• Caesoninus‘ zweite Reise nach Osten unterschied sich im Detail betrachtet nicht wirklich von seiner ersten. Auch sie bestand aus ähnlich langen Fahrten auf See wie beim ersten Mal und ähnlichen (teils sogar gleichen) Ankerplätzen, wo sie einen gewissen Zeitraum Halt machten und er mit seinem Gefolge die fremde Umgebung erkunden konnte. Nur die inneren Details der Reise waren anders, so durchpflügte nicht ein massiver Truppentransporter die Wellenkämme des Tritonsreichs, sondern ein, um vieles schnelleres Zivilschiff. Auch reiste Caesoninus dieses Mal nicht als Tribun mit Soldaten, sondern als römischer Amtsträger des Cursus Honorum mit seiner Familie und einem Teil seiner Sklaven nach Antiochia.


    Was die Sklaven anging, so hatte Caesoninus beschlossen den Großteil mitzunehmen und nur eine Notbelegschaft in der Domus Iulia in Rom zurückzulassen. Vibilius, Breda und Alexander waren im Stammhaus geblieben um es im kommenden Jahr zu bewohnen und für den Fall bereit zu halten, falls es der ebenfalls zurückgebliebene Onkel Antipater aufsuchen oder einen gesellschaftlichen Empfang darin abhalten wollte. Das entsprechende Personal musste er selbstverständlich dann selbst mitbringen, wo abgesehen von den dreien sogar die alte Locusta sich noch einmal zu solch einer Reise aufgerafft hatte. Entgegen jeder Erwartung tat die vierzehntägige Seeluft ihr sogar sehr gut und die Coqua blühte noch einmal auf. Sie war besser gelaunt als sonst und ihre körperlichen Leiden schienen gelindert zu sein. Phocylides, der iulische Maiordomus, kümmerte sich seinerseits rührselig um Locusta, damit sie es bequem auf dem Schiff und auch allgemein eine schöne Zeit hatte. Auch jener Ägypter war sehr aufgeregt und erfreut darüber noch einmal echten Wüstensand und die levantischen Küsten hautnah erleben zu dürfen und Gerüche, Geräusche und Geschmäcker wahrzunehmen, von denen er seit seiner Verschleppung als Sklave nach Rom nie gedacht hätte sie je wieder um sich haben zu können.

  • Natürlich waren auch Iulia und ihre Mutter mit von der Partie! Sie selbst war ja sofort für diese Idee Feuer und Flamme gewesen Vetter Gaius in die Ferne zu begleiten, Servilia Gemina jedoch hatte man zuvor einige Zeit lang bitten und beknien müssen, ehe auch sie einen Fuß auf das Schiff gesetzt hatte. Doch am Ende war sie an Deck. Das Schiff lag zwar seither eine Hand tiefer im Wasser, aber Servilia Gemina war an Deck. Wenn ohnehin wirklich alle mit Vetter Gaius mitfuhren, so hätte sie nie und nimmer in Rom alleine zurückbleiben können, auch wenn es ihr niemand ins Gesicht gesagt hatte, doch Servilia Gemina hatte nie eine andere Wahl gehabt. Ihr persönliches erstes Gefühl hatte sich jedoch ebenfalls bewahrheitet, Iulias Mutter und die See waren keine Freunde. Ständig musste sie sich irgendwo anhalten beim Schwanken im Seegang und ihr war regelmäßig schlecht geworden. Je schneller wieder runter von diesem Seelenverkäufer, desto besser!


    Iulia hingegen vertrug die Seereise ganz gut. Auch ihr war anfangs etwas schlecht gewesen, jedoch nach den ersten Tagen hatte sich das gelegt und sie hatte anfangen können dieses kleine Abenteuer zu genießen. Denn wann hatte sie sonst schon die Gelegenheit in der Weltgeschichte herumzusegeln und berühmte Orte aus ihren Schriftrollen zu besuchen? So war sie hin und weg gewesen bei den Zwischenaufenthalten in Sizilien und die Stopps in Griechenland und besonders in Athen hatten der Reise ihrer Meinung nach nochmal besonders die Krone aufgesetzt! Egal wann und wie, aber sie musste unbedingt noch einmal zurück in die Stadt des Perikles. Eines Tages, so hatte sie sich das bei der abendlichen Abfahrt aus Pieräus fest versprochen.

  • Flora hatte dem Tag der großen Reise lange entgegen gefiebert, nun war also der große Tag da.

