Kluge und humane Behandlung des Patienten ist der beste Schutz vor Infektionen

  • Sie lächelte auch und küsste mich. Ich hatte ihr ja gesagt, dass ihre Küsse für mich wie reine Medizin waren. Aber diesmal glaubte ich zu spüren, dass etwas nicht stimmte. Allerdings war ich mir nicht sicher, denn auch Rhian schien zu spüren, dass ich noch lange nicht über dem Berg war und dass immer noch eine Infektion meiner Genesung ein jähes Ende bereiten. Ich wollte nicht, dass sie sich deshalb Sorgen machte. Daher sagte ich auch weiterhin nichts, um unser Beisamensein nicht zu belasten. Zum Glück stellte sie mir eine Frage, als sie mir eine Schüssel mit Puls gab, so dass ich meine Gedanken beiseite schieben konnte. "Eine Wüste?" echote ich und begann dann zu erklären und zu erzählen. "Das ist ein Gebiet, indem kaum etwas wächst. Dort gibt es nur Sand, Steine und Felsen. Mehr nicht. Und es gibt fast gar kein Wasser. Und es ist tagsüber furchtbar heiß und nachts sehr kalt. Die Stellen, an denen es Wasser gibt, nennt man Oasen. Aber von denen gibt es nur wenige. In Syria gab es eine solche Wüste. Ich hatte mich einer Karawane angeschlossen, um sie zu durchqueren. Eine Karawane ist eine Reisegesellschaft, denn es ist gefährlich, alleine durch die Wüste zu reiten. Aber dummerweise gerieten wir in einen Sandsturm und ich wurde von meinen Mitreisenden getrennt. Nur meine Führerin war mir geblieben. Tagelang irrten wir durch die Wüste, ohne Wasser und ohne etwas zu essen." Genau das war der Stichpunkt, um mit dem Essen zu beginnen. mit der Hand meines gesunden Armes nah ich den Löffel in die Hand und begann den Puls zu löffeln und zu essen. Sie sah mir dabei zu und seufzte. Als ich sie ansah, begann sie vom Medicus zu sprechen, der morgen wieder kommen sollte. Um ehrlich zu sein, hatte ich Angst vor diesem Besuch. Denn ich wollte nicht hören, dass ich nicht wieder vollkommen gesund werden würde oder dass ich in Zukunft meinen Arm nicht mehr richtig gebrauchen konnte. Ich hatte davon gehört, dass Leute, die am Arm verletzt worden waren, diesen nicht mehr richtig bewegen konnten. Davor hatte ich richtig Angst! Doch Rhian hoffte nur, dass ich sie bald wieder in den Arm nehmen konnte, ohne dass es mir weh tat.

    Ich nahm den letzten Bissen des Pulses und aß ihn. Dann reichte ich ihr die Schüssel. "Komm her, Liebes! Ich nehme dich in meinen gesunden Arm. Wenigstens für einen Moment! Ich sehne mich auch so sehr nach dir. Das, was wir vorletzte Nacht hatten, würde ich gerne wiederholen und fortführen! Du weiß, du hast noch viel zu lernen!", meinte ich scherzhaft und grinste dabei, als ich es sagte.

  • Ich versuchte mir vorzustellen, wie so eine Wüste wohl aussehen konnte, aber wahrscheinlich musste man es wirklich gesehen haben, um es zu begreifen. Ich wusste, wie es war, wenn im Sommer einmal eine längere Dürre war und nichts mehr wuchs, und ich kannte Sand vom Flussufer und von dem Strand bei der Überfahrt von Britannia nach Gallia. Aber eine ganze Welt voll davon und ohne Bäume, Büsche, Wiesen und Blumen, das war nur schwer vorzustellen. "Bei einem Sandsturm regnet es Sand?" fragte ich dann auch gleich noch einmal, da ich natürlich auch nicht wusste, was ein Sandsturm war. Stürme kannte ich jede Menge, mit Blitz, Donner und Wind und regen von allen Seiten. Wenn der Blitz irgendwo einschlug dann auch ein plötzliches, heftiges Feuer. Aber ich hatte noch nie gesehen, dass es Sand regnete. Es gab ein paar Geschichten, in denen Feuer vom Himmel regnete, oder auch Steine, aber mit Sand hatte ich das noch nie gehört.


    Er aß seinen Puls, sogar die ganze Schale, was mich doch sehr beruhigte. Es schien ihm wirklich langsam besser zu gehen. Hunger war für so etwas immer ein gutes Zeichen. Zumindest, wenn jemand krank war, war das schlimmste meist vorüber, wenn derjenige Hunger hatte. Ich dachte mir einfach, dass das bei einer Verletzung ähnlich sein musste.

    Er gab mir die leere Schüssel wieder und forderte mich auf, mich von ihm umarmen zu lassen. Einen Moment lang zögerte ich, denn ich wollte ihm wirklich nicht weh tun. Dann aber stellte ich die Schüssel schnell weg und legte mich zu ihm an den Rand des Bettes auf seine gesunde Seite, schmiegte meinen Körper an seinen und legte meinen Kopf auf seine gesunde Schulter. Das tat so unendlich gut! Ich wollte mich am liebsten ganz fest an ihn schmiegen, aber ich wollte ihm nicht weh tun. "Wenn es irgendwie schmerzt, sagst du es mir, ja? Versprich es, bitte", nötigte ich ihn, da ich wirklich, wirklich, wirklich wollte, dass er keine Schmerzen wegen mir hatte.

    Ich seufzte leicht und stahl mir noch einen kleinen Kuss. Das hier war das, was ich wollte. Ich wusste es. Ich fühlte es. Es fühlte sich einfach so richtig und gut an. "Mit der Wiederholung werden wir aber noch warten müssen, fy nghariad. Wenn du aber wieder gesund bist, würde ich mir gerne noch alles andere zeigen lassen, das du mir zeigen möchtest." Ich wusste, ich wurde bei diesen Worten ein wenig rot, und es war gerade auch fast schon etwas schwer, ihn nicht zu streicheln und meine Hand über seinen Körper fahren zu lassen. Aber nein, erst einmal sollte er gesund werden, und dann hätten wir vielleicht wieder die Gelegenheit.

    Meine Gedanken drifteten aber ab zu diesem vielleicht, und ich wurde etwas traurig. Ich würde so gern glauben können, dass alles gut würde und wir alle Zeit der Welt hätten. Aber wenn mein Herr wütend auf mich war und mich verkaufte, hatten wir die nicht. "Ich muss nachher noch einmal zu meinem Dominus, wenn er zurück ist. Gerade ist er außer Haus, aber er will mich nachher noch einmal sehen", sagte ich Angus gleich, damit er wusste, dass ich hier nicht ewig liegenbleiben konnte, auch wenn ich wohl gerne gewollt hätte.

