf einfach nur noch einmal ins Gesicht blicken. In seinen Augen versinken und...


    Diese Gedanken verscheuchte die Keltin im nächsten Augenblick und knabberte nervös auf ihrer Unterlippe herum, als sie sich abrupt herumdrehte. Vielleicht sollte sie einen weiteren Versuch an einem anderen Tag wagen. Nur was sollte sie jetzt tun? Zurück in die flavische Villa? Mitnichten. Und so schüttelte Eireann ihren Kopf und befühlte ihre dunklen Strähnen, die eine der Sklavinnen zu einer kunstvollen Frisur um ihren Kopf gewunden hatte. Ihre Tunika war noch immer etwas zu groß, schließlich hatte die Keltin einiges an Gewicht verloren. Ob ihre Domina Späher nachschickte, die ein wachsames Auge auf die Keltin haben würden, war der Dunkelhaarigen einerlei. Sie würde schon keinen Blödsinn mehr anstellen. Und auch auf keine kleinen Jungen an Straßenkreuzungen herein fallen.


    Erneut schüttelte die Dunkelhaarige ihren Kopf und versuchte die düsteren Gedanken aus ihrem Kopf zu verbannen. Nein. Darüber wollte sie jetzt nicht weiter nachgrübeln. Und so atmetet die junge Frau tief durch, als sie ihre Schritte durch die verwinkelten Gässchen lenkte und schließlich durch ein schief in den Angeln hängendes Tor einen durchaus verwilderten Park betrat. Jene Wildheit und regelrechte Verwahrlosigkeit übte einen unwiderstehlichen Charme auf die Keltin aus. So dass sie ihre Schritte gar bedächtig voranlenkte und ein melancholisches Lächeln auf ihren Lippen Einzug gehalten hatte.

  • Auch Tiberios liebte diesen Park, der sich umweit der furischen Casa befand; vielleicht gerade, weil er so verwildert und verschwiegen war.

    Mit diesem Park verbunden war ihm eine Erinnerung, die ihm kostbar war, aber die hatte er tief in sich vergraben. Aber er machte den Park zu etwas fast Heiligem.

    Der Furiersklave war lange in Alexandria gewesen und erst kürzlich wieder zusammen mit seiner Domina, Glafira und Nestor nach Hause zurück gekehrt. Die Reise selbst, der häufige Aufenthalt im Freien und die Reitstunden mit Tusca hatten seiner Gesundheit gut getan, er hatte an Körperkraft gewonnen und war sogar ein wenig gewachsen.

    Nun kam er her und sprach die Dryade an : "Chaire!" , sagte er , und er erinnerte sich daran, wie er die Stirn gegen den kühlen Stein gelehnt hatte, wenn er traurig war.

    Aber dann hielt er inne, denn von der steinernen Statue löste sich eine Mädchengestalt mit aufgestecktem Haar.

    Da sprach er sie an: "Salve du Schöne, bist du aus Fleisch und Blut oder eine der Unsterblichen?"

  • Auch Eireann hatte die Statue erreicht und bettete ihre schlanke Hand gen des verwitterten Steins. Das sie sich nicht alleine in diesem verwilderten Park befand ahnte die Keltin nicht. Für sie war in erster Linie wichtig das sie hier Kraft tanken und Ruhe finden konnte.


    Als sich ein kleiner Vogel in ihrer unmittelbaren Nähe auf einem Ast niederließ, hob die Dunkelhaarige ihren Kopf langsam an und schenkte dem gefiederten Freund ein Lächeln.


    “Breite deine Flügel aus und fliege weit hinaus in die Welt.“


    Als hätte sie das kleine Vögelchen verstanden breitete es seine Flügel aus und flatterte dem Firmament entgegen. Sodass die Keltin dem Vogel mit einem gar sehnsuchtsvollen leuchten in ihren Augen nachblickte. Schließlich neigte Eireann ihren Kopf lauschend auf die Seite und erstarrte innerlich, als eine Stimme an ihr Gehör drang. Also hatte die Flavierin doch Späher nach ihr ausgesandt.


    Jedoch kam ihr diese Stimme so vertraut vor und schnürte ihr die Kehle zu. Herumzudrehen wagte sich Eireann nicht. Und so verharrte sie weiterhin in der für ihn abweisenden Körperhaltung.


