Officium des Subpraefectus Vigilum

  • Dies ist das Officium des Subpraefectus Vigilum

    Der Subpraefectus unterstützt den Praefectus bei seinen Aufgaben und führt die Übersicht über sämtliche Stationes der Vigiles in der Stadt

  • Bitte melden Sie sich an, um dieses Bild zu sehen.Der Furius und sein Sklave fanden den beschriebenen Weg, ohne noch einmal zwischenfragen zu müssen.

    Andreas beeilte sich, seinem Herren vorauszueilen, was nicht so einfach, da er ziemlich bepackt war, und klopfte nach einem Kopfnicken von Saturninus an die Porta des Officiums des Subpraefekten: klopf...klopf...

  • Atticus hatte das Gefühl, hinter diesem Schreibtisch zu versumpfen. Eigentlich sollte er dankbar dafür sein, so schnell die Karriereleiter raufzufallen. Wieviele Subpraefecten gab es schon in seinem Alter, die nicht irgendwie mit dem Kaiser persönlich verwandt waren? Sehr, sehr, sehr wenige. Wahrscheinlich war er sogar der einzige. Trotzdem sehnte er sich sehr nach der Zeit zurück, in der er einfach nur seinen persönlichen Haufen Vigiles herumscheuchen hatte dürfen, ohne dass ihm permanent jemand über die Schulter blickte. Der Praefectus Vigilum schaute ihm zwar wirklich nicht ständig über die Schulter, aber er fesselte ihn metaphorisch gesprochen an diesen Schreibtisch, indem er sämtliche Korrespondenz, die ihn nicht brennend interessierte, bei Atticus ablud. Und der fand diese Schriftstücke jetzt auch nicht gerade spannend. Ja, mitunter dachte Atticus darüber nach, einfach alles hinzuschmeißen und irgendwo mit Pontus auf eine einsame Insel im Mare Internum zu fliehen. Selbst dort war es dann wahrscheinlich spannender.


    Heute kam wenigstens ein bisschen Abwechslung in den grauen Alltag, da einer der Vigile vom Tor ihm einen Gast angekündigt hatte. Einen Procurator, wenn Atticus das richtig verstanden hatte. Aber es wäre ihm auch egal gewesen, wenn es der Abgesandte der Vereinigung der Kanalreiniger gewesen wäre. Alles, ALLES war besser, als den fünfzigsten Bericht zu lesen und sich zu überlegen, ob man den nicht schon letzte Woche genauso gelesen hatte.

    Als es also klopfte, rief Atticus auch schnell "Herein!" und wartete, wer da kommen würde. Die Tür ging auf, und er hatte das Gefühl, den Mann von irgendwo zu kennen, aber er kam nicht drauf. Seine geheime Superkraft bestand ja darin, Namen zu vergessen, noch während sich Leute vorstellten. Meistens kam er dann im späteren Verlauf wieder darauf, woher er jemanden kannte, aber im Moment war es nur so ein leises Gefühl im Hinterkopf.

    "Ah, salve. Setz dich doch", lud Atticus seinen Gast ein und umging dabei mehr oder weniger geschickt eine Begrüßung mit Namen, in der Hoffnung, dass der ihm noch einfallen würde.

  • Andreas würde vor der Tür verharren, und Saturninus trat ein. Beim Anblick des alten Bekannten flog ein breites Lächeln über sein Gesicht, es war ein Lächeln der Freude und der Anerkennung; sie hatten es beide weit gebracht:

    "Salve Subpraefekt Pompeius", grüßte er, und harrte einer namentlichen Begrüßung, die aber nicht kam. Und ich hätte gedacht, dass ich unvergesslich bin, spottete der Furius in Gedanken über sich selbst und half seinem Gegenüber auf die Sprünge:

    "Ich bin Procurator Annonae Furius Saturninus. Wir kennen uns allerdings schon von früher. Sklavenmarkt. Du hast mich vor dem Kauf einer pyromanen Fugitiva bewahrt. Und dann waren wir in einer Caupona, die so ähnlich heißt wie ich: Im Schatten Saturns. Und du hattest auch einen Schatten, der dich begleitete- groß, schwarz, haarig, verrückt nach Speckdatteln. "


    Er wartete darauf, dass dem Subpraefekten ein Öllämpchen aufging.

  • Seine zweite geheime Superfähigkeit war, bei vollständiger Ahnungslosigkeit überzeugend so zu tun, als wisse er genau, worum es ging. Das war etwas, das jeder gute Kommandant früher oder später lernen musste, und auch Atticus hatte da schon einen ordentlichen Einlauf seines Centurios damals erhalten, als er irgendwann einmal den absolut tödlichen Satz Ich weiß es nicht gesagt hatte. Nein, ein Kommandant wusste einfach immer, was u tun war, und zwar insbesondere dann, wenn um ihn herum gerade die Welt unterging und er selber keine Ahnung hatte, wieso das war. Dann ganz besonders!

    Und so gab Atticus sich auch entsprechend selbstsicher und sagte auch lächelnd: "Wie könnte ich das vergessen? Natürlich erinnere ich mich." Tat er auch. Aber nur ganz vage. Immerhin war das ganze jetzt wie lange her? Ein halbes Jahr? Noch länger? Fehlendes Zeitgefühl war schließlich noch eine dritte Superkraft.

    "Warst du nicht damals auf dem Sprung für eine weite Reise?" Irgendwas klingelte da doch bei Atticus, und die Nachfrage konnte ja schließlich nicht schaden. Wenn er sich irrte, konnte er es auf die lange Zeit schieben, und wenn er recht hatte, wäre das quasi der Beweis für sein gutes Erinnerungsvermögen.

