[atrium] Einsame Heimkehr

  • Obgleich Agricola nur leichte Calcei trug, waren seine Schritte im Atrium deutlich vernehmbar. Still war es hier. Fast beängstigend still. Seit er Misenum vor dreizehn Tagen verlassen hatte, war es nie mehr wirklich still um ihn geworden. Nicht auf der belebten Via Appia, nicht in den Herbergen entlang des Weges, nicht in der Subura, wo nachts die Karren ratterten und man das Schnarchen anderer Schlafgäste hören konnte als lägen sie neben einem, schon gar nicht in den wimmelnden Gassen der Urbs, nicht einmal in den Tempeln. Da war man nie allein.


    An der Einfassung des Impluviums blieb er stehen und lauschte. Von jenseits des Peristylums klangen nun doch gedämpfte Geräusche herüber. In der Culina wurde gewerkelt und in den Unterkünften der Dienerschaft konnte man vereinzelte Gesprächsfetzen hören. Das aber machte die Stille im Atrium nur umso lastender. Er hatte insgeheim gehofft, seinen kleinen Vetter Lucius wieder zu sehen und seinen Onkel Avianus. Dem schien nicht so zu sein. Wäre Tribun Avianus mit seiner Familie zurückgekehrt, hätte man Lucius gewiss schon an der Porta gehört. Etwas betrübt wandte sich Agricola an den schweigenden Araros.

    «Gibt es Neuigkeiten, von denen ich wissen sollte? Und wo ist Domina Axilla? Ist sie ausgegangen?»

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  • Lea war immer noch ein Wirbelwind. Ja sie konnte ihr Temperament zwar unterdrücken wenn es nötig war, aber hier im Haus war es nie nötig gewesen so. auch heute nicht. Ein Iunier war eingetroffen? Neugierig wie immer lief sie durch die Flur und kam schildernd im Atrium zum stehen. Warum mussten die hier auch immer so extrem putzen. Irgendwann würde sie bestimmt ungebremst in einen Wand klatschen. Aber nicht heute. Heute schaffte sie es gerade noch vor dem Neuankömmling zum stehen zu kommen. „Huch...“ war so auch ihre erste Reaktion. Bevor ihr ein 'Bist du der Neue.' herausrutschte bremste sie sich selbst. „Willkommen Dominus.“ Da sie die letzte Frage mitbekommen hatte fügte sie hinzu. „Die Domina ist im Haus. Ich werde sie von deiner Ankunft unterrichten...“ Ihr Blick glitt einmal von unten nach oben und wieder nach unten über den recht ansehnlichen Iunier. Dennoch kannte sie ihre Domina und so platze es aus ihr heraus. „Du siehst aus als könntest du etwas.... ach vergiss es... ich rede manchmal zuviel. Was kann ich sonst für dich tun? Essen? Ein Bad? Dein Cubiculum?“ Lea setzte ihren treudoofen Blick, der ihr was kindlich verletzliches verlieh und auch bei der Domina immer seine Wirkung hatte, auf und wartete auf eine Antwort des Iuniers.

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    Servus

  • Mezena konnte es sich nicht verkneifen, leise, – sehr, sehr leise – durch die geschlossenen Zahnreihen zu pfeifen. Von der Gasse aus hatte die Domus nicht annähernd so weitläufig gewirkt. Dieses Atrium war groß wie ein Pferdestall, nur roch es besser. Und still war es hier. Wie in einer Gruft. Sein Patron lebte also in einer Mischung aus Gruft und Pferdestall. Beeindruckend. Ein Grinsen unterdrückend wollte der Thraker das Gepäck absetzten, doch da fiel ihm gerade noch rechtzeitig ein, dass das ungefragte Abstellen des schweren Gepäcks vermutlich nicht mit dem tadellosen Benehmen vereinbar war, das der Iunier eingefordert hatte. Bedauerlich. Er hätte viel dafür gegeben, sich nur kurz am schweißnassen Gemächt zu kratzen. Nur sollte er ja nichts anfassen. Das würde noch ein sehr interessanter Aufenthalt werden, bei Belen.