  • Natürlich wusste sie nichts mit dem Wort 'Sandsturm' anzufangen. Denn für jemanden wie uns, der von einer grünen immer feuchten und kühlen Insel stammte, auf der es nur an den Stränden Sand gab, war es sehr schwer, sich einen Sandsturm vorzustellen. Das änderte sich dann aber schlagartig, wenn man selbst einen erlebt und überlebt hatte.

    "Nun ja, eigentlich regnet es nicht Sand, denn ein Sandsturm ist eine ziemlich trockene Angelegenheit," begann ich ihr zu erklären. "In der Wüste ist überall Sand und dort gibt es auch Winde, die diesen Sand aufwirbeln können. Wenn diese Winde sehr stark sind, können sie sehr viel Sand aufwirbeln. Wenn dann so ein Sandsturm entsteht, hat es den Anschein, als käme eine Wand aus Sand auf dich zu. Dann musst du dich sofort schützen. Am besten suchst du dir einen festen Gegenstand, hinter dem du dich dann versteckst, damit du nicht von dem vielen Sand begraben wirst. Meist dauert ein solcher Sandsturm nur wenige Minuten. Wenn er vorüber ist, dann musst du versuchen, dich und die anderen, die bei dir waren, freizuschaufeln. Also mit den Händen." Manal war damals bei mir gewesen. Das war mein Glück. Auch wenn das, was danach passierte, alles andere als Glück gewesen war! "Das tückische an Sandstürmen ist, das deine Umgebung hinterher ganz anders aussehen kann und du die Orientierung verlierst. Wenn du dann auf dich allein gestellt bist und keine Vorräte bei dir hast, dann bist du verloren! Außer es findet dich jemand. Aber das ist reine Glückssache!"

    Nachdem ich ihr meine geleerte Schüssel übergab, traute sie sich dann tatsächlich zu mir. Jedoch immer darauf bedacht, dass sie mir nicht weh tat. Doch sie war so vorsichtig und ich war so froh, sie endlich wieder bei mir in meinem Arm zu haben. Im ihr im Arm war alles andere nur halb so schlimm. Dann konnte es ruhig auch einmal zwicken. Ich drückte sie an mich und gab ihr auch einen Kuss. "Wir werden alles nachholen, leanan. Das verspreche ich dir!" dies besiegelte ich mit einem leidenschaftlichen Kuss, dem unter normalen Umständen sicher noch mehr gefolgt wäre. Auch sie steichelte mit ihren Fingern über meinen Körper, was es mir schwer machte, in diesem Moment 'vernünftig' zu sein. Ja, es war im Augenblick eine schwierige Zeit. Ich sah, wie sich der Ausdruck in ihrem Gesicht veränderte. sie sah traurig aus. Dann küsste ich sie noch einmal. "Wir müssen noch ein wenig geduld haben. Aber ich verspreche dir, ich laufe nicht weg!" meinte ich dann scherzhaft, um sie etwas aufzumuntern.

    Als sie dann erklärte, dass sie später noch einmal zu ihrem Dominus gehen müsse, nickte ich nur und küsste sie sanft auf die Stirn. "Alles gut! Ich warte dann auf dich! Ich will ja nicht, dass du wegen mir Ärger bekommst!" Wenn sie irgendwann gehen musste, dann war das völlig in Ordnung für mich. Sie hatte ja auch immer noch ihre Pflichten. Doch solange sie bei mir war, würde ich jeden kleinen Atemzug davon genießen.

  • Ich versuchte, mir das vorzustellen, was er mir beschrieb, aber ich konnte es einfach nicht. Wahrscheinlich war das etwas, was man selbst gesehen haben musste, um es zu begreifen. Vor allen Dingen konnte ich mir nicht vorstellen, die denn danach alles anders aussehen soll. "Aber die Sonne und die Sterne sind doch immer noch da, wo sie vorher waren, oder?" fragte ich nach. Normalerweise orientierte ich mich ja auch an bestimmten Landmarken, oder hatte es früher. Aber ansonsten wusste ich auch, dass die Sonne im Osten aufging, Mittags im Süden stand und abends im Westen unterging. Da fand ich es hier in der Stadt viel verwirrender mit den vielen Straßen und Gassen und Gegenden, wo man die Sonne nicht gut sehen konnte. Und vor allen Dingen wusste ich ja selten, in welche Himmelsrichtung ich musste.

    Ich kuschelte mich an ihn und genoss seinen Kuss. Ja, ich merkte, dass er sich nach mir sehnte. Aber das musste warten, bis er wieder gesund war. Ich streichelte ganz vorsichtig an seiner Brust, weit weg von der Wunde, wo das Messer gesteckt hatte. "Ich freue mich schon darauf, wenn du wieder gesund bist. Und bis dahin kuschel ich dich einfach", sagte ich mit einem leichten Lächeln.


    Ich blieb so noch eine ganze Weile bei ihm liegen, ehe ich aufstehen musste, weil mein Dominus heimgekommen war. Ich verabschiedete mich noch mit einem Kuss, ehe ich losging, um mit meinem Herrn zu reden. Ich hoffte nur, dass Angus nichts von meiner Anspannung merkte.



    Allzu lang war das Gespräch nicht, so dass ich nach nicht einmal einer Stunde zurückkam und zwar verwirrt, aber auch sehr gelöst war. Ich kam zu Angus, und jetzt konnte ich ihn endlich einmal befreit anlächeln. Ich ging auch gleich zu ihm, um ihm noch einmal einen langen und innigen Kuss zu geben.

    "Jetzt gehör ich bis morgen früh dir", sagte ich ihm erleichtert lächelnd und küsste ihn gleich noch einmal. "Und auch sonst, so lange du willst." Ja, ich war die seine, und nur die seine. Ein paar Zweifel nagten noch an mir, aber die konnten jetzt erst einmal warten, und dann konnte cih es auch mit Angus besprechen. Aber erst einmal war der Druck weg.

  • Inzwischen war über eine Woche vergangen, seit ich verletzt worden war. Glücklicherweise hatte der Medicus gute Arbeit geleistet, so dass eine schlimme Infektion der Wunden ausgeblieben war. Bei seinem zweiten Besuch hatte er feststellen können, dass die beiden Wunden und insbesondere die an der Brust, zu heilen begonnen hatten. Er hatte mir noch einmal die Verbände wechseln lassen und mir noch für die kommenden Tage weiterhin strikte Bettruhe und keinerlei Anstrengungen verordnet. Frühestens nach einer Woche, so der Medicus, sei an ein Verlassen des Bettes zu denken. So vergingen die Tage und ich spürte, dass es mir jeden Tag ein bisschen besser ging. Kein Wunder, denn Rhian war so oft bei mir, wie es für sie möglich war. Sie wachte über mich, damit ich mich nicht doch schon früher aus dem Bett stahl und sie kümmerte sich wirklich aufopfernd um mich, so dass es mir an nichts fehlte. Ohne sie hätte ich bestimmt nicht solche Fortschritte gemacht.


