[servitriciuum] Grian im Glück - oder: Böses Erwachen!

  • Die Zeit in Brundisium war wunderschön gewesen. Das weite blaue Meer, die herrliche Landschaft, das wunderbar leckere Essen (das zum Glück nicht ich zubereiten musste) und natürlich Dominus Casca! Nichts war da, was unsere Zweisamkeit hätte stören können. Außer Nepomuk vielleicht. Doch Dominus Casca verstand es immer geschickt, ihn ausreichend mit allen möglichen Dingen zu beauftragen, so dass er immer gut beschäftigt war. Tagsüber hatten wir immer etwas zusammen unternommen. Einen Ausflug in die nähere Umgebung, zwei oder drei Ausflüge zum Strand, bei dem ich mich einmal sogar ins Wasser getraut hatte und massenweise Muscheln gesammelt und mitgenommen hatte. Eine war schöner als die andere! Aber was das Beste überhaupt gewesen war, das war eine kleine Bootsfahrt hinaus aufs Meer, die wir gemacht hatten. Danach war ich allerdings froh gewesen, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Denn die Wellen verursachten bei mir eine heftige Übelkeit, so dass ich beinahe gespuckt hätte. Natürlich waren wir auch oft zum Markt gegangen, wo mir mein Dominus ein paar neue Tuniken und eine wunderschöne Palla gekauft hatte. Sogar Schmuck hatte er für mich ausgesucht. Ein paar Ohrringe und passend dazu eine hübsche Halskette aus Gold mit blauen Steinchen. Keine Frage, Dominus Casca wusste, was hübsch ausschaute, denn er hatte echt Stil!

    Jede Nacht lag ich bei ihm, denn er wollte nicht ohne mich sein. Genauso wenig wie ich ohne ihn sein wollte! In jeder einzelnen Nacht schenkte ich ihm großzügig das, nach was es ihn verlangte. Damit dankte ich ihm für seine Freundlichkeit und seine Großzügigkeit. Ja, das musste echte Liebe sein, von der ich bisher nur aus Erzählungen gehört hatte.


    So verging Tag um Tag und Nacht um Nacht, auf dass ich bald jegliches Gefühl für die Zeit verloren hatte. Ich war ihm immer so nah und das war auch das Wichtigste für mich. Erst am Tag, an dem wir letztendlich doch unsere Rückreise nach Rom antreten mussten, kam dieses seltsame Gefühl wieder, was mich vor zwei Monaten schon einmal beschlichen hatte. Wie würde es zwischen uns sein, wenn wir wieder zurück in Rom waren? Wo würde dann mein Platz sein? Hinzu kam noch, dass ich mir anscheinend den Magen verdorben hatte, denn am Morgen hatte mich eine fürchterliche Übelkeit geplagt. Vielleicht war eine meiner Muscheln vom Vorabend doch verdorben gewesen, denn Dominus Casca hatten keinerlei Beschwerden.


    Auch als wir dann wieder zurück in der Casa in Rom waren, verfolgte mich fast täglich eine seltsame Übelkeit am Morgen. Meistens begann es schon vor dem Aufstehen und bewirkte, dass ich mich elend fühlte und ich mir sehr schwer tat, den Tag überhaupt zu beginnen. Nach einigen Stunden verflog diese Übelkeit so schnell wieder, wie sie gekommen war. Natürlich erzählte ich meinem Dominus nichts von meinen Beschwerden. Zumal es ja immer wieder besser wurde und ich nicht jammern wollte, um ihm dadurch irgendwelche Sorgen zu bereiten.

    Doch schließlich begann ich mir doch Sorgen zu machen. So beschloss ich mich in meiner Not an Candace zu wenden. Vor der Köchin im Haushalt der Decima hatte ich schon immer viel Respekt gehabt, denn sie war in ihrem Wesen oft sehr herrisch uns streng zu allen gewesen. Jedoch hatte sie auch eine andere Seite. Wenn man zu ihr mit Problemen kam, hatte sie immer ein offenes Ohr und spendete Trost oder tat sonst, was gerade nötig war. So vertraute ich mich ihr an. Natürlich ging ich dafür nicht in die Culina, denn sonst hätte ich es eh gleich laut in der Casa herausposaunen können. Nein, ich versuchte sie im Servitriciuum abzuwarten und bat sie, sich mit mir in eine stille Ecke zu verziehen.

  • Es hatte etwas gedauert, doch es gelang mir tatsächlich, Candace auf dem Gang im Sklaventrakt anzusprechen. "Ich hab nicht viel Zeit, Kindchen! Dominus Casca hat anscheinend Gäste heute Abend, denn er  wünscht ein 'schönes Essen' zu Cena." Die Köchin schien wirklich in Eile zu sein, doch als sie in mein Gesicht schaute und die Sorgenfalte auf meiner Stirn sah, nahm sie mich bei der Hand und zog mich in einen Raum, in dem wir ungestört waren. "Was ist los, hm? Sag schon!"

    Ich musste mich erst einmal sammeln, da ich gar nicht wusste, was genau ich ihr sagen wollte. "Ja also es geht darum... ich  ähm..  ich hab mir den Magen verdorben... allerdings nicht von deinem Essen, Candace!" begann ich ziemlich holprig. "Mir ist schon seit ein paar Tagen so schlecht... also eigentlich nur morgens... und wenn ich dann etwas gegessen habe, geht´s dann wieder besser. Hast du vielleicht einen Sud oder eine andere Medizin?" Candace hatte sich alles angehört und schaute mich dann noch eine weile fragend an. "Dir ist jeden Morgen schlecht? Und es wird über Tag dann wieder besser?" Ich nickte bestätigend und fragte mich, ob sie mir wirklich helfen konnte.

    "Sag mal Kindchen, hast du zufällig in der letzten Zeit bei einem Mann gelegen? Bei Nepomuck vielleicht? Oder wollte dein Dominus.. na du weißt schon!"

    Ich war schob ein wenig empört, als Candace plötzlich damit kam! Was hatte das denn mit meiner Übelkeit zu tun? Wollte sie nur den neusten Tratsch aus erster Hand hören? "Was hat das denn damit zu tun? Wieso willst du das wissen?", antwortete ich schnippig.

    "Sehr viel, Kindchen! Hast du also oder hast du nicht? Mit wem du geschlafen hast, ist mir egal!", entgegnete sie mir gereizt, so dass ich gar nicht anders konnte, als zu nicken. "Ja, habe ich... mit meinem Dominus." Ich hielt den Kopf gesenkt, damit ich sie nicht anschauen musste. Doch sie schwieg zunächst, als ob sie gerade nachdenken müsste. Genau das tat Candace auch, denn die Köchen konnte rechnen. Wir waren zwei Monate fort gewesen. Seit fast nun einer Woche überfiel mich jeden Morgen diese Übelkeit.

    Dann nahm Candace meine Hand . Ich war so überrascht und sah zu ihr auf. "Ich schätzte, du bist schwanger, Kindchen! Deswegen ist dir morgens übel. Spätestens im kommenden Sommer wirst du Mutter werden, wenn..." Candace hatte plötzlich mitten im Satz aufgehört zu sprechen. Es war schon schlimm genug, dass ich schwanger sein sollte. Aber warum redete Candace plötzlich nicht weiter?

    "Wenn was?!", wollte ich wissen. Die Köchin sah mich mit einem seltsam gutmütigen Lächeln an, bevor sie weiter sprach. "Wenn dein Dominus das Kind nicht will, dann musst du es wegmachen lassen!",sagte sie und ihre Stimme klang plötzlich so anders, so hart.

