[atrium] Casa Decima

  • CF: Vale, Vale Roma!? (Porta)


    Das morgendliche Treiben gab mir recht. Allein war ich nicht. Sonderlich beachtet wurde ich allerdings auch nicht, was aber nicht ganz so tragisch war. Mein Blick schwenkte müde hin zum Impluvium und ich seufzte einmal mehr. Vielleicht war nun die Zeit gekommen, mich zu beruhigen, wieder tiefer zu atmen und die Sache nicht ganz so tragisch zu nehmen. Es galt sich nur auf die innere Ruhe zu konzentrieren, wofür ich mich auch redlich bemühte.


    Sonderlich weit kam ich nicht, denn ich hörte Schritte und ich wurde angesprochen.

    “Casca!“, ertönte die fröhliche Stimme meines Leibsklaven und ich fuhr herum. “Ich habe schon einiges erledigt und ich war beim Cursus Publicus und dann...“

    Einen Moment schaute ich Muckel einfach nur an, während er beglückt durch seine morgendlichen Taten einfach weiter plapperte. Dann – irgendwann – brach es einfach aus mir heraus.

    “BIST DU IRRE?“

    Muckel zuckte zusammen und schaute drein wie ein junges Rind, das man soeben aus heiterem Himmel mit einem sehr großen Hammer konfrontierte.

    “Wieso????“, entkam es dann meinem Sklaven etwas schwachbrüstig und geradezu brüskiert.

    “Wieso? WIIIESO? Das war der falsche Brief!“, stellte ich vehement in den Raum, fuhr mit beidhändig durch mein Haar an den Schläfen und stellte dabei fest, dass ich schon wieder aus der Ruhe gekommen war. Unter dieser Feststellung ging ich wieder ein paar Schritte, wobei ich weitere Erkenntnisse in Gedanken wiederkäute. Muckel folgte mir, jedoch lediglich mit seinen Blicken und einem schief gelegten, fragenden Haupt.


    “Wenn meine Mutter diesen Brief liest, dann...“, sprach ich nun zu meiner Überraschung deutlich ruhiger aus… “Dieser Brief wird sie umbringen!“ Vielleicht nicht körperlich. Aber seelisch. Ich schaute mit fatalistischem Augenaufschlag meinem Sklaven entgegen.

    “Äh...“ Auch Muckel war nun sprachlos.

    Ich schwenkte um, humpelte zu einer kleinen Bank und ließ mich darauf nieder, wobei ich mein Augenmerk auf den Boden vor mir heftete.

    “Wie meinst du das… der falsche Brief? Hast du etwa!?“

    Ich nickte schwer, während ein langer Moment der Schweigens sich über uns beide legte. Dann regte sich Muckel wieder, kam auf mich zu und setzte sich neben mich, wobei er mich prüfend beschaute.

    “Also… der Brief ist nun schon weg… aber… ich meine… vielleicht… also…,“ Kurz geriet mein Leibsklave ins Nachdenken. “Wenn du meinst, der Brief bringt sie um… dann…. Müssen wir vielleicht gar nicht nach Piräus reisen!“


    Irgendwie klang Muckel in diesem Moment sehr weise und konnte nicht umhin zu bemerken, dass seine Worte in mir einen gewissen Anklang fanden. Das hieß, wären die Hintergründe nicht so infam. Also seufzte ich wieder bleiern und wünschte mich wie so oft in den letzten Tagen in die Arme meiner Verlobten, die schon gar nicht mehr meine Verlobte war, denn die Reise bedeutete ja immerhin den Bruch unserer Beziehung und den Untergang unserer Hochzeitspläne. Muckel stattdessen zu umarmen erschien einen kleinen Moment lang recht verheißungsvoll, doch verzichtete ich darauf.


    “Naja… wir müssen zumindest aufbrechen!“, sagte ich dann für die Umstände doch recht diplomatisch.

    “Ja…. Ich meine… ja…. Domina Mena ist ja auch recht zäh….“, stellte nun Muckel seine Gedanken in den Raum.

    Das war sie wohl, da hatte er recht. Es blieb nur die Frage, wie zäh ich selbst denn war. Wenn meine schriftlichen Worte sie nicht zu Fall brachten, dann sicherlich mich, sobald ich den Fuß auf decimischen Boden in Piräus setzte.


