OFFICIUM A. FURIUS SATURNINUS - Nil reperiri carius vita potest *

  • Aulus Furius Saturninus war schon längst wieder zuhause; er hatte gebadet, gespeist und trug jetzt eine lässige Haustunika und Sandalen an den Füßen, und er las noch einen Brief, bevor er die Lampe ausmachen und schlafen gehen würde. Alle Sklaven schliefen schon, zumindest nahm er das an. Was sollten sie auch wach bleiben und Lampenöl verschwenden, wenn sie genauso gut beim ersten Tageslicht wieder tätig sein konnten?

    Er legte den Brief weg, und wollte sich gerade erheben, da klopfte es an die Porta.


    Sim-Off:

    Kein Gut ist wertvoller als das Leben, nach Menander

  • Subura>>>

    Tiberios war wieder zuhause. Er war durch das Posticum eingetreten, und wollte sich noch flüchtig waschen und dann schlafen, hätte er nicht bemerkt, dass im Officium von Saturninus noch Licht brannte.

    Er klopfte an und rief halblaut: "Dominus Aulus, ich bin es, Tiberios. Ich habe einige Sachen dabei, die dich bestimmt interessieren."

  • Saturninus runzelte die Stirn; weshalb war Tiberios noch so spät draußen gewesen? Das wäre seiner Eigentümerin, seiner Cousine, nicht Recht. Er wusste auch, dass sich sein Geschäftsführer noch hatte nach Farben umsehen wollen. Aber jetzt mitten am Abend konnte man draußen die Hand vor Augen nicht sehen, geschweige denn Farben. Schon das Licht im Officium ließ zu wünschen übrig.

    Er stellte die Öllampe also höher, so dass sie ein flackriges Licht im Raum gab und rief:

    "Ja, komm rein, Tiberios"

  • Tiberios betrat das Officium und stellte den Sack, den er mitschleppte, auf einen Stuhl. Der Furiersklave sah recht abenteuerlich aus, er war in eine Decke gehüllt, die auch schon ihre besten Tage gesehen hatte, und hatte Staubflecken im Gesicht. Er kam gerade von Quintus, der ihm nicht nur das Leben gerettet, indem er ihn vor drei Mördern bewahrt sondern auch alles, was er im officium des Procurator Annonae erbeutet, zurückerstattet hatte.

    "Salve Dominus Aulus " sprach der Grieche mit einer Verbeugung: " Was aus deinem Büro gestohlen worden war, bringe ich dir wieder. Ich glaube, es ist vollständig."

    Er legte auf den Tisch einhundertachtundneunzig Sesterze in einem Lederbeutel, einige Papyrusrollen, die die Berechtigungslisten der römischen Bürger, die den Anfangsbuchstaben Pu wie Pupius bis Ru wie Rutilius beinhalteten und zu allerletzt zwei goldene Figurinen. Im Flackerschein der Öllampe leuchteten sie wie Feuer:

    "Der Dieb hat zwar nicht direkt gesagt, dass es ihm leid tut, aber er hat mir das Leben gerettet, Dominus. Es waren nämlich drei Typen hinter mir her, nun, sie glaubten anscheinend, ich arbeite für den Praefekten, aber solche Männer sind nicht unbedingt die Hellsten. Und er hat alles Gestohlene wieder an mich herausgegeben, einfach so, freiwillig. ",

    Tiberios schaute nun auf: "Ich glaube, dass er ein guter Mensch ist.", sprach er:

    "Er hat viel mehr getan als er hätte tun müssen. Bitte verfolge ihn nicht länger."


    Tiberios wusste, dass die Urbaner involviert waren, und auch wenn Quintus sie nicht zu fürchten schien, der Grieche tat es. Angehörige der unteren Stände, zu denen natürlich auch Sklaven gehörten, hatten nichts zu lachen, wenn sich die Cohortes Urbanae mit ihnen beschäftigten. Manch einer war in die Castra hinein marschiert und nie wieder aufgetaucht.

    Da alles Geraubte nun auf Dominus Aulus Tisch lag, hoffte er einfach, man würde Quintus in Frieden lassen.

  • Saturninus starrte Tiberios an und wäre nicht erstaunter gewesen, wäre er Mercurius dem Götterboten gerade höchstpersönlich begegnet. Er sprang auf, betastete mit beiden Händen die Schriftrollen und die Figurinen, da waren sie, seine beiden Annonae, nicht eingeschmolzen und so schön wie eh und je.

    Tiberios war wahrhaftig ein göttlicher Bote.:

    "Das hast du gut gemacht, Maiordomus.", sprach der Furius:

    "Ich werde dich dafür belohnen."

