[Subura] Casa des Nero Helvetius Archias

  • Tief in der Subura gelegen, befindet

    sich in einer verwinkelten

    Nebengasse ein größeres Haus mit

    Hof und mehreren Vorsprüngen. Es

    ist zwei Etagen hoch und

    vollkommen ohne

    Fassadenschmuck. Die Wände sind

    nur rau verputzt, sodass es inmitten

    der anderen Häuser überhaupt

    nicht auffällt, trotz seiner Größe.

    Hier wohnt Nero Helvetius Archias

    und hier liegt auch das Zentrum

    seines kriminellen Imperiums.
    Tag und Nacht befinden sich überall

    am Gelände verteilt Wachposten,

    nur dürftig gekleidet und leicht mit

    Bettlern zu verwechseln, doch sind

    sie gut genährt und kräftig und

    tragen Knüppel unter ihren

    Gewändern verborgen. Archias'

    wichtigste Ratgeber und

    Untergebene leben ebenfalls in

    dieser Casa.

  • Nach seinem Spaziergang kehrte Archias heim. Nicht nur sein Umsturzplan gegen den anderen Unterweltboss gab ihm zu denken, sondern auch eine neue Station der Urbaner, die er am Rande der Subura entdeckt hatte. Offensichtlich war sie erst vor kurzem zu dem Zweck errichtet worden, um als neue Basis für die Stadtkohorten zu dienen bei dem Versuch Zucht und Ordnung in die Subura selbst zu bringen und ihre kriminellen Sümpfe endlich trocken zu legen. Warum sonst hätte die Obrigkeit Grund dazu gehabt ausgerechnet hier einen neuen Wachtposten hinzustellen? Offenbar müsste Archias sich früher oder später auch damit auseinandersetzen, denn das letzte was er brauchte waren ein Pack Urbaner, die ihm seine Geschäfte verdarben. Derart in Gedanken trottete er durch die engen und schmutzigen Gassen der Nachbarschaft, bis er bei seinem Haus anlangte. Am Tor zum Hof hinein lungerten mehrere Gestalten herum; einige seiner Männer, die Wache hielten. Im Vorbeigehen nickte ihnen Archias zu. Im Inneren ging er hinauf in den ersten Stock und dort dann in den Ostteil des Hauses, wo er einen großen Raum betrat, den man wohl als Archias' officium bezeichnen konnte. Mehrere Aktenschränke mit Papyrusrollen zogen sich die Wände entlang, ein Schreibtisch fand sich in der Ecke und Listen und eine große Karte der Subura hingen an den Wänden. Der Schatz dieses Raumes befand sich jedoch in der Mitte. ein riesiger Tisch war es, dessen Tischplatte ebenfalls eine Karte zeigte, jedoch dieses Mal von ganz Rom. Auf der Karte befanden sich verschiedene, mit verschiedenfarbiger Wolle abgesteckter Areale über den spinnengleichen Linien, die so ziehmlich alle Straßen und Gassen der Stadt abbildeten, samt vielen Gebäuden. Auch mehrere bunte kleine Fähnchen befanden sich darauf. Über diesen Tisch hatte sich gerade ein älterer Mann mit schneeweißem Haar und einem teigigen Gesicht gebeugt gehabt, als Archias das Zimmer betrat. Der Mann richtete sich auf.


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    "Salve, Corvus", grüßte er Archias mit einem leichten Nicken. Archias begrüßte ihn seinerseits: "Salve Ferox, was gibt es Neues?"


    Hinter Archias schlüpfte beinahe unbemerkt noch jemand lautlos in den Raum; Bursa, einer der menschlichen Bluthunde. Er bedachte Ferox mit einem seiner ganz eigenen undeutbaren Blicke und zog sich daraufhin in einen Schatten zurück, während Archias zum Tisch ging und Feroxs Bericht erwartete. "Es hat, wie vorrauszusehen gewesen war, Widerstand dabei gegeben Egilius' Territorium zu übernehmen. Wir haben nun genug Banden auf den Straßen, um gegen die von Egilius anzugehen. Einige von ihnen sind zu uns übergelaufen, nachdem sie gehört hatten, dass sie Männer der Krähe sind, doch an den Hängen des Cispius gab es heute Vormittag einen kleinen bewaffneten Zwischenfall. Jeder der nicht schon tot war konnte aber fliehen, bevor die Urbaner zur Stelle waren." Archias nickte.


    "Es war zu erwarten, dass das passieren würde. Wie verhält es sich mit den anderen Bossen? Decrius? Silius? Pedanius? Oder Raecius?"


    "Keine Reaktion bisher auf unsere Unternehmungen."


    Das war eine gute Nachricht dachte Archias, während er den Tisch studierte. Rom und sein Umland waren territorial auf fünf große Verbrechersyndikate aufgeteilt, von denen jede eifersüchtig über ihr Revier wachte. Es machte die Sache um vieles einfacher, wenn die anderen Archias dabei in Ruhe ließen Egilius sein Stück der römischen Unterwelt zu entreißen. Doch besser noch, wenn er auf diplomatischem Wege ein wenig nachhalf.