    "Wegmachen lassen?", echote ich entsetzt mit aufgerissenen Augen. Candace tat es schon leid, dass sie es ausgesprochen hatte. Aber es hatte sein müssen! Ich sollte mir keine falschen Hoffnungen machen. Denn eine Liebe zwischen einem Dominus und einer Sklavin stand auf sehr wackligen Füßen. So etwas hatte keine Zukunft!

    "Kindchen, du musst es deinem Dominus sagen! Er wird dann entscheiden, was zu tun ist! Aber warte nicht solange!" Damit ließ die Köchin mich stehen und ging wieder an ihre Arbeit.

  • Cf: Officium - Was das für Arbeit macht!


    Wie lange hatte ich schon Grian nicht mehr suchen müssen? Ich konnte mich nicht daran erinnern, auch wenn ich genau wusste, dass es eine solche Zeit gegeben hatte. Doch zwei Monate waren einen lange Zeit, auch wenn sie im Nachhinein wie im Fluge vergangen war. Wie aber auch nicht, wenn man doch glücklich gewesen war. Und ich für meinen Teil, ich war es noch: Glücklich! Welch' eine schöne Fügung mich mit Grian ereilt hatte. Wo ich suchen sollte, wusste ich nicht, doch einen weiteren Sklaven wollte ich nicht ausschicken. Also machte ich mich selbst auf den Weg und begann im Servitricium mit meiner Suche, wo ich auch fündig wurde. Grian saß auf ihrem Bett, mit dem Rücken zu mir. Ich lächele sofort, als ich sie sah und legte dann den Zeigefinger über die Lippen, um Candace, die ebenfalls hier war, anzudeuten, dass sie keinen Mucks machen sollte, der meine Anwesenheit verraten würde. Sie nickte nur und machte sich auf den Weg durch die Tür. Immerhin hatte sie ja noch zu tun, denn am Abend wünschte ich ja gut zu speisen. Ich lächelte also auch ihr zu und trat dann - auf Zehenspitzen und sehr leise, obwohl mein Knie mich wieder zwackte - hinter Grian, sodass sie mich wohl nicht hören würde.


    Dann legte ich ihr von hinten die Hände über die Augen und raunte ihr ein: "Rate, wer hier ist!", ins Ohr. Dabei atmete ich auch tief ein, um ihren unvergleichlichen Duft zu erschnuppern. Unter hunderten hätte ich diesen wieder erkannt. So lieblich war er. Danach konnte ich den Drang nicht unterdrücken, ihr auch einen schmatzenden Kuss auf den Kopf zu setzen, wobei ich mich fühlte wie ein verliebter Jugendlicher, der seine allererste Liebe genoss. Das war bei mir natürlich nicht der Fall, doch es war wunderschön, sich einmal wieder so zu erspüren im Inneren. Ich lächelte die ganze Zeit und bekam so überhaupt nicht mit, wie es Grian gegangen war.

  • Um Fassung ringend. Das traf es wohl am besten. Ich hatte Candace gefragt und sie hatte schonungslos geantwortet. Sie war aufrichtig gewesen und hatte nicht um den heißen Brei herum geredet. Ja, ich rang um meine Fassung und konnte dabei nicht einmal weinen. Zu tief saß immer noch der Schreck. Gerade eben war mein Traum vom großen Glück geplatzt. Dabei war Candaces Diagnose, dass ich schwanger sei, nicht das Schlimmste. Auch wenn alles noch so neu für mich war, hatte aber der Gedanke, Mutter zu werden, auch etwas Reizvolles an sich. Es war Dominus Cascas Kind, das da in mir heranreifte. Es war ein Teil von ihm, das er mir gegeben hatte. Es verband uns miteinander und es war der Beweis unserer Liebe. Alleine aus diesem Grund würde ich das Kind lieben können und auf es aufpassen wie auf einen wertvollen Schatz, dass ihm ja nichts Schlimmes zustieß. Jedoch das, was Candace dann noch gesagt hatte, schnürte mir die Kehle zu und ich glaubte fast, mein Herz müsste zerspringen. 'Wenn dein Dominus das Kind nicht will, dann musst du es wegmachen lassen!' Ihre Worte hatten sich in meine Gedanken eingebrannt, denn sie waren so schrecklich gewesen.


    Was sollte ich jetzt nur tun? Wie sollte ich es ihm sagen? Ich konnte es ihm nicht sagen! Nicht jetzt. Am besten ich stürzte mich von nun an in die Arbeit. Es gab genug zu tun in der Casa! Sicher merkte er es gar nicht, wenn ich nicht mehr ständig um ihn herum war. Irgendwann später konnte ich es ihm dann sagen, wenn ich mich an die Realität gewöhnt hatte, dass ich eben nicht auf Wolke sieben wandelte, sondern ganz unten am Boden lag. Am besten ich fing gleich an! Ja, es gab viel zu tun! Dominus Casca erwartete einen Gast, hatte Candace gesagt. Bevor ich jedoch aufstehen konnte, legte plötzlich jemand von hinten seine Hände über meine Augen so dass ich vor Schreck zusammenzuckte. Gleichzeitig hörte ich seine Stimme, die mir ins Ohr raunte. ‚Oh ihr Götter‘, dachte ich. 'Was tut ihr mir nur an!' Auf gar keinen Fall durfte ich mir etwas anmerken lassen! Er durfte weder etwas von meiner Schwangerschaft erfahren, noch von meinen Ängsten!

    "Du bist es, Dominus!" Ich wandte mich lächelnd zu ihm um. Er sah so glücklich aus und wirkte so unbeschwert, so wie ich ihn vor unserer Reise kaum erlebt hatte. Ich erhob mich und trat zu ihm hin, nahm seine Hände und küsste sie. "Ich wollte gerade an die Arbeit gehen, Dominus. Candace sagte, du erwartest einen Gast zur Cena."

  • Ich schmunzelte, als Grian mich dann auch sogleich erkannte. Doch hätte ich etwas anderes erwarten sollen? Immerhin war ich der Einzige, der mit ihr schäkerte und noch mehr: Der in sie verliebt war. So recht hatte ich mir das noch nicht eingestehen wollen und wer hätte das überhaupt gedacht, nach all der Zeit? Vor allem, wenn ich an unsere erste gemeinsame Zeit dachte, in welcher sie an einer Stelle annehmen musste, ich würde körperliche Gefälligkeiten von ihr verlangen, während ich doch nur mein malträtiertes Knie hatte massiert haben wollen. Nun aber lagen die Dinge völlig anders und konnte nur sagen, dass mir genau das sehr gut gefiel. Über die Zukunft machte ich mir dabei allerdings recht wenig Gedanken, denn das Hier und Jetzt war schön genug, um alles was in der Ferne lag vergessen zu machen. Warum also an so etwas auch nur einen Gedanken verschwenden? Immerhin war ich weder verheiratet noch verlobt und überhaupt war das alles hier mein Recht als Dominus, auch wenn ich darauf sicherlich nicht pochen würde. Kindskopf, der ich sein konnte, hätte ich mir ebenso gut imaginieren können, was wäre, wenn Grian keine Sklavin wäre, sondern einer guten Gens angehören würde. Wie wäre es denn dann? Ich musste nun über meine Gedanken grinsen, wenn auch nur flüchtig - immerhin hatte sich Grian nun schon zu mir umgedreht, nachdem sie ein wenig erschrocken gewesen war.