    Aber dann keimte doch ein Verdacht in ihm auf, als er Tiberios so ansah. Der Grieche hielt sich für so schlau. Nun war er gekleidet wie ein Bettler aus der Subura. Wer wusste, wie sich alles genau zugetragen hatte:

    " Doch die Geschichte musst du mir genau berichten, lass keine Einzelheit aus. Was soll deine abenteuerliche Kostümierung? Und wie war das ? Der Dieb hat dir die Beute übergeben? Wie kam er dazu? Was ist das für eine Geschichte, Tiberios? Und warum sagst du, dass er ein guter Mensch ist? Jemand, der nachts in das Officium eines Amtsträgers eindringt, ist also ein guter Mensch, nur weil er dir das Gestohlene wieder zurück gibt?"

    Saturninus verschränkte die Arme:

    "Kanntest du den Dieb etwa schon vorher? ", fragte er.

  • Das Lob des furischen Dominus freute Tiberios, denn mit Lob geizte Saturninus, und die versprochene Belohnung gefiel dem Sklaven auch.

    Er erzählte, was geschehen war, nur aus dem Lager von Quintus im oberen Stock machte er kurzerhand ein Kellergewölbe, um den neuen Freund nicht zu verraten. Aber ansonsten blieb er bei der Wahrheit und endete:

    "Ich nenne Quintus"...der Name war keine Gefahr; die Römer hatten auffallend wenig Phantasie bei den Vornamen, so dass es Hunderte von Quinti geben musste:

    "...einen guten Menschen, weil er mir das Leben gerettet, mir meine persönlichen Sachen und noch die Beute aus dem Einbruch ausgehändigt hat. Mit meinem eigenen Wert eingerechnet sind das bestimmt mehr als zweitausend Sesterze, Dominus Aulus. Und als Bettler verkleidet habe ich mich, weil wir nicht wussten, ob die drei sicarii immer noch nach mir fahnden. Ich selbst bin Quintus zu großem Dank verpflichtet."

    Dominus Aulus war es wohl auch, zumindest sah es Tiberios so. Das Quintus ihn, den Furius, ein Sackgesicht genannt, das ihn von oben herab behandelt hatte, ließ er auch aus:

    "Und nein, Dominus Aulus, ich kannte ihn zuvor nicht. Ich habe ihn erst auf meiner Flucht kennen gelernt.-"

  • "Gut, soweit kann ich alles nachvollziehen", sprach Saturninus. Immer wieder schaute er die Annonae an. Kein Kratzer war an ihnen zu sehen, morgen würden die kleinen Göttinnen auf seinen Schreibtisch zurückkehren:

    "Aber was du wert bist, Tiberios, das hast nicht du zu bestimmen, sondern deine Domina und vielleicht noch ich.
    Den Praefectus Annonae werde ich warnen, und was du mir erzählst, sind dann auch Neuigkeiten für die Urbaner, die den Einbruch bearbeiten. Gib mir also eine genaue Beschreibung des Diebes und seines Versteckes. Du hast ihn länger gesehen als ich, bestimmt ist dir etwas aufgefallen. Ich erinnere mich nur daran, dass er jung und blond war. Oder noch besser, ich werde Appius außerdem morgen fragen, ob du sie hinführen sollst. Mit meinem Patron rede ich auch. So wird sich die Schlinge enger ziehen um den Mann, bis wir ihn haben.Und du kannst dir aus der Kasse des Betriebs dreißig Sesterzen nehmen zur Belohnung. Jetzt geh dich waschen und schlafen. Morgen wirst du früh rausmüssen. Ich will dir die ganze Zeit schon einen Esel kaufen, aber ich kam noch nicht dazu. Gute Nacht.
    "

  • Damit, dass Dominus Aulus Quintus weiter jagen würde, hatte Tiberios nicht gerechnet.

    "Dominus, ich setze meinen Wert nicht selbst fest.", widersprach er: "Dennoch, der Dieb hat mir das Leben gerettet. Alles was du verloren hast, ist wieder hier auf diesem Tisch. Ich erbitte clementia, Dominus, Milde. Der Schaden wurde wieder gut gemacht."

    Er wollte weder Quintus genau beschreiben (das hätte er können!), noch die Urbaner irgendwo hin führen (Das hätte er nicht können, Quintus und er waren so viele Schleichwege gelaufen, dass er, Tiberios, völlig die Orientierung verloren hatte). Quintus hatte sich ihm gegenüber wie ein Freund verhalten. Er wollte ihn nicht verraten.

