[Magazin] Standardausrüstung et alia

  • Als Alexandros vor dem Magazin eintraf, stellten sie sich alle in einer Reihe auf, nahezu ohne zu drängeln, denn die meisten Tirones waren noch bewegt von der Eidzeremonie und hatten das Gefühl, es sei viel militärischer, ordentlich Schlange zu stehen. Hier sollten sie also ihre Ausrüstung bekommen.

    Mittlerweile war die Sonne aufgegangen, aber es war tatsächlich kühler als am vorigen Tag. Die Provinz Syria lag im Übergangsbereich vom Mittelmeerklima im Westen zum kontinentalen Trockenklima im Osten, und die Winter waren zwar nicht mit Germania zu vergleichen, doch die Nächte konnten zumindest für jemanden, der das deutlich mildere Klima von Alexandria gewöhnt war, kühl sein.

    Etwas fröstelnd drückte Alexandros seinen Chiton vor der Brust zusammen.

    Keiner hatte Zeit gehabt, wenigstens etwas zu frühstücken, auch der Hunger meldete sich jetzt. Aber Alexandros versuchte sein Magenknurren zu ignorieren. Hoffentlich war er bald dran.

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  • Es ging nur langsam voran, da es zum einen eine Menge an Ausrüstung gab und zum anderen es auch wieder ein Formular gab, das abgezeichnet werden musste. Die zweite Contubernie war gerade dran gewesen. Sie trugen die vollständige Ausrüstung zurück in die Unterkunft. Einer von ihnen - er würde sich später als Hermes Asorai herausstellen - trug alles mit einer Hand und mit der anderen machte er (unsichtbar für die Soldaten hinter ihm) obszöne Gesten zu den Tirones der III, die als nächstes dran waren.


    "Contubernie III! Antreten zum Fassen von Material! Alphabetisch vortreten.", sagte ein Soldat, der an einem kleinen Tischchen vor der Eingangstür zum Magazin saß. Er drückte den Tirones eine Tafel in die Hand. "Hier durchlesen und Schritt für Schritt in Empfang nehmen. Abhaken, und wenn Ihr dann wieder herauskommt bei mir unterschreiben und wieder abgeben! Und zwar zack, zack!"



    Hiermit bestätige ich, folgende Ausrüstung erhalten zu haben und darauf hingewiesen worden zu sein, dass die Pflege und Überprüfung meiner Eigenverantwortung obliegt:

    - I Lorica Hamata - genietet
    - I Galea
    - I Mantel
    - III Tunika
    - I Subucula
    - I Cingulum
    - II Paar Caligae equester- (mit Sporen)
    - I Gurt
    - I Spatha
    - I Pugio
    - II Iacula
    - I Parma
    - I Tragegurt - I Hasta
    - I Lederriemen
    - I Öllampe
    - I Satteltasche
    - I Beutel
    - I Bronzetopf
    - I Patera
    - I Löffel
    - I Messer
    - I Feldflasche


    Unterschrift des Soldaten:

    Unterschrift des Diensthabenden: Anaximander Ferman, corn. Datum:

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  • Hairan, der schnell im Denken war, ordnete die Contubernie rasch in eine Reihe nach dem ABC , in dem er seine Kameraden an den Schultern packte und hintereinander aufstellte:

    “Du bist der Erste – das bist du doch gerne”, frotzelte er zu Alexandros, und Alexandros wollte ihm zum Dank tüchtig auf den Fuß treten, da lief Yussuf rot an wie ein Granatapfel, blies die Backen auf und funkelte wütend einen Burschen der zweiten Contubernie an, der gerade aus dem Gebäude kam und in seine Richtung ein widerwärtiges Zeichen machte.


    Stultissimus!”*, assistierte Heliodoros begeistert, der wohl beschlossen hatte, erstmal die lateinischen Schimpfwörter zu lernen.


    Aber der besonnene Soades hielt ihn mit einer Hand den Mund zu: “Nicht streiten, paides, mahnte er: “Vielleicht hat er uns gar nicht gemeint.”

    “Hat er!”, protestierte Yussuf.


    Alexandros stellte sich neben den Kameraden und verschränkte die Arme, Hairan dito.

    “ Der nequissimus * * soll gleich sagen, ob er mit einem von uns ein Problem hat?!”, sagte Alexandros.