    Ihr Gepäck wurde unter Deck gebracht. Diesem schenkte sie keinerlei Beachtung, ebenso wenig der Sklavin an ihrer Seite, die einen Schirm über sie hielt. Flora möchte zwar die Sonne, doch wollte sie sich ihre helle Haut bewahren, zumal das eh nicht gut gehen würde, zu schnell hätte sie sich schon verbrannt.

    Sie betrat lächelnd das große Schiff, stellte sich an die Reling und ließ ihren Blick über den Hafen schweifen. Einerseits freute sie sich auf die Abenteuer, allein die ganzen Schriftrollen, die Gewürze und Gerüche eben alles exotische. anderseits machte sie sich auch Sorgen ob alles gut gehen würde.

    Sie wusste alzu gut was auf einer Seereise schief gehen konnte, kam doch ihr geliebter Bruder, bei einer solchen Reise um,so sagte man es ihr zumindest.

    Sie hatte zwar viele Erinnerungen an ihren Bruder und der Schmerz über seinen Verlust trug sie mit sich aber sie konnte Caesonius nicht alleine lassen,so machte sie das beste aus der Reise und genoss den leichten Wellengang und das plätschern der Fische, bis ihr eines ins Auge fiel.

    Ein Delfin, der Begleiter der Venus und die Schutzgöttin ihrer neuen Familie.

    Wenn dies kein gutes Zeichen war wusste sie auch nicht. Sie sah sich nach den anderen um, doch war erst einmal keiner zu entdecken.

    Ihr verlobter schien in ein Gespräch vertieft zu sein und Iulia hatte wohl mit ihrer Mutter zu kämpfen.

    So sah sie dem Tier weiter zu, vielleicht bemerkte ja doch einer der anderen das Tier

  • Noch jemanden gab es, die emotional von den Landgängen in Griechenland sehr ergriffen worden war und zwar Iulias Leibsklavin Callista.


    Noch Tage nach ihrer Abfahrt aus Athen, wieder auf offener See, stand die Griechin Backbord auf die Reling gestützt und sah zum Horizont hinter ihnen, dorthin wo das Ägäische Meer die vielen Küsten der Inseln und Halbinseln der Hellenen umspülte. Eines Vormittags kam Iulia zu ihr und lehnte sich auch gegen die Schiffswand. „Wie geht es dir?


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    Callista, Iulia Phoebes Leibsklavin


    Ich denke gut“, antwortete sie ihrer Domina ohne es wirklich zu wissen. Seit sie in Achaea gewesen waren, befand sie sich in einer sehr nachdenklichen Stimmung. Callista vermutete, dass es genau so Domina Iulia ergangen sein musste ein paar Wochen davor, als sich diese in einem besonders gravierenden emotionalen Tief befunden hatte. Auf jeden Fall konnte sie sie jetzt viel besser verstehen. „Es war bestimmt sehr bewegend für dich Griechenland nochmal zu sehen, oder?“ fragte Iulia. „Ja, das stimmt. Nie in meinem Leben hätte ich gedacht je noch einmal auf diesem Eiland zu stehen und doch ist es so gekommen. Alleine schon für diesen Moment hat sich die Reise bezahlt gemacht.“, „Ich kann mir denken wie es dir ergangen sein muss, auch mir hat es dort gefallen. Umso gespannter bin ich jetzt auf Syrien und wie die Welt dort aussieht. Du auch?


    Eigentlich war das Callista nicht, was sie nach einer Pause auch Iulia mitteilte. Dafür hatte sie ganz andere Gedanken im Kopf. Im Schatten der uralten Olivenbäume Attikas hatte sich Callistas früheres Leben wieder mit aller Macht in den Vordergrund ihres Denkens gedrängt, die Zeit, als sie noch eine freie Frau und dazu noch stolze Kriegerin gewesen war. Dieses Leben lag in Rom fast immer tief verschüttet in ihrem Geist, doch hier hatte sie nostalgische Sehnsucht einfach nicht vermeiden können. Callista vertraute ihr sogar an, dass sie ernsthaft ans weglaufen gedacht hatte, sich jene Freiheit wieder selbst zu nehmen, die ihr vor so vielen Jahren einst geraubt worden war. „Ich hätte es getan…“, flüsterte sie und wandte den Blick dann auf Iulia und sprach weiter, „…bei einer anderen Herrin als dir.“ Ergriffen legte Iulia ihre Hand auf die Callistas und drückte sie fest. „Das ist ein tiefer Freundschaftsbeweis, es ehrt mich, dass du so über mich denkst. Ich hatte es dir schon früher angeboten, ich schenke dir die Freiheit wann immer du willst, ich sehe dich als Freundin an, weniger als Sklavin.