  • Saturninus hätte von sich aus jetzt kein namedropping* betrieben, aber der Pompeius gab ihm eine gar so schöne Vorlage, als er die Reise erwähnte.

    "Ja, das ist korrekt.", sagte er daher: "Das war kurz vor meiner Abreise. Ich bereiste im Auftrag des Caesar Augustus fast zwei Monate lang den östlichen Mittelmeerraum."

    Klang ein wenig so, als würde der erlauchte Caesar Augustus jedesmal den Furius losschicken, wenn in den Provinzen die Kacke am Dampfen war. So als eine Art Götterbote Mercurius und Augiasstall ausmistenden Hercules in Personalunion. Saturninus ging auch nicht davon aus, dass man ihn wirklich vergessen haben konnte, daher wagte er nun ein herzliches Lächeln:

    "Lange, lange ist es her", sprach er:

    "Aber deinen Pontus hast du noch?" Das war aufrichtig, Saturninus mochte Tiere:

    "Darf ich Platz nehmen?", anerkennend schaute er sich im Officium um. Pompeius Atticus war noch sehr jung und hatte es weit gebracht. Er war ohne Zweifel sehr tüchtig. Durch politisch kluge Schachzüge ( Saturninus tippte auf die Mutter, Iunia Axilla, die obgleich in letzter Zeit stiller geworden, immer noch gute Beziehungen hatte) war er außerdem Klient der Augusta:

    " Ich gratuliere dir übrigens zum Subpräfekten. Ich selbst bin zum Procurator Annonae ernannt worden und wollte mit dir das Sicherheitskonzept der dort eingesetzten Vigile bereden. Es gab in letzter Zeit außerdem Vorkommnisse, von denen ich nicht recht weiß, wie ich sie einschätzen soll, und ich bräuchte deinen Rat."


    Sim-Off:

    * oder das griech. Äquivalent

  • Ah, also gab es tatsächlich eine Reise. Hatte sich Atticus also richtig erinnert, oder zumindest gut geraten. Wahrscheinlich sollte er beeindruckt sein, einem Abgesandten des Kaisers gegenüber zu sitzen, also gab es ein anerkennendes kurzes Nicken.

    Er selber hatte wohl bleibenderen Eindruck hinterlassen, oder zumindest sein Hund. Der Furier erinnerte sich sogar noch an den Namen. "Ja, Pontus habe ich noch. Er liegt irgendwo draußen in der Sonne. Den ganzen Tag hier im Officium mit mir zu liegen ist selbst für einen so genügsamen Hund etwas langweilig." Atticus würde sich ja am liebsten zu ihm in den Hof gesellen, aber leider ging das nur allzu selten.

    Da konnte er auch die Glückwünsche zum Subpräfekten nur halbherzig annehmen. "Um ehrlich zu sein", gestand er ein, "wäre ich lieber einfacher Tribun geblieben. Da hatte ich meine eigene Statio und viel weniger Tabula-Kram. Hat durchaus auch seine Vorteile, so ein unterer Rang", meinte er mit jungenhaftem Lächeln. "Aber auch dir Glückwunsch zum Ritterstand und der Ernennung zum Procurator. Scheint ja so, als hätte dem Kaiser gefallen, was du im östlichen Mittelmeerraum gemacht hast." Atticus hatte keine Ahnung, aber das war eine sehr naheliegende Erklärung.


    Er selbst setzte sich auch wieder bequemer hin und versuchte, gedanklich irgendwie zu ordnen, welches Sicherheitskonzept die Vigile denn bei der Lebensmittelverteilung hatten. Alles wusste er ja auch nicht auswendig. "Ähm, gut. Was genau möchtest du denn daran besprechen?" fragte er also. Der Furier würde ja sicherlich irgend ein konkretes Anliegen dabei haben, und Atticus war ziemlich gut darin, erstmal zuzuhören. Vielleicht erledigte sich dadurch einiges schon von selbst, ansonsten würde Atticus eben nachsehen müssen.

  • Saturninus grinste: "Der Tabula- Kram ist das, was uns Römer von anderen unterscheidet.", meinte er: "Und das wir nichts tun ohne ein Gesetz. Auch die Parther führen Akten, aber was dort geschieht, hängt doch sehr vom Großkönig ab und dieser speist es aus Herkommen und Sitte. ", jetzt lachte er:

    "Auch wenn du kein Schreibtischtäter bist: Genau das ist Roma. Jede einzelne Tabula. Nun ja, auf meiner Mission tat ich, was ich mit meinen geringen Kräften vermochte."

    Das klang bürokratisch- bescheiden, doch das war es nicht. Auf dieser Reise hatte der Furius entdeckt, dass er ehrgeizig war. Die Tatsache, dass er nicht in den entsprechenden Ordo hineingeboren und keine patrizischen Vorfahren hatte, nährte diesen Ehrgeiz eher als ihn einzudämmen. Anstelle von Blutsbanden gab es für ihn die unverbrüchliche Loyalität zum Kaiser. Der Caesar Augustus hatte ihn erhoben. Im Falle von Pompeius Atticus lag es ähnlich, aber für ihn schien die Tätigkeit als Vigil nicht Mittel zum Zweck zu sein sondern er mochte seine Arbeit wirklich.