    ...

  • Kaum hatte er seine Frage gestellt, kam scheinbar aus dem Nichts ein junger breitschultriger Sklaventrampel auf ihn zu gehuscht und mischte sich offensichtlich völlig arglos in sein Gespräch mit dem Ianitor. Er kannte sie nicht. War sie eine Neuerwerbung? Oder hatte er sie vor seinem Weggang nur nicht wahrgenommen. Da musste sie ein Kind gewesen sein. Ein frühreifes Kind zweifellos. Wie auch immer. So ging es jedenfalls nicht.

    «Wer zum Orcus bist du denn? Und was machst du hier?» monierte er streng, «Hast du nichts zu tun?» In der Stille des Atriums klang seine Stimme wie das Knurren eines Straßenköters und das hatte etwas Unangemessenes, wie einsehen musste, schließlich wollte er nicht mit der gleichen miesen Laune heimkehren, mit der er fortgegangen war. «Meinetwegen. Wenn du schon mal da bist … lass das Balneum einheizen.»

    Mit einem langen nachdenklichen Blick über den athletischen Körper der aufgeschossenen Serva eröffneten sich im plötzlich Szenarien, die wenig mit den üblichen Badefreuden zu tun hatten.

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  • Der strenge Ton prallte an Lea ab, aber das konnte der Römer ja nicht wissen. Orcus wer?“ platze sie entsprechend heraus um gleich darauf abzusinken. Was interessierte sie schon irgendwer, der hier gerade angesprochen wurde. Wenn dieser Orcus wichtig war würde man ihr das schon irgendwann sagen. „Ich bin Lea.“ antwortete sie schließlich obwohl sich eine Augenbraue fragend in die Höhe hob. War es nicht offensichtlich was sie hier machte? Oder meinte er das global gesehen? „Ähm .. ich wohne hier? Weil ich zum Haushalt gehöre und aktuell begrüße ich dich.“ Antwortete sie schließlich. Der Römer war offensichtlich in seinem Denken beschränkt. Aber wenigstens nahm er ihr Angebot für ein Bad an. „Das Bad steht dir zur Verfügung. Soll ich dir dort zur Hand gehen?“ Ob sie ihm jetzt erklären sollte, dass es mitten am Tag selbstverständlich schon längst angeheizt war? Sie verwarf den Gedanken, es würde den Römer bestimmt überfordern. Sie sah an dem Mann vorbei. Da war ja noch jemand. „Soll für deine Begleitung auch ein Bad vorbereitet werden oder wollt ihr gemeinsam baden?“ Ja sie hatte sich daran gewöhnt, das Römer mitunter ihrem eigenen Geschlecht zugetan waren.

  • «Ich pflege, allein zu baden.» gab Agricola mit einem zart aufkeimenden Grinsen zurück. War diese Serva einfach nur tumb oder renitent? Tüchtig musste sie wohl sein, denn Axilla hätte niemanden in der Domus geduldet, der nicht spurte. Ihn selbst eingeschlossen. Und sie hätte auch keine mannstolle Serva geduldet, die es liebte, die Aufmerksamkeit von Besuchern auf ihre unzweifelhaft bemerkenswerten Proportionen zu lenken. Bei ihm verfing das nur bedingt. Wie er sehr wohl wusste, gab es unter dem Dach dieser Domus einen Hintern, mit dem es kein anderer, auch nicht der Leas’, aufnehmen konnte. Der Gedanke an dieses anbetungswürdige Körperteil, gepaart mit dem Eindruck, den diese Lea auf ihn machte, regte seine Durchblutung beachtlich an.