    Heute war nun der große Tag, an dem ich aufstehen durfte, um ein paar Schritte zu machen. Diesmal waren keine Sklaven da, die mich stützen würden, damit ich nicht zusammensackte. Diesmal trug ich auch eine Tunika, denn die neuen Verbände erlaubten es, ein Kleidungsstück darüber tragen zu können. Mit dem gesunden Arm stützte ich mich ab, als ich mich aufsetzte. Nun streckte ich meine Beine aus dem Bett. Eigentlich musste ich nun nur noch aufstehen, aber irgendwie traute ich mich noch nicht.

    "Sollen wir nicht doch noch einmal die Sklaven holen? Ich meine, wenn ich jetzt aufstehe. Nicht dass ich doch noch zusammenbreche," fragte ich Rhian. Mein erster gescheiterter Versuch, aufzustehen hatte Spuren in mir hinterlassen. Ich war vorsichtiger geworden und wollte nichts riskieren.

  • Die Tage vergingen irgendwie schnell. Für meinen Herrn war ich wieder weitestgehend unsichtbar, was mir doch ziemlich viel Sicherheit zurückgab. Ab und an erwischte ich mich bei den Gedanken, was wäre, wenn ich mich doch nicht so angestellt hätte, oder auch bei der frage, ob er gutaussehend war. Aber spätestens beim Geruch des Sandelholzes war ich mir wieder sehr sicher, dass es richtig war, ihn nicht zu reizen und die Situation so, wie sie war, als angenehm und sicher zu empfinden. Und die restliche Zeit war ich bei Angus, dem es jeden Tag besser ging. Er hatte wieder richtig Farbe im Gesicht, er aß gut, und manchmal musste ich ihn – und mich – schon fast bremsen, es beim kuscheln nicht zu übertreiben. Aber ja, ich hatte Sehnsucht nach ihm. Danach, ihn überall zu fühlen, zu schmecken. Ihn mit meinen Lippen und Händen gleichermaßen zu erkunden, und von ihm ebenso erkundet und zur höchsten Lust geführt zu werden. Es war schwer, so verliebt und glücklich zu sein und warten zu müssen, bis ich ihm wieder wirklich nahe sein konnte.

    Aber der Medicus war da sehr streng gewesen. Jede Anstrengung sollte vermieden werden, bis die Wunde an der Brust eine trockene Kruste gebildet hatte, damit das Gewebe heilen konnte und das Blut, das er verloren hatte, wieder ersetzt war. Die Wunde am Arm war da wohl nicht ganz so schlimm, wenn ich das richtig verstanden hatte. Aber ich war auch nicht immer bei den Untersuchungen dabei gewesen, sondern hatte Angus da auch mit dem Medicus allein gelassen, damit er dem Mann alles anvertrauen konnte, was er mir vielleicht nicht sagen wollte. Dennoch war ich zuversichtlich, dass er wieder ganz der Alte werden würde.


    Und heute war es endlich so weit, dass er wieder aufstehen sollte. Anfangs sollte er noch vorsichtig sein, aber der Medicus hatte auch gesagt, dass Bewegung und frische Luft den Heilungsprozess fördern würden. Und je schneller Angus wieder auf den Beinen wäre und sich ohne Hilfe bewegen konnte, umso schneller würde auch wieder alles andere gehen. Und vor allen Dingen würde es seine Laune heben, wenn er sich wieder als selbständiger Mann fühlen konnte. Denn manchmal dachte ich schon, dass er sich etwas schämte, von mir so bedient zu werden.

    "Das wirst du nicht. Und wenn dir doch schwindelig wird, dann bin ich ja auch da und helfe dir." Ich stand mit etwas Abstand vor dem Bett und sah ihn zuversichtlich an. "Und wenn du es bis zu mir schaffst, dann bekommst du auch einen Kuss", lockte ich ihn mit einem kleinen, verliebten Lächeln. Vielleicht brauchte er ja wirklich nur etwas, für das sich das Kämpfen lohnte. Daher legte ich nach. "Und wenn es dann gut geht in den nächsten Tagen, und du kräftig genug scheinst, können wir ja auch einmal vorsichtig schauen, ob auch andere Dinge wieder gehen. Vielleicht erstmal mit meiner Hand… oder dem Mund...?" Also wenn das jetzt kein Ansporn für ihn war, wusste ich aber auch nicht.

  • Natürlich beschwichtigte sie mich und machte mir Mut. Außerdem wollte sie mir helfen. Na ja, wenn ich tatsächlich hinfallen sollte, würde sie mir nie im Leben aufhelfen können. Aber gut. Was sollte auch schon groß passieren. Im schlimmsten Fall konnte ich mich auf das Bett zurückfallen lassen. Schließlich probierte es Rhian nun mit Bestechungsversuchen. Dabei schaute sie ganz verliebt, so dass ich ihr kaum widerstehen konnte. Ein Kuss von ihr war schließlich die Sache wert! Und nicht nur ein Kuss. Was sie mir sonst noch in Aussicht stellte, wenn ich mich nun anstrengte, war äußerst motivierend. Daher zögerte ich nicht mehr lange und stand ganz vorsichtig auf. Als ich auf meinen Füßen stand, wartete ich noch einen Moment, um sicher zu stellen, dass ich einen festen Stand hatte. Nein, mir wurde nicht schwindelig. Alles war gut! Ich sah zu ihr auf und grinste. "Du bist wirklich sehr motivierend!"

    Als nächstes wollte ich ein paar Schritte auf sie zu machen, was mir dann auch tadellos gelang. Ich zog sie zu mir, so dass sie sich an mich kuscheln konnte und küsste sie. "Oh, meine süße Rhian! Das habe ich alles nur dir zu verdanken." Ohne sie wäre meine Genesung sicher nicht so schnell vorangeschritten. "Lass uns noch ein paar Schritte gehen! Seit über einer Woche bin ich nun in diesem Zimmer eingesperrt." Am liebsten wäre ich mit ihr nach draußen in den Garten gegangen. Doch das war zu viel auf einmal! Nichts überstürzen, sagte ich mir selbst. Morgen war auch noch ein Tag! Ein paar Schritte draußen auf dem Gang würden fürs erste völlig ausreichend sein. Und vielleicht konnten wir ja heute Nacht uns auch noch anderen Dingen widmen, um zu sehen, was alles wieder möglich war.