    "Mein Problem ist praktischer Natur", sagte Saturninus:

    "Die Disziplin mancher - Bürger lässt zu wünschen übrig, das war schon immer so, und deshalb braucht es an den Ausgabetagen die Ordnungskräfte. Im Moment scheinen da aber manche eine Schippe drauf zu legen. Sehr beliebt ist die gegenseitige Beleidigung als Christianer, dann gibt es sogar Schlägereien. Selbst in meinem Officium beherrschen sich da manche nicht.",

    das empörte den Procurator Annonae sehr:

    "ich weiß, dass Christianer einen östlichen Kult bezeichnet. Der Imperator Domitian hat sie seiner Zeit verfolgen lassen."Er nannte den Kaiser nicht "göttlich", da eine damnatio memoriae über ihn verhängt worden war:

    "Sind dir diese Leute irgendwann einmal aufgefallen? Gibt es viele davon und stiften sie Unruhe? "

  • Nein, Atticus war definitiv kein Schreibtischtäter. Sowas von nicht. Bevor er von seiner Mutter in den Ritterstand genötigt worden war, hätte er noch gesagt, er wäre glücklich, einfach mit einem Buch in der Sonne zu sitzen, oder einer philosophischen Abhandlung zu lauschen, oder einfach am Strand zu sitzen und die Fischer zu beobachten. Seine Lorica, die zuvor seinem Großvater gehört hatte und auf seine Größe erst angepasst werden musste, war ihm am Anfang furchtbar fremd und zu schwer und überhaupt unbequem vorgekommen.

    Und jetzt? Jetzt sehnte er sich danach zurück, mit seinen Männern auf dem Hof Kampfübungen zu veranstalten und sie herauszufordern, mit seiner Armatura rasselnd und scheppernd durch die Straßen zu ziehen, mit den Leuten zu reden und etwas zu tun. Sogar das Feuerlöschen fehlte ihm, auch wenn das wirklich eine elende Schinderei und lebensgefährlich war. Aber er würde gerade lieber in ein brennendes Gebäude rennen, als sich hier diesen Akten zu stellen.

    "Nun, wenn du die Tabulae so gerne magst und nichts vorhast, ich hätte hier noch die Materiallisten für den Bedarf von dreitausendfünfhundert Vigiles und der angeschlossenen Valetudinaria, die überprüft und abgearbeitet werden müssten", meinte Atticus mit spitzbübischem Lächeln. Denn nein, das war so ziemlich das langweiligste, was er sich vorstellen konnte, über Decken und Schaufeln Buch führen zu müssen.


    Da war das eigentliche Problem des Furiers ja schon geradezu aufregend. "Christianer? Nun, gezwungenermaßen ein bisschen. Aber du weißt ja, wie die Praxis ist: Was die Leute als sacra privata treiben, interessiert uns nicht, solange sie die sacra publica nicht stören und keine Revolten anzetteln." Atticus zuckte die Schultern. Ihm selbst war das relativ egal, ob die Christen nun an den einen oder den anderen Gott glaubten. Auch die Juden – wie Malachi einer war – glaubten ja nur an einen einzigen Gott. Das allein sah er jetzt wirklich nicht als Problem an. Das Problem entstand üblicherweise erst bei den Fanatikern, die Tempelanlagen beschmutzten, versuchten, Rituale zu entweihen und die Staatsordnung zu stören. Dass sie dabei einem zum Tode verurteilten Verbrecher folgten und ihn in den Rang eines Gottes hoben, machte die Sache natürlich komplizierter und die Gruppe insgesamt eher verdächtig. Aber Atticus war da doch eher gelassen.

    "Es gibt immer hier und da mal ein paar Gruppen, die sich sammeln. Aber meistens randalieren die christlichen Gruppen eher gegeneinander oder gegen die Juden. Das ist keine zusammenhängender Kult, das sind eher hier und da mal ein Prediger, der dieses oder jenes predigt. Und dann ein paar Leute dazu, die dem jeweiligen Mann folgen. Lass es vielleicht in ganz Rom vielleicht fünfhundert sein, die regelmäßig zuhören. Und das meiste davon sind dann noch Sklaven oder Freigelassene. Aber die meisten davon werden auch sofort wieder Iuppiter opfern, sobald man sie auffordert oder andernfalls mit Anklage droht." Immerhin konnte das Verweigern eines Opfers zum Staatswohl als Hochverrat am Kaiser gelten. Nicht, dass irgendeiner dieser armen Tölpel wichtig genug wäre, als dass sich jemand wirklich die Mühe einer solchen Anklage machen würde.

    " Es sind nur ganz wenige wirkliche Spinner, die sich freuen, wenn sie wegen Aufwiegelung in der Arena landen. Die fischen wir von Zeit zu Zeit raus, wenn sie es übertreiben. Aber wie gesagt, meistens bekriegen die sich eher untereinander wie so ziemlich alle Gruppen in der Subura, als dass die wirklich eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellen würden."


    Sim-Off:

    https://de.wikipedia.org/wiki/…hristlichen_H%C3%A4resien
    Mal so eine Liste, was da alles teilweise miteinander im Clinch lag. Grade für das 2. Jahrhundert gibt es da durchaus auch einige, z.B. Valentinianer, Ophiten, Nikolaiten, Marcioniten...