    “Für dich bin ich nur eine Unsichtbare. Ein flammender Geist der alles zerstört was ihm lieb und teuer ist.“


    Wisperte Eireann mit hauchender Stimme. Ob er sie erkannte?

  • Tiberios sah auf die schlanke, mädchenhafte Gestalt und erkannte sie sofort. Sie war keinesfalls unsichtbar. Sie war Eireann, und einst hatte er sie geliebt. Einst hatte er sie, nicht heiraten, das taten Sklaven nicht, fragen wollen, ob sie mit ihm im contubernium leben wollte. Sie hätten Kinder haben können. Die Furier waren gütige Herren, sie hätten sie nicht weiter verkauft. Es wäre alles für ein kleines Glück bereit gewesen.


    Doch Tyche, die launenhafte Schicksalsgöttin hatte anderes mit ihnen vorgehabt.


    “Salve Eireann”, sagte er leise. Bleich und schmal war sie, doch ihr schlichtes Gewand verriet ihm, dass sie wohl irgendwo in einem Haus diente und nicht in einem Lupanar.:

    “Wie ist es dir ergangen, seit Dominus Caesoninus Dich verkauft hat?”


    Er wollte Eireanns Geschichte hören, die ganze Geschichte und die Wahrheit.

  • Von Tiberios Gedankengängen ahnte die Keltin nichts. Während sie ihre Finger miteinander verkrampfte und zugleich spürte wie ihr das Herz hart in ihrer Brust pochte. Sollte sie sich ihm zuwenden? Oder weiterhin in dieser für ihn abgewandten Körperhaltung verharren? Wie sollte sie sich überhaupt mit ihm unterhalten? Schließlich war da doch diese unüberwindbare Mauer zwischen ihnen. Jene Mauer die Eireann am liebsten einreißen würde. Auch wenn sie wusste das sie dazu zu schwach war. Und so schluckte die Silurerin vernehmlich. Bevor sie sich langsam herumdrehte und mit gesenkten Kopf vor Tiberios stand. Als würde die junge Keltin vor ihrem Dominus stehen und nicht vor dem Jüngling dem sie ihr Herz geschenkt hatte.


    “Salve Tiberios.“


    Hauchte die junge Frau und warf Tiberios einen vorsichtigen Blick entgegen.


    “Du solltest dich setzen Tiberios.“


    Schlug die Keltin vor und wartete tatsächlich ab, ob sich der furische Maiordomus niederlassen würde. Vielleicht an den Sockel der Statue gelehnt?


    “Als der Maiordomus und der Leibwächter des Iuliers mich auf den Sklavenmarkt brachten, wurde ich von einem Optio der Cohortes Urbanae gekauft. Furius Cerretanus. In der Casa Furia habe ich nach dir Ausschau gehalten. Konnte dich aber nirgends erblicken. Dominus Furius Cerretanus erklärte mir das er keine Zeit für mich hatte und ich stattdessen Domina Furia Stella zur Hand gehen sollte. Ich verstand nicht wieso er mich dann überhaupt gekauft hatte. Und in einem Anflug von Trotz bin ich einfach davon gelaufen. Ich war dumm....“


    Da verstummte die Keltin und biss sich vor Scham auf die Unterlippe.


    “Meine Schritte lenkte ich in die Subura. Ich weiß auch nicht warum. Und an einer Straßenkreuzung sah ich Nymphis sitzen. Ich war fasziniert von ihm und bemerkte Kyriakos zu spät. So bin ich im Ganymed gelandet. Seine süßen Worte waren Balsam für meine geschundene Seele. Und er.. er.. wollte mich in einem der Zimmer.. ich habe mich gewehrt und ihn gekratzt. Dann ist er verschwunden. Wollte zu Dominus Furius Cerretanus, um Geld für meine Freilassung zu verlangen. Da hat er mir bei seiner Rückkehr wütend entgegen gezischt, dass der Optio keinen Sesterz für mich ausgeben wird. Ich habe ihn nur spöttisch angegrinst.“


    Erneut verstummte die junge Frau und fuhr sich durch ihre Strähnen. Hilflos und verzweifelt.