    "Ja, ich bin es!", bestätigte ihre völlig richtige Annahme und mein Lächeln wurde zu einem Strahlen, eben als ich ihr Lächeln erblickte. Meine linke Hand löste sich von ihr, um ein wenig mit einer ihrer Haarsträhnen zu spielen. Die andere ruhte noch an ihrer Wange, um dort mit dem Handrücken über eben jene zu streicheln. Dann seufzte ich unhörbar und bestaunte die Schönheit, welche ich zuvor so recht gar nicht erkannt hatte. Nicht nur ein Kindskopf war ich also, sondern wohl obendrein auch noch ein Schafskopf! Ich lachte leise und erfreut, als Grian sich nun anschickte, meine Hände zu nehmen und diesen einen Kuss aufzuhauchen. "Oh!", entkam es mir dann. "Nun, da ich dich gefunden habe, willst du schon wieder gehen?" Ich zog einen spielerischen Flunsch und schüttelte den Kopf, wobei ich fast schon tadelnd mit der Zunge schnalzte. Dann aber lachte ich. "Oh ja. Ich erwarte heute Abend einen wichtigen Ehrengast!", log ich unverblümt und hoffentlich recht überzeugend. "Und deshalb hoffe ich, dass du eine der schönen neuen Tuniken anziehst, welche ich dir gekauft habe. Wegen dem guten Eindruck..." Dazu nickte ich - hoffentlich auch überzeugend.


    "Aber ich möchte nicht, dass du in der Culina hilfst. Dazu gibt es woanders noch zu viel Arbeit. Mein Officium muss aufgräumt werden. Und mein Cubiculum natürlich auch. Und danach möchte ich mit dir in die Stadt gehen.... um...." Ich unterbrach meine Rede. Etwas Schönes wollte ich ihr noch kaufen. Wie schon so oft zuvor, aber eigentlich fand ich immer noch etwas, was ich ihr angedeihen lassen konnte. "Ich muss noch in die Tonstrina!", sagte ich also und seufzte dann schwer. "Ich brauche einen Rat, denn ich möchte sie neu gestalten lassen!" Das war zwar eine Lüge....noch... aber eine gute Idee war es auf jeden Fall.

  • Warum machte er es mir nur so schwer? Er war so nett zu mir und gab mir das Gefühl, dass ich ihm etwas bedeutete. Natürlich ließ er mich nicht einfach so gehen. Ich zweifelte keinen Moment daran, als er mir den Besuch eines Ehrengastes bestätigte und mir auftrug, eine der neuen Tuniken anzuziehen, die er mir in Brundisium gekauft hatte. Ich nickte nur und lächelte, um nicht doch einen Verdacht aufkommen zu lassen, dass es etwas gab, was mich umtrieb. Eigentlich hätte es mich freudig stimmen müssen, dass er mit mir bei seinem Ehrengast glänzen wollte. Zum Glück würde ich damit beschäftig sein, ihn und seinen Gast zu bedienen und dafür zu sorgen, dass der Wein nicht zur Neige ging.

    Dann fand er Ausflüchte, weshalb ich Candace nicht in der Küche unterstützen sollte, damit er mich in seiner Nähe hatte. Das Officium sollte aufgeräumt werden und sein Cubiculum auch. Dabei hatte ich sein Cubiculum heute aufgeräumt verlassen. Es war offensichtlich, dass er mich wollte und eigentlich wollte ich ihn ja auch. Und wie ich ihn wollte, denn an meinen Gefühlen für ihn hatte sich ja nichts geändert. Genau darin lag ja die Crux! Ich war einfach noch nicht bereit dazu, mit ihm über diese eine Sache zu sprechen. Denn ich wusste genau, wenn ich das tun würde, dann würde alles nur noch viel schlimmer werden. Zumindest bildete ich mir das ein. Aber ich hätte es auch nicht fertig gebracht, ihn aus dieser Unbeschwertheit herauszureißen und ihn mit Dingen zu konfrontieren, die ihn wieder dorthin zurückwarfen, von wo er seit unserem Aufenthalt in Brundisium ausgebrochen war.


    Doch das war noch lange nicht alles gewesen. Ich sollte ihn auch in die Stadt zu seiner Tonstrina begleiten und ihn dort beraten. Normalerweise wäre ich bei dieser Ankündigung schon Feuer und Flamme gewesen, denn ich liebte es, ihn in die Stadt zu begleiten. Aber in die Tonstrina, um ihn zu beraten? Ausgerechnet ich, die ich davon doch überhaupt keine Ahnung hatte! Natürlich zweifelte ich keine Minute daran, dass er das alles ernst meinte. Beinahe hatte ich ihm schon vorschlagen wollen, dass Nepomuk in dieser Sache bestimmt die bessere Wahl gewesen wäre. Doch das verkniff ich mir dann doch.


    "Das ist aber sehr viel Dominus! Ob wir das alles noch schaffen werden, bevor dein Gast kommt?" Ich zweifelte wirklich daran, denn für gewöhnlich nahm er vor der Cena noch ein Bad, um sich vom Schmutz und Schweiß des Tages zu reinigen, bevor er dann die Cena einnahm. Womöglich sollte ich ihm im Balneum auch noch Gesellschaft leisten, waschen und massieren.

    "Aber wie du es wünschst, Dominus. Wenn ich mich etwas beeile... Womit soll ich anfangen, Dominus?"

  • Das Aufräumen meiner privatesten Räumen war in diesem Falle sicherlich nur ein Vorwand, doch war in diesem Hause allseits bekannt, dass um mich herum stets das Chaos waltete und schaltete wie es wollte und selbst wenn ein Raum aufgeräumt war, so brauchte ich niemals lange, um diesen Umstand zu ändern. Bisher hatte mir Muckel auch trefflich geholfen jedwede Ordnung zunichte zu machen, auch wenn dieser natürlich dann die Aufgabe hatte, diese im Anschluss wieder herzustellen. Doch Grian wollte ich an diesem Tag nicht damit belasten, denn immerhin hatte ich sie für diesen Abend als meinen Ehrengast erkoren. Wenn ich sie nun so betrachtete, wäre es doch auch sicherlich hübsch, wenn sie keine Tunika trug, sondern ein schönes Kleid. Fast wie eine waschechte Römerin, die sie nicht war, aber meine Neugier war groß, sie als solche zu sehen. Einen großen Standesunterschied machte ich in meinem persönlichen Umgang mit ihr ohnehin nicht. Mit kaum einem Sklaven, sofern wir denn unter uns waren und niemand sonst dabei war, was ja auch schon immer ein Kritikpunkt meines Vaters und später auch meines Vetters gewesen war, der mich ob dessen ins Gebet genommen hatte. Doch übertriebene Strenge und die Peitschen-Schwingerei lagen mir nun einmal nicht und ich gedacht nicht wirklich, diesen Umstand zu ändern. Viel eher zeigte sich doch, dass Freundlichkeit und Milde auch zum Ziel führten.


