Eine kurze Unterredung

  • Nachdem nun also entgültig war, dass Caesoninus seine Sklaven verloren hatte, zwang er sich mit aller Kraft dazu sie zu vergessen so wie man einen einst geliebten Gegenstand, beispielsweise das geerbte Schwert seines Vaters (oder nein, besser des Onkels) verlieren konnte und nun damit klar kommen musste, wenn er wirklich weg war. Doch egal wohin er im Lager blickte er sah sie an allen Ecken und Enden. Hier neben dem Feuer stehen, dort nebem dem Zelt kniend bei diesen beiden Soldaten die gerade würfelten. So konnte das doch nicht weitergehen!


    Caesoninus verbrachte so noch drei weitere Tage, bis er sich dazu durchrang dass er gegen dieses unangemessene Maß an Sentimentalität etwas unternehmen musste. Es war eine Schwäche die er ablegen musste und das beste Mittel das ihm im Moment einfiel war eine Ablenkung. Er musste raus aus dem muffigen Lager und sich in ein paar Abenteuer stürzen die ihn auf andere Gedanken brachten. Er musste reisen und wenn es schon nicht für lange sein mochte. Reisen, ja das wärs jetzt. Gleich nachdem es sein Dienstplan ihm erlaubte machte er sich zurecht und ging dann hinaus auf die Straße in Richtung Principia. Dort angekommen ließ er sich beim Legatus Legionis anmelden und sobald dieser Zeit hatte trat er ein. "Salve, o Legat, vielen Dank für meinen kurzfristigen Empfang. Auf ein kurzes Wort?"

  • Der Legat blickte hinter seinem Schreibtisch auf den eintretenden Tribun und winkte ihn näher, so dass der Mann vor dem Tisch Aufstellung nehmen konnte. "Natürlich, Tribun Iulius, was gibt es denn?" fragte er also nach, nachdem der junge Mann näher gekommen war.

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  • Caesoninus behielt seine formelle Haltung vor dem Vorgesetzten mit seinem Helm unter dem Arm. "Ich bitte um die Erlaubnis eine Dienstreise zum Zwecke der Kontrolle der östlichen und südöstlichen Provinzgrenzen machen zu dürfen, o Legat! Genauer gesagt von Amphipolis entlang des Euphrats bis Circesium und von da die Landgrenzen zwischen Rom und Parthien in der Wüste bis Genneas und Palmyra und von da wieder zurück." Caesoninus verstummte, mehr sagte er nicht ehe er wieder dazu aufgefordert werden würde. Eine derartige Grenzpatroullie war eine vorzügliche Idee wie er fand, so könnte er durch das ständige Reisen den Kopf von den kürzlichen Ereignisen frei bekommen und er würde trotzdem mit Fug und Recht behaupten können seinen Dienstpflichten nachkommen zu können, denn wozu sonst war das Militär da, wenn nicht zur Sicherung der Grenzen? Besonders in diesen aufgewühlten Zeiten.

  • Der Legat blinzelte einen Moment und schaute dann stirnrunzelnd auf. "Wieso möchtest du die Grenze abreiten und was hoffst du, dort zu kontrollieren? Wir reden hier von einer Reise von mehreren Wochen, und das auch nur, wenn alles gut läuft. Und es würde eine größere Truppe erfordern, um deine Sicherheit zu gewährleisten, die dann an anderen Stellen fehlen."

    Der Legat wollte hier den Grund doch wirklich erfahren, warum er so etwas aus einer Weinlaune heraus erlauben sollte. Er nahm an, dass dies etwas mit den Sklaven seines Tribuns zu tun hatte, die diesem abhanden gekommen waren. Aber er war nicht bereit, Militärmittel für derlei private Unternehmungen zur Verfügung zu stellen.

    "Ich kann verstehen, dass der Dienst hier in Antiochia nicht so aufregend ist, wie ein junger Mann sich das vielleicht vorstellt, Iulius, aber die wichtigste militärische Lektion, die du überhaupt lernen kannst, ist es, die Ruhe zu bewahren. Militärdienst hat sehr viel mehr damit zu tun, Listen zu schreiben und Material zu verwalten, als man gemeinhin annehmen könnte."

