Die Monate in Abwesenheit von Rom und in Etrurien waren nötig gewesen, jedoch auf verrückte Art auch erholsam. Grund dieser Reise war glücklicherweise nicht sein eigener Gesundheitszustand gewesen, nein. Vielmehr war Corvina eines Tages weinend zusammengebrochen und hatte sich geweigert, etwas zu essen, zu sprechen oder auch nur weiter aufzustehen. Sextus war schon recht verzweifelt gewesen und hatte diverse Heiler befragt, was mit seiner Nichte denn geschehen wäre, die sich völlig untröstlich gab oder nur noch trüb vor sich hinstarrte, ohne wirklich ansprechbar zu sein. Allerdings konnten diese außer tiefgehende Melancholie keine Ursache finden. Schließlich hatte Sextus als letztes Mittel einen Aufenthalt in Etruria ins Auge gefasst. Wenn selbst die Gelehrten in Tarquina nicht mehr weiter wussten, dann wohl niemand.
Also waren sie abgereist, zu seinem alten Lehrer Marcus Cilnius Lanatus, und zu Sextus Ehefrau, Curtia Minor. Inzwischen war sie fast siebzehn Jahre alt. Da war dann die Aufnahme der Ehe wohl unabwendbar.
Nun, einige Monate später, war Aurelia Corvina noch immer in Etruria, wenngleich tatsächlich in besserer Verfassung. Er selbst allerdings war nun wieder in Rom, wo sich in seiner Abwesenheit die bucklige Verwandtschaft breitgemacht hatte. Sextus nahm diesen Umstand bei seinem eintritt in die Villa zur Kenntnis. Solange sie nicht wieder auf solch verrückte Ideen kamen wie frühere Hausbewohner, wie einen Stall inmitten der Stadt aufbauen und unterhalten zu wollen inklusive deren stinkender Einwohner, auch genannt Pferde, würden sie sich wohl zusammenraufen.
"Tritt ein, meine Liebe, dies ist nun auch dein zuhause" sagte er auf etruskisch zu seiner Ehefrau. Curtia Minor war ein junges, eher unscheinbares Ding mit schüchternem Blick und stillem Gemüt. Sie war hübsch, ohne in irgendeiner Weise außergewöhnlich schön zu sein, nett, ohne dabei besonders charmant zu wirken, fromm, ohne religiös zu wirken und angenehm, ohne dabei bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Kurzum, sie war die perfekte Ehefrau, die man sofort vergessen konnte, sobald sie aus dem Blickfeld entschwunden war. Und sie sprach kaum Latein, sondern fast ausschließlich etruskisch und etwas griechisch.
Curtia Minor kam näher und legte in einer unsicheren Geste ihre Hände auf die sachte Wölbung ihres Bauches. “Wenn du es so wünscht, mein Ehemann“ antwortete sie nur schlicht und sah sich schüchtern etwas um.
Sextus seufzte innerlich, schenkte ihr ein Lächeln und ging weiter voran. "Ich wünsche es. Aber du darfst dich auch zuerst in deine Räumlichkeiten zurückziehen. Die Reise hat dich sicherlich erschöpft." Seine Frau nahm das Angebot dankend an und ging mit ein paar helfenden Sklaven davon, sich ihre neuen Räumlichkeiten zeigen zu lassen. Sextus hatte Boten vorausgesandt und es so einrichten lassen, dass ihre Räume möglichst weit weg von den seinen waren. Einmal die Erfahrung einer Schwangeren machen zu dürfen war für Sextus genug.