    Zumindest war ich im eigenen Hause gern gesehen und ein wenig Sorge um das Wohlergehen der Untergebenen zeigte sich als sinnvoll, denn so sorgten sie sich auch um mich und ich hatte noch nie Angst haben müssen, mit einem Messen zwischen den Rippen mein morgendliches Erwachen zu beginnen. Aber das war hier an dieser Stelle auch gar nicht die Frage. Immerhin war ich hier nun mit Grian allein, was ich sehr schätzte. Ich schmunzelte, als sie meinte, dass der Tagesplan noch viele Tätigkeiten barg und es war ja nun auch schon etwas später am Tage und bestimmt hatte sie auch recht mit ihren Bedenken. Ich neigte nachdenklich meinen Kopf und nickte, während ich nun meinerseits nach ihren Händen griff und diese sanft hielt. Nicht dass sie mir noch davon eilte. “Nun ja… dann denke ich, es wäre besser, du machst dich hübsch und wir gehen gleich in die Stadt!“, teilte ich meinen Entschluss mit. “Eine kleine Runde über die Trajansmärkte und dann in die Tonstrina!“ Nicht, dass sie am Ende hier doch noch Aufgaben erfüllte, die man doch getrost den anderen Sklaven überlassen konnte. Und dann kam mir noch eine Idee. “Du kennst glaube ich meine beiden Sklaven Quix und Ulcus noch nicht. Wunderbare Männer, die sich sehr gut auf Haare verstehen. Wie wäre es, wenn sie dir deines schön zurecht machen für… für meinen Besuch am Abend!?“ Beinahe wäre mir doch herausgerutscht, dass sie mein Besuch wäre, aber es war nicht zu erwarten, dass sie nun etwas witterte. Ich führte ihre Handrücken zu meinen Lippen und setzte diesen nun meinerseits einen kleinen Kuss auf.


    “Locken wie die einer echten Domina!“, entkam es mir verträumt. “Vielleicht haben sie noch eine Perücke da. Rotes Haar oder etwas Ausgefalleneres?“, versuchte ich die Eitelkeit in meiner Sklavin hervor zu kitzeln. “Vielleicht auch schwarzes Haar und ein schönes Kleid, welches zur Farbe deiner Augen passt. Mit dem schönen Anhänger, den ich dir letzte Woche auf der Reise gekauft hatte.“ Vor dem inneren Auge sah ich sie schon. Ich lächelte verträumt, neigte mich nun vor und stahl Grian einen innigen Kuss von den Lippen, doch ich musste vorsichtig sein, dass nicht jetzt und hier gleich mehr daraus wurde. Ein wenig mehr Abstinenz würde mir gut tun, ebenso wie etwas Leibesertüchtigung, denn das Leben war in Bezug auf das Körperliche Lieben und Regen im Moment doch recht fordernd. Aber ich ließ wieder von ihn ab und ließ auch ihre Hände los. “Und nun solltest du eilen und dich umziehen. Ich will mit dir angeben!“ Unter diesen Worten ließ ich meine Augenbrauen ein paar Mal in die Höhe lupfen und ich lachte leise. “Also eile, schöne Sklavin!“, ließ ich verliebt gurrend folgen und nickte mit dem Kopf in Richtung Tür.

  • Moment, irgendetwas stimmte doch da nicht! Nicht dass ich etwa Lunte roch. Davon war ich sicher noch meilenweit entfernt. Doch Dominus Casca schmunzelte für meinen Geschmack ein wenig zu viel. Ungefähr so, wie ein Kind, dass sich auf eine große Überraschung freute. Dass ich nun einen solchen Aktionismus an den Tag legte, wollte ihm nicht so recht passen. Schließlich ergriff er meine Hände, damit ich ihm nicht noch davonlief. Doch ich sah nur die Arbeit, die noch vor mir lag. Als er dann meinte, ich solle mich lieber gleich anziehen, um mit ihm in die Stadt zu gehen, hoben sich automatisch meine Augenbraue nach oben. "Ich soll mich jetzt hübsch machen? Aber... aber wann soll ich denn aufräumen?"

    Wahrscheinlich hatte er sich noch nie groß darüber Gedanken gemacht, wie unangenehm es war, wenn man von einer zur anderen Arbeit hetzen musste. Man hatte nicht einmal Zeit, um sich auszuruhen. Nun kam er und meinte er wolle gleich mit mir in die Stadt. Zuerst zu den Trajansmärkten, was an sich bestimmt sehr reizvoll war und dann zu seiner Tonstrina. Ich sah schon, das würde alles wahnsinnig knapp werden. Erst recht als er plötzlich auf die Idee kam, die beiden Sklaven in seiner Tonstrina könnten mir doch die Haare machen. Mir hatte noch nie jemand die Haare gemacht. Außerdem konnten meine Haar richtig störrisch sein, den sie hatten ihren eigenen Kopf. "Aber das dauert doch viel... ja Dominus, wenn du meinst."

    Ich gab mich geschlagen und stellte mich auf einen langen harten Tag ein. Aber war es nicht genau das, was ich gedacht hatte, es könne mir helfen, mit meinem Problem? Ich lächelte etwas geknirscht, als er zur Abwechslung meine Hand küsste. Spätestens jetzt begann es bei mir zu dämmern, das er etwas im Schilde führte, jedoch war mir noch schleierhaft, was genau das war.

    "Locken?" entgegnete ich skeptisch. "In meinen Haaren sind doch schon genug Locken. Viel zu viel, so dass ich sie kaum bändigen kann."

    Besonders wenn es regnete wurde es schwierig mit meinem Haar. Und außerdem... "Ich bin doch gar keine Domina!" kam es mir leise über die Lippen und ich schaute dabei etwas getröpfelt zu Boden. Während ich darüber nachdachte, ob es das war, was er wollte, nämlich eigentlich eine passenden Ehefrau, die er ja noch immer nicht gefunden hatte, fuhr er fort, all seine Fantasien mit mir zu teilen.

    "Eine Perücke?" Wieso das denn? "Rotes oder schwarzes Haar?" Gefiel ich ihm denn nicht so, wie ich war? Ein Kleid, dass zu meinen Augen passte, konnte ich ja noch nachvollziehen. Mir schien, er hatte sich in seiner Fantasie schon ein perfektes Bild von mir gemacht, wie er mich haben wollte. Wieder lächelte er so verträumt und küsste mich dann auch noch, so dass ich beinahe schwach geworden wäre. Warum musste alles nur so kompliziert sein!

    Als er von mir abließ wollte er mich nun scheuchen, damit wir endlich losgehen konnten. Vielleicht konnte mir Breda ja behilflich sein bei anziehen und mit meinen Haaren, denn ganz offensichtlich sollte ich ihm nicht als graue Maus folgen, sondern er wollte mit mir glänzen, wie er gesagt hatte. Ich nickte und folgte ihm zur Tür hinaus..


    Mit Bredas Hilfe war ich eine halbe Stunde später zum Ausgehen bereit. Ich hatte hatte eine der neuen Tuniken angezogen. Zuerst hatte ich an die Rote gedacht, doch der Schmuck passte nicht dazu. Also entschied ich mich doch für die Blaue. Breda hatte meine Haare mit einem blauen Haarband gebändigt und es hoch gesteckt. Natürlich widersetzte sich wieder eine Haarsträhne , aber das musste wohl so sein. Bredas Augen hatten gestrahlt, als sie mich nun so sah. Vielleicht war sie auch ein kleines bisschen neidisch, weil mit ihr noch niemand von den Herrschaften in die Stadt gegangen war. Ich versprach ihr, zum Dank fpr sie etwas mitzubringen.

    Dann eilte ich zu Dominus Casca. "Ich wäre dann so weit, Dominus."