  • Meine Anreize waren es wohl wert, es jetzt doch zu probieren, denn Angus schaute mich kurz einmal verwegen an, ehe er aufstand und erst einmal stehen blieb. Ich musste mich beherrschen, nicht irgendwie mit meinen Händen eine Stütze anzubieten, aber er sollte das ja allein schaffen. Außerdem waren seine Beine ja nicht verletzt, und der Medicus hatte deutlich gesagt, er solle die kräftigen, da sie jetzt so lange untätig gewesen waren. Also sollte er jeden Tag jetzt aufstehen und ein wenig herumgehen, und dann, wenn es noch besser war, auch irgendwelche Gymnastikübungen für seinen Rumpf und den Arm machen. Erst einmal musste aber das mit dem Laufen funktionieren.

    Und es funktionierte. Es waren zwar nur drei Schritte, und ja, sicher wären die früher noch beschwingter und kraftvoller erfolgt, aber es waren drei Schritte, die er allein machte. Und dann zog er mich mit seinem gesunden Arm auch näher an sich und holte sich seinen Belohnungskuss. Ganz vorsichtig schmiegte ich mich leicht an ihn und stellte mich leicht auf die Zehenspitzen, damit er mich noch besser küssen konnte. Oh, und es war so schön! Hier zu stehen, ihn wieder so als kraftvollen, jungen Mann zu erleben und seine Lippen zu schmecken, das war wundervoll.

    "Ach, du bist doch nicht eingesperrt", widersprach ich lächelnd und ließ ihn mit einem letzten Streicheln über den Nacken hinunter zu seiner unverletzten Brust dann wieder los. "Aber ja, lass uns spazieren gehen. Aber nicht übertreiben, ja? Du darfst dich ruhig auch auf mich stützen, und wenn es dir zu viel wird, machen wir sofort Pause! Du musst mir wirklich nichts beweisen", ermahnte ich ihn. Ich wusste ja, wie Männer waren. Die hielten sich nur ungern an Anweisungen. Aber ich wollte wirklich nicht, dass er sich überanstrengte.


    Ich trat also neben ihm aus dem Zimmer und sah mich um. Sein Zimmer grenzte an das Peristyl, was als erster Rundgang ja schonmal gut und schön war. Außerdem gab es einige Sitzbänke, die man nutzen konnte.

    "Wollen wir hier am Peristyl entlanggehen? Vielleicht können wir ja auch in den Garten und uns eine schöne Bank in der Sonne suchen? Je nachdem, wie gut es dir geht. Wir wollen ja nicht übertreiben."

    Aber doch, ich wollte eigentlich, dass er schnell wieder auf den Beinen und fit war. Über eine Woche waren die letzten wirklichen Liebkosungen her, und es würde sicher noch weitere Wochen dauern, bis wirklich wieder mehr möglich wäre. Und ja, so ein klein wenig fühlte ich mich ausgehungert nach seiner Liebkosung.

  • Ja, ich genoss jeden Moment mit Rhian und wünschte, es könne für immer so bleiben. Doch sie wusste genauso wie ich, dass dies ein Ende haben würde, wenn ich wieder vollständig hergestellt war. Doch bis dahin dauerte es noch einige Tage oder sogar Wochen.

    "Nein, ich weiß, dass ich hier nicht eingesperrt bin. Doch ich sehne mich so danach, hinaus in die frische Luft zu kommen!" meinte ich, während ich sie nochmals küsste. Sich nur im Inneren eines Hauses aufzuhalten, war nichts für mich. Ich brauchte Tageslicht und frische Luft. Ebenso liebte ich es, die Sonnenstrahlen auf meiner Haut zu spüren. Rhian ließ sich darauf ein, und wollte mit mir nach draußen gehen. Natürlich hatte ich ihr versprechen müssen, dass ich es nicht übertrieb. "Ja, ja, keine Angst, mein Liebling. Ich werde auf mich Acht geben und nichts riskieren," antwortete ich ihr grinsend. Selbstredend würde ich es nicht wagen, mich in ihrer Gegenwart nicht an meine Versprechen zu halten. Das hätte böse Folgen für mich! Das konnte ich nicht riskieren. So ließ ich an meinem gesunden Arm einhaken und wir verließen das Zimmer. Für mich war dieser Moment einfach großartig. Ich war richtig aufgeregt und sah mich um, ob ich jemanden sah, den ich kannte. Rhian schlug vor, zum Perestyl zu gehen und später sogar in den Garten. Mir war, als würde ein Wunsch wahr werden. "Oh ja, sehr gerne! Der Garten, ja!" Ich würde mich auf jeden Fall anstrengen und notfalls auch die Zähne zusammen beißen, damit ich mit ihr in den Garten gehen konnte.

  • Wir gingen langsam am Peristyl entlang in Richtung Garten. Er hatte mir den Arm zwar zum Einhaken angeboten, aber ehrlicherweise stützte ich wohl eher ihn. Alles andere hätte ich auch gar nicht zugelassen, denn ich wollte ja wirklich nicht, dass er am Ende noch stürzte und sich irgend etwas tat. Auch wenn er versprach, vorsichtig zu sein, wollte ich einfach auch achtgeben.

    Aber Angus hielt sich gut. Wir gingen langsam halb um das Peristyl, so dass ich es wagte, mit ihm in Richtung des Gartens auch abzubiegen. So weit war der Weg ja nicht, und die Tür stand ebenso offen, so dass wir einfach auf den breiten Kiesweg treten konnten. Trotzdem steuerte ich mit Angus die erstbeste Bank an, die zu finden war, schon wenige Schritte in den Garten hinein. "Hier, Angus, setz dich" bat ich ihn und half auch mit, dass er sich niederlassen konnte. Erst, als er saß und keine Gefahr bestand, dass er einfach umkippen würde, setzte ich mich neben ihn und atmete durch. Ich hatte gar nicht gemerkt, wie angespannt ich gewesen war, aber ich merkte es jetzt, als ich mich doch entspannte. Ich atmete gleich noch einmal durch und lächelte Angus an. "Das ging doch ganz gut?" meinte ich und sah ihn prüfend an, wie es ihm ging. Natürlich würde er sagen, dass es gut ging, aber ich wollte wirklich sicher sein, dass er es auch so meinte, daher beobachtete ich seine Gesichtszüge, ob er nicht doch Schmerzen hatte.


    Am Arm war auch kein Verband mehr. Der Medicus hatte gesagt, es müsse nun, da die Wunden am heilen waren und sich wirklich geschlossen hatten, auch wieder Luft daran kommen, damit sie sauber abheilen. Ich schaute seinen verletzten Arm an und streichelte in gebührender Entfernung über seine Haut. "Es wird schon langsam besser, meinst du nicht?" sagte ich und meinte damit die Narbe. Die sah immer noch scheußlich aus, tiefrot und deutlich sichtbar. Ich wusste, dass Narben oft Jahre brauchten, ehe sie glatt und weiß wurden. Aber zumindest war sie nicht mehr so wulstig, fand ich, und auch nicht mehr so heiß wie am Anfang.