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  • Caesoninus hätte keinen weiteren Gedanken daran verschwendet, wenn der Legat dagegen gewesen wäre, da er ihn hier in Antiochia braucht, aber er schien generell gegen die bloße Idee einer Grenzpatroullie zu sein, was ihn schon jetzt etwas verwunderte. Es war mehr als fragwürdig, wenn ein militärischer Kommandant keinen Sinn darin fand sicherzugehen, dass an den Grenzen alles in Ordnung war, besonders so kurz nach schweren militärischen Auseinandersetzungen im direkt an Syrien grenzenden Nachbarland, das alle möglichen Verwerfungen hervorrufen konnte wie Flüchtlingsströme, Banditen, oder kleine versprengte Trupps an feindlichen Soldaten. Und all dies hatte natürlich auch Auswirkungen auf die Grenztruppen, die direkt an der Grenze Dienst tun mussten. Deren Moral und Verfassung einmal näher zu beleuchten war bestimmt keine schlechte Idee.


    "Legat, ich möchte dies gerne tun um sicherzugehen, dass entlang der römisch-parthischen Grenze auch ja alles in Ordnung ist angesichts der kürzlichen Verwüstungen in Osrhoene, wo, laut unseren Berichten immerhin das ganze Königreich Edessas davon betroffen war, auch im Süden. Um die Grenze nördlich von Antiochia mache ich mir keine Gedanken, da dort die VI. und die XXX. Legionen direkt am Euphrat stationiert sind und ihn und alle überwachen können die ihn überqueren, jedoch die ganze östliche und südöstliche Grenze liegt bloß da, abgesehen von den kleinen Abschnitten in denen die Festungen Fragzia und Tetrapyrgium liegen. Immerhin liegen die beiden anderen syrischen Legionen auf der falschen Seite der Provinz und auch die Hilfseinheit in Palmyra ist zu weit im Landesinneren für tägliche Kontrollen."


    Caesoninus machte eine kurze Pause.


    "Alles was ich möchte ist einmal die östlichen und südöstlichen Grenzen zu kontrollieren, damit wir uns ein persönliches Bild von der Lage vor Ort im gesamten Grenzbereich machen können nach dem Krieg in Osrhoene und es ist für die Moral und die Disziplin der Grenztruppen in Fragzia und Tetrapyrgium und der kleinen Wachgarnision in Circesium bestimmt nur von Vorteil, wenn sie einmal wieder von einem höherrangigen Kommandanten als ihrem üblichen Vorgesetzten inspiziert werden. Womöglich erfahren wir so auch sicherheits- oder truppenrelevante Details, die ansonsten nicht nach Antiochia weitergemeldet worden wären. Ganz zu schweigen von eventuellen Flüchtlingsbewegungen über den Euphrat. Mir liegt nur die Sicherheit der Provinz am Herzen und ich halte es für meine Pflicht dieser bestmöglich zu dienen! Ein Krieg hat direkt entlang unserer gesamten Grenze in Osrhoene gewütet und es von Norden bis Süden vollständig verwüstet, wir müssen einfach überprüfen welche Auswirkungen dies auf unsere Seite des Euphratsufers gehabt hat!" schloss er mit diesem Apell. Hier ging es um die Sicherheit Syrias, das musste doch auch dem Legat einleuchten.

  • Der Legat lauschte mit stoischer Miene den Ausführungen des Tribuns und ließ ihn erst einmal zu Ende reden, ehe er einmal tief Luft holte, bevor er antwortete. "Tribun Iulius, ich verstehe deinen Eifer, aber die Sicherheit dieser Provinz unterliegt dem Legatus Augusti pro Praetore, einem erfahrenen Consular, wie ich hinzusetzen möchte, und nicht einem einfachen Tribun. Die kürzlichen Verwüstungen in Osrhoene waren vor über vier Monaten. Die Grenze zum Partherreich wird immer kontrolliert, von den dort stationierten Einheiten und insbesondere von den von dir genannten Legionen, und ganz insbesondere die Legio IV Scythia in Zeugma. Für die Grenze zur Wüste hin und alles südlich von Circesium ist aus gutem Grund die Ala I Dromadarorum zuständig. Dort beginnt die Wüste nach Süden hin, und die willst du mit Pferden nicht durchqueren, wenn du es nicht unbedingt musst."