    Und wieder dachte er bei sich, dass es "die Wahrheit" und "DIE WAhrheit" gab. Hätte er die Rolle des Diebes besser rausgelassen aus der Geschichte, hätte Dominus Aulus die Geschichte geschluckt ohne Probleme.

  • "Du bist niemandem anderen verpflichtet als Domina Stella und da sie dich mir überlassen hat, mir. Bei uns sollte deine Loyalität liegen, Tiberios, nicht bei dem Jüngling, der mir Schaden zugefügt hat. Ja, die Sachen sind wieder hier. Aber es gibt auch einen immateriellen Schaden, der beglichen werden muss. Dein lieber Quintus hat mich beleidigt mit seiner Tat. Und nicht nur mich, sondern die Cura Annonae , die heilige Pflicht des Staates, für seine Bürger zu sorgen. ", sagte Saturninus. Er fing an, dieses Gespräch zu missbilligen. Was fiel dem Griechen ein, von ihm clementia zu erbitten? Was fiel ihm ein, ihm zu widersprechen, obwohl er ihn ins Bett geschickt hatte?

    "Du hast eine hohe Stellung hier im Hause inne, bist Maiordomus und mein Geschäftsführer. Du solltest ein Vorbild für jeden anderen Sklaven sein. Ich befehle dir also, bis ich den Befehl wieder aufhebe, in deinem Officium hier im Hause zu bleiben und darüber nachzudenken. Die Mosaikwerkstatt wird auch ein paar Tage ohne dich zu recht kommen. Das war alles, geh nun. ",

    er lächelte ein kühles Lächeln:

    "Da alle sagen, dass du klug bist, wirst du die richtige Entscheidung treffen, nehme ich an."

  • Subura>>>


    Der Report des Diebes ( protokolliert durch T., Sklave)


    Quintus und Tiberios hatten die Subura verlassen und waren bis in die Casa Furia gelaufen. Sie waren beide eher unauffällig und witschten zwischen den Passanten durch, die sich nun zu den Thermen und zu all den Orten begaben, an denen man in Roma seine Freizeit zubringen konnte.

    In der Casa Furia benutzten sie nicht den Vordereingang sondern das Posticum, den Lieferanten- und Sklaveneingang.


    Bitte melden Sie sich an, um dieses Bild zu sehen.Dort war die Wäscherin Chloe zugange, und als sie Tiberios sah, konnte sie nicht an sich halten und brach in schallendes Gelächter aus:

    " Tut mir Leid...", prustete sie: "Aber hast du dich im Spiegel angesehen, Maiordomus? Du siehst aus, als hättest du im Hypocaustum gesteckt."


    Tiberios ärgerte sich einen Moment lang, dass Chloe so ein wenig seine Autorität untergrub, aber dann reichte ihm die Sklavin eine Spiegelscherbe, die ihr Besitz war, und dem Griechen fiel wieder ein, dass Quintus ihn ja a la Subura "geschminkt" hatte.

    Er lachte nun selbst. Chloe schaute neugierig auf Quintus, sie war so ein wenig der schwärmerisch veranlagte Typ, und der blonde junge Mann gefiel ihr:

    "Salve, ich bin die Chloe", sagte sie mit runden Augen: " Ich zeige Dir gerne, wo sich ein Mann hier in Ruhe waschen kann. Verrätst du mir deinen Namen?"

    "Eine Waschschüssel muss reichen, Dominus Aulus ist zuhause?"


    Chloe nickte: "In seinem Officium isser. Ich bring euch ne Schüssel. Und ein großes Tuch.", sie holte alles aus dem Sklavenbalneum

    Tiberios wandte sich an Quintus: "Bereit? ich lass Dich reden. Du hast schließlich die Investigation geführt, ich habe nur zugehört, ob alles seine Richtigkeit hat."

  • Er war leider nicht annähernd betrunken genug für das, was nun kam. Er hatte keine Lust, Aulus Bericht zu erstatten und sich von seinem gönnerhaften Verhalten erneut auf die Palme bringen zu lassen. Er konnte den aufgeblasenen Kerl nicht ausstehen, was doppelt dumm war, da er Tiberios wiederum ganz gern mochte.

    Er stieg nicht einmal auf das Interesse von Chloe ein, sondern verabschiedete sie so höflich es ging. Normalerweise hätte sie ihm mit ihren Blicken sehr geschmeichelt. Doch heute hatte er andere Sorgen. So wie er Aulus einschätzte, saß er am Ende des Berichts vermutlich wieder im Carcer.