    Ich lehnte mich zurück und streckte meine Nase in die Sonne. Heute war es schön warm und überall blühten Blumen. Hummeln und Bienen flogen fleißig umher und summten, und auch der ein oder andere Schmetterling war mal zu sehen. Es war alles sehr hübsch und ordentlich, alles wohlgeformt und exakt an seinem Platz. Der Gärtner gab sich wirklich mühe, dass alles schön aussah. Trotzdem vermisste ich die wilde Wiese, an die ich mich noch ganz grob erinnern konnte.

    "Was gäbe ich jetzt für einen Hügel voller Löwenzahn, Primeln, Disteln und Schafgarbe", lächelte ich Angus zu.

  • Wir ließen uns Zeit und schritten langsam voran. Hin und wieder machte ich eine kleine Pause. Doch dann ging es gleich weiter. Ich hatte den Ansporn, hinaus in den Garten zu kommen. Rhian unterstützte mich dabei. So sah ich zum ersten Mal Teile der Villa, die ich zuvor noch nicht gesehen hatte. So auch das Peristyl. Hin und wieder begegneten uns einige Sklaven, die ganz erstaunt waren, als sie uns sahen. Manche tuschelten hinter unserem Rücken. Aber das war mir egal. Heute fühlte ich mich wieder wie ein kleiner Junge, der zum ersten Mal die Enge seines Dorfes hinter sich ließ und hinaus durfte, um die Wunder der Welt kennenzulernen. Doch diese Wunder befanden sich alle im Garten der aurelischen Villa. Ich erfreute mich an jeder Kleinigkeit. Am Duft der Blumen und das Summen der Bienen. Meine Sinne schienen durch die lange Zeit in meinem Krankenzimmer geschärft zu sein und nahmen alles wahr. Sogar das Singen der Vögel, die in den Bäumen saßen, fiel mir auf und erquickten mich. Die erste Bank, die wir im Garten fanden, sollte unsere sein! Rhian fragte mich, ob ich mich setzen wolle und ich nickte lächelnd. "Oh ja, gerne!" Vorsichtig ließ ich mich nieder. Das Aufstehen und Hinsetzen waren die kritischen Momente, in denen ich immer noch Schmerzen ind der Brust hatte. Doch als ich endlich saß, genoss ich den Ausblick auf den Garten und die Sonnenstrahlen. "Ja, es ging wirklich gut. Nur wenn ich Platz nehme, ist es noch etwas unangenehm." Aber sicher würde es nin den kommenden Tagen und Wochen noch besser werden. Davon war ich überzeugt.

    Auch meinem verletzten Arm ging es auch schon besser. Inzwischen trug ich dort keinen Verband mehr. Auch wenn der Schnitt recht tief gewesen war, hatte er glücklicherweise keinerlei Sehnen oder Nerven verletzt. Meine Befürchtungen, ich könne womöglich nie wieder meinen Arm richtig bewegen hatte sich als unbegründet erwiesen. Nun streichelte sie vorsichtig an meinem Arm entlang. "Ja es wird besser!" meinte ich lächelnd. Doch noch etwas anderes lag auf meiner Zunge. "Ich hatte solche Angst, meinen Arm nie wieder gebrauchen zu können. Hast du schon mal einen einarmigen Custos gesehen? So einen würden sie sicher sofort verkaufen," platzte es aus mir heraus. Doch ich wollte sie nicht ängstigen. Uns beiden war es sehr wohl bewusst, auf welchen unsicheren Beinen unsere Liebe stand. Jederzeit konnte unsere Beziehung beendet werden. Nichts war sicher und nichts für immer.

    Als wir eine Weile auf der Bank saßen, wandte ich mich zu ihr und beobachtete sie dabei, wie sie diesen kostbaren Moment genoss. "Ja, die grünen Hügel Albions! Was gäbe ich dafür, sie noch einmal sehen zu können!"

  • Ein bisschen glaubte ich zwar schon, dass er einfach die Zähne zusammengebissen hatte, damit wir auch in den Garten gehen, aber ich gönnte ihm auch diesen kleinen Sieg über den Schmerz und meine Fürsorge. Er sollte sich ja nicht wie ein bevormundetes Kind vorkommen, und jetzt konnte er ja ausruhen und die Sonne würde seinem Gemüt und sicher auch seiner Wunde guttun. Ich überlegte schon, ob es wohl gut wäre, die Tunika auszuziehen, damit wirklich Luft und Sonne an alles kam, wie der Arzt ja irgendwie gesagt hatte, aber ich verwarf es dann doch wieder. Am Ende erkältete sich Angus noch, und das nützte niemand etwas.

    Dann sagte er, dass er Angst hätte, er würde verkauft werden, und ich sah ihn wohl mitfühlend an, während meine eigenen Ängste wieder einen kleinen Schatten über mich warfen. "Ich denke nicht, dass sie dich dann verkaufen würden. Immerhin hast du Dominus Rufio gerettet. Und er scheint da schon… gerecht zu sein." Ich wusste nicht, wie ich es sonst ausdrücken sollte. Aber ja, gerecht schien mir ein passendes Wort für ihn. Nicht unbedingt gütig oder weich oder nachsichtig, aber eben auch nicht ungerecht oder aufbrausend. Einfach nur… gerecht. "Mich hat er ja auch nicht verkauft, obwohl ich nicht mit ihm schlafe", sagte ich leise, und bereute es fast augenblicklich, es überhaupt erwähnt zu haben.

    Eigentlich sprachen wir nie über dieses Thema. Ich wollte auch gar nicht darüber sprechen. Zumindest nicht, bis er genesen war. Denn Angus war ja nicht dumm, und er war genauso lange Sklave, wie ich – nur war er eben schon älter gewesen. Er kannte die Römer und wusste, was insbesondere die Römer mit jungen, nicht gerade häßlichen Sklavinnen so üblicherweise machten. Insbesondere, wenn sie diese als Leibsklavin in ihrer Nähe hatten. Und ich hatte ihm ja auch davon erzählt, damals im Garten, dass genau das meine Sorge ja auch war, dass mein Herr mit mir schlafen würde. Oder hatte ich es nicht? Ich wusste es nicht mehr sicher. Ich wollte ja nicht darüber reden.


    Ich wollte lieber das andere Thema besprechen, das verursachte weniger Trübsinn und Kopfzerbrechen. Daher blinzelte ich und schüttelte die Gedanken ab. "Ich bekomme ein Peculium. Vielleicht kann ich fragen, wie viel ich wert bin, und wenn ich genug gespart habe, dürfen wir uns vielleicht freikaufen? Dann könnten wir dorthin zurück?" Es war zumindest ein schöner Traum. Mich würde niemand dort mehr kennen, und ich würde auch nichts mehr kennen. Wir wären wohl Fremde. Römer, wahrscheinlich. Trotzdem würde ich gerne wieder zurück, oder zumindest davon träumen.

