[cubiculum] Cnaeus Decimus Casca

  • Vale, Vale Roma!?



    [brief]Ad Mecinia Mena, Casa Decima, Piräus


    Geliebte Mutter


    Du kannst dir kaum den Schrecken vorstellen, der mich nach deinem Brief ereilte. Von der Heimtücke des Leidens, welches dich nun neuerlich befallen hat zu lesen war für mich Grund genug, im Tempel für deine Genesung zu opfern. Ich hoffe, du hast bereits aus der Ferne die positiven Auswirkungen dieser Tat gespürt. Wenn nicht, so werde ich ja in Bälde bei dir in Piräus sein.

    Da ich mich nun kurz vor dem Aufbruch befinde, verschwende ich nicht die kostbare Zeit mit allzu vielen Zeilen. Stattdessen werde ich mich eilen, mich nun zügig auf den Weg zu machen, wobei ich auf die Gunst der Götter hoffe, die mir den Weg nicht allzu beschwerlich machen. Auch den guten Nepomuk werde ich mit mir nehmen, um mir die Zeit nicht zu lang und zu unangenehm werden zu lassen. Du weißt ja: Mein Bein ist mir noch immer eine Last.


    Bis wir uns wiedersehen verbleibe ich mit den besten Wünschen für dich. Mögen die Götter deine Tage und Nächte behüten.



    Dein Sohn,


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    “Hmmm….,“ gab ich sorgenumwölkt von mir, ehe ich auch noch ein “Hach…!“ ausstieß, was von der Schwere meines Jochs kündete.

    Dies war nicht Mutterns erste Erkrankung und ich hatte so sehr gehofft, dass sie bestens genesen noch einigen guten Jahren entgegen blicken würde. So alt war sie ja auch noch nicht. Allerdings hatte ich die Rechnung ohne die Heimtücke gemacht. Auch ohne meine Mutter eigentlich, die ja recht wehleidiger Natur war und nicht zu hoffen wagte, dass sich vielleicht Massa nach Piräus begeben würde, um ihr das klamme Händchen zu streicheln und ihr die Stunden zu versüßen. Nun war ich wieder einmal an der Reihe. Zumindest sollte ich dies sein, was mir ebenso wenig schmeckte, wie altes Brot. Es war nicht nur grausam, diese Gehorsamkeit vom jüngsten Sohn zu verlangen – zumal ihr letzter Brief ein weiteres Mal all die Leiden in einer langen Liste enthielt, welche meiner Mutter meine Geburt bereitet hatte – sondern auch ein fatales Schicksal, denn gehorsam war ich ja immerhin. Dank der Gnade Mecinia Menas mich geboren zu haben und eben, da sie mir Abstriche bei meinem Erbe in Aussicht stellte.


    Unter einem weiteren abgrundtiefen Seufzen warf ich meinen soeben geschriebenen Brief von mir. Direkt meinem Sklaven Muckel vor die Füße, der mich betreten anschaute und irgendwie schon ewig dabei an seinen Fingern herum pulte.


    “Nun… ich meine…,“ begann er recht verhalten für seine Verhältnisse. “Wir müssen ja nicht nach Piräus!“

    Innerlich bewegt hob ich nun den Kopf, während ich noch zusammengesunken zu einem Häuflein Asche auf meinem Sessel in meinem Cubiculum am Schreibtisch saß.

    “Was heißt ‚Wir müssen ja nicht...‘ Meinst du etwa, ich fahre allein?“

    Meine Gedanken schweiften zu Valentina, während mein Herz ausblutete. Wie ein Opferstier. Es war so grausam. Dann schweiften sie zu Grian, meinem Vetter und überhaupt nach hier und dort. Durch ganz Rom und ächzte unter der Bürde von meiner Mutter geboren worden zu sein.


    “Nein! Ich meine… also ich meine… wir könnten hier bleiben und ihr sagen… nun ja….“

    Mein Haupt neigte sich nun. Aber eigentlich war ich in den letzten zwei Tagen schon alle Möglichkeiten durchgegangen. Mit dem Ergebnis, dass es eben keine solche gab. Meine Mutter war eben meine Mutter und sie litt. Und sie hatte ja nur noch mich, denn niemand wusste so recht, wo Massa steckte, denn schrieb ja nicht so gerne.

    “Wir schreiben ihr, dass du ernsthaft erkrankt bist und nicht reisen kannst!“

    “Ach…!“

    Ich winkte müde und erschlagen ab. “Dann würde sie mich obendrein verfluchen. Und ihr Brief klang sehr ernst. Vielleicht würde ich das letzte Mal verpassen sie zu sehen. Das würde ich mir nie verzeihen.“

    Und wie ich wusste, würde mir meine Mutter das auch nie verzeihen und mich aus der Unterwelt heimsuchen, was eine Sache war, der ich nicht begegnen wollte. “Außerdem haben wir schon gepackt.“

    Eigentlich war alles bereit für den Aufbruch. Nur ich war es eben nicht. Die Reise war lang, die Krankheit meiner Mütter so tückisch wie sie selbst und wer konnte schon wissen, wann ich wieder nach Rom…


    Nein! Der Gedanke war nicht zu ertragen. Mein Leben war vorbei. Das Leben mit Valentina, sowie unsere schönen Hochzeitsträume. Die Unbeschwertheit war dahin und somit alle meine Freude.


    “Soll ich ihn wirklich losschicken?“, fragte mein Sklave, nachdem er den Brief aufgehoben hatte.

    Ich schaute ihn einfach nur an. Eine ganze Weile. Dann setzte ich meine Blicke auf das Schriftstück in seinen Händen. Im Anschluss zuckte ich nur mit den Schultern, warf meine Arme gebeugt auf den Tisch und bettete meinen Kopf darauf. Es war zum Heulen. So sehr, dass ich das sogar auch tat. Schreckliches Geschick. Aber ein Mann musste halt tun, was ein Mann tun musste. Zumindest so lange seine Mutter noch lebte, wie in meinem Fall.


    ___


    wird fortgesetzt...

  • - Fortsetzung



    Alles in Allem war es eine infame Angelegenheit, wie mir selbst der Boden – nur noch mäßig benetzt - meines Weinbechers mitteilte. Wie ein Hauch des Schicksals, das mir mitteilen wollte, dass sich alles allmählich einem Ende zuneigte. So auch der Wein in dem Krug, den mir Muckel noch gebracht hatte, während ungezählte Tränen über meine Wangen geflossen waren. Wie die Sturzbäche des Styx, über dem sich meine Mutter ja schon wähnte. Was mir nun noch blieb, war noch einmal nach dem Krug zu angeln, wobei ich rotäugig und feuchtwangig meinem Sklaven entgegen blickte. Meine stummen Befehle der Nachschubbeschaffung gingen an diesem natürlich vorbei, da mir gegenüber auf der anderen Seite des Schreibtisches im Sessel hing und mit offenem Mund vor sich hin schnarchte. Meinen Brief hielt er dabei noch immer in der Hand. Doch ich hatte Glück im Unglück. Der angenehme Faustianer, der Retter in der Not, reichte noch aus, um meinen Becher noch einmal zu befüllen.


    So langte ich also weit über den Tisch, ergriff den gehaltvollen Traubensaft und schenkte mir – so großzügig es noch möglich war – nach. Der erste Schluck des vorerst letzten Bechers schmeckte ebenso köstlich wie jene zuvor. Also wischte ich mir mit dem Handrücken über den Mund und fasste einen spontanen Entschluss. Wieder erhob ich mich, lehnte mich weit über den Tisch und schnaufte so lange, bis es mir mit ausgestreckten Arm gelang, den Brief aus Muckels Hand zu entwinden. Zunächst hielt er diesen wohl recht unbewusst noch fest, ehe auch er nun aufseufzte, sich zur anderen Seite lehnte und weiter schlief. Den Brief hatte er losgelassen, sodass ich diesen nun im Zurücksinken in meinem Sessel mir noch einmal zu Gemüte führen konnte. Wut erfasste mich. Nein, es war noch unangenehmer. Es war Hass. Auf meine Mutter, was ein ungehöriges Gefühl war. Hass auf ihre Krankheit passte da schon besser!