    "Sende unsere Vögelchen zu jedem der anderen Bosse Roms aus und teile ihnen mit, dass ich auf keinen Krieg mit ihnen aus bin. Ich hole mir nur mein altes Revier von Egilius zurück, mehr nicht. Wir können alle sehr gute Geschäftspartner sein, es liegt bei ihnen."


    Ferox jedoch hatte da durchaus einige Bedenken, denn so einfach sich das anhörte, so war es das keinesfalls in der Realität.


    "Silius ist ein enger Verbündeter von Egilius. Gewiss wird er nicht tatenlos zusehen, wie wir ihn aus dem Geschäft drängen, es wird also so oder so böses Blut geben, wenn wir weitermachen."


    "Daran führt nun mal kein Weg vorbei. Was denkst du von den anderen? Würden sie uns auch Steine in den Weg legen?"


    Ferox schüttelte den Kopf. "Nein, außer vielleicht Pedanius, da sein Revier direkt neben dem von Egilius bzw. jetzt dem unsrigen liegt. Er könnte vielleicht nervös werden und ebenfalls zuschlagen."


    "Pah, um Pedanius mache ich mir keine Sorgen. Er ist nur ein kleiner Fisch. Doch um Silius müssen wir uns wirklich vielleicht kümmern, bevor es in einem Bandenkrieg ausartet und vielleicht sogar noch die Urbaner Wind von der Sache bekommen. Ferox, arrangiere ein Treffen mit Silius, aber an einem neutralen Ort." Jetzt lag es an Ferox zu schnauben. "Verzeih mir die Frage, Corvus, jedoch wo sollte dieser "neutrale Ort" liegen, wenn nicht im Revier eines anderen Bosses? So oder so wäre das unmöglich" Doch Archias hatte schon eine Idee. "Die Katakomben vor Rom an der Via Appia. Dort werden wir uns treffen. Bereite alles vor."


    Ferox nickte und schwieg eine Weile. Wozu überhaupt mit Silius sprechen? Genausogut konnte man doch einfach auch ihn umlegen und sein Territorium übernehmen. Doch auch wenn derartige Gedanken in Feroxs Ungeduld, ihm durch den Kopf geschossen waren, so wusste er natürlich, dass das Unsinn war. Zumindest, wenn man ein größeres Blutvergießen oder die Aufmerksamkeit der Urbaner vermeiden wollte. Die Beziehungen der Unterweltbosse untereinander waren fein und engmaschig miteinander verwoben. Alles befand sich in einem sehr fragilen Gleichgewicht. Alle zehn, oder zwanzig Jahre kippte dieses Gleichgewicht des Schreckens und ein Bandenkrieg in der Subura, oder sogar in ganz Rom war die Folge, in dem die Karten neu gemischt wurden. Doch normalerweise versuchten die Bosse derlei Aktionen zu vermeiden. Schlecht fürs Geschäft.


    So musste Archias all sein Fingerspitzengefühl aufwenden, um Egilius und seine Bande kalt zu stellen und sein Revier zu übernehmen, ohne dass die anderen Bosse allzu offensiv darauf reagierten. Hätte Archias sich nicht noch von früheren Zeiten beträchtliche Macht und einen nicht zu unterschätzenden Ruf in der Unterwelt erhalten, er war sicher, die anderen wären längst über ihn hergefallen. So jedoch übten sie sich in Vorsicht und warteten ab wie sich die Dinge entwickelten.


    "Warst du übrigens schon bei der neuen Station?" riss ihn da Ferox aus seinen Gedanken. Archias blickte auf. "Die neue von den Urbanern am Rande des Viertels? Ja war ich. Unglaublich, dass sie sich ernsthaft Hoffnungen machen damit hier aufräumen zu können." Ferox nickte und holte ein gelbes Fähnchen hervor, das er auf der Tischkarte der Stadt exakt an jene Stelle setzte, wo die neue Station der cohortes urbanae stand. "Ich nehme an du wirst verhindern wollen, dass sich die Urbaner allzu sehr an den Komfort ihrer neuen Bleibe gewöhnen?"


    Archias' Blick verdüsterte sich. "Natürlich, doch jetzt im Moment ist die Station zweitrangig. Zuerst gilt es unsere Position in Rom vor den anderen Bossen zu behaupten und dafür will ich Egilius' Kopf, koste es was es wolle! Kümmere dich um das Treffen mit Silius."
    Ferox neigte den Kopf und machte sich auf in Richtung Tür. Bursa löste sich aus seiner Ecke und machte ihm diese auf. Anschließend drehte er sich zu Archias um.


    Bitte melden Sie sich an, um dieses Bild zu sehen. | Bursa


    "Babilus ist vor der Tür." Archias nickte. "Er soll reinkommen." Bursa öffnete die Tür ein Stück weiter und zog sich erneut in seine Ecke zurück, während Babilus, einer von Archias' Hauptmännern den Raum betrat.