  • "In der kaiserlichen Kanzlei gab es doch recht viele tüchtige junge Freigelassene aus Caesars Familia, an die ich viel delegieren konnte. So gut habe ich es jetzt nicht mehr als Procurator. Ich bin auf die Apparitores angewiesen, die halt da sind. Die meisten älter als ich und schon ewig bei den Annonae. Ihre beiden Lieblingssätze sind: Das haben wir immer schon so gemacht und Da könnte ja jeder kommen. Mit Jeder bin ich gemeint. ", schilderte Saturninus seinen Alltag:

    "Ich denke, ich muss dir deine Tabulae weiterhin selbst überlassen. Ich habe selbst viele davon. Die ganze Welt strömt nach Roma, und täglich kommen Leute vom Land mit Sack und Pack und Kindern und wollen Marken. "


    Das mit den Christianern versuchte Saturninus zu begreifen:

    "Also sie opfern Iuppiter nicht? Wem opfern sie dann? Eiinem Gott mit Eselskopf, zumindest hat man mir das in Alexandria erzählt. Schon seltsam.
    Und du sagst, dass sie sich aus Sklaven und Freigelassenen rekrutieren? Das ist natürlich dann wirklich eine Beleidigung für einen alteingesessenen römischen Bürger, kein Wunder, dass es dann Zank und Schlägereien gibt.
    Römer jüdischen Glaubens habe ich auch, die sind, wenn es überhaupt möglich ist, noch schneller beleidigt, wenn man sie Christianer schimpft. Ich frage mich, wie man die Situation entschärfen könnte. Mehr Vigilpräsenz?
    "

  • "Nun, hier gibt es auch recht viele Freigelassene. Aber ich bezweifle, dass mehr als die Hälfte von denen auch nur lesen kann..." Die Freigelassenen mit guter Ausbildung und eigenem Können arbeiteten üblicherweise als Schreiber, Lehrer, Handwerker und dergleichen. Zu den vigilen gingen eher diejenigen, die es für eine gute Möglichkeit hielten, das Bürgerrecht zu erlangen, indem sie sich sieben Jahre lang in brennende Gebäude begaben. Das sagte wohl schon alles, was man über die Freigelassenen bei den Vigilen wissen musste.

    Natürlich hatte Atticus auch nicht damit gerechnet, seine Tabulae loszuwerden. Diese Hoffnung hatte er schon sehr lange begraben – unter noch mehr Tabulae. Aber einen versuch war es wert gewesen. "Aber was deine Apparitores angeht: du bist jetzt Ritter. Diskutiere nicht mit ihnen. Befehl es ihnen. Ich weiß, da muss man sich erst dran gewöhnen. Ich sprech da echt aus Erfahrung, ich war nicht ganz sechzehn, als die mir eine Gruppe viel älterer Vigile samt zugehöriger Centurionen und Ärzte unterstellt haben. Das fühlt sich anfangs etwas komisch an. Aber das musst du als Ritter lernen. Die müssen dir gehorchen, du stehst im Rang höher." Atticus war sein ganzes Leben darauf vorbereitet worden, einmal Ritter zu sein und Männer zu befehligen. Seine Mutter war sein halbes Leben lang selbst Trägerin eines Rings, wenn auch nur aus Ehrbezeugung des damaligen Kaisers ihr gegenüber. Sein Vater war Ritter gewesen. Eine ganze Hand voll seiner Onkel war Ritter gewesen. Sein Großvater war Ritter gewesen. Und trotzdem hatte Atticus erst lernen müssen, Befehle zu geben und sich durchzusetzen. Wie musste es da also einem Plebeier gehen, dessen Ahnenreihe nicht bis zur Gründung Roms zurückreichte und der, soweit Atticus wusste, keine Ritter in so geballter Form in der Verwandtschaft hatte?


    Bei der frage nach den Christen konnte Atticus nur die Hände heben und mit den Schultern zucken. "Keine Ahnung, wem genau die opfern. Soweit ich weiß, streiten sie sich mit den Juden darum, wie man deren Gott richtig anbetet. Aber um ehrlich zu sein, ich hab keine Ahnung und es interessiert mich jetzt auch nicht so brennend. Wie gesagt, was die Leute als sacra privata treiben, war dem römischen Staat seit Anbeginn der Zeit egal." Naja, vielleicht nicht seit Anbeginn der Zeit, aber zumindest seit Anbeginn des Beamtentums.

    "Wenn du da genauere Fragen hast, frag doch bei den Pontifices in der Regia nach? Die sind ja dafür da, die fremdländischen Kulte mit zu überwachen und abscheuliche Auswüchse zu unterbinden." Und natürlich den Staatskult auch auszuführen und dergleichen. Atticus glaubte zwar nicht, dass die wegen der Nazareener gleich ein ganzes Collegium einberiefen und erst recht nicht, dass da neugierige Zuhörer erlaubt wären, aber vielleicht erwischte der Furier ja mal einen einzelnen Pontifex, der sich ausquetschen ließ, oder sowas.

    "Die Vigile sind ja eigentlich nicht dafür da, primär die Annonae zu schützen. Wir können immer nur einen Teil der Leute abstellen, um dort zu helfen. Wenn das nicht reicht, dann müssen die Urbaner ran. Aber die sind…" Atticus suchte ein freundliches Wort. Die meisten Urbaner, die er kannte, waren grobschlächtige Trottel, die einfach gerne ihre Muskeln spielen ließen, aber niemandem wirklich halfen. Gut, ihre Aufgabe war ja auch die Niederschlagung von Aufständen in der Stadt. Da musste man nicht nett sein. Aber so war es auch kein Wunder, dass halb Rom die Urbaner entweder fürchtete oder hasste. "...weniger beliebt bei den einfachen Leuten als die Vigile", beendete er also seinen Satz möglichst diplomatisch.

    "Ich weiß nicht, ob da eine striktere Handhabung der Vigile helfen würde bei deinem Problem. Zank und Schlägereien gibt es ja immer. Gibt es denn besondere Brennpunkte, wo das häufiger passiert? Vielleicht würde es ja helfen, dort einen kleinen Schrein für Concordia zu errichten?" Die Anwesenheit der Göttin der Eintracht besänftigte durchaus das ein oder andere Gemüt. Die wenigsten trauten sich, direkt vor der Nase der Göttin eine Schlägerei anzufangen.

