[MARE NOSTRUM] Ein Traum auf hoher See

  • Nach ihrer Abreise von Syria waren die ersten Tage auf See relativ ruhig und ereignislos. Das Schiff, das sie über die Wellen zurück gen Italien trug war ein griechischer Handelssegler aus Massalia. Nach einem kurzen Zwischenstopp in Griechenland überquerten sie die große leere Wasserstrecke zwischen den Inseln der Ägeis und Sizilien. Knapp nach der Mitte dieser Etappe gerieten sie eines Nachts in unruhigere Gewässer. Es war jetzt kein ausgewachsener Sturm, der eine Gefahr für das Schiff bedeutet hätte, doch blies der Wind doch sehr kräftig unter schwarzen, die Sterne verdeckenden Wolken und die See ging unruhig. Welle um Welle schüttelte das Schiff konsequent durch. Die Mannschaft war auf ihrem Posten, um den weiteren Fortgang des Unwetters zu überwachen, doch bestand keine akute Gefahr.


    Caesoninus bekam nichts davon bewusst mit, da er sich schon vor Beginn des Unwetters schlafen gelegt hatte, doch drangen die entfesselten Elemente auch in seine Träume. Er flog in Gestalt eines Adlers über ein sehr stürmisches Meer. Neptuns Zorn schien gewaltig zu sein und auch der Götterkönig Iuppiter machte sich mit Donner und Blitz stetig bemerkbar. Caesoninus kämpfte mit seinen Flügeln gegen die Winde an, die ihn hinab ins Wasser, in den sicheren Tod hinabzudrücken suchten, doch gab er nicht auf. Neptun würde ihn an diesem Tage nicht in seinem nassen Reich empfangen. Caesoninus versuchte auf Windströme zu kommen, die ihn höher trugen, weg vom Meer und hin zur Wolkendecke. Mit viel Mühe schaffte er es in die erste Wolkenschicht einzudringen, begleitet von einem volldröhnenden Donner und einem hellen Aufflackern. Caesoninus flog höher und höher, bis er die Decke durchbrach und sich jetzt in einem Wunderland von hohen dicken Wolkentürmen um sich herum wiederfand. Die entfesselte Macht des Iuppiter war mit jeder Faser seines Körpers zu spüren so elektrisiert war die Luft. Immer wieder erblühten rund um ihn Blitze, in Form und Ausbreitung Rankenpflanzen nicht unähnlich, ehe sie wieder verglühten und ihr lautes Echo ihnen nachfolgte. Hier war die Macht der Götter unverfälscht sichtbar. Die Gewalt der Unsterblichen gegen die die Menschen nichts waren. Staubkörner, die rettungslos dem Urteil der Olympier preisgegeben waren. Wie winzig waren sie, wie armselig der Versuch sich hinter dünnen Ziegelwänden vor den Elementen schützen zu wollen. Nichts bedeutete all das im Lichte der Allmacht der Großen. Jenen, denen sie Tempelschreine aufrichteten in dem Versuch sie gnädig zu stimmen und nur Gnade war es, das ihnen ihr kleines Leben erhielt. Caesoninus flog höher und höher, so hoch, dass er auch die Sphären des Iuppiter hinter sich ließ und jetzt ganz über den Wolken schwebte.

    Hier war es vollkommen still. Weit unter ihm als massiver Boden wirkend die Wolken des tobenden Sturms, über sich die Sterne und der funkelnde Mond und rund um ihn nichts. Die große Weite des Himmels und des Weltalls spannte sich für Caesoninus um ihn auf und hier war das Fliegen leicht, die einfachste Sache der Welt. Völlige Stille drückte ihm auf die Ohren und mit großen Augen blickte er fortwährend nach oben, hinauf zu den Sternen. Myriaden schöner funkelnder Lichter blinkten und lächelten da auf ihn herab, so unendlich höher noch über ihm stehend. So hoch wie er nie und nimmer fliegen könnte. Was waren Berge im Vergleich zur Höhe der Sterne? Ja was waren vielleicht sogar die Götter gegen die unendlichen Weiten des Universums? Ob es wohl auch den Göttern unmöglich war zu den Sternen zu gelangen? Waren sie die Grenze, die auch Iuppiter und seinen Kinder und Geschwister nicht passieren konnten? Wenn das stimmte, gab es vielleicht noch etwas größeres als die Götter?


    Am nächsten Morgen hatte sich die See beruhigt. Beim ersten Licht der über den Horizont aufsteigenden Sonne wachte Caesoninus auf und hatte keine Erinnerung mehr an seinen Traum.


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