    Entschlossen griff ich nun nach meinem Schreibgerät, fegte das alte Schriftstück beiseite und schrieb erneut in einem geharnischten Duktus, wobei ich stetig und nebenbei aus meinem Becher trank.



    [brief]Ad Mecinia Mena, Casa Decima, Piräus


    Sei mir gegrüßt, Mutter!


    Seit ich von deiner neuerlichen Krankheit erfuhr, kann ich nicht umhin festzustellen, dass es mir mit deinem Willen, mich zu einem Besuch bei dir zu nötigen, so ergeht wie einem Pferd, das gegen den Strich gebürstet, quer durch das Imperium getrieben werden soll. Mit lahmen Bein und gequältem Gemüt.

    Worte genügen wohl kaum, um das nieder zu schreiben, was ich in diesem Moment in meinem Inneren erspüre. Da ich dir dir bereits das Beste an Gedanken und lieben Wünschen gesendet habe – in Opfern und Bitten – bleibt mir selbst an all diesen Dingen nicht mehr viel.

    Ich wünsche dir natürlich die gute Gesundheit zurück, doch wäre es besser, ich tue dies aus der Ferne, da meine Nähe wohl nur in Tiefen führen würde, in welchen ich mich gerade befinde. Dies schreibe ich dir nun schweren Herzens, da die Leichtigkeit sich mir anscheinend nicht mehr zugehörig fühlt.

    Dennoch. So werde ich wohl Verlobte und Lebensglück verlassen, um an der Kante deines Bettes mit dir der Besserung entgegen zu schreiten. Einer Besserung der es von meiner Seite aus gar nicht bedürfte. Ich blicke mit Zorn auf die Reise und auf das Schicksal, das mir nun ebenso übel mitspielt dank dir.


    Dennoch danke ich den Göttern für die Gelegenheit mir auf diesem Papyrus die Luft zu verschaffen, die mir seit deinem letzten Schreiben fehlt.


    Dein Sohn,


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    Ich warf eine feurige Unterschrift unter das soeben verfasste Pamphlet, warf das Schreibgerät auf die Tischplatte und atmete sehr tief durch. Nun fühlte ich mich deutlich besser, weshalb ich gleich noch einen sehr großen Schluck Wein meine Kehle hinunter stürzte und in meiner Sitzgelegenheit wieder zurück sackte. Besser. Viel besser. Mit dem Gefühl einer klitzekleinen Erleichterung sank ich ebenso halbwegs beglückt in einen vorübergehenden Schlaf wie mein Sklave Muckel, der einem rhythmischen, wenn auch recht guturalen Schnarchen verfallen war.


    ----


    - wird fortgesetz

  • - Fortsetzung



    In meinen Träumen wähnte ich mich in schöneren Sphären als diese dieser Tage in der Realität der Casa der Fall war. Allerdings waren diese Träume auch ein wenig schwergängig, was wohl aber noch an dem Faustianer lag, den ich ja überreichlich noch vor dem Schlaf genossen hatte. Doch auch dieser löste sich allmählich von mir. Genauso wie der Schlaf. Als ich meine Augen aufschlug, mit einem etwas angesteiften Nacken, dank meiner nun doch recht ungeeigneten Schlafgelegenheit, musste ich feststellen, dass die Sonne sich schon angeschickt hatte sich zu erheben. Vögelein sangen schon fleißig ihre Liedchen, vom Hortus her wehten einige Stimmen, die wohl von den Sklaven stammten und ich blinzelte träge dazu, ehe ich dann herzhaft zu gähnen begann. Der Sessel meinem Schreibtisch gegenüber war leer. Muckel war wohl schon aufgestanden und mit meinem flauen Magen hoffte ich bereits auf ein kleines Morgenmahl. Nur eine Kleinigkeit. Wasser vor allem, denn mein Kopf war noch schwer. Immerhin nicht mehr so unglaublich schwer wie noch einige Stunden wohl zuvor.


    Dann kam ein Bild in mir zum Vorschein, das von einem Brief kündete, den ich weinschwanger an meine Mutter adressiert hatte. Wie gut, dass ich nun nüchtern war und das Schreiben der Vernichtung anheimfallen lassen konnte.


    Noch vom Schlaf halbwegs gebeutelt wischte ich mir mit den Fingerkuppen über die Augen, ächzte unter meinem Gewicht als ich mich aufrichtete und suchte mit den Blicken nach dem Brief auf meinem Schreibtisch. Die Blicke glitten von links nach rechts und wieder zurück. Meine Stirn runzelte sich fragend und ich seufzte, ehe meine Blicke auch unter einer kleinen körperlichen Verrenkung auch unter dem Tisch nach der Nachricht suchen konnten. Auch hier: Nichts!


    “Ahm…,“ Ich schob mich wieder zurück, stöhnte noch einmal unter der leiblichen Unbill der nächtlichen Schlafstätte und der darunter verhärteten Muskulatur und blinzelte dann recht verwirrt. “Ahm… Muuuckel?“, rief ich dann in den Raum hinein, doch erhielt ich keine Antwort. Oh Nein! Die Botschaft war nicht mehr da! Wo konnte sie nur sein? Ich war doch nicht am Abend noch herum gewandelt und auch unter dem Schlaf neigte ich nicht zu derlei Tätigkeiten, auch wenn es unter zunehmendem Mond wohl durchaus zu so etwas kommen konnte. Bei einigen unserer Sklaven, aber doch nicht bei mir. Oh Nein! Ich rückte meinen Sessel zurück. Etwas seitlich hinter meiner Sitzgelegenheit lag ein Schreiben. Ich schnaufte erleichtert durch, griff danach und führte es mir vor die Augen. Oh Nein!


    “MUUUUCKEEEEEEEEEL!“, krakeelte ich nun volumös, stand auf und und begab mich unter “Ohhh...auuuu aaaaahhhhh...“ und der Folter meines demolierten Knies zur Türe, um diese in einem großen Schwung aufzureißen. “MUUUUUCKEEEEL!“, brüllte ich in den Gang. Ich brüllte und lauschte und in der Tat waren da eilige Schritte. Jedoch gehörten sie nicht zu meinem Leibsklaven, sondern zu einem anderen, etwas jüngeren Mann, der mir hastig und entschuldigend entgegen lächelte. “Nepomuk ist schon los. Er wollte deinen Brief zur Post bringen und er hat...“

    “WAS?“, herrschte ich entgegen meiner eigentlichen Art heraus und stierte dem Jungen entgegen.


    Dieser wirkte leicht erschrocken.

    “Er wollte den Brief, den du gestern...“

    “NEIN!“ Ich holte tief Luft, während mein Herz einen Schlag tätigte, den ich bisher nur durch sportliche Übungen von ihm kannte.

    “Doch, er...“

    “Ja… ja, ja! Ich höre es doch!“, herrschte ich weiter drauf los, während es sich so anfühlte, als würde mein Magen im eigenen Saft schmelzen.

    Noch einmal schaute ich auf den Brief, den ich in meiner Hand hielt. An meine liebe Mutter adressiert und in welchem ich ihr in so lieben Worten… nein! Muckel hatte den falschen Brief mitgenommen!

    “Oh, ihr Götter!“, hauchte ich nun zittrig dahin, was den jungen Sklaven noch mehr zu verwirren schien.

    “Er kommt sicherlich gleich wieder!“, brachte er unter einem verklemmten, aber nicht minder freundlich gemeinten Lächeln hervor.

    “Sicher!“, konnte ich noch sagen. Doch eigentlich verspürte ich das arge Bedürfnis, mich wieder setzen zu müssen.