    Das Gespräch mit Tiberios kam ihm wieder in den Kopf. Was er vom Leben erwartete, welche Arbeit ihm gefallen würde. Eine solche Frage hatte ihm noch nie jemand gestellt.

    Mürrisch klopfte er an die Tür und trat in das Officium ein, in welchem er Aulus noch arbeitend vorfand.

    "Ist es nicht etwas spät?", wollte er wissen. "Nur Arbeit und kein Spaß macht einen dumm, nicht gehört?"

  • Der Dieb trat ein, ohne anzuklopfen, und der Sklave folgte ihm auf den Fuß.
    Saturninus hob den Kopf. Er hatte die Bücher der letzten Verkäufe aus der Mosaikwerkstatt vor sich liegen.
    "Salvete", sagte er: "Ich muss das Anklopfen ganz überhört haben."


    Er schaute zu Tiberios:

    "Galerius Fundanus, Decurio der Curia Ostiensis, da wurde ein Mosaik in seine Villa geliefert, aber die Rechnung ist noch offen. Anbezahlt hat er auch nicht. Macht 4160 Sesterze, die in der Kasse fehlen. * Da die Buchführung deiner Verantwortung ist, schaffst du das Geld bis in sieben Tagen herbei.
    Falls du versagst, wirst du den Betrag aus deinem Peculium abbezahlen, und für deine Nachlässigkeit erhälst du außerdem vier Stockhiebe vor der versammelten Arbeiterschaft der Werkstatt Furia – für jede tausend Sesterze Verlust einen.
    "


    Der Furius schenkte dem pflichtvergessenen Sklaven keine weitere Aufmerksamkeit, sondern wandte sich nun Quintus zu. Er deutete den rechten der beiden Stühle, die vor seinem Schreibtisch standen:
    "Nimm bitte Platz, Civis Quintus Aurelius.", er gebrauchte das Wort Bürger mit sanfter Ironie, und dass der Mann kein Aurelier war, wusste er mittlerweile ja auch:
    "Trink etwas"


    Er gab Tiberios ein Zeichen, damit der Grieche Wein und Wasser mischte – viel Wasser und ganz wenig Wein. Er wollte den Dieb nicht betrunken machen, er wollte klare Auskünfte:

    "Ich denke, du kannst den Wert von Arbeit nicht wirklich beurteilen, da du noch nie einer nachgegangen bist, mein junger Freund.
    Und ob es spaßig wird, werden wir sehen. Was hast du über die Attentäter und ihren Auftraggeber herausfinden können?
    "



    Sim-Off:

    * Das wird hier berichtet

  • Quintus machte sich ernsthaft Gedanken über die Menschenführungsqualitäten des Dominus Aulus. Was bitte mochte es bringen, Tiberios vor versammelter Mannschaft zu schlagen? Wer respektierte einen solchen Chef, der sich verprügeln ließ? Da er Tiberios als persönlichen Freund betrachtete, machte ihn allein der Gedanke daran wütend, doch hatte er genügend Verstand, sein Missfallen auf ein unhörbares Schnauben zu reduzieren. Mürrisch und mit verschränkten Armen ließ er sich auf den Stuhl nieder und dachte bei sich, dass dieser Abend genauso furchtbar werden würde, wie er erwartet hatte. Am liebsten würde er ihm seine abgehobene Fresse einschlagen.


    "Oh, ich arbeite schon hart", verteidigte sich Quintus, betont lässig und betrachtete seine Fingernägel. "Aber nicht jeder weiß den Wert harter Arbeit zu schätzen. Wie auch immer." Quintus beließ es bei diesem Mindestmaß an verbalem Geplänkel und kam zur Sache. In knappen Worten erklärte er Aulus, wie sie an den Namen gekommen waren: Lucius Petrus Dextrus.

    Natürlich erwähnte er die Leoparden nicht, weder mit Namen noch mit ihrer selbstgewählten Bezeichnung. Lediglich als "gewisse subversive Elemente" wurden sie von Quintus benannt. Sicherlich musste selbst Dominus Ausfluss erkennen, dass solche Quellen für ihn nur wertvoll blieben, wenn sie weiter existieren durften.

    "Dieser Narr suchte vermutlich halb Rom nach geeigneten Sicarii ab und landete bei den drei schlechtesten", schloss er seinen Bericht, der auch das Mare Lamentorum noch nicht beinhaltet hatte. "Allerdings habe ich Grund zu der Annahme, dass er die drei nicht selbst engagiert hat. Ich vermute einen Mittelsmann, der in die Pläne involviert war. Seinen Namen kenne ich aber noch nicht."