    - wird fortgesetzt

  • Inzwischen war ein wenig Zeit verstrichen, doch was bedeutete schon Zeit? Sie war nur eine weitere Komponente im Spiel des Lebens und oftmals war ich ja ganz froh, dass sie verging. Nicht in den schönen Momenten, aber in den scheußlichen war es doch eine Gnade.


    Inzwischen hatte ich noch mehrmals geseufzt, während Muckel und ich uns recht lahm aber in eigentlich aufmunternder Absicht auf die Oberschenkel geklopft hatten. Eine eher männliche Geste, wie ich wähnte, denn Traurigkeit und letzten Endes Melancholie war doch eher etwas für Frauen, die gerne darüber ‚redeten‘. Hier im öffentlichen Raum aber war das wohl wenig angebracht. Wie ein Wunder erschien es, dass gerade hier im Atrium nun doch einiges an Betrieb war, der die gute Olivia vorbei getrieben hatte, die uns mit mitfühlenden Blicken bedacht und sich nach meinem Befinden erkundigt hatte.


    Da hatte ich dann doch nach Glück schmachtend geseufzt, woraufhin sie meinte, ein guter Kuchen würde über vielerlei Kummer hinweg helfen. Daraufhin hatte sie sich aufgemacht, um mir und Muckel ein schönes Stück zu bringen. Als sie zurückkam, nahmen wir das Kleinod dankbar entgegen und nagten in eiserner Schweigsamkeit daran herum, bis auch dieser Friede letztendlich gestört wurde.


    “Dominus Casca?“, hallte eine recht tiefe Stimme durch das Atrium.


    Sie stammte von einem Nubier, der gerne dem Ianator zur Hand ging und geradezu klettengleich an diesem Manne hing. Fragend und recht erstaunt hob ich den Kopf in die Richtung, aus welcher die Stimme kam und hielt überrascht auch in meinem Kauen inne.

    Tatsächlich war es der Nubier, der von einem viel kleineren, weniger muskulös bestücketen und etwas untersetzen Mann verfolgt wurde, der eine recht urige Erscheinung darstellte. Auch Muckel hatte den Kopf gehoben und beschaute sich den Ankömmling mit tief gerunzelter Stirn.


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    “Das ist Sin-Nasir!“, sagte der Nubier erklärend, deutete auf den Orientalen und wirkte dabei selbst mehr als nur skeptisch.

    “Ach was!“, gab ich mit vollem Munde von mir, kaute dann aber noch einmal und schluckte den – sehr wohl an sich köstlichen – Bissen hinunter, während ich den Mann musterte.

    Sein Erscheinen war wie zum Erstaunen gemacht und noch hatte ich keine Ahnung, warum ausgerechnet ich…

    “Ah! Ach so!“, fiel es mir dann aber wie Schuppen von den Augen. “Der Händler!“

    Der Orientale nickte erfreut und etwas blitzte fröhlich in den großen, dunklen Augen. Irgendwie vorwitzig erschien das.

    “Ja! Sin Nasir mein Name, Decimus!“, tönte es dann auch schon heiter in diesem unnachahmlichen Orientalen-Akzent. “Du hattest dich nach eine Mitreisegelegenheit erkundigt und da unsere Karawane… ich meine Händlergemeinschaft schon sehr bald aufbricht….“

    “Natürlich, natürlich!“, sagte ich schnell, drückte hastig Muckel meinen Restkuchen in die Hand und erhob mich, um mir dann auch noch fix die Krümel von der schönen Tunika zu klopfen. “Sehr erfreut. Ja. Ich würde mich gerne anschließen, um einer sicheren Reise willen.“


    Warum sollte ich die Leibwächter der Casa mit mir herumreisen lassen, wenn es auch anders ging. Für einen Obulus bekam man ja schließlich den Schutz für unterwegs ebenso und zur Last fallen wollte ich ja niemandem und wer wusste schon, wie lange meine Mutter….


    Hinter mir hatte sich nun auch Muckel erhoben. Noch immer recht skeptisch wie es schien.

    “Casca?“, sprach er mahnend meinen Namen aus, doch ich winkte schnell ab, drehte mich leicht zu ihm und erklärte das eben schnell.

    “Die Nasirs sind Gewürz- und Sklavenhändler. Sie wollen in Richtung Piräus, so wie wir!“

    Alles in Allem eine recht praktische Angelegenheit.


    “Oh ja. Das ist richtig!“, gab der Nasir nun in einem leicht öligen Unterton von sich, verneigte sich dann leicht und ich kam nicht umhin zu bemerken, dass sein funkelndes Kenner- Augenmerk nun über meinen Muckel graste. Von oben nach unten und wieder zurück, was Muckel natürlich nicht entging, weshalb er wohl ein verhaltendes Räuspern von sich gab und unruhig von einem Bein auf das andere trat.