  • Saturninus nahm die Worte des Pompeius als das, was sie waren, ein guter Rat. Er nickte: "Oh niemand widersetzt sich offen. Aber es gibt Sachzwänge, Entschuldigungen...du hast Recht. Ich sollte sie im Staub kriechen lassen, im figurativen Sinn natürlich nur. "

    Es hatte Ritter bei den Furiern gegeben, die die militärische Laufbahn eingeschlagen hatten. Aber seine Eltern gehörten nicht dazu. Fast bis er die Knabentoga abgelegt hatte, hatte er zudem mehr Griechisch gesprochen als Latein, und seine Freunde in Parthenope waren ziemlich nichtsnutzige Handwerker- und Kaufmannsöhne gewesen, mit denen er sich herumgetrieben hatte, bis das Erwachsenenleben einen nach dem anderen gezähmt und von der Straße geholt hatte. Das waren ganz andere Voraussetzungen als bei den Leuten, die quasi mit dem goldenen Löffel im Mund geboren worden waren. Saturninus schwankte zuweilen zwischen Unsicherheit und Arroganz:

    "Ich glaube, ich verzichte auf die Urbaner. Es geht nicht darum, einen Aufstand niederschlagen.", trotz allem hatte er Sympathie für die Römer, die Recht auf die Getreidespenden hatten. Die Urbaner hielten die unteren Stände eher nieder, als ihnen beizustehen. Die rief man nur, wenn man es auf ein Massaker anlegte:

    "Ihr Vigle seid wesentlich beliebter. Ihr rettet auch dem Ärmsten den Hintern, wenn die Hütte buchstäblich am Brennen ist, sowas merken sich die Leute.
    Ein Altar für die Concordia meinst du?
    "

    Saturninus Gesicht hellte sich auf: "Einige, würde ich sagen. Am meisten Ärger gibt es auf dem Aventin und in der Subura. An die Romanitas der Leute zu appellieren, das ist ein guter Vorschlag. ich glaube, von dir kann ich einiges lernen, Subpraefectus. Der Christenkult an für sich interessiert mich nicht, ich wollte nur wissen, ob Christianer denn eine Beleidigung für einen römischen Bürger ist. Und ja, ist es dann wohl. "

    Die meisten anderen Beleidigungen, die sich die temperamentvollen Römer an den Kopf warfen, kamen aus dem erotischen Bereich und bezogen sich größtenteils auf die Annahme, der andere sei ein passiver Homosexueller; aber solch eine Sprache hatte er sich in seinem Officium verbeten.

  • Ja, die Vigile waren wirklich beliebter als die Urbaner. Und beide waren beliebter als die Praetorianer. Atticus war mehr als froh, bei den Vigilen gelandet zu sein. "Um ehrlich zu sein, mir graut es ein wenig vor der Vorstellung, als nächsten Schritt in meiner Karriere vielleicht bei den Praetorianern zu landen. Auch wenn die den Kaiser beschützen und es natürlich eine große Ehre ist, dahin berufen zu werden. Aber… naja, ich wäre glaube ich fast am glücklichsten, wieder auf meinen alten Posten degradiert zu werden", lachte er jungenhaft. Aber da wäre er wohl in der Tat am glücklichsten. War vielleicht etwas unrömisch, aber die stoische Ernsthaftigkeit der höheren Posten, Macht hin oder her, war für ihn nichts erstrebenswertes. Seine Mutter wäre wohl entzückt, ihn in einer so machtvollen Position zu sehen, aber er hatte sich eigentlich sehr wohl dabei gefühlt, einfach nur einen Haufen Freigelassener und Peregrini zu befehligen. Kurz schlich sich ein kleines Grinsen in sein Gesicht. Vielleicht wurde er ja wie sein Onkel auch zu einer Ala berufen. Da hatte er dann wieder freigelassene und Peregrini unter sich. Auch wenn das wahrscheinlich weniger spaßig war, als er sich so dachte.


    Das andere Thema war aber doch ein bisschen ernster, auch wenn Atticus sich trotz des Dankes jetzt nicht so fühlte, als könne er wirklich was an der Situation ändern. "Ich weiß nicht, ob du wirklich von mir lernen kannst. Ich bin ja glaube ich doch auch etwas jünger als du und denke jetzt nicht, dass ich so weise bin. Aber wenn du trotzdem was hilfreiches daraus ziehen konntest,f reut es mich." Atticus gab sich nicht nur bescheiden, er meinte das tatsächlich so.

    "Ich würde dieser Christianersache kein allzu großes Gewicht beimessen. Solange die sich nicht mal untereinander einig sind, woran sie denn nun genau glauben wollen, kann ich mir nicht vorstellen, dass die ernsthaft zur Plage werden. Ich wohne ja auch auf dem Aventin. Vielleicht kannst du ja da mit den Priestern der Diana eine Übereinkunft treffen, dass die vielleicht irgendwie helfen oder so? Immerhin ist sie die Schutzgöttin des Aventin und der Plebeier."

    Bei der Subura half wahrscheinlich sowieso nur Augen zu und durch. Da mischte sich alles mit kriminellen Banden, da war man einfach nur froh, wenn es irgendwie klappte, ohne dass es Tote gab.