    “Er darf Nequissimus sagen und ich nicht...!”, beschwerte sich Heliodoros und machte sich von Soades los:

    “...Oder ob er ein Problem haben will.”, vollendete Hairan den Satz und kniff die Augen zusammen.

    “Ihr steht nicht mehr alphabetisch!”, bemerkte Shoadu.

    Sofort ordneten sie sich wieder, Augen geradeaus.


    Alexandros

    Euxodos

    Hairan

    Heliodoros

    Kastor

    Shoadu

    Soades

    Yussuf


    Alexandros nahm die erste Tabula mit einem leisen Danke und ging ins Gebäudeinnere. Er las Zeile für Zeile vor. Ein wenig machte er sich Sorgen um die Bene Klaudias- Brüder, die gar nicht lesen konnten.


    Wie hatte der freche Bengel vorhin alles mit einer Hand getragen? Das war eine ganze Menge.


    Aber dann kam er zu dem Wort Spatha - Schwert, und Alexandros Augen leuchteten begeistert auf: Waffen – endlich !


    Sim-Off:

    * Blödmann ** Nichtsnutz

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  • Die Ausrüstungsgegenstände waren in der Reihenfolge aufgebaut, wie sie in der Liste standen. Man musste nur an der richtigen Seite anfangen und sich dann von der Lorica bis zur Feldflasche durcharbeiten. Lesen und Schreiben war trotz aller Bürokratie keine Voraussetzung für die Ala. Aber es war auch nicht so einfach, wie man denken konnte. Denn zumindest bei einigen der Gegenstände sollte die Größe auch stimmen. So gab es in diesem größeren Lagerraum nicht nur die Tische mit dem Materialien sondern auch eine gute Anzahl von Eques, die jeweils für ein paar der Gegenstände zuständig hinter Tischen standen und die Dinge verteilten und Nachschub aus dem hinteren Teil des Lagers holten


    "Du da, hier gehts los, welche Größe brauchst Du? Klein oder Mittel?", wurde Alexandros vom Eques an der Rüstungsstation angesprochen/

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  • "Salve...äh mittel? ", sagte Alexandros, der keine Ahnung hatte, auf was sich die Größen bezogen, dem aber oft gesagt worden war, dass er für sein Alter recht groß war - das machte die gute Ernährung und die Tatsache, dass er nie hatte darben müssen.

    Er bemerkte, dass die Aufzählung auf der Liste genau der Anordnung der Ausrüstung auf den Tischen entsprach. Nur eine Kleinigkeit, jedoch hocheffizient. Auf diese Weise konnte man hundert junge Tirones, die oft nur sehr geringe Lateinkenntnisse aufwiesen, schnell durchschleusen.

    Er spürte Euxodos'und Hairans Blick im Nacken, bestimmt wollten sie schon einmal sehen, wie es ihm erginge.

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  • "Mittel ist aus. Du bekommst klein.", sagte er der Eques, der sich gar nicht bewusst war, dass die Frage damit überflüssig gewesen war, aber diese Art von Gedanken machte er sich einfach nicht mehr. Er gehorchte und man hatte ihm gesagt er solle immer fragen welche Größe gebraucht wurde. Dass dann die meisten mittel sagten, hatte mit Gesetzen zu tun, die diesem Eques unbekannt waren. Und da der Unterschied zwischen den Größen auch gar nicht so groß war, war es auch nicht so wichtig.


    So nahm er eine kleine Lorica und die Gala und gab sie Alexandros und das gleiche Spiel wiederholte sich bei Euxodos und Hairan. Auf dem nächsten Tisch gab es dann die Standardkleidung und hier gab es noch alle Größen. Dann kamen sie zu den Waffen. Der hier stehende Eques war der Grieche Irenaeos, der Alexandros sofort wiedererkannte: "Wenn das nicht der kleine Alexandros ist. Sie haben Dich genommen, das freut mich. Wir Griechen müssen ja zusammenhalten. Dein Vater kommt aus Athen hast Du gesagt, das ist ja großartig, ich komme ja auch Korinth, meine ganze Familie und ich bin ja weg, weil damals... naja ist ja auch egal. Hier ist auf jeden Fall Deine Spatha. Liegt anders in der Hand als der Gladius. Pass gut auf, die ist scharf und soll es bleiben. "


    Und er gab ihm das Schwert.