    Es musste so sein. Wer das Mare Lamentorum kannte, der wusste auch, wer gute Auftragsmörder waren. Und die Reichen und Adligen der Stadt wussten im Allgemeinen beides nicht. Dass Dextrus sowohl die Unterwelt aufgesucht als auch die Rangelbrüder beschäftigt hatte, sprach für ein drittes Element in dieser Konstellation. Anders konnte sich Quintus das nicht erklären.

    "Wie auch immer, du hast nun den Namen der Person, die dich tot sehen will. Ich betrachte meine Schuld damit als getilgt."

  • Tiberios senkte den Kopf, und er blieb stehen.

    Es fiel ihm wieder ein, dass der Kunde zugesagt hatte, einen Boten mit dem Geld zu schicken, aber der Bote war nicht gekommen. Tiberios hatte vergessen, daraufhin den Auftrag zu stornieren, und der Werksmeister Quintilus hatte mit seinen Männern das Werk begonnen und auch fertiggestellt. Es war wirklich seine Schuld, und es lag vermutlich daran, dass... er wusste es nicht:

    "Ich bitte um Verzeihung Dominus Aulus. Es war mein Versagen", meinte er.

    Er war seit er in Roma lebte, nie geschlagen worden und auch früher in Alexandria schon höchst selten. Er verabscheute so etwas, und er wusste, dass seine eigentliche Domina Furia Stella, Prügel nie zugelassen hätte. Sie hatte ihn an ihren Cousin nur ausgeliehen, weil er ihr mit einem Rat behilflich gewesen war. Aber Domina Stella war weit weg in Brundisium, und ein Brief würde sie bis Ende der Woche vielleicht erreichen, jedoch die Rückantwort keinesfalls.

    Vermutlich legte Dominus Aulus gar keinen Wert darauf, ihn zu bestrafen, sondern er dachte sich schon, dass er, Tiberios, alles tun würde, das ausstehende Geld irgendwie zu beschaffen.

    Es war eigentlich so, dass der Gewinn aus der Mosaikwerkstatt fast vollständig an seinen jetzigen Herren gingen; das unternehmerische Risiko jedoch bei dem Sklaven lag.

    Tiberios durchschaute das, aber er war nicht in der Lage, etwas daran zu ändern. Ein Fall für den Praetor wegen unverhältnismäßiger Grausamkeit waren einige Schläge auch nicht, jeder Magistrat würde da nur gelangweilt abwinken:

    "Ich werde den Kunden aufsuchen, damit er bezahlt, Dominus Aulus . Dominus Galerius Fundanus lebt in Ostia, da müsste ich dann hin", sprach er in ruhigem Ton, aber als er Quintus den Wein mischen sollte, zitterten seine Hände leicht. Er hatte keine Ahnung, wie er das bewerkstelligen sollte, und nach Ostia war es eine Tagesreise hin und eine zurück.


    Nun nannte Quintus den Namen des Auftraggebers des Attentats, ließ jedoch viele Einzelheiten aus. Aber den Namen hatte er: Lucius Petrus Dextrus.

    Tiberios war gespannt, ob Dominus Aulus den Mann kannte.

  • Saturninus starrte Quintus an:

    "Lucius Petrus Dextrus. Klingt nach Römer peregriner Abstimmung, wenn überhaupt. Könnte ein Veteran oder Sohn eines Veterans sein, der sich das Bürgerrecht durch Militärdienst erworben hat. Aber offen gesagt, der Name sagt mir überhaupt nichts. Nie gehört. Bis du dir sicher?"

    Einen Petrus konnte er nicht einordnen, auch nicht bei der Annona.

    Er schüttelte den Kopf: "Hast du diesen Petrus Dextrus selbst sprechen können oder haben dir deine subversiven Elemente den Namen verraten? Und was gibt eigentlich den Gedanken, dass noch jemand involviert ist? Verrätst du mir gerade nicht alles, was du weißt? Das ist bedauerlich.",

    dem nächsten Argument konnte er sich nicht verschließen:

    "Gut, die Schuld des Einbruchs ist getilgt, und ich werde dich nicht mehr deshalb verfolgen oder Anklage erstatten.
    Durch deine Geheimniskrämerei gerätst du allerdings in den Verdacht, selbst in die Attentatsgeschichte verwickelt zu sein.
    Ich mache dir also einen Vorschlag: Du fängst noch einmal mit der ganzen Wahrheit und allen Details an. Und zuerst mit deinem vollständigen Namen und ob du wirklich ein Römer bist und nicht irgendein Barbar, der sich das anmaßt. Dafür würde man dir ganz sicher mit einer Axt den Kopf abschlagen.
    "

    Saturninus würde sich selbstverständlich nicht auf Quintus Aussage allein verlassen. Deshalb hatte er Tiberios ja mitgeschickt, der musste ihm alles sagen. Dann würde er beide Aussagen abgleichen und der Wahrheit näher kommen. Das er dem Sklaven schon Prügel angedroht hatte, passte durchaus in sein Konzept; etwas Angst schadete nie.