    «Nun gut ..» räusperte er sich trocken, «.. wenn du dich nützlich machen willst, geh zu Aesara in die Culina. Sie soll ein paar der Wundheilung dienende Kräuter zusammensuchen und sie später in’s Balneum bringen. Persönlich. Zu meinem Cubiculum finde ich selber. Aber der Thraker da drüben muss in der Servitrica untergebracht werden. Wenn du das alles in die Wege leiten könnest, wäre ich dir sehr verbunden.» An Mezena gewandt fügte er noch hinzu: «Und der beflissene Thraker wird vorher mein Gepäck nach oben bringen. Da vorn die Treppe rauf und dann immer geradeaus.»

  • Puh Glück gehabt. Sie hasste es wenn sie jemanden waschen musste. Sie war ja eh der Meinung, dass hier wohl alle alt genug waren um sich selbst zu waschen. Aber Axilla hatte ihr eingetrichtert, dass sie freundlich sein musste. Aesara würde sie schon ausfindig machen sollte die sich mit dem Römer herumbalgen.

    „Wird erledigt Aesara mit Kräutern zu dir ins Balneum schicken.“ Sagte sie und wandte sich dem Begleiter zu. „Komm ich zeig dir das Zimmer wo du den Krempel... ähm das Gepäck los wirst und dann deine eigene Unterkunft.“ Egal was der Römer gesagt hatte. Lea würde hier keinen ihr fremden einfach mal eben durch Haus laufen lassen. Schließlich war sie... auch wenn das kaum einer wusste.. für die Sicherheit zuständig und wenn die Domina im Haus war würde sie auch keinen, den sie nicht kannte in die Nähe ihres Zimmer lassen.

  • Ein ausgedehntes Bad hätte sich Mezena durchaus vorstellen können. Zwar war ihm die römische Unsitte, sich ständig wässern zu müssen, etwas suspekt, mit dieser strammen Sklavin im Becken allerdings hätte er seine Vorurteile sicher zeitweilig vergessen können. Natürlich würde es nicht dazu kommen, ihm blieb wohl nur ein Zuber in der Sklavenunterkunft. Aber das war völlig in Ordnung. Je weiter fort von den schwankenden Launen des Patrons desto besser. Ohnehin wollte er nicht in greifbarer Nähe sein, wenn der Iunier seiner Gens eröffnete, was es mit dem thrakischen Diener auf sich hatte. Wenn. Ob Agricola es wirklich zur Sprache bringen würde, konnte Mezena nicht abschätzen. Wollte er auch nicht. Ein Schritt nach dem anderen. Er musste sich nun erst einmal mit der neuen Umgebung vertraut machen, und zu dieser Umgebung gehörte auch die junge Sklavin mit den ausladenden Formen. «Mein Name ist Mezena.» teile er ihr mit entblößten Zähnen mit. «Ich werde dir folgen. Wohin es auch sei.» Das mit dem nichts Anfassen galt gewiss nur in den Räumlichkeiten der Herrschaft.

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  • «Vorwitziges junges Ding.» kommentierte Agricola den Abgang der Bediensteten und drehte sich dann wieder zu Araros um. Der aber war weg. Verschwunden. Unter seiner ganz eigenen Gewitterwolke allein gelassen ließ der Iunier resigniert die Schultern hängen. «Nur kein Aufhebens. Macht euch bloß keine Umstände.» murmelte er vor sich hin und blickte auf den stillen Wasserspiegel des Impluviums, aus dem ihm das miesepetrige Gesicht eines eingeschnappten jungen Schnösels entgegen starrte. «Glotz nicht so belämmert! Was hast du denn erwartet? Die sind doch alle nicht ganz dicht hier.»

    Das Wassergesicht schien zunächst über das Gesagte nachzusinnen, entspannte sich dann sichtlich, zuckte mit den Mundwinkeln und begann schließlich zu glucksen. «Was meinst du, sollen wir die Hunde und Karnickel füttern gehn?» setzte Agricola nach, was sein Spiegelbild noch mehr amüsierte. «Der dicke Paulus ist sicher schon geplatzt.» Laut auflachend richtete sich Agricola wieder zu voller Größe auf und machte sich auf den Weg zum Balneum. Sein wunder Hintern würde es ihm danken.

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