    “Ich könnte ja in der Zeit mal in die Küche gehen und dir….“

    Wie der Satz des Sklaven weiter ging vermochte ich nicht mehr zu sagen, denn in meiner Beklommenheit, dass nun der geharnischte Brief auf den Weg nach Piräus gebracht wurde – hin zu meiner Mutter – war dies völlig irrelevant.

    Die Götter hatten sich gegen mich gewandt. Das war so gut wie gesichert!



    ---


    - wird fortgesetzt

  • - Fortsetzung


    Wenn ich Muckel erwischte, dann konnte er was erleben! Wie hatte er nur das falsche Schreiben von dannen tragen können!? Konnte er etwa nicht lesen?


    Wie auch immer diese Sache gelagert war, mein Blut wallte so heftig, dass ich schon beinahe Schnappatmung bekam. Was hieß „beinahe“? Ich hatte sie ja schon längst! Mit der Hand fächelte ich mir Luft zu und meine Blicke wanderten zu den Sesseln. Dann zum Bett. Doch meine Ruhebeürfnis war nun dahin, weshalb ich vor der verschlossen Tür auf und ab ging, die Fäuste ballte und mir schließlich – im Elend über das Gesicht meiner Mutter, wenn sie diesen Brief erhielt – sogar flüchtig in einer meiner Fäuste hinein biss. Das ging so nicht! Ich musste hinter meinem Sklaven her!


    Also riss ich die Türe wieder auf, stellte fest, dass der junge Sklave sich getrollt hatte, und eilte daraufhin gleich selbst drauf los, hin zur Porta, um von dort aus zu sehen, was ich noch ausrichten konnte. Wahrscheinlich nichts, doch das war etwas, worüber ich besser nicht nachdachte, wenn ich ein kleines Stück Seelenfrieden in mir bewahren wollte.


    ->Porta Casa Decima

  • Mögen hätt' ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut

    Diesmal konnte ich mich nicht vor der Arbeit drücken. Etwas Seltsames lag in der Luft. Ich hatte es ja nur mit einem halben Ohr mitbekommen, was passiert war. Dominus Cascas Mutter sei erkrankt hieß es. Und als pflichtbewusster Sohn wollte er natürlich sofort zu ihr. Allerdings wohnte die Gute nicht direkt hier um die Ecke, sondern in in Pireus oder so ähnlich. Ich hatte keinen blassen Schimmer, wo dieses Pireus lag. Bis mir Sidonius, der syrische Custos schließlich verriet, dass Pireus eigentlich Priäus hieß und das der Hafen von Athen war. Aha! Hautsache nicht dumm sterben, dachte ich mir.

    So scharfsinnig, wie ich nun mal war wusste ich sofort, dass wohl demnächst eine Schiffsreise anstand! Hafen = Schiff!

    Ich war noch nie auf einem Schiff gewesen. Das war bestimmt waaahnsinnig aufregend! Bei der Gelegenheit dachte ich wieder einmal an Silas, der immer davon geträumt hatte, mal auf einem großen Schiff zu fahren. Wo er nur war und wie es ihm dort ging? Ich schob die Melancholie beiseite, denn es gab noch irre viel zu tun! Die Wäsche des Dominus musste noch gewaschen werden, seine Koffer packten sich auch nicht von alleine. Auf Muckel zu hoffen tat ich mir erst gar nicht an, denn der Kerl war dermaßen verpeilt. Am Ende fehlte die Hälfte der Sachen von Dominus Casca.

    Was mich ja ein wenig stutzig machte bei der ganzen Sache, es hieß es immer nur Dominus Casca und sein Leibsklave reisen nach Piräus. Und was war mit mir? Er wollte mich doch nicht am Ende hier lassen? Ich, die Stütze seines Haushalts, ohne die hier absolut gar nichts lief! Naja, das war jetzt vielleicht ein bisschen weit hergeholt. Aber dennoch, Dominus Casca würde etwas fehlen, wenn er mich nicht mitnahm! Ich musste ihn nur noch davon überzeugen, das dem tatsächlich so war!

    Ein paar Mal hatte ich versucht, einfach ins Atrium hineinzuplatzen, getreu dem Motto: ‚Tarra, hier bin ich‘. Beim ersten Mal hatte ich nur einige Gesprächsfetzten mitbekommen.



    Zitat:
    Original von Gnaeus Decimus Casca

    “Naja… wir müssen zumindest aufbrechen!“, sagte ich dann für die Umstände doch recht diplomatisch.
    “Ja…. Ich meine… ja…. Domina Mena ist ja auch recht zäh….“, stellte nun Muckel seine Gedanken in den Raum.

    Entsetzt blieb ich stehen und machte keinen Schritt weiter. ‚Hä was, wer muss brechen?‘ schoss es mir durch meine Gedanken- Wir waren doch noch gar nicht auf dem Schiff! Wenn sich das nicht nach einer bösen Magen-Darm-Infektion anhörte! Vielleicht sollte ich schnell in die Culina eilen und Dominus Casca einen Kamillentee zubereiten. Aber nein, am Ende musste er ja gar nicht... also sich übergeben... oder so. Nein, das war keine gute Gelegenheit, um den eigenen Dominus zu umgarnen, damit er mich mitnahm!

    Einige Zeit später war ich wieder auf dem Sprung zum Atrium. Diesmal war offensichtlich Besuch eingetroffen. So ein Mist, schon wieder war Dominus Casca beschäftigt. Langsam musste ich mir echt etwas einfallen lassen, denn morgen schon sollte es losgehen! Aber natürlich interessierte es mich auch brennend, wer dieser exotische Kerl im Atrium war. Ich musste nicht lange warten, denn dann bekam ich eine Antwort auf meine Frage!



    Zitat:
    Original von Gnaeus Decimus Casca

    “Die Nasirs sind Gewürz- und Sklavenhändler. Sie wollen in Richtung Piräus, so wie wir!“
    Alles in Allem eine recht praktische Angelegenheit.

    Mir blieb beinahe das Herz stehen! Nasir... Sklavenhändler... Mir wurde ganz blass um die Nase! Wieso traf sich der Dominus mit einem Sklavenhändler? Doch nicht etwa wegen mir? Wollte er mich etwa... verkaufen? Nein, dass konnte doch nicht sein? Was hatte ich falsch gemacht? Wenn ich jetzt nicht zu feige gewesen wäre, hätte ich mich ihm direkt entgegen gestellt und gefragt, WARUM???!!! Aber ich war noch nie eine Superheldin gewesen, deshalb hielt ich es für besser, mich rar zu machen.

    Erst am Abend traute ich mich wieder aus meinem Versteck heraus. Inzwischen war ich ein einziges Nervenbündel und konnte kaum noch klar denken. Was sollte ich nur tun? Dominus Casca konnte mich doch nicht einfach so verschachern! Schon gar nicht an einen solchen exotischen Kerl!