    “Auf einmal war überall Feuer und Rauch. Und ich konnte mich nach draußen retten. Doch anstatt mich in Sicherheit zu bringen. Verharrte ich wie angewurzelt und.. und murmelte komisches Zeug. Dies nahm der Optio zum Vorwand um mich abermals auf den Sklavenmarkt zu führen.“


    Erschöpft endete Eireann mit ihren Ausführungen und blickte vorsichtig zu Tiberios empor. Wie fiel die Reaktion des furischen Maiordomus aus? Glaubte er ihr?

  • "Lass uns besser ein Stück gehen.", schlug Tiberios vor. Der Park und besonders diese Bank gehörten seinem Gefühl nach nur ihm und seiner Erinnerung., auch wenn ihm auf dieser Welt nichts wirklich gehörte:


    "Doch du hast trotzig reagiert, weil Dominus Cerretanus dich nicht mit in die Castra nahm?", ungläubig schüttelte der furische Sklave den Kopf:"Aber Eireann, weißt du denn nicht, dass er machen konnte mit dir, was er wollte. Und erschien dir die Casa Furia, in der ich zuhause bin, wirklich ein so schlimmes Los? Es ist ein schönes, ruhiges und kultiviertes Haus. Die Domina ist sehr gut zu uns.

    Die Götter haben dich zweifellos beschützt, da du den Brand überlebt hast. Du solltest ihnen ein Dankopfer bringen. 

    Und was ist dann geschehen? Wohnst du hier in der Nähe?"

  • Als Tiberios vorschlug ein Stück zu gehen, nickte die Dunkelhaarige lediglich und striff Tiberios kurz mit ihrem Blick. Sie würde ihm folgen, sobald er sich in Bewegung setzte.


    Nachdem Eireann mit ihrer Erzählung geendet hatte, war es die Stimme des furischen Maiordomus, die an Eireanns Gehör drang. Und unter der die junge Keltin unwillkürlich zusammen zuckte. Am liebsten würde sie in diesem Augenblick vor Scham im Erdboden versinken. Stattdessen glühten ihre Wangen rötlich, während ihr Blick unstet zwischen dem Boden zu ihren Füßen und Tiberios hin- und her irrte.


    “Ich habe nicht nachgedacht Tiberios. Wie ich über so vieles nicht nachgedacht habe.“


    Antwortete die Dunkelhaarige mit leiser Stimme und schluckte im nächsten Augenblick vernehmlich.


    “Ich wollte bei dir sein Tiberios. Aber du warst nicht in der Casa Furia. Es tut mir Leid.“


    Erneut senkte Eireann ihren Kopf und knabberte sich nervös auf der Unterlippe herum.


    “Ein Dankopfer meiner Göttin?“

    Fragend mutete der Klang in ihrer Stimme an. Während sie ruhig neben Tiberios einher schritt.


    “Der Besitzer einer Caupona kaufte mich. Marcus Gallus. Ich half ihm in der Caupona. So wie damals im 'Blinden Esel'. Doch dann starb er. Zu viel Alkohol, wurde vermutet. Die Treppen waren zu steil. Und ich fand mich erneut auf dem Podest des Sklavenhändlers. Jetzt diene ich Domina Flavia Domitilla.“

  • Tiberios warf ihr einen raschen Blick zu, weil ihm bei dem Namen Flavia die iulische Sklavin Iduna und das, was sie ihm erzählt hatte, einfiel. Iduna hatte früher einmal einem Flavier gehört.

    Diese gens hatte grundsätzlich nur vernae, hausgeborene Sklaven. Die flavischen Unfreien wurden, wenn man sie fürs Kinderkriegen vormerkte, nicht um ihre Meinung dabei gebeten. Ob die Flavier auch Eireann...?

    Er schwieg aber, er wollte ihr keine Angst machen.

    "Ist Domina Flavia Domitilla denn gut zu dir?", fragte er mit einem leichten Zögern in der Stimme.

  • Tiberios Blick, und mochte er auch noch so kurzweilig sein, spürte Eireann deutlich auf sich. Jedoch konnte sie sich keinen Reim auf diesen Blick machen. Und dies verwirrte und verunsicherte die Keltin sichtlich. Etwas was man ihr auch deutlich anmerkte.


    Tiberios? Was hast du?


    Ließ die Dunkelhaarige vorsichtig ihre Stimme erklingen und hob ihren Kopf an, um dem furischen Maiordomus direkt entgegen zu blicken.