  • Ich sah Rhian von der Seite aus an, als sie von Gerechtigkeit sprach. Das mochte vielleicht auf ihren Dominus zutreffen. Aber für mich klang es auch ein wenig naiv. War es denn etwa gerecht, dass man uns zu Sklaven gemacht hatte? Dass man unsere Dörfer ausgelöscht hatte? Im Grunde waren wir nur der Willkür unserer Besitzer ausgeliefert. Wie würde diese Gerechtigkeit aussehen, wenn wir unserem Herrn widersprachen? Wenn wir unbequem waren. Würden sie auch dann noch gerecht sein? Ich wollte noch etwas darauf sagen, doch ich behielt meine Worte erst für mich, als sie plötzlich etwas leise sagte, was mir beinahe entgangen wäre. Und dennoch war es etwas sehr Wichtiges für mich. "Du... Was? Das ist ja..." Ich war ganz erstaunt, so etwas zu hören. Aber ich strahlte auch vor Glück. Denn schließlich lag es klar auf der Hand, was ein Dominus mit seiner Sklavin so alles anstellen konnte, wenn ihm danach war. Bei Iduna war es doch das Gleiche gewesen!

    Ja, in diesem Moment schien mein Glück vollkommen zu sein und ich hätte auch jederzeit unterschrieben, dass ihr Dominus gerecht war. Ich legte meinen Arm um sie und zog sie zu mir hin, um sie zu küssen. "Dann gehörst du nur mir? Und ich gehöre nur dir!" antwortete ich ihr leise und küsste sie noch einmal auf die Stirn. Villeicht war es in diesem Moment auch naiv von mir, zu glauben, dass es immer so bleiben würde. Dinge veränderten sich. Das musste man einem Sklaven nicht erzählen. Ich selbst hatte es so of schon am eigenen Leib erleben müssen, wie schnell sich Dinge ändern konnten, und man nichts dagegen tun konnte. Einfach nur hinnehmen müssen. Das war unser Los! War das gerecht?


    Zum Glück wechselte Rhian das Thema und sie sprach von ihrem Peculium, welches sie sparen wollte, um sich eines Tages freikaufen zu können. Zu Beginn meiner Sklavenschaft hatte ich auch so gedacht. Doch irgendwann war ich dazu übergegangen, davon Wein zu Cervisia zu kaufen, um meine Sinne zu betäuben. Oder ich gab es für ein paar billige Lupae aus, wenn mir danach war. Gespart hatte ich schon lange nicht mehr. Wofür auch? Es gab nichts mehr, wofür es sich gelohnt hätte. So belächelte ich nur ihren Plan, sich freikaufen zu wollen, um dann wieder nach Hause zu können. "Ja, das wäre schön! Auch wenn es dort nichts mehr gibt," ergänzte ich etwas verbittert. Was wäre am Ende schlimmer, ewig bis an unser Ende Sklave zu sein oder freigelassen zu sein, um dann festzustellen, dass man entwurzelt worden war? Dass zu Hause niemand mehr auf dich wartete und niemand mehr deinen Namen kannte. Dass alles, was einst dein Leben, deine Heimat, deine Familie dem Erdboden gleichgemacht worden war.

  • Sein Erstaunen über meine geflüsterte Bemerkung war fast schlimmer als meine Grübeleien an sich. Was hatte er gedacht? Dass Dominus Rufio mich tagsüber bei ihm am Bett sitzen ließ, mich nachts aber durch sein Bett scheuchte? Dass ich das so ruhig und schweigsam über mich ergehen lassen würde und ihm trotzdem jeden Tag Küsse und Liebesschwüre geben würde? Ich zuckte also ein wenig zusammen und sah ihn nicht an, als er mich auch schon an sich heranzog und ich erst überhaupt mitbekam, dass er sich sehr darüber freute. So sehr, dass er mich erst einmal so innig küsste, wie schon lange nicht mehr, und mir dann sagte, er würde nur mir gehören.

    Ich merkte, dass ich rot geworden war, als er meine Stirn küsste, und verwirrt und etwas unsicher blinzelte ich verlegen. "Natürlich gehör ich nur dir. Mein Herz sowieso", flüsterte ich verlegen, weil ich nicht wusste, was ich sonst hätte sagen sollen. Und gerade jetzt hatte ich das wahnsinnig große Verlangen, ihm auch wieder körperlich nahe zu sein, seine Berührungen wieder zu fühlen und auch ihn noch einmal in mir. Noch einmal so innig wie beim letzten Mal, als ich auf ihm saß und er sich aufgesetzt hatte und mich ganz eng gehalten hatte…


    Verdammt, ich musste mich von diesen Gedanken lösen. Noch ging es nicht. Und es würde wohl noch eine Weile nicht gehen. Egal, wie sehr ich mich nach körperlicher Zweisamkeit und Lusterfüllung sehnte. Nein, lieber auf die Freiheit konzentrieren, auf die vielleicht noch ferne, aber dafür schöne Zukunft.

    Ich legte meinen Kopf auf seine gesunde Schulter und kuschelte so etwas von der Seite mit ihm. Ein paar Sklavinnen kamen vorbei und kicherten und tuschelten, aber ich ignorierte sie für diesen Moment. Sollten die eifersüchtigen Hühner gackern. "Wir könnten ja etwas eigenes aufbauen?" schlug ich vor. "Ein kleines Rundhaus, ein paar Hühner, zwei oder drei Hunde, vielleicht ein paar Schafe. Vielleicht ein kleiner Teich mit Fischen. Du könntest in den Hügeln jagen gehen." Ich sah zu ihm rüber und lächelte leicht. Ja, das könnte ich mir gut vorstellen, wie er einen Hügel hinabgestiegen kam, ein kleines Reh über den Schultern, oder ein paar Hasen am Gürtel. Und es war ein tröstlicher Traum, sich vorzustellen, man wäre dann dort und könnte so sein Leben verbringen. Vielleicht würde er dann auch Kinder wollen. Dann müsste ich keine Angst mehr haben, schwanger zu werden. Das wäre schön.

  • Sie errötete etwas, als ich ihre Stirn küsste und ihr gestand, nur ihr zu gehören. Komme was da wolle! Schließlich versprach auch sie mir, dass sie nur mir gehöre. "Ja, mein Herz! wir gehören nur uns." Ich zog sie noch einmal zu mir und küsste sie. Oh verdammt, wie sehr ich mich nach ihr sehnte! Jeder Tag, an dem ich sie nicht haben konnte, war so verloren. Heute Nacht, sagte ich mir, ja heute Nacht würde ich es versuchen. Genauso wie jetzt würde ich mich zusammenreißen und alles geben, um sie endlich haben zu können. Sie wollte es bestimmt genauso wie ich! Nun legte sie ihren Kopf auf meine Schulter und kuschelte sich an mich. Wie gerne hätte ich ihr nun versprochen, dass ich ihr heute Abend all das geben wollte, wonach sie sich sehnte. Aber wie sollte ich ihr etwas versprechen, von dem ich nicht wusste, ob ich es halten konnte? Ich streichelte sanft ihr Haar, ohne dass ich den beiden Sklavinnen, die an uns vorbeihuschten, auch nur eines Blickes würdigte. Nur Rhian zählte für mich.