    Irgendwann fand ich mich vor der Tür zu Dominus Cascas Cubiculum wieder. Mit zittriger Hand klopfte ich zaghaft an. Vielleicht zu zaghaft. Denn ich hörte kein ‚Herein‘. Ganz vorsichtig öffnete ich die Tür und steckte meinen Kopf hindurch. „Dominus, bist du da?“

  • Re: Mögen hätt' ich wollen, aber dürfen hab' ich mich nicht getraut


    Die Sonne war just versunken und ein recht warmes Licht durchflackerte von zwei Feuerschalen aus den Raum. Neben meinem Bett befand sich eine rußende Öllampe, welche sich ebenfalls mühte, güldenes Licht über meine Abschrift von Ovid zu zaubern, welche ich – auf dem Rücken liegend unter dem Versuch in den vorzeitigen Schlaf zu finden – in meinen Händen hielt und versuchte zu lesen. Ein Schwärmen wie sonst aber wollte sich nicht einstellen und mit einem Schlag wirkten die Zeilen auf mich öd und hohl, wie eine Zimbel, der man den Klang geraubt hatte. Muckel war nicht in meinem Cubiculum anwesend. Er hatte noch einmal ein paar Dinge in meinen Reisetruhen verstaut, die ebenso auf den Morgen warteten wie ich. Dieser war aber noch eine Weile hin. Eine Weile, die Muckel nun für sich nutzte, um einer der Küchenmägde mit einem Abschiedsgeschenk zu beglücken. Ich hoffte dabei nur, dass ich dieses Geschenk nicht am Ende mit einem Peculium versehen musste, bis es sich dann irgendwann die Freiheit erkaufen konnte. Aber ich gönnte Muckel seine Erfolge ja auch gern, wenn ich schon selbst keine vorzuweisen hatte. Wieder entglitt mir ein Seufzen unter des Ovidius poetischer Metamorphose. Wandlungen gehörten zum Leben einfach dazu und was man subjektiv dabei empfinden mochte war eine reine private Angelegenheit. Meine Gedanken schweiften nun wieder einmal mehr zu meiner Valentina, vor meinem inneren Auge schon mit einer Schar unserer Kinder umringt und mit einem freudigen Lächeln in dem so schönen Gesicht. So wollte ich sie in Erinnung behalten. Mit diesem Lächeln, nur vielleicht dabei ohne die Spösslinge, denn das Licht der Welt würden diese ja nicht erblicken. Ja, ein frühes Ende war ihnen beschieden, aber vielleicht gehörte auch zu den Wandlungen, dass manches erst gar nicht begann, um etwas anderem Platz zu machen. Etwas Unerwartetem vielleicht. Etwas, was auch ein tiefes Glück in sich barg.


    Über diesem Sinnieren, musste ich einen Moment tatsächlich weggenickt sein, denn ich erwachte mit dem Schriftstück auf dem Gesicht und recht ausgestreckt auf meiner Liegestatt, als ich eine Stimme vernahm, die horchen wollte, ob ich wohl anwesend sei. Ich blinzelte, ächzte dann recht leise und dezent und zog mir den Ovid vom Gesicht, um diesen zur Seite gleiten zu lassen. “Was?“, entkam es mir belegt, leise und müde und ich stöhnte noch einmal kurz auf, noch halb Dämmerzustand gefangen. Dann wischte ich mir über die Augen und nickte schließlich. “Ich denke schon!“, gab ich dann noch ebenso belegt und müde von mir, jedoch nun deutlich lauter und vernehmlich. Als ich mich ein wenig auf den Unterarmen aufstützte und nach dem Urheber der Frage suchte, entdeckte ich Grians Antlitz im Spalt der Tür. “Grian!“, sagte ich nun leicht überrascht. Sie hatte ich doch suchen wollen, doch war ich wohl durch mein Elend dann doch zu abgelenkt gewesen. “Schön, dass ich dich nun gefunden habe!“, stellte ich dann – unter leicht verdrehten Tatsachen in den Raum – und lächelte dazu matt. “Ich hätte dich noch suchen lassen...“


    Mit einer leichten Handgeste bedeutete ich ihr einzutreten. Immerhin musste ich sie nun – für sie recht überraschend wohl – fragen, ob sie ihren Dominus auf die Reise begleiten wollte. Auch meinem Vetter hatte ich einen solchen Vorgang ja schon in meinem Schreiben angekündigt. “Ich… muss mit dir reden!“ sagte ich dann winkte meine Sklavin weiter zu mir und setzte dann eine ernste Miene auf. Sofern dies im müden Zustande meiner selbst noch ging.

    “Und … ahm… bring mir mal den Becher dort drüben mit. Also mit… eingeschenkt!“ Ich richtete mich gänzlich in meinen Laken auf und stellte fest, dass ich noch keinerlei Plan hatte, wie ich das Erklären der Umständn nun bewältigen wollte. Piräus war weit weg. Der Weg war lang, die Zeit unbestimmt an sich, wie so ziemlich alles. Alles in allem schaute ich also nachdenklich drein und betrachtete mit müden Augen, welche ich dann und wann ein wenig aufriss, um den Schlaf darinnen los zu werden, das Tun meiner Sklavin, bis sie vor meinem Bett stehen würde.


  • Das schwache Licht einer einzigen Ölfunzel, die der Dukelheit des Raumes nicht viel abzuringen vermochte, bemerkte ich schließlich. Er musste da sein, sonst würde die Öllampe ja nicht brennen. Vielleicht schlief er bereits, weil er es womöglich gewesen war, der sich den ganzen Nachmittag übergeben hatte. Vielleicht wäre ein Kamillentee doch hilfreich gewesen, sinnierte ich, während ich unsicher durch den Türspalt lugte.

    Dann endlich ein Lebenszeichen. Der Dominus musste einfach nur gedöst haben und war nun aufgewacht. Er wirkte überrascht, mich noch zu sehen. Vielleicht hatte er geglaubt, der Sklavenhändler hätte mich schon längst mitgenommen. Zum Glück hatte ich mich für den Rest des Nachmittags gut versteckt gehalten. So konnte ich ihn vielleicht jetzt doch noch umstimmen.

    „Dominus, ich…äh“, fing ich an, doch ich verlor schnell wieder den Mut, als Dominus Casca erwähnte, dass er mich suchen lassen wollte. Verdammt, es war ihm also richtig ernst! Ich erstarrte. Auch dann als er mich zu sich winkte, bekam ich keinen Schritt vor den anderen. Aber irgendwie schaffte ich es dann doch. Äußerst beklommen kam ich seiner Bitte nach. Als ich auf halben Weg zu seinem Bett stand und er mir sagte, er müsse mit mir reden, spürte ich eine heftige Erschütterung in mir, als hätte mich jemand mit einer Keule niedergeschlagen. Mir kamen die Tränen und ich begann zu zittern. Jetzt gleich würde er mir sagen, dass er meiner überdrüssig war und mich an den Kerl von heute Nachmittag verhökert hatte. So ein Mist! Hier hatte ich doch alles und mit der Zeit hatte ich mich auch richtig wohl gefühlt. Obwohl manche der Sklaven echt bescheuert waren.

    Er winkte mich noch näher zu sich hin. Doch dann sollte ich noch seinen Becher mitbringen und ihn vorher auffüllen. Zitternd wandte ich mich zu dem Tablett, dass auf einer Kommode stand und auf dem eine Kanne und ein Becher standen. Ich füllte den Becher mit dem Wein-Wasser-Gemisch aus der Kanne. Dabei verschüttete ich fast die Hälfte, weil ich so aufgeregt war. Ich atmete erst mal tief durch, bevor ich mich zu ihm auf den Weg machte.

    Oh Mann, sein Gesicht sprach Bände! Eine total finstere Miene! Was hatte ich nur getan, dass er so sauer auf mich war?
    Als ich dann neben seinem Bett angekommen war, reichte ich ihm zunächst den Becher. „Bitte, Dominus!“ Für einen kurzen Moment trafen sich unsere Augenpaare. Ich schluckte schwer. Bisher hatte ich versucht meine Tränen zurückzuhalten. Aber das wurde immer schwieriger. Schließlich brach es aus mir heraus. Ich begann zu heulen, warf mich vor seine Füße und begann zu jammern. „Bitte Dominus, bitte tu das nicht! Ich werde von jetzt ab, auch immer sehr fleißig sein, so dass du dich nie mehr wegen mir beklagen musst!“

  • Re: Mögen hätt' ich schon wollen, aber dürfen hab' ich mich nicht getraut


    Ganz zerschlagen fühlte ich mich noch einen Moment, doch es war auch schön, Grian nun hier zu wissen, was mir das Gefühl gab, nicht völlig allein zu sein. Allerdings schien die Gute ein wenig Zurückhaltend zu sein und das passte nicht in das Konzept, welches ich bisher von ihr hatte. Einen Moment verfolgte ich noch ihre Bewegungen mit meinen Blicken, ehe ich noch einmal zu meinem geliebten Ovid sah. Etwas stimmte doch hier nicht!? Und das lag nicht etwa an dem, was mich in Bälde erwartete. An meiner Statt schien Grian nun zu zittern, was ich mir so recht gar nicht erklären konnte. Als sie mir den Wein eingoss, bebten sogar ihre Hände und ich kam nicht umhin meine Stirn zu runzeln. Fürchtete sie sich vor mir? Ein wenig Ehrfurcht hatte ich mir schon immer gewünscht, doch in diesen Augenblicken erschien es so, als hätte ich des Öfteren schon versucht ihre diese einzuprügeln, was doch so gar nicht meine Art war. Auch ich war nun ein wenig berwirrt, nahm den Becher, den sie mir nun reichte, an mich und schaute Grian wieder an.