  • "Es ist richtig, dass du jünger bist als ich, aber dafür bist du schon länger ein Ritter.", sagte Saturninus:

    "Obwohl ich die geschriebenen Regeln kenne, kenne ich die ungeschriebenen noch nicht alle. Wenn ich ehrlich bin, hat es mir in den Provinzen nicht schlecht gefallen. Da reichte das SPQR, um die Leute zu beeindrucken. - Ich hatte übrigens Praetorianer zum Schutz dabei.", er lachte ein wenig:

    "Du kannst dir vorstellen, wie sie sich gefreut haben, Kindermädchen für einen Legaten zu spielen. Aber weißt du, im Grunde waren sie in Ordnung, und als sie in die Lage kamen, mein Leben schützen zu müssen, haben sie es ohne Wenn und Aber getan. Ich hatte dann den Kaiser um einen Sonderbonus für sie gebeten und hoffe, sie denken an mich nicht allzu negativ zurück. - Wenn du an deiner Karriere bastelst, wäre eine Ala irgendwo in den Provinzen nichts für dich? Du dürftest hier schon genug interkulturelle Kompetenz erworben haben.",

    er dachte an die radebrechenden Vigiles am Tor und wie er selbst sich verlaufen hatte:

    "Ich selbst denke, ich werde im zivilen Bereich bleiben. Es sei denn, es gibt Krieg. Dann würde ich mich selbstverständlich melden."

    Es würde wohl einen Platz geben, an dem man ihn verwenden konnte.

  • "Ich weiß nicht, ob das wirklich als Qualifikation ausreicht", meinte Atticus belustigt, als der Furier anführte, er sei ja schon viel länger Ritter. Man konnte auch sehr lange sehr viele dinge gründlich falsch machen, ohne dass es irgendwem auffiel. Atticus wusste das, er hatte auch da durchaus so seine Erfahrungen gemacht.

    "Das weiteste, was ich je von Rom entfernt war, war Ostia… oh, stimmt nicht, im Sommer waren wir auch mal in Antium und in Baiae… Aber ich war nie wirklich von Rom weg, geschweige denn, dass ich Italia verlassen hätte. Mein kleiner Bruder ist im September nach Alexandria abgereist. Ich gebe zu, ich war ein wenig neidisch. Und auf dich auch. Nicht falsch verstehen, mir gefällt es hier in Rom. Aber wenn ich daran denke, wie groß die Welt ist und wie viel es da zu sehen gibt, da kann man schonmal Fernweh kriegen."

    Ja, Atticus würde schon gerne einmal sehen, was es da draußen sonst noch gab. Mal die Welt sehen, fremde Orte, fremde Leute. Musste ja nicht gleich der Krieg gegen die Parther in Syria und Iudaea sein. Aber Germania wär doch was? Oder Britannia? Gut, seine Mutter würde wahrscheinlich den Schock ihres Lebens bekommen – noch ein Grund, warum so eine weite Reise ihre Reize hätte – und wahrscheinlich würde er sich in der Provinz irgendwie blamieren. Und er müsste alle seine freunde zurücklassen. Aber es wäre durchaus mal schön, dieses Abenteuer. Und alles war besser als dieser Schreibtisch.

    "Keine Ahnung, ob die wirklich wollen würden, dass ich eine Ala befehlige. Der Cousin meiner Mutter war Befehlshaber einer Ala in Germania, und der andere Cousin Tribun bei den Prätorianern. Mal schauen, wo der Kaiser mich haben will. Wenn ich jemals mit den ganzen Tabulae hier fertig werde." Noch einmal ein schiefes grinsen. Denn nein, wirklich fertig wurde man wohl nie. Er konnte nur hoffen, den Berg soweit im Zaum zu halten, bis sich ein anderes Opfer dafür fand.

    "Aber ich denke, weder das eine, noch das andere wird in den nächsten fünf Jahren passieren. Ganz verrückt ist der Kaiser ja auch nicht." Atticus lachte, denn ja, er war wirklich noch sehr jung. Sollte er mit unter 25 Jahren wirklich eine eigene Militäreinheit führen, wäre das doch schon sehr ungewöhnlich. So viele Beziehungen konnte er gar nicht haben, als dass das irgendjemand tatsächlich versuchen wollen würde.

  • "Reisen ist natürlich unbequem und gefährlich, aber es lohnt sich, ist zumindest meine Meinung. In Alexandria war ich, um meine Studien zu vollenden. Ich beneide deinen Bruder um das Abenteuer, welches ihn erwartet. Wäre ich kein Römer, würde ich am zweitliebsten Alexandriner sein. Mein Rittergut liegt aber in der Provinz Syria, in der Nähe von Antiochia. Ein hübsches Stück Land mit Olivenbäumen. Eines Tages werde ich es besuchen, allerdings die nächsten Jahre wohl nicht."

    Saturninus hatte durchaus vor, die Karriereleiter in der Urbs weiter emporzusteigen:

    "Es ist richtig, dass der Kaiser entscheidet, wo er dich haben möchte. Es ist allerdings auch so, dass der Procurator ab Epistulis Vorschläge dazu macht, und dass sich der Procurator wiederum gerne auf die Vorschläge seiner Primericii verlässt. Ich meine, es haben alle was davon: Motivierte Männer auf den richtigen Posten; der Procurator kann durch kluge Personalvorschläge glänzen, und der Primicerius kann das auch, die entsprechenden Dossiers gehören in seinen Aufgabenbereich.Wenn es so weit ist, schadet ein kleiner Wink mit deinem Wunsch nicht."