    Doch dann war sie es, die von der Freiheit zu träumen wagte und mich damit auf andere Gedanken brachte. Sie sprach davon, dass wir ein neues Rundhaus bauen konnten. Unser eigenes! Ich konnte es bildlich vor mir sehen und es erinnerte mich an jenes Haus, in dem ich mit Aislin gelebt hatte. "Ja, das könnten wir!" antwortete ich und ich spürte, wie meine Augen feucht wurden. "Ein Rundhaus nur für uns und für unsere Kinder!" Natürlich würde ich mit ihr Kinder wollen, wenn sie frei leben konnten. "Wir könnten hinauf in den Norden ziehen. Jenseits des Walls sind wir frei! Dort gibt es keine Römer! Nur Pikten." Was nicht das Schlimmste wäre. Wie sagte man so schön? Ein Tod muss man sterben. Warum also nicht bei den Pikten leben?

  • Die sanften Sonnenstrahlen des Vormittags luden wahrhaft dazu ein, einen kleinen Spaziergang im Garten zu machen. Die kleine Marcella war inzwischen schon über eine Woche alt und almählig stellte sich auch bei mir ein gewisser Rhytmus ein. Nachdem ich sie gestillt hatte, war sie recht bald eingeschlafen. Eine meiner Sklavinnen hatte sie übernommen und sie in ihre Wiege gebettet. Danach hatte Eleni mich in den Garten begleitet. In diesen Tagen war sie mir eine noch wichtigere Ratgeberin geworden. Sie lehrte mich nun alles, was eine junge Mutter wissen musste. Dafür war ich ihr sehr dankbar. Auch während unseres Spazierganges sprach sie davon, wie wichtig es war, dass ich auf meine Ernährung achtete, während ich stillte, denn alles was ich aß, würde auch mein Kind in gewisser Weise essen. Im ungünstigen Fall litt es dann auch unter Blähungen, was mir dann schlaflose Nächte bescherte.

    "Lass uns eine Bank suchen. Ich möchte mich ein wenig ausruhen", sagte ich meiner alten Kinderfrau, die mich dann zielstrebig zur nächsten Bank führen wollte. Erstaunt mussten wir jedoch feststellen, dass die Bank bereits besetzt war - von zwei Sklaven! Für gewöhnlich saßen die Sklaven dieser Villa nicht auf Bänken und genossen die Sonne. Diese beiden saßen eng beieinander, wie ein Liebespaar. Das musste ich mir näher anschauen! Als wir und den beiden noch weiter genähert hatten, erkannte ich zumindest den Mann wieder. War das nicht der Custos, der sich dem Angreifer vom Iuno-Tempel in den Weg gestellt hatte und uns so gerettet hatte? Wie ich gehört hatte, war er schwer verletzt worden. Doch den Göttern sei Dank ging es ihm inzwischen schon wieder besser wie man sah. Die junge Frau, die bei ihm saß kannte ich jedoch nicht. Vielleicht war sie sein Liebchen. Eine Sklavin aus der Küche vielleicht. Sie wirkte recht unscheinbar.

    "Du bist doch der Sklave, der uns das Leben gerettet hat, nicht wahr?" fragte ich ihn, nachdem ich an der Bank stehengeblieben war. "Wie geht es dir? Man sagte mir, du hättest schwere Verletzungen davongetragen."

  • Mein Vorschlag gefiel ihm. Er strahlte mich ein wenig an und sprach von Kindern. In dem Moment schlug mein Herz ganz schnell und ich konnte nicht anders, als zurückstrahlen. Vielleicht hatte Morrigan ja doch recht, und er wollte sehr wohl weitere Kinder haben. Wahrscheinlich war das nur in der Trauer um seine Tochter eben begraben worden. Und natürlich war es schwierig, wenn man als Sklave ein Kind bekam, weil die dann auch Sklaven waren. Zumindest, solange ich Sklavin war. Dann mussten wir mehr sparen, um auch die Kinder freizukaufen. Ich hoffte, dass das nicht so viel Geld erforderte, aber ich war gewillt, dafür sehr sparsam zu sein. Und ich hatte jetzt so viel weniger Sorge, dass es passieren könnte. Wir mussten es nicht unbedingt herausfordern, aber wenn die Götter es so wollten, dann würden wir Kinder haben, und sicher würde er sich dann freuen.


    Nur, dass er zu den Pikten wollte, ließ mich etwas grübeln. "Ist es da dann nicht gefährlich? Ich meine, Reunan scheint ja ganz nett, aber ich hab schaurige Geschichten über die Pikten gehört", meinte ich und schaute zu Angus, ob er da mehr wusste. Bis eben hätte ich gedacht, dass er die Pikten nicht mag, aber das war wohl falsch.


    Dann aber kamen Schritte auf uns zu. Die Ehefrau meines Dominus kam mit ihrer Sklavin direkt auf uns zu. Da es zumindest von mir unhöflich gewesen wäre, einfach sitzen zu bleiben, stand ich auch gleich auf und senkte den Blick, während sie Angus ansprach und sich nach seinem Zustand erkundigte. Da ich nicht angesprochen worden war, schwieg ich auch und bemühte mich, einfach möglichst unsichtbar zu sein. Zumal ich von der Eifersucht der Claudia gehört hatte und ich ja nicht wusste, ob ihr Mann ihr gesagt hatte, dass ich zwar seine Sklavin war, aber sein Bett nicht teilte. Ich wollte ihre Eifersucht wirklich nicht unbedingt am eigenen Leib erfahren.

  • Ich war begeistert von ihrem Vorschlag. Vor meinem inneren Auge sah ich schon unsere neue Heimstatt: Ein kleines Rundhaus. In der Mitte eine Feuerstelle. Eine kleine Schar Kinder rannte umher und spielte mit den Hühnern. Dann war da das Mähen der Ziegen und Schafe, die uns täglich mit frischer Milch versorgten und letztere uns ihre Wolle schenkten. Meine wunderschöne Rhian, die an ihrem Webstuhl saß und Stoffe webte. Ich, wie ich in den Wäldern umherstreifte und für uns jagte. Ja, das war das vollkommene Glück! Von nun an wollte auch ich all mein Peculium zusammenhalten und nichts mehr für Wein oder Huren ausgeben.