    Meine Blicke trafen die ihren und dann kam ein Flehen aus ihr heraus. Vielleicht hatte ja gar nicht ich vor sie zu schlagen, sondern jemand anderes. Dass Grian sich ob ihrer heiteren Art nicht nur die besten Freunde machte, war mir ja bekannt. Also holte ich schon Luft, um meine wohl berechtigte Frage an sie zu richten, aber der Moment der dabei verstrich reichte schon nicht mehr aus, um auch Worte aus meinem Mund hervor zu bringen. Es brach schier aus meiner Sklavin hervor, die urplötzlich aufheulte und sich vor meine Füße schmiss, was ich mit nunmehr offenem, aber stummen Mund und eben noch dem Becher in der Hand betrachtete. “Bona Dea!“, entkam es mir perplex und sicherlich auch besorgt. Vor allem weil sie nun auch meinte, dass ich etwas nicht tun sollte und sie nun fleißig sein würde und ich mich nie wieder würde beklagen müssen. Ein irritiertes Blinzel konnte ich nicht vermeiden und ich schaute noch einen Augenblick auf Grian hinab. Was hatte sie bloß wieder angestellt? Es hatte schon Tage gegeben, in welchen sie aus dem Carcer hatte abholen müssen und auch andere Dinge waren schon vorgefallen, über die man seinen Unmut bei mir kund getan hatte, weshalb meine Besorgnis nun verständlicherweise ebenso wuchs.


    “Ähhh….,“, begann ich zögerlich. “Bei allen Göttern, Grian. Was hast du denn jetzt schon wieder angestellt?“, wollte ich anfangs noch recht verhalten wissen. Danach störte mich der Weinbecher in meiner Hand nun doch und ich setzte ihn zurück auf das Tablett, um mich ächzend zu meiner Sklavin hinunter zu neigen, um einen Versuch zu beginnen, sie irgendwie wieder auf die Füße zu bekommen. Ehrfurcht war ja wunderbar und auch wünschenswert von den eigenen Sklaven, aber das hier ging mir nun doch ein wenig zu weit. “Also… ich empfinde das ja sehr lobenswert, aber… ich meine… ähm… was genau soll ich denn nicht tun?“ Etwas unsicher und vielleicht auch unbeholfen legte ich ihr meine Hand auf den Kopf und tätschelte diesen ein wenig, in der Hoffnung, dass sie vielleicht dadurch spontanen Trost finden würde, doch so wirklich rechnete ich damit nicht.


  • Ja, genau! Bona Dea, seufzte er. Mir war ja klar, dass er es mit mir bisher nicht leicht gehabt hatte. Und ich wusste auch nur zu gut, dass ein anderer Herr mich schon längst wieder davongejagt hätte. Dominus Casca war die Gutmütigkeit in Person! Ich hatte diese Gutmütigkeit manchmal ganz schön strapaziert. Wenn also nun noch jemand helfen konnte, dann war es Bona Dea! Vielleicht tat sie das ja auch mit ein wenig Glück. Doch stattdessen trafen mich seine Worte, die zwar nicht vorwurfsvoll gesprochen worden waren, aber dennoch im Nachhall einen gewissen Anklage beinhalteten. Dabei war ich mir einer aktuellen Schuld doch gar nicht bewusst! Ich hatte nichts kaputt gemacht. Ich war nicht faul gewesen (jedenfalls nicht fauler als sonst). Und ich hatte auch nichts mitgehen lassen. Außerdem hatte ich es mir abgewöhnt, in fremden Cubicula einzudringen und herumzuschnüffeln.


    Da ich immer noch am Boden kauerte und laut schniefte und jammerte, beugte er sich zu mir herab. Was er dann sagte, verunsicherte mich etwas. Anscheinend war es ihm gar nicht bewusst, wie sehr ich darunter litt, fortgeschickt zu werden. An einen wildfremden Kerl verkauft zu werden, der mich dann ins entfernteste Eck des Imperiums verschacherte. Noch mehr verwirrte es mich, als er dann meinen Kopf zu tätscheln begann. Äh, Moment. Wie auf Kommando hörte ich auf zu jammern und wischte mir die Tränen ab, dann sah ich zu ihm auf. Mein Gesicht mit den verheulten Augen sah wahrscheinlich schlimm aus.

    „Bitte verkaufe mich nicht. Nicht an diesen schmierigen Kerl von heute Nachmittag. Ich verspreche, ich werde von jetzt an keine Dummheiten mehr machen und mir dreimal vorher überlegen, was ich so daher plappere.“ Gut, für letzteres wollte ich nicht meine Hand ins Feuer legen, aber für den Teil mit dem Dummheiten machen, hatte ich gute Chancen, mein Vorhaben erfolgreich umzusetzen.

  • Re: Mögen hätt' ich schon wollen, aber dürfen hab' ich mich nicht getraut


    Ich ahnte ja so absolut gar nicht, was in meiner Sklavin vor sich ging, weshalb auch mein Gesichtsausdruck diesen Umstand sehr wohl widerspiegeln musste. Dabei fragte ich mich wirklich, was meine Grian denn nun wieder Fürchterliches angestellt hatte, sodass sie eine Strafe erwartete. So kam es mir vor. Etwas entsetzt machten sich meine Gedanken auch gleich auf den kreisrunden Weg, grasten durch die Räume der Casa und aller hier Wohnenden, ob es jemanden geben konnte, dem sie etwas angetan haben könnte. Oder auch gerade nicht das, was dieser jemand wohl von ihr gewollt hätte. Eine Unterlassungschuld sozusagen. Ich rang nach Luft und wollte auch sogleich weiter nachhaken, auf was ich mich denn nun schon wieder gefasst machen musste – zumal ja mein emotionales Kostüm bereits jetzt schon recht löchrig und pflegebedürftig war. Musste ich wieder in irgendein Officium und für die Machenschaften meiner Sklaven eine Kaution oder dergleichen hinterlegen?


    Als Grian sich nicht trösten ließ – der Versuch blieb ja auch weiterhin vorhanden mit meiner Hand auf ihrem Kopf, doch war er wohl deutlich zu unbeholfen, jammerte sie weiter mit tränennassen Augen, die mich flehend ansahen, als erblickten sie gerade ihren Henker. Mater Iuno! Was ging hier bloß vor? Sie wollte nicht verkauft werden, was sicherlich ein recht verständlicher Wunsch war, aber wer bei allen Furien wollte so etwas tun? Ich jedenfalls nicht, aber ich lauschte erst einmal verdattert weiter und hörte von einem schmierigen Kerl, der am Nachmittag hier gewesen war, woraufhin noch zwei Versprechen folgten, die sie einzuhalten gedachte. Weniger Dummheiten und darüber Nachzudenken, was man von sich gab, waren eine sehr lobenswerte Sache, doch leidgeplagt wie ich war, waren mir ihre Dummheiten nur im größten Schadensfall aufgefallen und das Geplappere war ich von früher Jugend an von Muckel gewohnt, weshalb ich diesem Umstand keine große Bedeutung zumaß. Was also dachte sie denn?