    Der Furius sprach aus seiner eigenen Erfahrung aus der kaiserlichen Kanzlei:

    "Deine Vorschläge zur Deeskalation hätte ich bereits angemerkt. Selbst bei den Prätorianern wäre das eine hervorragende Fähigkeit. Nicht einmal sie haben an unnötigem Blutvergießen Interesse." Die Betonung in diesem Satz lag auf unnötig.

    Saturninus lächelte nun aufrichtig:

    " Ich bedanke mich für dieses kurzfristig mögliche Gespräch, und ich freue mich, dass ich dich wieder einmal getroffen habe, Subpraefectus Pompeius. Ich möchte den Kontakt auch nicht wieder einschlafen lassen. Würdest du mir das Vergnügen machen, dieser Tage zur Cena zu mir zu kommen? , wenn du Zeit findest. * Bring Pontus gerne mit, ich lass dann unsere Hunde wegsperren. "


    Sim-Off:

    * zeitlich wie immer höchst flexibel :)

  • Atticus hatte keine Ahnung, wie sein Stück Land aussah. Er war noch nie dort gewesen. Es lag südlich von Alexandria am Lacus Mareotis. Vielleicht konnte Atticus seinem Bruder schreiben, ob er mal einen Abstecher dahin machen wollte, um es sich anzusehen. Vielleicht standen da ja auch hübsche Olivenbäume?

    Bei dem Weg über die Kanzlei winkte Atticus dann aber ab. Er wusste es als guten Rat durchaus zu schätzen, aber er fürchtete, wie immer, da nur wenig Mitspracherecht zu haben. "Die Kaiserin ist meine Patronin. Und meine Mutter hat sich mit ihr lose angefreundet. Glaub mir, so viel kann ich der kaiserlichen Kanzlei gar nicht meine Wünsche zukommen lassen, als dass die beiden nicht trotzdem genau das bekämen, was sie wollen. Ich sag dir, Furius, alle Welt behauptet, dass die Männer die Welt beherrschen und die Entscheidungen treffen. Aber meiner Erfahrung nach machen wir am Ende des Tages doch nur, was irgendeine Frau irgendwo so entschieden hat." Mit ein Grund, warum Atticus es absolut nicht eilig damit hatte, sich eine Ehefrau zu suchen. Gut, er war auch noch lange nicht in dem Alter, dass er sich eine suchen musste. Im Moment war er in dem schönen Zustand, keine Nachteile durch Ehelosigkeit oder Kinderlosigkeit zu erleiden. In ein paar Jahren sah das dann anders aus, aber bis dahin wollte Atticus dieses kleine bisschen Freiheit in seinem Leben durchaus genießen. Zumindest war er sehr fest entschlossen, genau das zu tun.


    Auch wenn Atticus nicht wirklich das gefühl hatte, geholfen zu haben, schien sein Gast durchaus zufrieden. So zufrieden, dass er ihn sogar zum Essen einlud. "Nun, ich muss das mit dem Praefectus klären, aber prinzipiell würde es mich selbstverständlich freuen und ich nehme die Einladung gerne an. Du musst mir nur nochmal auf die Sprünge helfen, wo du denn wohnst. War das nicht eines der Mietshäuser? Nicht, dass ich beim falschen anklopfe." Atticus lachte. Durch seine Arbeit als Vigil kannte er sich notgedrungen in Rom einigermaßen gut aus, aber hier wohnten eine Million Menschen. Da wusste er natürlich nicht von allen, wo die jetzt wohnten.

  • Saturninus warf Pompeius Atticus einen verständnisvollen Blick zu:

    "ich kann bei Müttern nicht groß mitreden, meine Eltern sind beide gestorben, als ich ein Kind war. ", sagte er:

    "Aber ich kann mir vorstellen, wie es sein muss, wenn man jemanden im Nacken hat, dessen Ehrgeiz einen antreibt. Das ist nicht immer angenehm, selbst wenn die Person das Beste für einen möchte. Auf der anderen Seite ist es aber doch auch ein Ansporn, wenn sich jemand für deinen Erfolg interessiert."


    Iunia Axilla, die Mutter des Subpraefekten, hatte den Ritterring aus eigenem Rang und war in früheren Jahren einige politisch vorteilhafte Ehen eingegangen. Wäre sie nicht die Mutter von Pompeius Atticus gewesen, hätte Saturninus den alten bösen Witz gemacht, dass sie in manchen Jahren die Jahre nach Ehemännern hätte zählen konnte, nicht nach Konsuln, doch das gehörte sich nicht. Wenn Furius Saturninus ehrlich zu sich war, regte sich in ihm eine gewisse Neugier, diese Frau, die in seiner Vorstellung ein wenig den großen Damen früherer Zeiten glich, wie Livia oder Agrippina Augusta, einmal persönlich kennen zu lernen. Aber da er eine Einladung ausgesprochen hatte, war es sehr gut möglich, dass eine Gegeneinladung erfolgte, während derer sich diese Möglichkeit ergab:


    "Mit den Frauen sagst du etwas. Der Caesar Augustus hat mir nahegelegt, bald zu heiraten. Ich habe allerdings noch niemanden Bestimmten im Auge, aber meine Cousine hat mir zugesagt, sich umzuhören. Von dieser Bürgerpflicht kannst du dich noch ein wenig fern halten, nehme ich an.

    Früher wohnte ich in der Insula Charis am Esquilin , dies ist richtig, mittlerweile bin ich aber in die Casa Furia zurückgezogen. Die Wohnung in der Insula habe ich als Ausweichquartier behalten.
    "

    Da lebte nun die hübsche Liberta Helia, die Saturninus ab und zu besuchte:

    "Es wäre also die Casa Furia auf dem Quirinal, nicht umweit der Porta Sanquaris, rechter Hand. Ich würde mich sehr freuen. - Gibt es etwas, was du besonders gerne isst?"