    Ich habe meine neue Domina bisher noch nicht zu Gesicht bekommen. Der flavische Maiordomus hat mich im Namen der Flavierin gekauft. Aber bisher durfte ich der Domina noch nicht gegenüber treten.


    Leichte Verzweiflung schwang bei diesen Worten in Eireanns Stimme mit.


    Vielleicht ... gefalle ich ihr auch nicht und deswegen möchte sie mich nicht sehen.

  • Tiberios überlegte, was er in Eireanns Situation tun würde, und er kämpfte mit sich, ob er überhaupt etwas sagen sollte, da Eireann doch bisher das unzweifelhafte Talent gezeigt hatte, immer genau das Gegenteil zu tun:

    "Es ist nichts.", sagte er: "Die Domus Flavia ist ein sehr großes Haus mit unzähligen Dienern, da ist der einzelne nicht so wichtig. Vielleicht ist es sogar sehr gut, dass du bisher nicht die Aufmerksamkeit der Herrin erregt hast. Das bedeutet, du hast keinen Fehler gemacht."

    Bestürzt schaute er sie an:
    "Eireann - was tust du hier? Wissen die Domini, wo du steckst?"

  • Unwillkürlich verkrampfte die Dunkelhaarige ihre Finger miteinander und spürte wie ein eisiger Schauer über ihren Rücken rieselte. Er hatte Recht. Tiberios hatte Recht. So wie er immer Recht hatte und Eireann fühlte sich auf einmal äußerst mutlos. Vielleicht war es doch keine gute Idee gewesen das sie diesen Park aufgesucht hatte. Auch wenn sie sich nichts sehnlichster wünschte als dem furischen Maiordomus zu begegnen.


    Du meinst also ich soll mich weiterhin in Zurückhaltung üben und nicht auffallen?


    Natürlich würde er das, dessen war sich die junge Keltin sicher.


    Der flavische Maiordomus und der Ianitor haben mich gesehen als ich die Villa Flavia verlassen habe. Wenn mir das nicht gestattet gewesen wäre, dann hätten sie mich doch aufgehalten. Oder Tiberios?


    Flehendlich mutete der Klang in Eireanns Stimme an. Während sie aus großen Augen zu dem Lockenkopf empor blickte.

  • "Nicht umbedingt. wärst du aufgehalten worden.", erwiderte Tiberios: "Sklaven haben Botengänge zu erledigen oder sollen etwas einkaufen. Du durftest ja auch aus der Casa Iulia raus. Und weshalb bist du jetzt unterwegs, wenn ich fragen darf?"

    Er schaute direkt in ihre blauen Augen. Mal schimmerten sie grünlich, mal spielten sie ins golden Blaue; wie ein Meer, jedoch ohne galene. Immer waren sie unruhig, unstet, getrieben. Und wieder einmal näherte sich ein Problem wie ein kakodaimon leise und heimtückisch grinsend.Wo Eireann war, waren Probleme nicht weit, während er, Tiberios, mittlerweile versuchte, Probleme zu vermeiden.

  • Bei Tiberios Worten und unter seinem musternden Blick zuckte Eireann sichtlich zusammen und verkrallte ihre Finger miteinander. Wieso traf der furische Sklave nur immer wieder mit seinen Worten ins schwarze? Und wieso fühlte sich Eireann unter seinem Blick wie ein hilfloses Mäuschen vor der gefräßigen Katze?


    Am liebsten hätte die Keltin erwiedert das es ihn nichts anging, wieso sie sich nach draußen gewagt hatte. Diese Worte verbiss sie sich jedoch und senkte unwillkürlich ihren Kopf. So als hätte sie der Lockenkopf bei etwas verbotenem ertappt. Und in gewisser Weise stimmte dies auch. Denn Eireann hatte nicht die Erlaubnis ihrer Domina die flavische Villa zu verlassen.


    Ich habe keinen Auftrag meiner Domina, oder des Maiordomus. Ich bin einfach so nach draußen. Aber der Ianitor hat mich am Sklaveneingang gesehen.


    Schon merkwürdig das sich Eireann in gewisser Hinsicht vor dem Lockenkopf rechtfertigte.


    Und du? Was hat dich nach draußen gezogen, hm?


    Denn was Tiberios konnte. Konnte die Keltin auch.