  • Hoffentlich hatte ich nicht zu dick aufgetragen und meine Grian merkte nicht, woher der Wind aus meiner Richtung wehte. Immerhin wollte ich nicht nur mir, sondern auch ihr eine Freude bereiten und nun musste ich – wie es aussah – wohl hoffen, dass ich sie nicht in Verlegenheit brachte. Offenbar aber brachten meine Worte sie zunächst einmal in Verwirrung in einen etwas größeren Druck, denn sie erkundigte sich, was sie zuerst und was sie zuletzt machen sollte. Doch dahingehend war meine Anweisung ja eine sehr deutliche gewesen. “Aber Grian, das spielt doch nun keine Rolle!“, unternahm ich einen Besänftigungsversuch und überlegte dann, wie ich dem ‚Lockenproblem‘ begegnen sollte. Es stimmte ja. Locken hatte sie, doch meinte ich eher jene frisch frisierten und mit einem heißen Eisen oder dergleichen angelegten edlen Locken. Ich war keine Frau und hatte keine Ahnung, wie die Damenwelt das machte – dafür hatte ich eigens versierte Sklaven in meiner Tonstrina – doch dass es ging, bewiesen täglich tausende von Römerinnen, die sicherlich in Wirklichkeit auch eher störrischeres Haar auf dem Haupt trugen. “Also…,“ wollte ich schon beginnen, unterließ dann aber meinen Kommentar, da am Ende Grian wohl gekränkt wäre und meinen würde, ich würde ihr Haar nicht schön genug finden. Da sollte einer die Frauen verstehen! Ich tat es zumindest nicht oder zumindest nicht immer. Eine schwierige Sache, der ich mich nun aber auch nicht widmen wollte. Das Leben wollte genossen werden und sich nicht um Haare drehen.


    Als Grian meinte, dass sie doch keine Domina wäre, schmunzelte ich. Schön wäre es... kam mir ein schwärmerischer Gedanke in den Kopf. Diesen hatte ich ja schon einmal gehegt und vielleicht würde mir da ein Iurist weiterhelfen können. Ich dachte an Caesoninus, doch wie ich hörte war dieser nun ebenfalls auf Reisen und lebte sein Tribunat irgendwo im Osten. Auch darüber würde ich mich noch informieren müssen. Auf jeden Fall stutzte Grian über alle meine Aussagen und ich hatte wohl daran getan, sie fort zu scheuchen, damit sie sich nun umkleidete. Auch ich würde dies nun tun. Mit einem Lächeln entließ ich sie also, nachdem wir zu zweit das Servitricium verlassen hatte und ich ließ nach Muckel schicken, der mich selbst in eine angenehm flauschige Toga hüllte, die eine schicke Tunika ummantelte, welche über goldbestickte Ausschnitte verfügte. Auf sie war sich sehr stolz, denn sie war sehr teuer gewesen. Darüber hinaus gönnte ich mir einen angenehm herben Duft auf Lavendelbasis, welchen ich mir an Hals an andere Stellen meines Leibes schmierte und mich dann auf den Weg in das Atrium machte, wo ich auf Grian wartete. Zur Feier des Tages hatte ich eine Sänfte beordert. Eine weitere Überraschung. Sie würde mir und meinem Knie den Weg zu Fuß ersparen und der Sklave Paullus berichtete mir auch, dass diese schon vor der Porta wartete. Nun fehlte nur noch Grain und als sie endlich eintraf, lächelte ich ihr beglückt entgegen. Auch den Arm hielt ich hier hin, sodass sie sich nun dort mit dem ihren einhacken konnte und dann ging es zur Porta hinaus.


    Ich grüßte Ephialtes noch einmal und deutete dann auf die wartende Sänfte, mit ihren schmucken Vorhängen und dem verschnörkelten Rahmen, der Weinblätter darstellen sollte. Etwas übertrieben war das Ganze vielleicht und ich hoffte sehr, dass die Bürger Roms, welche das Gefährt erblickten die Insassen nicht für die Kinder des Bacchus halten würden, aber ich wollte nicht daaran herum mäkeln. Die Miete war teuer genug. Besonders die stattlichen Nubier, welche die Sänfte tragen würde. Vielleicht, so dachte ich mir, würde es mein Budget im nächsten Monat oder jenem darauf zulassen, mir eine eigene Sänfte zu kaufen. Das war natürlich sehr über meinen Verhältnissen, in denen ich sonst lebte, doch andere Männer kauften Pferde, wetten in den Stadien oder hatten andere teure Bedürfnisse, deren Erfordernis eher zweifelhaft war. Ich grinste Gran an. “Dann geht es nun los!“, stellte ich in Aussicht, schritt mit ihr die Treppen hinunter und hielt ihr galant die Vorhänge zur Seite, damit sie in der üppigen Kissenlandshaft im Inneren Platz nehmen konnte.

  • Wie gewohnt, hatte sich Dominus Casca in edle Stoffe einkleiden lassen. Er sah sehr gut aus, als ich ihm im Atrium entgegentrat. Fast schon zu gut für einen gewöhnlichen Besuch der Märkte und einen seiner Betriebe, dachte ich. Ich befürchtete schon, seine Pläne hätten sich geändert und er wollte stattdessen eine Freund oder Geschäftspartner in der Stadt treffen.

    Meine Aufmachung war sicher auch viel aufwendiger, als sie es sonst war, wenn ich ihn zum Einkaufen begleitete. Ich hoffte nur, es gefiel ihm. Mir hatte zumindest die Kombination von dem blauem Stoff und meinem blonden Haar gefallen. Das korrespondierte auch sehr gut mit der Halskette und den Ohrringen, die ich in Brundisium bekommen hatte. Kurz bevor ich das Atrium betreten hatte, war Breda noch mit einer Phiole in der Hand entgegengetreten. Daher haftete mir nun ein dezenter Duft von Zitrusfrüchten an mir, was mir sehr gut gefiel, da ich Zitrone gerne roch.


    Als er mir plötzlich seinen Arm anbot, war ich erst einmal sehr überrascht und blickte ihn verwundert an, ob er es wirklich ernst meinte oder ob dies nur ein Scherz sein sollte. Aber nein, es war kein Scherz. Auch nicht die Sänfte, die draußen vor der Tür , die ganz offensichtlich auf ihn wartete. Wieder schaute ich ihn fragend an, als er mich zur Sänfte hinlenken wollte. Für gewöhnlich, wenn es denn tatsächlich einmal vorkam, dass er sich eine Sänfte mietete, lief ich neben her, wie es sich eben gehörte. Noch nie hatte ich in einer Sänfte gesessen oder gar gelegen. "Dominus..", wollte ich schon einwenden, denn es war mir irgendwie peinlich. Doch er schob mich weiter zur Sänfte hin, so dass mir gar nichts anderes übrig blieb, als einzusteigen und mich zu setzen.

    Es war alles sehr ungewohnt für mich, erst recht als die Träger die Sänfte anhoben und sie sich in Bewegung setzten. So richtig konnte ich mich anfangs nicht entspannen. Schließlich musste ich mich zwingen, mich zurückzulegen. Meine Augen schienen die eines kleinen Kindes zu sein, die überall und nirgends sein wollten, um alles erspähen zu können, Ich war sehr froh, dass Dominus Casca bei mir war, denn all das war so unwirklich. Fast wie ein Traum. Wehe, wenn ich daraus erwachte!

    "Warum tust du das alles, Dominus?" , wagte ich mich zu fragen. In Brundisium waren wir beide zwar auch zusammen unterwegs gewesen, doch konnte dort noch jeder erkennen, dass ich die Sklavin meines Dominus war. Nun aber schien diese Grenze überschritten worden zu sein. Sollte ich jemanden spielen, der ich gar nicht war? Zweifelsohne würde ich mir damit sehr schwer tun, was ihn gewiss verärgern würde, wenn er davon in Kenntnis gelangte. Ich glaubte, in einer Zwickmühle zu sitzen. Warum machte er es mir nur so schwer. Warum konnte nicht alles so bleiben, wie es war? Doch die Antwort auf diese Frage kannte ich nur zu gut. Spätestens wenn er auch hinter mein Geheimnis kam, würde mit alldem Schluss sein.