  • Nein, Atticus war sich sehr sicher, dass sich niemand auf der ganzen, weiten Welt vorstellen konnte, wie es war, der Sohn von Iunia Axilla zu sein. Vielleicht noch sein Bruder, wobei der vom Ehrgeiz seiner Mutter weitestgehend verschont geblieben war. Aber es gab auf dieser Welt nur sehr wenige Frauen, die sich mal eben allein einer anrückenden Streitmacht entgegenstellten und den Befehlshaber zu sprechen verlangten, weil sie mit ihm Bedingungen zur Rettung ihrer Familie aushandeln wollte und dabei noch so aussah, wie seine Mutter eben aussah. Zum Glück. Zwei von der Sorte würde die Welt wahrscheinlich nicht verkraften. Atticus lächelte also höflich und verkniff sich irgendwelche Kommentare dazu, ob es schön war, so eine Person im eigenen Leben zu haben. "Sagen wir es so: Versagen ist keine Option", meinte er nur vielsagend und beließ es dabei.


    Und so ein ganz klein wenig hörte Atticus gerade diverse Nachtigallen trapsen, als der Furier ihn fragte, ob er demnächst zu heiraten gedachte und ganz beiläufig seine Cousine erwähnte. Die Einladung war jetzt schon angenommen, daher war es zu spät, sich eine Ausrede einfallen zu lassen. Und der Furier war ja auch ein netter Kerl. Nur wollte Atticus wirklich nicht verkuppelt werden. Auch das würde wahrscheinlich reichlich bald von seiner Mutter erledigt werden, fürchtete er.

    "Ich habe vor, mich davon so lange fernzuhalten, wie mir nur möglich ist", sagte Atticus also, zwar mit einem spitzbübischen Grinsen, aber doch auch so, dass klar war, dass er als möglicher Heiratskandidat grade sowas von ausschied. "Ich bevorzuge doch eher lockere Gemeinsamkeit anstatt den Verpflichtungen einer Ehe. Noch dazu, wenn die standesgemäß sein soll." Aber Atticus war auch noch wirklich jung und hatte da jede Menge Zeit. Und es reichte ihm schon, dass sein Freund Tiberius Caudex ihn damit ärgerte, ihn irgendwann einmal mit der momentan noch minderjährigen Purgitia Albina zu verheiraten, wenn er sich bis zu deren Erwachsenenalter noch keine Frau gesucht hatte.

    Er hörte sich die Wegbeschreibung zur Casa Furia genau an. "Oh, intra Pomerium und in der Nähe der Foren, nicht schlecht", lobte Atticus. Die Domus Iunia war nur einen Hügel weiter auf dem Viminal, während die Domus Pompeia am anderen Ende der Stadt auf dem Aventin thronte. "Ist ja gar nicht weit weg von hier. Ich denke, ich werde es finden. Und zum Essen: Du bist der Gastgeber, du suchst das Essen aus. Aber wenn wie auch immer zubereitetes Hühnchen mit dabei ist, bin ich im Elysium." Ja, Atticus liebte Hühnchen. Er hatte der Köchin von Tiberius Cuadex wegen deren Hühnchen schon mehrere Heiratsanträge gemacht. Das Hühnchen von Stratonica war aber auch verplutot lecker.

  • Saturninus, der in beneidenswerter Freiheit aufgewachsen war, überlegte immer noch , was denn besser war; eine ehrgeizige Mutter im Nacken, die mit Rat und Tat zur Seite stand oder jemanden wie seine Pflegemutter Matinia, die grundsätzlich alles ganz toll fand, was er machte, aber ansonsten recht planlos durchs Leben ging. Er kam auf keine Lösung. So erwiderte er:

    "Bestimmt ist sie sehr stolz auf dich. Und auch Versagen kann man ja so oder so sehen."

    Sein Freund Orestes hatte mal über Saturninus gesagt, er drücke sich oft so vage aus, dass er immer irgendwie Recht behielt. Ob das Kritik oder Bewunderung war, hatte er offen gelassen.


    Mit dem Heiratsthema, das verstand der Furius: "Weshalb in den Hafen der Ehe einlaufen, wenn die Hafenrundfahrten auch viel Spaß machen. ", witzelte er:

    "Ich möchte mich in ein paar Jahren durchaus verheiraten. Ich brauche einen Erben. Wenn ich mich mit meiner Frau gut verstehe, um so besser. Wenn nicht - dann bin ich eben mehr im Officium als in Casa."

    Saturninus hielt nicht viel von jener Liebe, die man auf Theaterbühnen sah - da gehörten sie seiner Meinung auch hin. Getändel und Liebelei. Die Ehe war eine ernste Sache. Aber Respekt und Verlässlichkeit und Fürsorge würde seine Gattin bekommen. Und es musste schön sein, eine wirkliche Lebensgefährtin an seiner Seite zu haben, jemandem, dem man hundertprozentig vertrauen konnte.


    Auf das Lob des Pompeius erwiderte Sarturninus: "Wir haben Glück, dass unser Haus schon länger im Familienbesitz ist. Bei den heutigen Grundstückspreisen könnten wir uns die Lage nicht mehr leisten. Also Hühnchen? Ich werde es dem Koch befehlen. "


    Er erhob sich:

    "Es war mir eine Freude, dich wieder zu treffen, Subpraefectus. Vale bene. Dir noch einen erfolgreichen Tag"


    Dann holte er Andreas, der vor der Porta gewartet hatte, und begab sich zur Basilica Iulia.