  • Sim-Off:

    Ich hab gar nicht gesehen, dass du schon geschrieben hast, Aulus. Oo


    Quintus beobachtete mit Unmut, wie Aulus mit Tiberios umging. Tiberios, der soeben in eine der berüchtigsten Kneipen in der Subura spaziert war, um mit ihm Informationen von ein paar Auftragsmördern zu erhalten.

    Und dann wieder dieses Herumreiten auf seinem Bürgerrecht! Quintus schenkte dem Furier einen finstren Blick. Von der Heiterkeit und dem Spott war in seiner Miene nichts mehr zu lesen, so wütend war er auf den Mann vor sich.

    "Wieso brauchst du meinen Namen?", verteidigte er sich - und wusste doch selbst nicht, wieso er ihn so gern verschweigen wollte. Er war die letzten langen Jahre immer nur Quintus gewesen. In den Kreisen, in denen er verkehrte, waren Familiennamen nicht so wichtig wie die eigenen Taten und Untaten. "Ich könnte dich anlügen. Dir einen falschen Namen nennen. Meine Mutter ist tot, mein Vater ein nutzloser Säufer, den ich seit Jahren nicht gesehen habe - inzwischen könnte er auch tot sein und ich hätte keine Ahnung. So oder so wirst du nirgends auf Anzeichen zu meiner Abstammung stoßen."


    Er wusste nicht genau, woher seine Abneigung für Aulus kam. Sicher, seine Missbehandlung Tiberios' war sicher ein Teil davon. Doch es war vor allem die Unflexibilität des Mannes, die Quintus so abstieß. Er war er und hatte die einmalige Gelegenheit, Augen und Ohren in der Subura zu erhalten, die ihm zudem noch das Leben retten mochten. Und doch machte er sich diese Gelegenheit kaputt, indem er auf lächerlichen Normen herumritt. Quintus wusste nicht viel über Politiker, doch er wusste, dass sie weitaus schmutziger kämpften als alle Gossenkinder der Subura. Dass Aulus ausgerechnet jetzt den Paragraphenreiter spielte, musste andere Gründe haben als einfache Ignoranz. Und das bedeutete Kalkül. Wollte er den "Preis" drücken?

    "Wenn du nicht dem vertraust, was du eben gehört hast, wirst du auch nicht dem vertrauen, was ich dir noch sagen kann. Ich könnte dir sagen, was geschehen ist und was wir erfahren haben. Doch du wirst es nicht glauben und spätestens nächste Woche bist du vermutlich tot, weil dein Feind deine Ignoranz ausgenutzt hast.

    Wenn du die Wahrheit hören willst, verlange ich etwas dafür. Du wirst aufhören, mich zu erpressen und in dieses Schuldverhältnis zu treiben, das du anstrebst. Oh, und du wirst Tiberios die Stockhiebe ersparen. Und wenn du denkst, dass du alles aus ihm rausquetschen kannst, denk lieber noch einmal nach, ob ein braver wohlerzogener Grieche sämtliche geheimen Codewörter versteht, die sich das kriminelle Pack zuwirft, um sich unbemerkt zu verständigen. Du kannst mich einsperren und vielleicht sogar töten, aber dich trifft es mit Sicherheit gleich nach mir. Und wer weiß, ob dein geheimer Feind es bei dir selbst belässt oder seine Wut auch noch am Rest deiner Familie auslässt."

  • Die Römer redeten sich gegenseitig nicht hinein, wie sie ihre Sklaven behandelten, aber Quintus hatte es getan. Quintus ergriff Tiberios Partei, und es war ihm anzumerken, dass er es nicht mochte, wenn jemand in seiner Gegenwart Prügel angedroht bekam. Ein Grund konnte sein, dass der junge Dieb selbst kein Sklavenhalter war und daher die Gepflogenheiten nicht kannte, aber der Grieche zog vor, zu denken, dass es aus Freundschaft geschah.


    Sklaven waren natürlich nur rechtlich, aber nicht in Wirklichkeit willenlose Sachen, sie konnten denken, sie hatten Gefühle, und sie konnten absichtlich Schaden anrichten, wenn sie ihre Herren hintergingen oder auch nur schlampig arbeiteten. Doch sie hatten kein Recht dazu, für sich einzustehen und gegen eine Strafe zu protestieren.