  • Warum ich das alles tat? Irgendwie hatte ich nun das Gefühl, es doch ein bisschen übertrieben zu haben. Mit der Sänfte vor allem. Grian schien verhalten und schon fast eingeschüchtert zu sein, ob meiner Bemühungen. Das hatte ich natürlich so nicht vor gehabt. Ich wollte ihr doch eine Freude machen, sie auf Händen tragen. Da ich letzteres ja dank meines Beinleidens nicht vermochte, so schien mir eine Sänfte dann doch das entscheidende Mittel zu sein. “Mit wem sollte ich denn meine Gewinne teilen?“, entkam es mir dann aber anstatt der eigentlichen Wahrheit. Leicht kokett sogar und mit einer gelupften Augenbraue. “Du musst dich nicht grämen. Viel eher ist das Leben doch auch einmal dazu da, es zu genießen!“ Das hatte ich eigentlich viel zu wenig getan und mein Geld in den letzten Jahren an Stellen angelegt, welche wenig förderlich gewesen waren. In Wein und sonstigen Luxus, der den Körper in die Breite gehen lassen und den Kopf schwer machen konnte. Vielleicht hatte man doch recht damit, dass eine Frau an der Seite das Leben lebhaft, aufregend und deutlich fordernder machte, als ein ewiger Junggeselle zu sein. Dies aber war ich ja auch nur, weil es bisher an Möglichkeiten gemangelt hatte. Möglichkeiten und Zeit vor allem. So redete ich mir das auf jeden Fall ein.


    Wie auch immer, half ich nun Grian in der Sänfte Platz zu nehmen und bestieg diese dann selbst, um mich ihr gegenüber nieder zu lassen und sie anzulächeln. “Findest du, dass ich übertreibe?“, wollte ich dann aber dennoch von ihr wissen, wobei ich wieder deutlich ernster wurde. Fast schon ein bisschen nachdenklich. Dann ruckte die Sänfte an und die Reise in die Stadt begann für uns. Einer der beiden Custodes, die uns begleiteten fragte nun lautstark: “Wohin zuerst, Dominus Casca?“ Ich überlegte flüchtig und sagte dann: “Ich denke, zuerst zur Tonstrina!“ Dann schaute ich Grian wieder an. Diese Reihenfolge wäre wohl doch besser. “Danach geht es auf den Markt. Du musst doch gut aussehen heute Abend und nach der Frisur suchen wir das passende Kleid aus!“ Frauen auszustaffieren war ein teures, aber schönes Hobby, an das ich mich aber nicht allzu sehr gewöhnen wollte. Immerhin kostete es auch was, doch zum Glück war meine Reisekasse ja nicht zur Gänze ausgeschöpft gewesen, weil es zu keiner Überfahrt nach Piräus gekommen war und auch nicht zu einem längeren Aufenthalt dort. Also hatte ich finanziell ein wenig Luft, um mir und Grian eben eine Freude zu machen. Ich sollte wirklich einmal mit einem Iuristen sprechen, doch das würde ich Grian keineswegs sagen und ich würde auch noch ein wenig warten, auch wenn ich mir sicher war, dass dies hier keine jugendliche Schwärmerei war. Ich war verliebt und ich war blauäugig, doch spürte ich auch die Seriösität unter all’ den schwärmerischen Gefühlen.

  • Na ja, aus welchem Blickwinkel man das auch immer sah! Das Leben zu genießen war für mich keine Option gewesen, zumindest nicht, bevor Dominus Casca gekauft hatte. Davor genossen all diejenigen, denen ich Gehorsam geschuldet hatte, das Leben mit mir, wenn überhaupt. Aber das konnte er sich bestimmt nicht vorstellen, da er bisher das Leben aus einer ganz anderen Perspektive betrachtet hatte.


    "Mir steht es nicht zu, dich zu kritisieren, Dominus. Aber sicher hattest du deine Gründe, eine Sänfte zu mieten. Zum Beispiel wegen deines Beines. Und wenn es dir beliebt, deiner Sklavin eine Freude zu machen, dann ist das auch in Ordnung. Schließlich bin ich dafür da, dir das Leben zu erleichtern" antwortete ich ihm, als er mich fragte, ob er übertreibe. Ob ich sein Leben tatsächlich erleichterte, wollte ich mal dahingestellt lassen. Es hatte oft Situationen gegeben, in denen ich ihm sicher den letzten Nerv geraubt hatte oder seine Gutmütigkeit bis aufs Äußerste strapaziert hatte. Erst seit unserer Reise war etwas zwischen uns geschehen, was weder er noch ich hatte voraussehen können. Umso schwieriger nachzuvollziehen, wie es sein würde, wenn dieses Kind in mir tatsächlich eines Tages das Licht der Welt erblicken würde.

    Meinem Dominus beliebte es heut einfach, mich hübsch machen zu lassen, damit er heute Abend mit mir glänzten konnte, wie er gesagt hatte. Drum sträubte ich mich nicht mehr länger dagegen, sondern ergab mich seinen Wünschen. "Wenn du das so möchtest, Dominus, dann sei es so. Darf ich erfahren, wen du heute Abend als Gast empfangen wirst?" Darüber hatte er noch gar kein Wort verloren. Vielleicht war es ein Geschäftspartner oder ein alter Freund von früher. Ich hoffte nur, dass der Abend nicht zu ausgelassen werden würde. Solche Abende hatte ich in meinem früheren Leben schon einige Male erleben müssen. Dabei hatte mein damaliger Dominus nicht nur den Wein und die Speisen mit seinem Gast geteilt, sondern auch seine Sklaven. Aber das würde Dominus Casca sicher nicht von mir verlangen. oder? Nein, das konnte ich mir nicht vorstellen. Oder doch? Je länger ich darüber nachdachte, umso verunsicherter wurde ich.

    "Würdest du mich teilen wollen, Dominus? Mit deinem Gast zum Beispiel?" Ein wenig Angst schwang schon mit in meiner Stimme, als ich ihn schließlich fragte.

  • Mich beschlich das leichte Gefühl, dass meine Grian nun deutlich zurückhaltender war als sonst. Hatte ich etwas Falsches getan? Vielleicht war die Sänfte doch zu viel. Oder das neue Kleid? Die Fahrt in die Tonstrina? Aber sie hatte ja auch recht und dieses Gefährt würde meinem Bein sehr wohl bekommen, doch was war mit ihr? Ich hatte meine Stirn gerunzelt und war nun doch etwas nachdenklich geworden. Besonders als sie meinte, dass sie da sei, um mein Leben zu erleichtern. “Aber Grian…,“ begann ich meinen Einwand, stockte dann aber, weil ja der Custos hatte wissen wollen, wohin die Reise nun ging. Aber auch das Grian sich hübsch machen lassen sollte, stieß bei ihr wohl auf wenig Gegenliebe. Dabei liebten Frauen doch so etwas. Hatte ich mich so verschätzt? Als sie wissen wollte, wen ich als Gast empfangen wollte, lächelte ich aber bereits wieder. Bestimmt war sie es als Sklavin nicht gewohnt, dass man ihr aufwartete, sie beschenkte und sie eben liebte. Aber dafür war ich ja nun da und meine Gefühle für sie! Es würde sich schon alles einrenken, dessen war ich mir nun wieder gewiss. “Ein sehr wichtiger Gast!“, erklärte ich unter allem Lächeln sehr sachlich. “Ich schätze ihn sehr und da möchte ich, dass heute Abend alles so ist, wie es sein sollte. Ein wichtiges Mahl, wie ich finde.“


