• Nun, waren alle zufrieden! Und das freute Domina Stella. Es hat sich einiges geklärt, aber noch nicht alles. Es gab noch sehr viel zu besprechen, aber es blieb auch noch genug Zeit, alles Weitere zu klären.


    "Ja, Tiberios, Glafira soll bald kommen und mir einen Beruhigungstee bringen, .... heiß, wenn es möglich wäre!"


    Stella schenkte ihrem Maiordomus ein nettes Lächeln , drehte sich um und ging fort.

  • Ich war schon kurz nach Sonnenaufgang aufgewacht nach meiner ersten Nacht in meinem alten Cubiculum. Die Vögel hatten mich geweckt, so wie sie das schon taten, als ich noch ein kleines Mädchen war. Mit wallendem, offenem Haar und in einer einfachen Tunika hatte ich die wenigen Schritte ins Peristylium zurückgelegt und mich in einem Korbstuhl im überdachten Bereich gesetzt um dem Gesang der Vögel zu lauschen. Einige verschlafen dreinblickende Sklaven huschten hin und her um ihrem Tagewerk nachzugehen, während für mich in diesem Moment die Zeit stillstand.


    Ein wenig fröstelte ich, da es frühmorgens nicht mehr so warm war, aber ich wollte diesen Moment auch nicht los lassen. Wenn ich jetzt aufstand dann würde der Zauber des Moments zerplatzen und ich wollte noch ein wenig in meiner Traumblase hier sitzen bleiben. Es war als würden die Jahre von mir abfallen und der Kummer und die Traurigkeit. Kein fühlendes, schlagendes Herz konnte dem Gesang dieser Vögel widerstehen - auch meines nicht. Nach einer gefühlten Ewigkeit konnte ich die Emotionen nicht mehr zurückhalten und ich fing unkontrolliert zu schluchzen an. Die Kränkungen, der Kummer und die Angst - alles bahnte sich seinen Weg.

  • Tiberios gehörte auch zu denjenigen, die kurz vor Sonnenaufgang aufstanden, sich schnell wuschen und nach einem Becher Wasser und mit einem zusammengerollten Fladenbrot in einer Hand an die Arbeit gingen. Ein Purpurstreifen begann sich, am Himmel abzuzeichnen, und die Vögel begannen mit ihrem Lied. Er verharrte, zu lauschen, in seinen Sinn kam chelidónisma, ein Schwalbenlied. In Alexandria sangen die Kinder es im Winter, wenn die Schwalben kamen; in Italia wusste er es nicht, da es keine Kinder in der Casa Furia gab.

    "Ēlth’ ēlthe chelidōn.....es kam, es kam die Schwalbe...schöne Zeiten bringend und schöne Jahre.....", sang er halblaut, als ein Schluchzen an sein Ohr klang.

    Er verstummte. Er räusperte sich, um seine Anwesenheit kund zu tun. Wer weinte hier zu so früher Stunde?

    "Salve...", sagte er leise und als er die schlanke Gestalt der Anwesende erkannte: "Salve Domina Callista".

    Tiberios schaute sie nicht direkt an, aber er blieb stehen, falls sie etwas wünschte oder falls er etwas tun konnte.

  • Ich weiß nicht, wie lange ich wohl so da gesessen hatte und vor mich hin geschluchzt hatte bis ein sanftes Lied in Griechisch an meine Ohren drang und kurz darauf ein Sklave in Sicht kam. Schnell wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht um wenigstens ein wenig Haltung zu bewahren. Zumindest trug ich keine Schminke um diese Uhrzeit, sonst würde ich jetzt wie ein Geschöpf der griechischen Unterwelt aussehen, mit schwarzen Schlieren im Gesicht. Die vom Weinen geröteten Augen konnte ich aber nicht verbergen.