    Ich weiß, jedoch ist es wohl einfacher, wenn wir es beim Status Quo belassen. Die römische Gesellschaft denkt genauso stark in Klassen wie die griechische, meine Stellung ist als deine Sklavin besser, denn als Freigelassene, außerdem bin ich zufrieden mit meinem Leben bei deiner Familie. Es gibt so viele andere, deren Los schlechter ist.


    Das stimmte natürlich auch wieder. Mochte Callistas früheres Leben kurzzeitig wieder aufgeflackert sein in ihrer Erinnerung, so wusste sie trotzdem gleichzeitig auch, dass dieses Leben vorbei war. Ihr Platz war jetzt an der Seite der Iulia Phoebe, nicht nur aus Gefühlen der Freundschaft oder der Treue heraus, sondern auch genährt von jener Schuld in der sie bei ihr stand, seit Iulia ihr bei ihrem Kennenlernen einst das Leben gerettet hatte…


    Servilia Gemina kam zu ihnen hinzu. Ihr Gesicht war käseweiß und ihr Atem roch so, als hätte sie sich vor kurzem erst übergeben.



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    Servilia Gemina, Witwe des Kaeso Iulius Iuvenalis


    Na ihr zwei Turteltauben, habt ihr eine nette Unterhaltung?

    Sicher doch, aber wäre es nicht besser, wenn du dich wieder hinlegst? Du siehst nicht gut aus, Nana!

    Ihre Mutter zeigte ein müdes Lächeln und machte eine wegwischende Handbewegung. „Ach, wir sind bald schon da, die paar Meilen bis zum Ende dieser Reise überstehe ich schon!

    Woher weißt du das?“ fragte Iulia verdutzt.

    Servilia Gemina wies auf den Horizont vor dem Schiffsbug, wo sich schon deutlich sichtbar über die ganze Länge ein dunkler Streifen zog.


    Land! Dort vorne ist Land!“, rief Iulia aufgeregt. Ihre Mutter nickte. „Ja. Heute sollten wir es bestimmt noch schaffen von diesem elenden Schiff herunter zu kommen und dann werde ich eine ganze Kanne Garum saufen, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen! Seekrankheiten sind wirklich widerlich!

    Iulia lachte, dann lief sie nach vorne, um sich den Horizontstreifen näher zu besehen. Die Küste Syriens lag vor ihnen, bald schon wären sie da!

  • Entfernungen auf Sicht waren auf See ohne jede Bedeutung, Dinge, die man am Horizont erblickte und von denen man meinte, sie müssten in ein oder zwei Stunden bei einem sein, waren in Wahrheit noch viele hundert Meilen weg, wo die Sicht auf dem Meer ja viel weiter ging, als zu Lande und so dauerte es wirklich noch den ganzen Tag, bis der schon seit dem Morgen sichtbare Küstenstreifen auch tatsächlich endlich näher kam. Die Sonne war schon zur Hälfte versunken und der Himmel in orange und rot getaucht, als ihr Schiff wirklich Seleukia Pieria erreichte. Die Seemänner warfen die Leinen an Land, wo sie von anderen aufgefangen und festgemacht wurden. Die Segeln gerafft, die Ruder eingeholt und noch ein paar Dinge erledigt und schon waren sie sicher im Hafen gelandet. Die Laufplanken wurden ausgefahren und nach entsprechenden Zurufen des Kapitäns begannen die Matrosen die Ladung zu löschen. Hauptsächlich Handelsgut, aber ein nicht unwesentlicher Teil war auch das Gepäck der Gens Iulia. Dieses wurde an Land gebracht und dort auf Wägen verladen, die Caesoninus‘ Handelsagent, Pontidius Pollio, dort platzieren hatte lassen. Alles war perfekt organisiert. Sobald alles Zeug der Iulii so reisefertig gemacht und die Familienmitglieder und die Sklaven auch von Bord gegangen waren, wurde ihr Tross ein wenig mehr ins Ortsinnere geleitet, hinaus aus dem direkten Hafengebiet hin zu einer großen und edlen Gaststätte, dem Stolz dieses Küstennests, die Taverne des Antimetos.