  • Tiberios grinste:

    "Da ich selbst der Maiordomus bin, habe ich mir einen Moment freigegeben."sprach er:

    "Der Ianitor hat dir auch nichts zu sagen, Eireann. Er interessiert sich nur für diejenigen, die in das Haus hineinwollen, nicht für diejenigen , die hinaus gehen. Geh besser wieder zurück! Die Flavier haben einen gepfefferten Ruf, was ihre Bestrafungen angeht." 

    So etwas sprach sich herum in der Dienerschaft.

    Tiberios hatte nicht darüber reden wollen, was ihn wirklich in in Park gezogen hatte. Nun sagte er:

    "Hast du Angst zurückzugehen? Die Villa Aurelia liegt doch auch in Alta Semita, oder? Wenn du möchtest, begleite ich dich und unterwegs denken wir uns eine plausible Entschuldigung für dein Wegbleiben aus."

  • Bei Tiberios Worten knirschte die Keltin unwillkürlich mit den Zähnen und musterte den Lockenkopf mit einem nachdenklichen Glanz in ihren Augen.


    “Du.. du schickst mich weg?“


    Wisperte die Dunkelhaarige mit gar brechender Stimme und schlug unwillkürlich ihren Blick nieder. Tiberios sollte unter keinen Umständen bemerken das ihre Augen tränenfeucht schillerten.


    “Ich.. ich möchte aber nicht von dir getrennt sein. Kannst du das nicht verstehen?“


    Wollte die Dunkelhaarige von dem Alexandriner wissen und richtete ihren Blick nun direkt auf das feine Gesicht des Mannes, dem sie sich einst hingegeben hatte.


    “Ich möchte aber auch nicht bestraft werden.“


    Doofe Zwickmühle in die sich Eireann wieder einmal selbst hinein manövriert hatte.


    “Wieso sollte ich Angst haben?


    Kurzzeitig blitzte etwas der alten Eireann in ihren Augen auf. Wurde jedoch augenblicklich niedergekämpft und zum verlöschen gebracht.


    “Du darfst mich gerne begleiten Tiberios. Auch wenn ich mir gewünscht hätte das unsere Begegnung noch etwas länger andauert.“


    Jetzt schwang warme Sehnsucht in den Worten der Keltin mit. Während sie Tiberios zurückhaltend anlächelte und den Impuls unterdrückte nach seinen Händen zu greifen.

  • "Ich schicke dich nicht weg, Eireann.", sagte Tiberios: " Wenn du frei bekommst oder zu einer Festlichkeit darfst, können wir uns gerne treffen. Aber ...", nun machte er doch eine Andeutung:

    " Du solltest den Flaviern umbedingt in allem gehorsam sein. Ich bring dich hin. Während wir gehen, haben wir noch etwas Zeit zum Reden."


    Wieder schüttelte er den Kopf. Er konnte Eireanns wirre Gedankensprünge nicht begreifen:

    Sie gab ihm zu verstehen, dass sie ihn liebte - sie hatte alles getan, um die Pläne, die er für sie beide gehabt hatte, zum Scheitern zu bringen.

    Sie sagte, sie wolle nicht von ihm getrennt werden - sie war aus der Casa Furia geflohen.

    Sie war wegen Ungehorsams bestraft und verkauft worden - sie war weiterhin ungehorsam - sonst wäre sie nicht hier....etc...etc.... 

    Etwas in dieser Mädchenfrau war zerstörerisch und widersprüchlich , als leite sie ein kakodaimon....


    Tiberios nahm sie sanft am Arm: " Du musst mir sagen, wann ich verschwinden soll.", meinte er dann: " Nicht, dass man denkt, du bist davon gelaufen, um dich mit mir zu treffen.Oder wir könnten dem flavischen Ianitor erzählen, du hättest dich verlaufen, und ich bringe dich heim. Du trägst eine Bronzetafel?

    Wir tun so, als hätte ich dich zufällig entdeckt und gelesen, dass du flavischer Besitz bist. Was findest du besser?"


    Auch Tiberios war ab und zu auf verbotenen Pfaden gewandelt, und hatte sich herausreden müssen. Aufmerksam sah er Eireann an. Sie würde nicht verstehen, warum er so besorgt darum war, dass sie mit einer guten Entschuldigung ins Haus hinein kam. Sie schien den Ruf ihrer neuen Eigentümer nicht zu kennen.