    Rhians Frage nach den Pikten holte mich kurzzeitig zurück. "Nun ja, es ist nicht gefährlicher als anderswo! Die Pikten stahlen in der Vergangenheit oftmals unser Vieh oder überfielen uns, bevor es den Wall gab." Doch dieses 'uns' gab es nicht mehr. All die anderen Schauermärchen über sie, war nichts als Propaganda. Oftmals von den Römern gestreut. "Doch wenn wir nach Norden ziehen würden, könnten wir uns einem ihrer Stämme anschließen. Du und ich, wir sind Entwurzelte. Wir müssen uns eine neue Heimat suchen." Irgendwo gab es bestimmt ein Fleckchen Erde, auf dem wir siedeln konnten. Mit meinen eigenen Händen würde ich die Bäume roden und das Land urbar machen.


    Urplötzlich wurde ich aus meinen Gedanken gerissen, als sich Rhian erhob und sich demütig mit gesenktem Kopf verharrte. Dann vernahm ich bereits eine weibliche Stimme, die mich ansprach. Ich wollte es Rhian gleich tun, doch bei mir nahm alleine das Aufstehen schon erheblich mehr Zeit in Anspruch und es war schmerzhafter.

    "Oh äh, salve Domina!" begann ich. "Äh ja, das stimmt, Domina. Ich habe dich und deinen Mann zum Tempel begleitet." Ich blickte zu ihr auf. Sie stand nun direkt neben der Bank. Von Rhian wusste ich ja, dass sie noch am gleichen Tag ihr Kind bekommen hatte. Offenbar hatte sie die Geburt gut überstanden. Nun erkundigte sie sich nach meinem Befinden. "Oh danke, Domina! Es geht mir schon besser. Dieser Kerl hat mich am Oberarm und an der Brust verletzt. Aber ich hatte großes Glück, denn das Messer blieb zwischen den Rippen stecken und drang so nicht in meinen Brustkorb ein." Mehr Glück als Verstand, hätte sicher meine Mutter gesagt, würde sie noch leben.

  • Sichtlich überrascht antwortete der Sklave. Kein Wunder, denn offenbar war er mit dem Mädchen, das er bei sich hatte, ganz anderweitig beschäftigt gewesen. Mein Blick fiel kurz auf sie. Mit gesenktem Blick stand sie da, so wie man es ihr beigebracht hatte.

    Der Sklave bestätigte meine Vermutung, dass er derjenige welche war, der uns begleitet hatte. Zwar hatte ich ihn an diesem Tag nicht aus direkter Nähe gesehen, doch ich konnte mich noch sehr gut daran erinnern, wie totdesmutig er sich auf den Angreifer gestürzt hatte. Als er dann davon sprach, welche Verletzungen er davon getragen hatte, erschauderte ich. Allein bei der Vorstellung, dass das Messer in seiner steckengeblieben war, verursachte mir eine gewisse Übelkeit. In der Tat hatte er wirklich viel Glück gehabt! Bei näherem Hinsehen honnte ich nun auch seine Wunde am Oberarm sehen, die er nicht mehr verbunden hatte. Eine Kruste hatte sich darum gebildet, um deren Rand die Haut noch immer errötet und leicht geschwollen war. Ich spürte den Drang, mit meinen Fingern zu ertasten, was ich da sah. Doch letztendlich ließ ich davon ab.

    "Oh ja, du hattest wirklich großes Glück! Den Göttern sei Dank!" antwortete ich nickend und legte nun meinen Blick an jene Stelle, wo sich unter seiner Tunika der Verband um seine Brust befinden musste. "Wie lautet eigentlich dein Name?" fragte ich ihn dann, denn mir wurde bewusst, dass ich seinen Namen gar nicht kannte oder ihn längst wieder vergessen hatte. Dann wandte ich mich wieder zu der Sklavin, die bei ihm war. "Und du kümmerst dich ein bisschen um ihn? Du musst neu sein, denn ich habe dich hier im Haus noch nicht gesehen." Nicht dass ich etwa auf die unzähligen Sklaven achtete, die im Hause tätig waren. Doch gerade bei jungen Sklavinnen, die einigermaßen ansehnlich waren, war meine Aufmerksamkeit seit geraumer Zeit gestiegen. Jede von ihnen konnten potentielle Gespielinnen meines Mannes sein. Vielleicht war ich in dieser Hinsicht etwas paranoid, doch ich ertrug die Vorstellung nicht, mich in der Gegenwart einer solchen Sklavin aufhalten zu müssen, die zuvor von meinem Mann bestiegen worden war.

  • Ich war mir nicht sicher, ob es wirklich so einfach war, sich den Pikten anzuschließen. Und ob die uns wirklich willkommen heißen würden, anstatt uns einfach weiterhin das Vieh zu stehlen, wusste ich auch nicht. Aber ich kam nicht mehr dazu, weiter nachzufragen, weil die Frau meines Dominus zu uns gekommen war.

    Ich stand also da und widerstand dem großen drang, Angus zu helfen und zu stützen. Ich schaute nur immer wieder etwas nervös zu ihm, ob er sich auch wirklich halten konnte, um ihm nötigenfalls schnell beizuspringen. Aber es schien wirklich zu gehen. Zumindest hielt er sich auf den Beinen und antwortete der Claudia auf ihre Fragen.


    Ich bemühte mich weiterhin also, möglichst unauffällig zu sein, als ich dann aber doch bemerkt und angesprochen wurde. Im ersten Augenblick hatte ich es gar nicht bemerkt, dass ich gemeint war, weshalb ich wohl etwas überrascht wirkte, als ich kurz aufschaute, um sie anzusehen. Die Frau meines Dominus war wirklich hübsch, wie ich feststellte. Ungefähr in meinem Alter, vielleicht etwas älter, und noch ein wenig wackelig von der Geburt, aber sonst wirklich hübsch. Und sehr vornehm.

    "Ja, Domina", bestätigte ich ihre frage, ob ich mich um Angus kümmerte. Ich sah kurz zu ihm und lächelte ganz, ganz kurz. Da diese Antwort aber wohl ein bisschen zu kurz wäre, insbesondere, da sie mich nicht zu kennen schien, musste ich wohl etwas ausführlicher antworten. "Ich gehöre seit etwa einem Monat deinem Ehemann, Domina. Er war so gütig, mir zu erlauben, mich um Angus zu kümmern." Ich hoffte, dass das als Erklärung genug war. Ich musste ihr ja nicht gleich auf die Nase binden, dass ihr Mann uns auch eine Beziehung gestattete, und überhaupt all das. Ich hatte ziemlich schnell in meinem Leben gelernt, Römern am besten nur die Fragen zu beantworten, die sie stellten. Das ersparte einem oft viel Ärger.