    Vor Dominus Aulus schwieg Tiberios, aber später wollte er Quintus sagen, wie sehr er sich gefreut hatte, als der verlangte, man möge ihm die Stockhiebe ersparen. Vielleicht merkte es Quintus auch an seiner Haltung oder seinem Blick.


    Er hielt Quintus für sehr mutig. Was immer er war, ein Straßenjunge oder Dieb, er hatte Mut, sich auch mit jemandem anzulegen, der höher stand als er.

  • Lucius Petrus Dextrus - wer war das? Der Name sagte ihm so gar nichts. Seiner Einschätzung nach hatte er sich als Procurator Annonae keine Feinde gemacht, keine wirklich gefährlichen Feinde, wenn man von Hungerleidern im quintischen Stil absah.

    Doch was war mit vorher? Betreffend die Mission in Syria. Die Angelegenheit hatte damals ein rasches und brutales Handeln erfordert, sagte sich Saturninus. Die verräterischen Römer waren gerichtet worden, hatten sich selbst gerichtet oder waren geflohen. Die Nichtbürger, die Verrat am Kaiser hatten üben wollen, waren gekreuzigt worden. Alles vernünftige, selbstlose Entscheidungen von seiner Seite, des ehemaligen Legatus Imperatoris. Eigentlich war er ja auch nur eine Art Wirtschaftsprüfer gewesen. In ein Wespennest hereingestochen hatte er - und es blieben die Kreuze.


    Der lästerliche Priester der Ma Bellona, Astyages, hatte ihn, Saturninus, noch bis zum letzten Atemzug verhöhnt.....*


    Der Furius musste sich unbedingt erkundigen, ob dieser Petrus vielleicht aus dem Osten stammte, und ob er da Familie hatte......ein rachsüchtiger Verwandter käme in Frage. Wenn der Furius ehrlich zu sich selbst war: Einige rachsüchtige Verwandte kämen in Frage.....


    er seufzte und unwillig sagte er: "Du bist wie ein Aal, Quintus, weißt du das, schlüpfrig und du glitschst einem durch die Finger. " Der junge Mann aus der Subura wusste allerdings genau, was er wollte. Er sprach wie ein Römer und ließ sich nicht einschüchtern.


    Quintus erste Information hatte ihm die Justiz erspart. Er war unverschämt, schon wie er ihm Vorschriften darüber machen wollte, wie er seine Sklaven zu halten hatte, aber von Nutzen.

    "Oh, ich glaube dir durchaus.", sagte er, hob den Becher und trank dem jungen Mann zu:


    "Und mein Geschäftsführer hat die Chance, seiner Strafe zu entgehen, in dem er mir das Geld herbeischafft, welches ich durch seine Unachtsamkeit verloren habe.",

    der flüchtige Schatten eines Grinsens zeichnete sich auf seinem Gesicht ab:

    "Der Kunde Galerius Fundanus ist ein Dieb. Du kannst Tiberios ja nach Ostia begleiten. Einen Dieb auf einen Dieb anzusetzen, dürfte interessant sein, wenn du möchtest. Deinen Lohn bedingst du dir selbst aus, die Spesen trage ich. Und nun zur Wahrheit, geheime Codewörter und das alles, was du mir so vollmundig versprochen hast. "


    Wer bei allen rasenden Furien war Petrus Dextrus? Sein Gehirn arbeitete ergebnislos an dieser Frage, als würde sich eine Schleife wiederholen. Nach außen hin gab er den Eindruck, als würde ihm am eigenen Ableben nichts liegen. Doch innerlich sah es anders aus, er war nervös.



    Sim-Off:

    Diese Geschichte wird hier erzählt

  • "Du bist wie ein Aal, Quintus, weißt du das, schlüpfrig und du glitschst einem durch die Finger.“


    Jetzt war er aber überrascht. Quintus hatte nicht erwartet, dass Aulus in der Sache eine Niederlage eingestehen würde. Nein, vielmehr hatte er damit gerechnet, sehr schnell die Beine in die Hand nehmen zu müssen. Hatte es der Furier also doch raus, ihn zu verblüffen. Die Augen des Diebs leuchteten erwartungsvoll, als ihm sein Gegenüber Zugeständnisse machte und ihm auch noch eine weitere Aufgabe anbot. Und die klang gar nicht mal so uninteressant. Lächelnd lehnte er sich zurück.