    Dann aber überraschte mich Grian mit einer Frage, mit der ich beileibe nicht gerechnet hatte. Ob ich sie teilen wollte? Meine Augen weiteten sich und schaute sie einen Moment unverwandt an. Ganz so, als hätte ich ein Reh erblickt, dem nun Flügel wuchsen und das sich in die Lüfte erhob. “Wie kommst du auf solche Gedanken, mein Herz?“, stellte ich verdattert nun die Gegenfrage. Wenn ich vieles teilen würde, doch auf keinen Fall meine Grian! “Wer hat dir das eingeredet?“, wollte ich dann wissen. Eine Gefühlswallung durchströmte mich nun, denn ich konnte mir nicht denken, dass diese Frage allein dem hübschen Kopf, der Grian gehörte entsprungen war. “Für was für einen Hallodri hälst du mich? Sehe ich so aus, als würde ich Orgien veranstalten wollen?“ Nun gut, ich hatte mich deutlich an diesem Tag am Lavendelwasser vergriffen und ich war gut rasiert, vorbildlich gekleidet und reiste in einer bacchisch anmutenden Sänfte…. Aber das? Wieder schaute ich meine Sklavin an. Fragend, etwas verloren vielleicht und deutlich konsterniert.

  • Hatte ich jetzt auch noch etwas falsches gesagt? Sicher war ihm schon aufgefallen, dass ich heute irgendwie anders war. Dabei wäre ich doch liebend gerne wieder die Alte gewesen, hätte ich mir doch nur nicht so viele Gedanken gemacht! Dann würde ich mich immer noch in Unwissenheit wiegen. Alles wäre so, wie immer. Aber so war es nicht mehr. Vielleicht würde das nie wieder so sein: Dieser Gedanke machte mich noch trauriger. Vielleicht sollte ich es ihm nun doch noch erzählen. Aber so mutig war ich einfach nicht!


    Stattdessen musste ich ihm etwas vorspielen, was mir sichtlich schwerer viel. Erst recht als er mir sagte, dass er einen sehr wichtigen Gast erwartete. Den Namen jedoch behielt er für sich. Doch seinen Wünschen würde ich folge leisten, was mir dann doch leichter machte, mich darauf einzulassen, was er mit mir vor hatte. "Dann werde ich natürlich alles tun, was nötig dafür ist, Dominus. Alles, was du möchtest!"

    Jedoch musste ich dann feststellen, dass ihn meine Letzte Frage sehr überrascht hatte, vielleicht sogar erzürnt hatte. Sene Augen weiteten sich und auch wenn er zunächst noch freundlich zu mir sprach, mir schein Herz nannte, spürte ich doch, dass ich ihn damit beleidigt hatte. Am liebsten wäre ich im Erdboden versunken. Dummerweise ging das aber nicht, weil ich in dieser Sänfte saß.

    "Bitte entschuldige Dominus! Ich wollte dich nicht beleidigen! Wirklich nicht! Das war eine dumme Frage von mir. Natürlich bist du kein Hallodri!"rief ich dann, als ob ich eine schlimme Strafe zu befürchten hatte und war kurz davor loszuheulen, weil ich mich immer tiefer in meine Gefühle verstrickte. Ich brachte es nicht fertig, ihn anzusehen.

    "Dominus, ich muss dir etwas beichten!", begann ich dann doch, Denn es ging nicht mehr. Ich hielt es nicht mehr aus. Er musste es wissen! Jetzt!

  • Es ehrte mich natürlich sehr, dass sie so folgsam sein wollte. Zumal ich ihr ja nun verschwiegen hatte, dass sie mein einziger Gast an diesem Abend sein würde. Morgen würde ich bei dem Tiberier eingeladen sein und in kürzester Bälde wäre ja auch die Saturnalienfeier bei der Flaviern, auf welche ich mich schon sehr freute und auf welche mich Grian, Muckel und auch Nicon begleiten sollten. Zu viele Sklaven wollte ich nun auch wieder nicht mitnehmen, da ich nicht meinen gesamten Hausstand bewirten wollte. Außerdem hatte Columbana schon eine schöne Feier für die Sklaven dieses Hauses geplant und da wollte ich nun auch nicht unbedingt anwesend sein. Wer konnte schon wissen, was diesen einfiel? Daheim in Piräus, als ich noch bedeutend jünger gewesen war, war einer von ihnen so dreist gewesen und hatte sogar in meinem Bett übernachtet! Umso besser, wenn ich zu tun hatte. Damals war ich ja auch unterwegs gewesen. Mit Salina Musa, einer Nachbarin, in welche ich sehr verliebt gewesen war. Was für Zeiten. Aber die jetzigen waren ebenso schön. Nur nicht, wenn ich mir Grian so anschaute. Was war bloß mit ihr? Wieder schien sie so folgsam wie ein Lamm und dann entschuldigte sie sich, was so gar nicht ihre Art war.

    Ich ahnte das Schlimmste und das würde nun sicherlich auch bestätigt werden. Sie schien aufgewühlt, ängstlich und völlig desolat zu sein. Ich richtete mich alarmiert nun ein wenig in den wohlig weichen Kissen auf und schaute sie einfach nur weiter an, wobei sich mein Mund öffnete. Eine weitere Frage kam jedoch noch nicht daraus hervor.


    Dann sagte sie, dass sie mir etwas beichten musste! Gute Götter! Was war nur mit ihr? “Grian!“, sagte ich noch immer alarmiert, jedoch kein bisschen böse. Viel mehr besorgt. “Was ist es? Hast du etwas ausgefressen?“ Das würde ihr ja auch ähnlich sehen, war aber schon länger nicht mehr vorgekommen. “Hast du Ärger? Nun sprich!“, wurde ich nun doch schon deutlich fordernder. Ich mochte Überraschungen, aber diese hier schien mir nicht für großes Glück bestimmt zu sein.

  • Inzwischen liefen mir die ersten Tränen an meinen Wangen herab. Natürlich musste er denken, dass ich schon wieder etwas ausgefressen hatte. Schließlich hatte ich dafür ja eine richtige Begabung. Aber ich hatte nichts ausgefressen. Naja, ich war vielleicht nicht ganz unschuldig gewesen, dass es soweit gekommen war, wie es nun war.In diesem einen Moment vor über zwei Monaten in dem Reisewagen war etwas zwischen uns und ich hatte mich damals einfach so treiben lassen ohne auch nur einen Moment daran zu verschwenden, was daraus erwachsen konnte. Also war ich doch gewissermaßen schuldig!

    "Dominus, seit dem wir aus Brundisiunm zurück sind, ist mir jeden Morgen übel.  Das habe ich dir zwar bis jetzt verheimlicht. Aber es ist so!", gestand ich ihm unter Tränen. Ob er jetzt schon ahnte, worauf ich hinaus wollte? Vielleicht sollte ich auch zum besseren Verständnis noch erwähnen, dass meine Blutung seit über einem Monat überfällig war.

    "Bevor du mich im Servitriciuum gefunden hat, habe ich mit Candace darüber gesprochen und sie sagte, dass es keinen Zweifel daran gibt!" Mit dem Handrücken wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht und wartete darauf, was er nun sagen würde. "Es tut mir so leid, Dominus aber bitte ich möchte es behalten, bitte!" Hätte ich jetzt nicht in dieser Sänfte gesessen, wäre ich wahrscheinlich vor ihm auf die Knie gegangen.