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  • Alexandros runzelte die Stirn und fragte ehrlich erstaunt: "Aber warum fragst du dann, welche Größe ich möchte, wenn es ohnehin nur eine Größe gibt?"


    Aber dann erkannte er schon Iranaeos, den freundlichen Griechen und winkte ihm: "Chaire Iranaeos! Schön, dich zu sehen. Doch ich bin nicht aus Athen, ich bin Alexandriner."

    Er meinte das mit vollem Recht behaupten zu können; Alexandriner war er in seinem ganzen Fühlen und Denken, und Hellene durch seiner Mutter Blut, nichts verband ihn mit Palmyra. Doch nun war er ja auch Römer.


    Das traurige Schicksal Korinthos kannte jeder, der sich der hellenischen Welt irgendwie verbunden fühlte - und alle anderen als Warnung: Von den Römern zerstört, die Einwohner ermordet oder versklavt, weil sich die heilige Stadt der Aphrodite und der Medea einst gegen Roma gestellt hatte.

    Zum ersten Mal kam Alexandros der Gedanke, dass man als römischer Miles auch böse Dinge tun musste, wenn der Befehl dazu kam.

    Er betrachtete Iraneos näher, der damit kein Problem zu haben sondern immer gutgelaunt schien. Nun ja, Korinths Zerstörung war auch schon einige Generationen her.


    Alexandros beschloss, darüber nicht nachzudenken und lieber die Spatha näher anzusehen:

    Ein breites Lächeln zog über sein Gesicht, als er sie nahm: "Was für eine Waffe!", sagte er, nahm sie erst in beide, dann in eine Hand und machte einen Probehieb durch die Luft. Die wurde ihm anvertraut! Von Roma!

    Da war ihm egal, wenn die Lorica dann doch zu kurz sein sollte.

    "Danke!", sagte er freudig. hoffentlich würde die Übung damit bald losgehen. Das konnte er gar nicht abwarten.

  • "Weitergehen. Hier wird nichts hinterfragt.", sagte der Lorica-Eques und schüttelte den Kopf.


    Irenaeos hingegen war viel gesprächiger und tatsächlich gut gelaunt: "Achso, aus Alexandria bist du, naja bei dem Namen. Hahaha. Und wegen dem Typen da an der Lorca-Station, mach Dir keinen Kopf. Der ärgert sich selbst darüber, dass er nach der Größe fragen soll, wo doch nur noch kleine und große auf Lager sind. Die letzten mittleren haben die von der Contubernie vor Euch bekommen, mal sehen wann es Nachschub gibt. Jetzt im Winter ist das manchmal so, dass - ach ich glaube Du solltest besser weitergehen. Wir sehen uns!"

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  • Alexandros winkte dem freundlichen Irenaeos noch einmal zu, dann hatte er selbst damit zu tun, sich auf die Ausrüstungsgegenstände zu konzentrieren, die sich vor ihm auftürmten, sie auf der Tabula abzuhaken - und alles ohne die Hilfe von fleißigen Händen, an die er von Zuhause so gewöhnt war, zu schleppen.

    Dann unterschrieb er die Tabula und gab sie ab. Auch er war auf die Idee gekommen, zumindest die Lorica erstmal anzuziehen und sich die Galea auf den Kopf zu setzen. Aus einer Tunika machte er eine Art Tragetuch, in das er den Kleinkram einpackte und verknotete. Dennoch war ziemlich viel zu tragen, und Alexandros verstand nun besser, warum sich die Milites selbst im Spott als "Muli Mariani", die Mulis des Marius, bezeichneten. Und das war nicht einmal das gesamte Marschgepäck.

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  • Feminalia und Focale

    Tirocinium: Ausrüstung >>>


    Das dritte Contubernium kam hinter dem zweiten zu stehen, sie waren allerdings dermaßen erledigt, dass sie gerade nicht einmal mehr Lust auf die Rivalität hatten, die die beiden contubernia sonst mit Eifer übten.

    Kastor sagte schließlich, was er dachte: „Ich weiß nicht, ob ich...“ Er hatte Spuren über dem Gesicht, als hätte er geheult.