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    "Heil dir, Krähe!" grüßte der Schurke. "Salve, Babilus. Was kannst du mir berichten?" Babilus kratzte sich an seinem bärtigen Kinn, als er antwortete: "Meine Männer haben heute ein paar Meilen vor Rom auf der Via Tiburtina einen schwerreichen Händler aufgebracht. Fette Beute, wir haben sie einstweilen in unser Zwischenlager vor den Mauern der Stadt gebracht." Das waren gute Neuigkeiten, also wieder mehr Geldmittel, die Archias in seinen Geschäften verwenden konnte. "Sehr gut, was wurde aus dem Händler?" Babilus fing an zu grinsen.


    "Liegt mit aufgeschlitzter Kehle im Feld neben dem Straßenrand."


    Eine Kinderei die der Räuberhauptmann einfach nicht lassen konnte.


    "Schön, ich dachte mir schon, dass er nicht mehr für Lösegeld taugen wird nach der Bekanntschaft mit dir. Nun denn, bring die Beute nach und nach hierher und lagere sie vorerst im Keller. Nimm dafür einige Männer von hier vom Haus mit und achte darauf, dass sie nicht zuviel auf einmal durch die Stadttore bringen! Das könnte Misstrauen erwecken. Wie sieht es in deinem Bezirk aus?" wollte Archias anschließend wissen.


    "Die Schutzgeldbesuche sind weit fortgeschritten. Beinahe alle Läden zahlen. Zwei oder drei waren noch etwas aufsässig, doch nach dem einen oder anderen Feuerchen, oder zerbrochener Keramik waren auch diese Kerle schnell bei der Stange." Wieder bleckte Babilus seine gelben Zähne. "Nicht mehr lange und alle Läden aus meinem Bezirk werden das Schutzgeld bezahlen."


    Ganz so wie die anderen Bosse auch hatte Archias sein Territorium innerhalb Roms in kleinere Bezirke unterteilt, denen jeweils ein Hauptmann wie Babilus vorstand, der innerhalb seines klar abgesteckten Areals die konkreten Aktivitäten von Archias' Bande überwachte und steuerte. Seine Untergebenen arbeiteten nur für Babilus und auch die erpressten Händler zahlten ihr Gold einzig und alleine an den Hauptmann. Dieser leitete es dann seinerseits an seine Höhergestellten weiter, also Ferox und Archias. Die einfachen Kriminellen, bzw. die "Soldaten" hatten keinerlei Kontakt zur Krähe, sondern kannten diese nur vom Hörensagen. Ihre Befehle bekamen sie nur von Babilus, bzw. ihrem jeweiligen Hauptmann, so war sichergestellt, dass jede Zelle eines jeden Hauptmanns unabhängig für sich operierte und die anderen (oder den Boss selbst) nicht verraten konnte. Archias' Haus hatte auch noch einmal einen ganzen eigenen Tross an Männern (z.B. die Wachen am Tor), die jeder Hauptmann je nach seinen Befehlen für Einsätze hernehmen konnte, die direkt mit Archias, oder seinem Haus und dessen Bewohnern zu tun hatten. So wie zum Beispiel die jetzt anstehende Aufgabe wo das Gold des Toten vom Zwischenversteck zu Archias' Haus transportiert werden musste. Direkt beim Haus gab es nur loyale Männer und es war eine große Ehre für jeden Soldaten von einem Bezirk zum Dienst im Haus der Krähe befördert zu werden. Diese Extratruppe war eine weitere Vorsichtsmaßnahme, dass die gemeinen, niederen Banditen von der Straße nichts verraten konnten. Auch bei den Hauptmännern verhielt es sich ähnlich mit der Undurchsichtbarkeit. So kannte Babilus seinerseits zwar schon auch noch den einen oder anderen Hauptmannskollegen, jedoch kannte niemals jeder Hauptmann alle anderen oder wer als Soldaten für den jeweils anderen arbeitete, auch das war unbekannt. So konnten bei Pech zwar einzelne Zellen, aber niemals die gesamte Organisation von der Obrigkeit ausgehoben werden. Kritisch wurde es erst auf der Führungsebene über den Hauptmännern, da hier alle Fäden zusammenliefen.


    "Ich bin zufrieden, du kannst dich zurückziehen." Babilus neigte den Kopf als Zeichen des Respekts und verschwand. Archias hatte sich zum Fenster gewandt und blickte hinaus auf den Hof seines Hauses. So war vorerst alles geregelt. Ferox würde sich um das Treffen mit Silius kümmern, Babilus würde ihm zu zusätzlichen regelmäßigen Geldern in seinem Bezirk verhelfen, wie auch die anderen Hauptmänner in deren Gebieten. Soweit so gut. Blieb noch die Planung seines Krieges gegen die neue Station der Soldaten des Kaisers am Rande der Subura. Archias wollte dieses Mal mehr tun, als so wie früher nur im Haus zu hocken, er wollte noch näher am Geschehen sein. Vielleicht sollte er ein klein wenig aus dem Schatten treten und unter seiner zivilen Identität anfangen einen zusätzlichen Schutzschild gegen die Urbaner aufzubauen. Eine Tarnung, die ihn persönlich über jeden Zweifel erhaben machen würde, auch wenn es riskant war; es war an der Zeit eine Taverne zu eröffnen.