    “Was für ein schmieriger Kerl?“, wollte ich aber erst einmal wissen, und sah sie dabei fragend an. Dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen! “Ach! Der Nasir!“ Ich winkte ab und atmete erleichtert auf. “Er ist Orientale und Händler und...“ Ich plötzlich inne, denn mir fiel nun noch etwas auf. “Oh! Und du glaubst, ich will dich an ihn verkaufen?“, kam ich wohl nun der Sache auf die Schliche. “Aber nein!“ Nun lachte ich erleichtert, sah aber schon im nächsten Moment auch sogleich keinen Grund mehr dafür und meine Stirn runzelte sich wieder. “Wieso? Hat er dich gesehen und angesprochen?“, brach es vorwurfsvoll aus mir heraus. Immerhin hatte er Muckel für lohnenswert empfunden. Von unserem Sabinerinnen-Bildnis mal ganz abgesehen. Vielleicht hatte er imaginär schon allen unseren Sklaven ein Schildchen mit einem Preis angehängt. Das würde ich klären müssen. Übergriffig war das! Absolut übergriffig und keineswegs respektvoll. Das ging so nicht!

  • Dominus Casca schien erst gar nicht zu begreifen, worauf ich hinaus wollte. Das verwirrte mich natürlich noch mehr. Erinnerte sich denn nicht an diesen exotischen Händler, der ihn am Nachmittag besucht hatte? Doch so langsam fing es bei ihm zu rattern, so dass es ihm schließlich wie Schuppen aus den Haaren fiel.

    „Willst du nicht? Du willst mich gar nicht verkaufen, Dominus?“ Als er dies verneinte, verirrte sich endlich wieder ein zartes Lächeln auf meinem Gesicht und strahlte ihn an. Auch er begann zu lachen und wirkte auf einmal wesentlich entspannter, als zuvor. Doch schnell runzelte sich wieder seine Stirn zusammen und auch mein Lächeln verdünnisierte sich wieder.
    „Nein, er hat mich nicht angesprochen, Dominus. Das konnte er auch gar nicht, denn ich habe mich sofort versteckt als ich ihn gesehen hatte. Erst jetzt habe ich mich wieder herausgetraut. Weil…“ Ich stockte wieder, denn auch wenn er mich nicht an den Orientalen verhökern wollte, musste das noch lange nicht bedeuten, dass er mich auch nach Piräus mitnahm. „Äh, eigentlich wollte ich dich schon heute Nachmittag fragen, Dominus. Aber äh… es kam immer wieder was dazwischen.“ Meine Wangen begannen sich leicht zu röten, weil ich mir nicht sicher war, ob es nicht doch sehr unverschämt war, weshalb er mir noch nicht gesagt hatte, dass ich mit nach Piräus kommen sollte. Doch meine Neugier obsiegte schließlich.

    „Willst du mich denn nicht mit nach Piräus nehmen, Dominus?“, fragte ich ihn verlegen. „Ich könnte dir dort bestimmt von Nutzen sein, Dominus. Ich könnte deine Wäsche waschen und deine Toga in Falten legen. Oder deine Schuhe putzen.“ Also alles, was ich bisher nur mit einem gewissen Widerwillen gemacht hatte.

  • Re: Mögen hätt' ich schon wollen, aber dürfen hab' ich mich nicht getraut



    Zugegebenermaßermaßen hatte ich mir für den Vorabend meiner Abreise sehr viel beruhigendere Szenen in meinem bett vorstellen können, aber das hier wäre mir in den kühnsten Träumen – von denenen ich ja durchaus welche besaß – nicht vorstellen können. Wie kam dieser Nasir auf die Idee, mir meine Sklaven abspenstig machen zu wollen? Aber noch war das ja nicht ganz gesichert und eine Erklärung würde von Grian davon ja noch kommen müssen. Immerhin war ich sehr froh, dass sie nun verstand, dass ich nicht die Absicht hegte, sie an einen Orientalen zu verschachern. Überhaupt, dass ich sie nicht verkaufen wollte. Ich lächelte noch einmal, als ihr Strahlen im Gesicht sah, was der Sklavin besser stand als die verweinten Augen. Auch mir bereitete es mehr Frieden. Und dann erzählte sie, wie sie auf diese abstruse Idee gekommen war, was mich ebenso mit Erleichterung erfüllte.


    Der Nasir hatte sie gar nicht angesprochen, denn ehe er sie überhaupt hätte erblicken können, war sie schon in einem Versteck gewesen. Wie ich Grian kannte und infolgedessen einschätzte, war dies auch ein recht Gutes gewesen. Ihre Verstecke waren mir immer ein Rätsel geblieben, deren Spur ich bisher noch nicht hatte aufnehmen können. Weshalb die Beziehung zu ihr oftmals damit verknüpft war, mich zu fragen wo sie jetzt schon wieder steckte. Aber das alles sollte egal sein. Wichtig war nun, dass sie da war, wieder fröhlicher dreinschaute und ich den Orientalen noch vor der Abreise zur Rede stellen müsste. Das hätte mir wohl morgene inige Bauchschmerzen bereitet.

    Dann aber meinte Grian, dass sie noch eine Frage hatte und ich nickte.


    “Ich höre..,“ gab ich von mir, aber sie redete schon weiter, während ich nun an meinem Weinbescher nippte, von dem ich im Nachgang einen wunderbaren Schlaf versprach. Was meiner Sklaven in ihrem Versteck dazwischen gekommen sein mochte blieb als weiteres Rätsel im Raume stehen, doch war doch hier eher die Frage bedeutsam, ob sie mit nach Piräus kommen können. Ihre Verlegenheit diesbezüglich war recht drollig anzuschauen und ich schmunzelte nun. Es war ein Schmunzeln, welches den Beigeschmack einer leichten Skepsis bekam, als Grian hinzufügte, dass sie mir bestimmt von Nutzen sein würde, meine Toga in Falten legen wolle und obendrein meine Schuhe zu putzen gedachte. “Wirklich?“, fragte ich gleich nach ihren Worten in der Tat erstaunt.


    Nicht, dass sie derartiges nicht tat, aber ihre Miene dabei hatte immer den Rückschluss gefordert, dass sie lieber andere Tätigkeiten verrichtete, die eigentlich immer sehr wenig mit Arbeiten zu tun hatten. Obwohl ich ihr so viel Arbeit gar nicht machte und mein Muckel war ja auch noch da. “Das war bereits von mir so angedacht!“, stellte ich heraus, trank noch einmal und setzte dann den Becher wieder auf das Tischchen neben meinem Bett. Wäsche waschen war gut. Nur meine Toga hatte schon genug Knitterfalten, vor allem, weil es Muckel war, der sie einer der Truhen verstaut hatte. Aber dennoch. “Ich wollte dich sowieso fragen, aber du warst nicht aufzufinden. Wir reisen morgen in aller Frühe ab, weshalb du besser schnell noch einpackst, was du mitnehmen möchtest.“ Vielleicht wäre es wirklich nicht schlecht, eine weibliche Sklavin dabei zu haben. Vielleicht fiel es Grian leichter mit meiner Mutter zurecht zu kommen als mir und Muckel. Sie war ja auch eine Frau. Ich schaute Grian wieder an und nickte ihr zu. “Wir alle nehmen aber nur das Nötigste mit!“ stellte ich noch schnell heraus, auch wenn ich mir nicht sicher war, ob Grian überhaupt mehr als das Nötigste überhaupt besaß. Sollte dem so sein, so war dies wohl mein Fehler. “In Piräus und Athen gibt es wunderbare Märkte!“, stellte ich in Aussicht, sagte aber dazu nicht mehr.