    „Es wird immer besser werden, paides“, meinte Soados, der Maurersohn.

    „Was sind Femi- nali- a?“, fragte Heliodoros: „Femina heißt Frau, oder? Sind das Weiberröcke? Sowas zieh ich nicht an!“

    Sogar Hairan grinste: „Nee, bestimmt nicht“, doch auch der recht gebildete Nabatäer musste zugeben, dass er nicht wusste, was das Wort bedeutete.

    Dafür hatte aber Hermes aus der zweiten Heliodoros Frage gehört und nun schien seine Erschöpfung verflogen, denn er bog sich vor Lachen:

    „Heliodoros ist so dumm!“, rief er.

    "Ach selber dumm!" , gab Alexandros zurück, und Shoadu assistierte: „stultissimus!“, Schimpfwörter merkte sich der ehemalige Straßenjunge besonders gut.

    Soados, der immer für Ruhe und Friede war, hob die Hand: „Spart euch mal eure Energie auf!“, meinte er.

    „Der hat angefangen!“

    „Du musst nicht über jeden Stock springen, den man dir hinhält!“

    „Aber….“

    Sie verstummten, denn nun kamen sie an die Reihe, Feminalia und Focale abzuholen. Sie sahen zu, wie das zweite Contubernium wieder aus dem Magazin kamen:

    Das Focale war ein rotes Halstuch, das ziemlich praktisch war und Feminalia waren – eine Art wollene Bundhosen, die bis zu den Knien gingen.

    Die jungen Männer aus Palmyra, die schon vorher öfters die sehr bequeme parthische Kleidung getragen hatten , fanden Hosen nicht erstaunlich.

    Aber Alexandros, der in Alexandria aufgewachsen war, war nicht begeistert: So etwas Barbarisches sollte er anziehen? 

  • „ Wat?? Ihr auch??“ Der Waffenkammerverantwortliche Tallius Falto legte die Stirn in Falten. „ Was hat euch mein Vorgänger vergessen zu geben. Darf ich raten. Feminalia und Focale?“ Es schien so. Hätte er gewettet, er wäre um viele Sesterzen reicher geworden. Gekonnt zählt er durch und legte Häufchen um Häufchen auf den Tisch. „ Seid froh, dass ihr das Zeug bekommt. Ein wunder Hintern und entzündete Eier bleiben euch damit erspart.“ Falto lachte und gab jedem der an die Ausgabe kam sein kleines Bündel und vermerkte sie auf einer Liste.

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  • "Ja, genau, dankeschön" , sagte Alexandros und nahm mit einem kleinen Naserümpfen die Hosen.


     „Keinen wunden Hintern und keine entzündeten Eier“, meinte Shoadu andächtig, und Alexandros fragte: " Weil die Kamele schwitzen?", denn Pferdeschweiß war scharf und ätzend auf bloßen Oberschenkelinnenseiten.

    „Sie schwitzen überhaupt nicht“, behauptete Shoadu, der allerdings noch nie auf einem Kamel gesessen hatte und sich aufs Hörensagen verließ


    „Kamele sind kein bisschen wie Pferde.“, erwiderte Hairan: „ Sie schwitzen auch, aber nur wenn es wirklich heiß ist. Sie sind sanft, klug und rennen nicht weg wie Gäule. Trotzdem tut dir der Hintern weh, wenn du auf einem rahla, einem Holzsattel hockst.“


    „Aber man stinkt nach dem Ritt voll nach Kamel“, sagte Yussuf.

    Hairan schnaubte. Woher sollten diese Palmyrener wissen, welch großes Geschenk der Götter ein Kamel war. Das verstanden nur wahre Wüstensöhne wie er.


    Alexandros war gespannt auf das Reiten dieser eindrucksvollen Tiere. Er hatte noch auf keinem gesessen. Um die Feminalia würde er nicht herumkommen, denn einen wunden Hintern oder sonst etwas Wundes wollte er wirklich nicht riskieren.

    "Vale bene Tallius Falto" , riefen die Tirones, der Waffenkammerverantwortliche schien gutmütig und meist auch gut aufgelegt zu sein.

    Sie gingen in ihre Stube zurück; sie wollten sich ausruhen, in die Lagerthermen und etwas essen (Um die richtige Reihenfolge diskutierten sie heftig auf dem Weg)