    Ich erinnerte mich an Tiberios...neben ihm und Glafira kannte ich noch keine der anderen Sklaven der Casa Furia. "Ah, Tiberios...kannst du Glafira ausfindig machen und sie zu mir schicken?" Meine Stimme klang ein wenig rau vom Weinen und ich musste mich ein wenig räuspern. "Der Vogelgesang rührt mich immer so..." setzte ich noch wenig überzeugend hinterher, als würde das den Tränenausbruch normalisieren.

  • Tiberios fand es nicht seltsam, wenn sich seine Herren vor ihm allerlei Gefühlsregungen hingaben, denn er war nicht viel anderes als ein sprechender Haushaltsgegenstand, wenn man es genau nahm. Das Urteil eines Sklaven konnte seinem Herren egal sein. Er sah allerdings seine Aufgabe darin, für das Wohlergehen der Domini zu sorgen und die Ursache für Kummer abzustellen, soweit es in seiner Befugnis lag.

    Nur deshalb näherte er sich.


    "Ist denn alles zu deiner Zufriedenheit in der Casa Furia , Domina Callista?", fragte er mit einem besorgten Blick aus seinen grauen Augen:

    "Gibt es etwas, was du wünschst oder was anders sein soll? Bitte sage es mir. Ich bin der Maiordomus und dafür verantwortlich."

    Damit machte er ein Angebot. Jede Information würde bei dem Griechen bleiben, egal, was es war. Es sei denn, er musste einen Furier vor sich selbst beschützen, nur dann würde er diese Befugnis überschreiten.

    Er dachte aber nicht, dass es an den Sklaven lag, weshalb Domina Callista traurig war.

    "Glafira wartet schon vor dem Cubiculum. Bestimmt hat sie angeklopft. Ich schicke sie dir in den Garten", sprach er:

    "Wünschst du übrigens etwas Besonderes aus der Küche zum Frühstück? Und wünschst du die Präsentation der Familia heute morgen, dann versammle ich sie später."

  • Die besorgte Stimme des Sklaven rührte mich und auch Glafira und Chloé waren so lieb zu mir gewesen. Es war ein wenig, als würde die Sonne nach einer langen Nacht wieder aufgehen. In der Casa Tullia hätte ich mir solche Gefühlsregungen nicht erlauben dürfen, denn mein Gatte und seine Söhne hätten mich nur verspottet und die Diener mich nicht mehr ernst genommen. Hier schien dies allerdings nicht so zu sein, was ich interessant aber auch als heilsam empfand. Mein Lächeln war daher aufrichtig, als ich nickte.


    "Alles ist wunderbar, danke Tiberios. Wir haben uns bestimmt nur verpasst - Glafira und ich. Es war bestimmt meine Schuld." Ich wollte das arme Mädchen nicht gleich ankreiden, weil ich zu früh aufgestanden war. Ich überlegte kurz, während ein weiterer schöner Vogelgesang anstimmte, dem ein anderer Vogel antwortete und erhob mich dann. "Ich habe gehört, dass es hier Hunde geben soll. Könntest du sie mir zeigen? Die Familia möchte ich natürlich auch gerne nach dem Frühstück kennenlernen. Glafira weiß schon, was ich bevorzuge und kann mir ja gleich etwas bringen."

  • Domina Callista war sehr freundlich und bedankte sich sogar. Tiberios lächelte: "Ich zeige dir die Hunde gerne, Domina .Bitte folge mir ."

    Wenn man den Hortus durchquerte, gelangte man am hinteren Ende zu dem Hundezwinger, der an drei Seiten geschlossen, eine offene Seite jedoch auf die Mittelachse der Casa Furia ausgerichtet hatte. Auf diese Weise hatten die Hunde das Atrium und auch die Porta im Blick. Erreichen tat man ihn durch den Hinterhof, der mit einer Mauer vom Garten abgegrenzt war. Der Grieche ging der Herrin voran; ab und an drehte er sich um, ob sie ihm folgte.