    Der Legat nahm sich das nächste Schriftstück von seinem Schreibtisch, welches er beiläufig mit bearbeitete, während er den Tribun über die Hackordnung in der Armee aufklärte und darüber, dass der Iulier gerade mehr wissen wollte, was zu tun sei, als ganze 4 höherrangige Kommandanten. "Unsere Aufgabe hier ist es nicht, die Legaten der anderen Legionen zu brüskieren und uns um Zuständigkeiten mit ihnen zu streiten, und auch nicht, der Ala ihre Arbeit zu erklären. Bei einer dieser Grenzpatrouillen hat letztere übrigens erst in Frühjahr einen ritterlichen Tribun verloren. Und ich möchte ungern nach Rom schreiben und dort zu erklären versuchen, warum der Legion in Antiochia ihr senatorischer Tribun mitten in der Wüste außerhalb ihres Zuständigkeitsbereiches abhanden gekommen ist, und das alles auch noch kurz vor seiner Rückreise nach Rom. Dein Dienstjahr sollte ja eigentlich mit Wiedereröffnung der Schifffahrtswege enden, oder habe ich das falsch im Kopf?" Letzteres war tatsächlich eine Frage, denn bislang war noch kein Befehl aus Rom gekommen, der diesen Tribun hier wieder zurückbeorderte und ihm einen neuen Tribun zur Ausbildung anvertraute.

    "Außerdem ist jetzt gerade der Beginn der Regenzeit, die für weitere Reisen eher ungeeignet ist." Das war das schlimme an dieser Provinz hier: Entweder, es war unerträglich heiß im Sommer, oder aber, der Himmel öffnete sich und brachte Sturzbäche heraus. Wirklich angenehm war es hier eigentlich selten.

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  • Caesoninus konnte es nicht glauben, der Legat hatte wirklich kein Interesse an der näheren aktuellen Lage in der Provinz, gerade jetzt in diesen Zeiten. Er redete sich auf die anderen Legionen hinaus und mehr noch er machte mehr als deutlich, dass er am liebsten auch Caesoninus schon loswerden wollte. Unmut brandete in ihm auf, doch zügelte er ihn. Der Legat handelte eigenartig, vielleicht war er jedoch auch von den Parthern gekauft worden oder einem anderen Rom feindlich gesinnten Subjekt, dass er die aktuelle Lage derart ignorierte, ja ihr sogar zuarbeitete. Und was er mit dem "Zuständigkeitsbereich" der XII. immer wieder andeutete so war dies ebenfalls Humbug, wo ja außer der XII. keine weiteren Legionen im mittleren Teil der Provinzen stationiert waren und daher dieser "Zuständigkeitsbereich" durchaus bis ganz an die Ostgrenze ging.


    Doch es war wie es war, der Legat hatte nein gesagt und dem würde sich Caesoninus natürlich fügen. So legte er die Hände vor seinem Körper zusammen in einer nach gebenden Geste und räusperte sich, jedoch nicht ohne einem Blick der verriet, dass er die möglichen verräterischen Umtriebe des Vorgesetzten erkannt hatte. "So bitte ich um weitere Befehle was für mich jetzt zu tun ist, Legat." Wenn ihm schon seine eigenen Ideen nicht gut genug waren, so hätte Legat Lacerius Crassus bestimmt seinerseits eine angemessene Aufgabe parat.

  • Der Legat ignorierte irgendwelche bösen Blicke seines Tribuns. Müsste er jedes Mal irgendwie reagieren, wenn Rom einen weiteren Hitzkopf schickte, käme er wohl zu wenig anderem.

    "Beraume eine Übung für die Legion an, überprüfe ihren derzeitigen Stand an Ausbildung und Mannstärke, überprüfe die Vorräte und das Materiallager und verfasse dementsprechend Berichte", befahl er daher auch glattzüngig, ohne sich ablenken zu lassen. Die Standardaufgaben eines senatorischen Tribuns sollten den jungen Mann durchaus mehrere Wochen beschäftigen können.

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