    “Ein schöner Mann!“, entkam es dem Nasir dann lobend und ein wohilges Lächeln begann damit, dessen Lippen zu umspielen.


    Nun war es an mir mich zu räuspern.


    “Oh ja… äh… ja… vielen Dank!“, brachte ich heraus, grinste nun meinerseits – vielleicht etwas verdattert – und schob Muckel leicht hinter mich. Dass Nepomuk etwas Attraktives an sich hatte, so er denn wollte, war mir irgendwie schon bewusst. Immerhin gelang es ihm ja die ein oder andere Sklavin zu beeindrucken, aber dieses Lob hier ging mir nun doch zu sehr in die Tiefe. “Ich meine… Ich bin… auch sehr stolz auzf ihn!“, sprach ich dann schnell weiter, was Muckel überrascht nach Atem schnappen ließ.

    “Wirklich?“, wollte er dann gewispert wissen, aber ich schüttelte sehr leicht und entnervt den Kopf.

    “Er würde einen guten Preis auf Chios machen. Wirklich nett… sehr nett,“ philosophierte der Nasir weiter, während ich einmal tief durchatmete.

    “Ja...äh… er ist aber nicht...also… Ich würde ihn nie… außerdem ist er ja schon so alt… ahm...alteingessen hier und….war ein Geschenk meiner Mutter!“

    “… Casca!?“, kam es nun von Muckel und man konnte das neuerliche Stirnrunzeln quasi schon seiner Tonlage entnehmen.

    Der Nasir lachte nun. Etwas zu glockenhell für meinen Geschmack, aber immerhin winkte er nun seinerseits ab.

    “Keine Sorge. Sin Nasir will ihn nicht kaufen!“

    “Das ist gut!“, quittierte ich sogleich die Aussage und atmete noch einmal tief durch. “Dann können wir ja die Formalitäten besprechen… für die Reise. Vielleicht im… ahm… Tablinum?“, bot ich freundlich an und deutete leicht in die Richtung, in welcher der Raum zu finden war.

    “Sehr gern!“, gab der Nasir strahelnd wie die Morgensonne von sich, bevor er Luft holte, als wolle ich sich derartig damit vollsaugen, um wie eine Wolke eben dort hinüber schweben zu können.


    “Also gut. Danke Natterkamisi…du kannst dann zur Tür zurück!“

    Der Nubier war ja immerhin auch noch anwesend.

    “Natakamani!“, entkam es ihm noch pikiert und ich nickte zügig.

    “Sagte ich doch!“, schnappte ich und schwenkte schon einmal um, um ins Tablinum hinüber zu humpeln.


    Muckel tat es mir gleich, hielt sich aber neben mir nun recht auffällig in Deckung. Dann fiel mir doch noch etwas ein. “Oh! Nakatam… Natta… äh… könntest du bitte in der Culina Bescheid geben, dass wir ein kleines Mahl… nichts Großes… aber… du weiß schon!“

    Der Nubier verzog den Mund, was von einer leichten Genervtheit kündete, nickte dann aber und trollte sich zügig, während ich einladend eine großrahmige Armgeste machte, um den Nasir tiefer in die decimischen Gefilde zu führen, welche er mit den Rücken gelegten Händen, im Schlenderschritt und wohlgefällig grinsend betrachtete. Wieder von oben bis unten und zurück.

    “Meinst du das ist eine gute Idee… das…?“ Muckel wisperte mir diese Worte zischend ins Ohr und deutete dabei mit einem Kopfrucken auf den Nasir, der noch ganz fasziniert von einer der Wandmalereien war.

    “Hast du eine bessere?“, zischte ich zurück. “Wir haben es eilig und sooo wählerisch können wir nicht sein.“ Ich drehte mich vor dem Eintritt ins Tabliunum noch einmal zu dem Nasir herum.

    “Das Bild zeigt der Raub der Sabinerinnen!“, erklärte ich verhalten, weil der Mann nun davor stand und ein wenig Abstand zwischen uns gebracht hatte.

    “Sabinerinnen…. Schöne Frauen… wüden viel Geld einbringen…“ Der Nasir lächelte wieder breit und zuckte dann mit den Schultern. “Nur Spaß!“

    Ich rang tief nach Atem. Das konnte ja heiter werden.