  • Hm. Er schickte sie nicht weg? Wieso aber wollte er dann das sie sich sofort auf den Rückweg begab? Ob dieser Gedanken furchte sich Eireanns Stirn. Während ihr zugleich ein ahnungsvoller Schauer über den Rücken rieselte. Also doch flavische Späher. Vielleicht hatte der furische Maiordomus die flavischen Sklaven bemerkt, die man ihr nachgeschickt hatte.


    “Du sprichst in Rätseln Tiberios. Und das macht mir Angst. Was weißt du über meine neue Domina?“


    Mit einem flehenden Klang waren diese Worte der Keltin gefärbt. 


    “Ich habe meine neue Domina noch nicht gesehen. Bitte, wenn du etwas über sie weißt dann sag es mir.“


    Bettelte die junge Frau nun beinahe und warf Tiberios einen bittenden Blick entgegen. Bevor sie dann auch schon verstummte und ihren Blick unsicher gen Boden wandte.


    Als sie die sanfte Berührung des Alexandriners an ihrem Arm spürte, hob Eireann ihren Kopf an und erwiederte Tiberios Blick. Dabei bemerkte sie wie sich Sorgenfalten auf seiner Stirn abzeichneten. So dass die Silurerin hart schluckte. Machte er sich wegen ihr Sorgen? Weil sie ohne Grund ihr neues zu Hause verlassen hatte?


    “Bitte Tiberios. Dein sorgenvoller Blick macht mir Angst.“


    Ernst blickte sie ihm bei diesen Worten entgegen. Und als Tiberios das Bronzetäfelchen ansprach, zupfte sie an dem Lederband und zeigte Tiberios die bronzene Tafel der Flavierin. Auf der folgendes zu lesen war.


    SERVA

    Flavia Domitilla


    “Wenn wir dem Ianitor erzählen das ich mich verlaufen habe, dann darf ich womöglich niemals mehr die Villa verlassen. Ich könnte mich immer verlaufen. Aber.. mir bleibt wohl keine andere Möglichkeit. Vielleicht erhältst du sogar eine Belohnung Tiberios, weil du mich zurück gebracht hast.“


    Jene letzten Worte waren tatsächlich mit Spott getränkt. Typisch Eireann.

  • "Die Belohnung nehme ich gerne.", scherzte Tiberios und las den Namen auf der Bronzetafel:

    "Wie deine Domina dich behandeln wird, weiß ich nicht. Nur von ihrer gens hört man, sie seien sehr streng mit ihren Dienern. Wir beide haben deine Domina übrigens  schon einmal gesehen. Erinnerst du dich: Die Lupercalia, auf der wir zusammen waren. Die rothaarige Patrizierin, die mir- bedeckt mit dem blutigen Segen des Faunus - tatsächlich einen Moment lang in die Augen geblickt hat. Eine stolze... nein, nicht wie Aphrodite, eher wie eine Artemis kam sie mir vor, so unnahbar. Das war Flavia Domitilla."

    Tiberios lächelte versonnen: "Und du hast vom Caesar geschwärmt. Es ist noch nicht so lange her, aber wie jung wir damals waren, nicht wahr, Eireann? Zwei Kinder Hand in Hand."

  • Als Tiberios erwähnte das er die Belohnung gerne annahm, wenn er sie sicher zurück in die flavische Villa brachte, erstarrten Eireanns Gesichtszüge.


    Ist das wirklich dein Ernst? Du würdest die Belohnung annehmen?


    Tatsächlich lag noch viel mehr auf Eireanns Zunge. Doch diese Worte schluckte die Dunkelhaarige. Schließlich wollte sie den Lockenkopf nicht doch noch verscheuchen, in dem sie unbedachte Worte hervor plapperte. Da schwieg sie lieber.


    Als Tiberios dann die Lupercalia-Feiern ansprach, zuckte Eireann zusammen, als hätte man sie geschlagen. Während ihr Herz rasend in ihrer Brust pochte.


    Die.. die rothaarige Patrizierin ist Flavia Domitilla?


    Tatsächlich konnte man einen sichtlich verwunderten Klang in Eireanns Stimme vernehmen.


    Bei der Nennung des Caesars spürte Eireann wie sich ihre Wangen tiefdunkel verfärbten.


    Dies klingt alles wie ein Märchen. Wie ein wunderschöner Traum. Ist uns das wirklich geschehen Tiberios?