    „Er mag dich bestohlen haben, aber das macht ihn noch lange nicht zu einem Dieb“, stellte er mit einem herausfordernden Lächeln klar. „Ich hole dir dein Geld. Wieso nicht?“ Das klang doch mal nach etwas Schwierigem.


    So leicht ließ ihn Aulus jedoch nicht vom Haken, denn immer noch wollte er die übrigen Informationen haben. Also sah sich Quintus gezwungen, mit der ganzen Wahrheit herauszurücken.


    Widerwillig erzählte er Aulus das, was er auch schon Tiberios erklärt hatte: Von Mare Lamentorum, das nur wenige kannten und weshalb es unwahrscheinlich war, dass ein Lucius Petrus Dextrus sich dort auskannte und dann doch nur drittklassige Mörder einsetzte. Er war sich nicht sicher, was Aulus davon halten würde. Vermutlich würde er ihn auslachen, denn für jemanden, der von sich dachte, sich in Rom auszukennen, musste die Vorstellung eines geheimen Ortes geradezu lachhaft wirken.

  • "Wie soll deine Bezahlung für deinen Auftrag in Ostia aussehen?", fragte Saturninus. Ihm war ganz Recht, dass Quintus das übernehmen wollte: Erstens ging es um ein paar tausend Sesterze und zweitens würde er immer wissen, wo sich Quintus, der Aal, wie er ihn nun bei sich nannte, da er keinen Gensnamen kannte, befand.


    Der Rest der Erzählung ließ ihn nachdenklich werden: "Bist du an jenem Ort, dem Mare Lamentorum, schon einmal selbst gewesen?", fragte er:

    "Weißt du, vor ein paar Jahren gab es hier Auswüchse des organisierten Verbrechens: Könige der Unterwelt, die die Subura beherrschten - und nicht nur die. Ein Senator wurde sogar auf offener Straße vor seiner Domus getötet. Ich selbst weiß das nur vom Hörensagen, das war vor meiner Zeit hier in Roma. Ich frage mich, ob dieser Ort ein neues oder auch altes Zentrum dieser Banden sein könnte. Es klingt nach etwas, das Ungestörtheit garantiert.
    Hast du eigentlich überlegt, warum man dich damals an mich verraten hat, Quintus? Das liegt nicht daran, dass ich Ritter Furius sondern dass ich ein Procurator der Annonae bin. Die Annonae sind in der Subura beliebt, weil viele Familien davon leben. Ein hiesiger Mafiaboss, der Ruhe in seinem Viertel will, würde sich also eher nicht mit uns anlegen, sondern uns helfen. Wäre ich ein hohes Tier bei den Urbanern, hätte die Sache anders ausgesehen.
    "
    , denn da drehten die Bewohner der Subura Soldaten, die sie wie Ungeziefer behandelten, gerne eine lange Nase:


    "ich habe einen weiteren Vorschlag für dich: Wenn du aus Ostia zurückkehrst, bringst du mich in dieses Mare Lamentorum. Ich will selbst mit den Männern dort reden. Ich muss wissen, wer Petrus Dextrus ist. Ich nehme an, dass er es irgendwem und irgendwo auch herumerzählt hat, warum er mich umbringen will."

    Solche Leute redeten immer über ihre Befindlichkeiten. Aber der hier würde nicht mehr lange reden. Saturninus traute sich durchaus zu, einem Mann, der Meuchelmörder beauftragte, einen harmlosen Griechen zu erledigen, selbst zu töten. Lieber wäre es ihm freilich, ihn festnehmen zu lassen und vor den Praetor zu schleifen. Wie viele Römer liebte er Gerichtsverhandlungen mit schwungvollen Reden und die darauf folgenden aufwendig gestalteten Hinrichtungen. Da würde er seinen Patron um Hilfe bitten:

    "Wenn wir Erfolg haben, würde ich dich einem Freund von mir vorstellen, einem Patrizier: Aurelius Rufio. Er kandidiert gerade als Tresvir Capitalis und hat bei seiner Wahlveranstaltung angekündigt, die urbs sicherer zu machen. Ich bin mir sicher, dass er bei dieser Aufgabe Verwendung für einen Kontakt in die Subura hat.
    Eventuell liegt dir das mehr als die Mosaikwerkstatt. Was sagst du zu meinem Vorschlag?
    "

    Ja, er, Saturninus, würde mit Rufio über Quintus reden, und Rufio würde dann wieder ihm für diese Vermittlung verpflichtet sein. Das Geflecht von Gefallen, Gegengefallen, Vertrauen und Gegenvertrauen, und der einen Hand, die die andere wusch, das war römische Politik.