Vale, Vale Roma!?
[brief]Ad Mecinia Mena, Casa Decima, Piräus
Geliebte Mutter
Du kannst dir kaum den Schrecken vorstellen, der mich nach deinem Brief ereilte. Von der Heimtücke des Leidens, welches dich nun neuerlich befallen hat zu lesen war für mich Grund genug, im Tempel für deine Genesung zu opfern. Ich hoffe, du hast bereits aus der Ferne die positiven Auswirkungen dieser Tat gespürt. Wenn nicht, so werde ich ja in Bälde bei dir in Piräus sein.
Da ich mich nun kurz vor dem Aufbruch befinde, verschwende ich nicht die kostbare Zeit mit allzu vielen Zeilen. Stattdessen werde ich mich eilen, mich nun zügig auf den Weg zu machen, wobei ich auf die Gunst der Götter hoffe, die mir den Weg nicht allzu beschwerlich machen. Auch den guten Nepomuk werde ich mit mir nehmen, um mir die Zeit nicht zu lang und zu unangenehm werden zu lassen. Du weißt ja: Mein Bein ist mir noch immer eine Last.
Bis wir uns wiedersehen verbleibe ich mit den besten Wünschen für dich. Mögen die Götter deine Tage und Nächte behüten.
Dein Sohn,
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“Hmmm….,“ gab ich sorgenumwölkt von mir, ehe ich auch noch ein “Hach…!“ ausstieß, was von der Schwere meines Jochs kündete.
Dies war nicht Mutterns erste Erkrankung und ich hatte so sehr gehofft, dass sie bestens genesen noch einigen guten Jahren entgegen blicken würde. So alt war sie ja auch noch nicht. Allerdings hatte ich die Rechnung ohne die Heimtücke gemacht. Auch ohne meine Mutter eigentlich, die ja recht wehleidiger Natur war und nicht zu hoffen wagte, dass sich vielleicht Massa nach Piräus begeben würde, um ihr das klamme Händchen zu streicheln und ihr die Stunden zu versüßen. Nun war ich wieder einmal an der Reihe. Zumindest sollte ich dies sein, was mir ebenso wenig schmeckte, wie altes Brot. Es war nicht nur grausam, diese Gehorsamkeit vom jüngsten Sohn zu verlangen – zumal ihr letzter Brief ein weiteres Mal all die Leiden in einer langen Liste enthielt, welche meiner Mutter meine Geburt bereitet hatte – sondern auch ein fatales Schicksal, denn gehorsam war ich ja immerhin. Dank der Gnade Mecinia Menas mich geboren zu haben und eben, da sie mir Abstriche bei meinem Erbe in Aussicht stellte.
Unter einem weiteren abgrundtiefen Seufzen warf ich meinen soeben geschriebenen Brief von mir. Direkt meinem Sklaven Muckel vor die Füße, der mich betreten anschaute und irgendwie schon ewig dabei an seinen Fingern herum pulte.
“Nun… ich meine…,“ begann er recht verhalten für seine Verhältnisse. “Wir müssen ja nicht nach Piräus!“
Innerlich bewegt hob ich nun den Kopf, während ich noch zusammengesunken zu einem Häuflein Asche auf meinem Sessel in meinem Cubiculum am Schreibtisch saß.
“Was heißt ‚Wir müssen ja nicht...‘ Meinst du etwa, ich fahre allein?“
Meine Gedanken schweiften zu Valentina, während mein Herz ausblutete. Wie ein Opferstier. Es war so grausam. Dann schweiften sie zu Grian, meinem Vetter und überhaupt nach hier und dort. Durch ganz Rom und ächzte unter der Bürde von meiner Mutter geboren worden zu sein.
“Nein! Ich meine… also ich meine… wir könnten hier bleiben und ihr sagen… nun ja….“
Mein Haupt neigte sich nun. Aber eigentlich war ich in den letzten zwei Tagen schon alle Möglichkeiten durchgegangen. Mit dem Ergebnis, dass es eben keine solche gab. Meine Mutter war eben meine Mutter und sie litt. Und sie hatte ja nur noch mich, denn niemand wusste so recht, wo Massa steckte, denn schrieb ja nicht so gerne.
“Wir schreiben ihr, dass du ernsthaft erkrankt bist und nicht reisen kannst!“
“Ach…!“
Ich winkte müde und erschlagen ab. “Dann würde sie mich obendrein verfluchen. Und ihr Brief klang sehr ernst. Vielleicht würde ich das letzte Mal verpassen sie zu sehen. Das würde ich mir nie verzeihen.“
Und wie ich wusste, würde mir meine Mutter das auch nie verzeihen und mich aus der Unterwelt heimsuchen, was eine Sache war, der ich nicht begegnen wollte. “Außerdem haben wir schon gepackt.“
Eigentlich war alles bereit für den Aufbruch. Nur ich war es eben nicht. Die Reise war lang, die Krankheit meiner Mütter so tückisch wie sie selbst und wer konnte schon wissen, wann ich wieder nach Rom…
Nein! Der Gedanke war nicht zu ertragen. Mein Leben war vorbei. Das Leben mit Valentina, sowie unsere schönen Hochzeitsträume. Die Unbeschwertheit war dahin und somit alle meine Freude.
“Soll ich ihn wirklich losschicken?“, fragte mein Sklave, nachdem er den Brief aufgehoben hatte.
Ich schaute ihn einfach nur an. Eine ganze Weile. Dann setzte ich meine Blicke auf das Schriftstück in seinen Händen. Im Anschluss zuckte ich nur mit den Schultern, warf meine Arme gebeugt auf den Tisch und bettete meinen Kopf darauf. Es war zum Heulen. So sehr, dass ich das sogar auch tat. Schreckliches Geschick. Aber ein Mann musste halt tun, was ein Mann tun musste. Zumindest so lange seine Mutter noch lebte, wie in meinem Fall.
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wird fortgesetzt...