  • Er wollte mich sowieso fragen, ob ich mitkommen wollte? „Ach echt?“ Da war ich ganz baff! Hätte ich das mal früher gewusst! Das war ja schon ein feiner Zug, dass er mich überhaupt fragte und nicht einfach so über mich bestimmte. Andererseits hätte ich mich sicher nicht so weit aus dem Fenster gelehnt, hätte ich geahnt, dass ich ihn begleiten sollte. Trotz allem war ich sehr froh und strahlte noch mehr, so dass ich beinahe der Ölfunzel Konkurrenzgemacht hätte. „Vielen Dank, Dominus!“, rief ich und küsste seine Hand.


    Vor Freude sprang ich auf. Mein Dominus hatte Recht, ich musste mich beeilen, wobei es da nicht viel zusammenpacken gab, da ich nicht viel besaß. Zwei oder drei Arbeitstuniken als Ersatz würde ich einpacken. Andere hatte ich ja nicht. Aber Dominus Casca winkte schon mit seiner letzten Bemerkung heftig mit dem Zaunpfahl. Ja, ja, die wunderbaren Märkte in Piräus und Athen! Ich konnte es kaum erwarten!
    „Dann werde ich am besten sofort packen, Dominus.“, rief ich aufgekratzt und wollte schon gehen. Doch dann wandte ich mich doch noch einmal zu ihm um. „Gute Nacht, Dominus!“ Dann ging ich.

  • Re: Mögen hätt' ich schon wollen, aber dürfen hab' ich mich nicht getraut


    Ich nickte auf ihre Nachfrage hin. Grian wirkte sehr erstaunt, im Nachgang dieser Emotion dann aber wohl auch erfreut. “Aber Grian,...“ entkam es mir dann auch sogleich etwas verlegen, als sie meine Hand küsste. Welch liebe Geste! So vertraut und doch respektvoll. Derartiges war ich gar nicht gewohnt! Ich lächelte vor mich hin und zuckte dann leicht zurück, als meine Sklavin dann hoch erfreut aufsprang und sich ans Packen machen wollte. “Sicher, tu das nur!“, sagte ich dann und schaute ihr nach, nicht ohne nun meinerseits ebenfalls ein gewisses Glück zu verspüren. Dann überlegte ich kurz. Ob ich sie bitten sollte, mir in dieser Nacht noch einmal das Knie zu massieren? Ich musste gestehen, dass es mir auch nichts ausgemacht hätte, wenn nicht nur mein Knie… Dann seufzte ich schwer. Es war der Moment, in welchem ich das ‚Gute Nacht, Dominus,‘ von ihr vernahm. “Schlaf gut, Grian!“, sagte ich dann aber matt. Ich wollte sie ja nicht aufhalten, oder gar zu etwas nötigen, wenn am nächsten Morgen doch eine lange und höchstwahrscheinlich beschwerliche Reise bevorstand. Zunächst über Land bis nach Brundisium und dann weiter mit dem Schiff gen Athen. Auch ich brauchte ja meine Ruhe und auch ein wenig Entspannung.


    TBC: Porta

  • Cf: Erst hin, nun wieder zurück


    Erst hin, nun wieder zurück


    Am Morgen... eigentlich war es ja schon Mittag, stand ich auf, gähnte herzhaft und weckte dann Grian sachte, ehe ich Muckel - ich hatte ihn rufen lassen - auftrug, uns Frühstück in das Cubiculum zu bringen. Dabei brachte er auch die Post mit und ich las nun interessiert die Einladung von Flavia Domitilla, welche eine Saturnalienfeier veranstalten wollte. Richtig. In Bälde wäre es ja wieder zu sein. Mit Schrecken erinnerte ich mich an jene Feier vor einigen Jahren, bei welcher ich so tief in den Weinkrug geschaut hatte, dass ich um ein Haar der Rex Bibendi geworden wäre, wäre ich nicht ob meiner aufgekommenen Orientierungslosigkeit im Garten verschollen gewesen. Eine sehr peinliche Angelegenheit, welche ich besser schnell wieder verdrängte.

    Dann lächelte ich Grian zu, erzählte ihr von der Feier und machte ihr das Versprechen, ihr etwas Wunderschönes zum Anziehen zu besorgen. Schließlich würde ich sie mit mir nehmen, was Muckel einmal mehr zum Knurren brachte. Doch sollte er nur! Danach musste ich mich um meine Geschäcte kümmern, also schickte ich auch Grian aus dem Cubiculum und ging meine sonstigen Briefe und Geschäftsunterlagen durch, was ungelogen bis zum Abend dauerte. Auch die nächsten Tage verliefen friedlich und ich verbrachte viel Zeit damit, mich zu erholen. Vor allem im Balneum, welches ich sehr oft aufsuchte. Mal mit, mal ohne Grian. Es war schön, wie der daheim zu sein. In Rom. Ich schrieb einen Brief an meine mittlerweile ja genesene Mutter und entschuldigte mein Nicht - Erscheinen und meinen letzten Brief und widmete mich dann der Antwort für die Flavia.

    Civis.gif

  • Die Sonne stand schon im Zenit, als Dominus Casca mich sanft weckte. Solange hatte ich geschlafen! Doch bevor ich aus dem Bett hüpfen konnte, um mich um das Frühstück zu kümmern, hielt er mich zurück. Ich küsste ihn und lächelte ihn dann an.

    Mir war ein wenig flau im Magen, was ich aber als Hunger gedeutet hatte. Aber auch dafür hatte Dominus Casca gesorgt. Denn schon kurze Zeit später trat Muckel mit einem Tablett voller Leckereien herein. Er warf mir einen mürrischen Blick zu. Seitdem er das mit Dominus Casca und mir herausgefunden hatte, war unser Miteinander noch schwieriger geworden. Neben dem Frühstück hatte er auch die Post mitgebracht. Er sah sich die Briefe an und fischte einen heraus. Es war eine Einladung der Flavier zu den anstehenden Saturnalien. Ich hatte schon viele Saturnalien miterlebt. Die meisten waren nicht sehr schön gewesen. Doch die im letzten Jahr hatten bereits schon eine Steigerung erfahren. In diesem Jahr würde sicher alles noch übertroffen werden, denn mein Dominus versprach mir, mich mitzunehmen zu den Flaviern. Doch vorher wollte er noch mit mir einkaufen gehen, um etwas richtig Schickes für die Saturnalien zu finden.

    Ja, das musste wirklich echte Liebe sein! Völlig beschwingt zog ich mich an und verließ das Cubiculum, als er mich darum bat. Ich lief wie auf Wolken, denn ich war im siebten Himmel und erlebte gerade das vollkommene Glück...

  • Oh weh.... was nun?


    Ich war in meinem Cubiculum angekommen und hatte mich auch gleich - nachdem ich noch einige Runden um ihn herum gedreht hatte - an meinem Schreibtisch nieder gelassen. Dann hatte ich nach einer Wachstafel gegriffen und notierte die ersten Sätze für den Brief, den ich der Kaiserin schreiben wollte. Nur wo sollte ich anfangen? Sie war die Kaiserin, ich war selten bei ihr gewesen und nun wollte ich auch noch eine Sklavin heiraten. Und das ganz bestimmt! Nur ich stellte bald fest, dass mir die Worte fehlten und so recht auch keine kommen wollten, welche angemessen gewesen wären. Vielleicht wäre es besser, wenn ich es ganz unterließ und einfach zur Salutatio ging. Dann wäre sie zwar überrascht, aber auch unvorbereitet. Oder wäre es anders doch besser? Ich warf meinen Stilus auf die Tischplatte, ließ mich rücklings in den Korbsessel sinken und schloss für einen Moment die Augen. Eigentlich war es doch hier ganz ruhig. Bis auf Muckel, der hereinkam und sich nach meinem Befinden erkundigte. Alwina war bei Grian und das war gut so. Nicht dass ich ihr nicht helfen wollte, doch ich fühlte ich mir im Moment schlicht und ergreifend überfordert. Ich wartete noch einen Augenblick, atmete tief und bewusst und beruhigte mich wirklich so langsam. Nein. Ich würde einfach zur Salutatio gehen und nichts weiter schreiben. Das war besser so. Fand ich.