  • Was ging bloß in ihr vor? Ich verstand es einfach nicht, auch wenn es mich nun auch betrübte, sie weinen zu sehen. Das tat sie doch sonst nur höchst selten und genau genommen hatte ich bei ihr noch niemals Tränen gesehen. "Was...?", wollte ich schon zu einer weiteren Frage ansetzen, doch dann begann sie zu reden und versuchte sich zu erklären. Seit Brundisium war ihr morgens übel? Aber wir hatten doch die gleichen Speisen genossen. Mir war davon nicht übel geworden. Aber warum sprach sie von 'Verheimlichung'? Ich stutze wieder, sah sie einfach nur an, was mir schwer fiel, das sie so verzweifelt schien. Auch bevor ich sie im Servitricium getroffen hatte, hätte sie mit Candace geredet. Über das Essen, wie ich mutmaßte, doch es gäbe keinen Zweifel. "Aber Grian!", entkam es mir, als ihre Worte, mit denen sie sich entschuldigte und 'es' behalten wolle. "Ahm..." Was sollte ich nur sagen? Um was ging es hier überhaupt? Noch lüftete sich das Geheimnis mir nicht, ehe die Worte in mir sackten und die Erkenntnis näher am. Mit Frauendingen kannte ich mich nicht aus, auch wenn mir die Grundlagen an sich schon bewusst waren. "Sag'... bist du etwa..." Ich schluckte nun. "...guter Hoffnung?", endete ich dann. Übelkeit am morgen und 'es' behalten. Abwartend wendete ich meine Blicke nicht von ihr ab und ich wusste nun selber nicht, auf welche Antwort ich nun hoffen wollte.

  • Ich hatte keine Ahnung, ob Dominus Casca verstand, was ich ihm sagen wollte, denn er wirkte so ratlos und unbeholfen. Um so schlimmer, dachte ich mir. Was würde er erst sagen, wenn er begriff, dass er Vater werden würde, vorausgesetzt, dieses Kind würde leben dürfen.

    Schließlich kam er langsam, ganz langsam dahinter. Doch ich konnte noch nicht ergründen, wie er mit dieser Neuigkeit umgehen würde. Was würde er von mir hören wollen? Und vor allem, wie würde er darauf reagieren? Doch ich hatte keine Wahl, ich konnte jetzt keinen Rückzieher mehr machen. Ich hatte angefangen, also musste ich es auch bis zum Ende ausstehen. Unvermindert sah er mich an und erwartete eine Antwort. Ich nickte erst nur und traute mich nicht, ihn dabei anzuschauen. ""Ja, Dominus! Ich bin schwanger! Ich erwarte ein Kind .. von dir!""

    Hatte unser Ausflug in die Stadt nun ein jähes Ende gefunden. Ich würde es ihm nicht verübeln wollen, wenn ja. Es war ja schließlich meine Schuld. Ich hätte das verhindern müssen, stattdessen hatte ich nichts dagegen getan!

  • "Ein Kind von mir?", hakte ich beinahe erneut verständnislos nach und blinzelte etwas. "Bist du dir sicher?" Aber gut. Wäre sie das nicht, wäre sie nicht so aufgewühlt und dass es von mir war, war selbst für mich anzunehmen, denn unsere körperlichen Tätigkeiten waren in den letzten Wochen mannigfach gewesen und damit war eigentlich zu rechnen gewesen. Ich mochte bisweilen ein Narr, doch dass eben jene Tätigkeiten solche Nebenwirkungen haben konnten, wusste sogar ich! Und ich... musste diese Botschaft erst einmal sacken lassen, wobei ich "Oh...", sagte und dann einen Moment durch die durchsichtigen Vorhänge der Sänfte schaute, wo die Straßen Roms nun vorbei zogen. Ich würde Vater werden. ICH! Nicht zu fassen. Ich schluckte darob einmal, imaginierte mir aber dann eines dieser zarten, sehr kleinen Geschöpfe, die mit großen ulleraugen fröhlich vor sich hin brabbelten und mit den Beinen strampelten. Das half doch sehr und ich lächelte dann. Zunächst verhalten, dann deutlicher und schaute wieder Grian an. "Ein Kind von mir!", stellte ich dann noch einmal fest. Dann brach sich die Freude darüber in mir Bahn und ich lachte auf, wobei ich wieder Grian betrachtete und meine Blicke auf ihren Bauch setzte. "Wer hätte das gedacht..." s war faszinierend für mich, das dort in diesen Gefilden ein Mensch von meinem Blut nun heran wuchs und es scherte mich gar nicht, dass Grian nur eine Sklavin war. "Oh Grian!", sagte ich, rücte nähr an sie heran und öffnete meine Arme, damit sie sich hinein schmiegen konnte. "Das ist wundervoll! Komm' her!"

  • Von wem den sonst, hätte ich gerufen, wenn ich noch so impulsiv gewesen wäre, wie ich es früher einmal gewesen war. Doch auch Dominus Casca musste sich erst einmal an das Unfassbare gewöhnen. Schließlich wurde man nicht alle Tage Vater.

    Ich nickte und hatte am liebsten sofort wieder losgeheult, als er fragte, ob ich mir denn sicher war. Ich war mir ziemlich sicher, denn mir ging es seit Tagen schlecht. Manchmal war es so schlimm, dass der bloße Geruch von Essen mir Übelkeit bereitete. Aber schlimmer noch war diese Ungewissheit, wie er sich dazu äußern würde. Als er dann auch noch seinen Blick von mir abwandte und durch den Vorhang der Sänfte hinausschaute, dachte ich schon, dass nun alles aus war. Ich schluckte ein paar mal, denn ich erwartete gleich ein großes Geschrei mindestens aber Vorwürfe, weil ich so unachtsam gewesen war. Vielleicht verwies er mich sogar der Sänfte, damit ich allein laufen sollte.

    Schließlich richtete er wieder seinen Blick zu mir und mir war so, als habe ich ein zartes Lächeln erkennen können, das dann doch noch weiter entwickelte und er dann noch einmal die Tatsachen feststellte. Ein Kind von ihm. "Ja, Dominus," antwortete ich mit erstickender Stimme. Doch dann brach die Freude in ihm darüber aus und er lachte. Dann rückte er näher zu mir und streckte die Arme nach mir aus, damit ich zu ihm kommen konnte. Davon war ich so ergriffen, dass nun doch wieder meine Tränen kullerten. Diesmal aber auf Freude und Dankbarkeit.

    "Dominus!" rief ich und schmiegte mich an ihn. Das hatte mir die ganze Zeit gefehlt! Nun, da ich Gewissheit hatte, dass er sich darüber freute, fiel mir ein Stein vom Herzen. "Freust du dich?", fragte ich, obwohl diese Frage wohl überflüssig war. "Ich war so verzweifelt, als ich mir klar wurde, dass ich ein Kind bekomme. Denn ich wusste nicht, ob du... ob du es möchtest." Natürlich würde ich alles tun, damit die Schwangerschaft nicht so sehr meine Arbeitskraft beeinflusste. "Du musst dich zu nichts verpflichtet fühlen! Ich werde es alleine aufziehen und wenn es groß ist dann  wird es dir auch dienen, wie seine Mutter!", schickte ich noch hinterher, denn sicher fragte er sich bereits, welche Konsequenzen eine solche Schwangerschaft mit sich brachte.