  • Oh weh.... was nun?


    Ich hatte es gerade noch rechtzeitig zur Latrine geschafft. Ich hasste es, wenn diese Übelkeit plötzlich so aus dem Nichts über mich kam. Doch Roxana. die Köchin, hatte mir schon mehrfach bestätigt, dass es ein gutes Zeichen wäre, wenn man häufig zu Übelkeit in der Schwangerschaft neigte. Denn dann wäre das Kind ganz sicher ein Junge! Das hatte mich dann immer wieder getröstet, denn Casca sprach doch immer von seinem Sohn, wenn er über unser Kind sprach. Wenigstens das wollte ich ihm geben, wenn ich zu sonst nichts zu gebrauchen war.

    Alwina, Massas Frau war mir zu Hilfe gekommen und hatte mir beigestanden und beruhigend auf mich eingeredet. Sie hatte schon zwei Kindern das Leben geschenkt und trug nun auch das dritte in sich. Sie half mir auch danach, nachdem ich mich übergeben hatte und mich völlig kraftlos gefühlt hatte. Schließlich begleitete sie mich noch in die Küche. Roxana reichte mir etwas Wasser und gab mir ein Stück Brot, das ich essen sollte, damit diese Leere im Magen wieder verschwand, wie sie sagte.

    Als ich mich zumindest körperlich wieder besser fühlte, dankte ich beiden und wollte mich zurückziehen. Ein wenig Ruhe wäre nun sicher angebracht gewesen. Aber um wirklich Ruhe zu finden, geisterten noch zu viele Gedanken in meinem Kopf herum. Ich hatte das Gefühl, geradewegs auf ein Unglück zuzusteuern und dabei alles und jeden mit mir zu reißen. Doch das musste ich verhindern, alleine schon aus dem Grund, was ich für Casca empfand. Der Gedanke an die Konsequenz wühlte mich nur noch

    mehr auf. Doch ich durfte jetzt nicht zögern und beschloss zum Cubiculum meines Dominus' zu gehen.

    Ich klopfte an, öffnete sie Tür einen Spalt, so dass ich einen Blick hineinwerfen konnte. "Darf ich eintreten, Dominus?" Allerdings fand ich ihn nicht an seinem Schreibtisch sitzend vor, sondern scheinbar völlig ermattet in einem Korbsessel sitzend. Seine Augen waren geschlossen und Nepomuk stand daneben. Mir wurde plötzlich Angst und Bang. Was hatte ich nur angerichtet. Ohne auf eine Antwort zu warten, stürmte ich hinein zu dem Korbsessel und ließ mich vor ihm nieder und ergriff seine Hand. "Dominus, ist dir nicht gut?  Brauchst du einen Arzt?" Meine Stimme zitterte vor Angst. Es war doch hoffentlich nicht schon zu spät!

  • "Ich will ja nicht sagen, dass ich es gleich gesagt habe," sagte Muckel, während er nun neben meinen Korbsessel kam.

    Ich jedoch hob nur müde die Hand.

    "Dann lass' es einfach!", gab ich ermattet von mir.

    Die Augen hatte ich noch immer geschlossen und ich genoss einfach die Ruhe. Vielleicht mochte es aussehen, als würde ich gleich einschlafen, doch das tat ich keineswegs. Im Geiste stellte ich mir bereits die Audienz bei der Kaiserin vor. Ich wollte keine Überraschungen. Sie sicherlich auch nicht, auch wenn mein Wunsch gewiss eine wäre. Doch nur eine Kleine. Ich war ja nun nicht so bedeutend in Rom. Ich seufzte zum tausendsten Mal gefühlt und grübelte weiter, bis es an der Tür klopfte. Zum Glück hatte auch Muckel den Mund gehalten. Als Grian in der Tür erschien öffnete ich meine Augen wieder.

    "Dominus?", fragte ich müde nach. Ach ja. Ich war es ja noch. Und auch das würde ich ändern müssen. Gleich morgen. Nein, nachher! Am besten ich machte kurzen Prozess, egal was die Kaiserin sagen würde. Ich würde Grian freilassen und nicht länger als Sklavin behalten, sondern als Libertina in meinem Haus. Wenn denn alle Stricke reißen sollten, so konnte sie wenigstens eine gute Partnerschaft mit einem anderen eigehen. Sogar mit einem Römer, so sie denn wollte. Auch wenn mir das Herz bluten würde. Nun aber stürmte sie auf mich zu, sackte vor mir in die Knie und ergriff meine Hand.

    "Grian!", entfuhr es mir. "Was tust du denn da?"

    Muckel schaute weg, irgendwohin, doch eigentlich registrierte ich das gar nicht.

    "Nein, nein, ich brauche keinen Arzt!" Eher eine Amphore Wein, doch das sollte ich auch lassen. Es wäre besser. "Ich bin nur in Gedanken gewesen."

    Nun ergriff auch ich ihre Hand und tätschelte diese. "Steh' doch auf bitte! Und sag' nicht mehr Dominus!" Dann fiel mir etwas ein und ich bschaute sie sorgenvoll an. "Oder willst du mich nicht mehr 'Geliebter' nenne? Oder in Bälde deinen Ehemann?" Das war nun wirklich eine Sorge. Sie hatte einen Fehler gemacht. Sie hatte schon viele Fehler gemacht, was aber kein Grund war, sie nun von mir zu stoßen oder sie nicht mehr zu lieben. Das könnte ich eh nicht.

  • Er hatte seine Augen wieder geöffnet, aber seine Stimme klang müde. Mein Fehltritt hatte ihm viele Neven gekostet und nun, da ich auf ihn zu gerannt war und mich vor ihm niedergelassen hatte, weil ich dachte es ginge ihm schlecht, wurden es wohl noch mehr. Aber ich atmete erleichtert auf, als er meine Frage verneinte. Er sei nur in Gedanken gewesen, sagte er. Aber wie es sonst um ihn stand behielt er für sich.

    Mein Blick ging kurz zu Nepomuk hinüber, der sich von mir abgewendet hatte. Ich wusste, dass er mich nicht mochte und seitdem unser Dominus es in Erwägung gezogen hatte, mich freizulassen und auch noch zu ehelichen, war seine Abneigung noch stärker geworden. Als Casca meine Hand ergriff und sie tätschelte, waren meine Augen wieder auf ihn gerichtet. Es gefiel ihm nicht, das ich vor ihm auf die Knie gesunken war und ihn noch immer Dominus nannte. Als ich mich dann erheben wollte, veränderte sich sein Blick. Etwas sorgenvolles lag darin. Ob er schon etwas ahnte, weshalb ich zu ihm gekommen war? Doch als er mich fragte, ob ich ihn nicht viel lieber Geliebter oder Ehemann nennen wollte, traf ich das tief. Damit hatte ich nicht gerechnet und ich spürte schon, wie ich wieder schwach zu werden drohte, denn ich liebte ihn ja. Wie gerne hätte ich ihn meinen Geliebten genannt und noch viel lieber Ehemann, wenn es so weit wäre.

    So verharrte ich vor ihm während sich schon wieder meine Augen mit Tränen füllen wollten.

    "Ich liebe dich über alles, das sollst du wissen. Aber willst du das wirklich? Eine wie mich heiraten?", fragte ich ihn. "Du wirst mich nirgendwo mit hinnehmen können, weil ich dich dort zum Gespött der Leute machen könnte. Sie werden über dich herziehen oder dich sogar verspotten, weil du keine Frau aus einer guten römischen Familie geheiratet hast, sondern mich, deine Sklavin. Willst du das wirklich?", fragte ich ihn erneut, während ich mit den Tränen kämpfte. "Und dein Bruder? Möchtest du, dass er sich von dir abwendet... wegen mir? Obwohl du doch über seine Rückkehr so glücklich warst. Das willst du doch nicht, oder?", fragte ich ihn, als eine Träne an meiner Wange herunterrann.