Zwischen Antiochia und Daphne - ungewollter Besuch

  • Es war gar nicht so schwer, sich hier einzugewöhnen. Die Stadt hatte alles, was man so brauchte. Es gab Bäder, Unterhaltung und schöne Frauen natürlich auch.

    Er war niemand, der damit angab, aber er hatte schon einige Begegnungen romantischer Art gehabt. Erst heute Morgen war er nach einer Nacht voller Alkohol und Sex in den Domus heimgekehrt.

    Das hatte sich im Nachhinein als Fehler herausgestellt, denn er hatte dabei völlig vergessen, dass ihm sein Vetter heute Daphne zeigen wollte. Er hatte gemeint, das dortige Orakel aufsuchen zu wollen, doch in Wahrheit war es Antias drauf angekommen, einmal diesen Villenstandort der Reichen und Schönen zu sehen, vielleicht ein paar neue Bekanntschaften zu machen und sich den dortigen dekadenten gesellschaftlichen Anlässen anzuschließen.


    Nun hatte er nen dicken Kopf und vertrug auch die Sonne nicht so irrsinnig gut, aber er gab sich dennoch tapfer, als sie den Weg hinunterritten, der sie zum Ziel führen würde.

    „Götter, bilde ich mir das ein oder ist es heute noch heißer als üblich?“, fragte er mit einem Lachen, das eher verzweifelt als belustigt klang. „So schön Antiochia auch ist, warum bist du ausgerechnet hierher gekommen, um hier zu leben?“

  • Es war Mittag und die Sonne brannte direkt auf sie herab. Caesoninus ritt seinen Rappenhengst Bucephalus. Das wunderschöne Tier schüttelte den Kopf und schnaubte. Auch dem Ross war es eindeutig zu heiß. Doch das bisschen Hitze hatte Caesoninus natürlich nicht davon abgehalten sich seinen Vetter zu schnappen, um mit ihm nach Daphne zu reiten. In der letzten Woche war es ständig bewölkt gewesen, heute also seit längerem wieder der erste schöne Tag. "Das müssen wir ausnutzen! Du musst Daphne bei Schönwetter sehen, einfach ein berauschender Anblick!" hatte er seinen Vetter gelockt. So waren sie nach dem prandium daher zu den Ställen gegangen und losgezogen. Caesoninus trug nur seine Sandalen, seinen Siegelring, seine Tunika mit Gürtel und einen selbstgeflochtenen Schilfhut auf dem Kopf. An seinem Gürtel hatte er auch noch einen Dolch und einen Geldbeutel hängen. Mehr würde er nicht benötigen, im Grunde ritten sie ja nicht weit, Daphne lag ja praktisch direkt vor ihrer Haustür. Gerade mal fünf Meilen* von Antiochia entfernt.


    Mittlerweile waren sie kurz vor der Hälfte der Strecke, ihre Umgebung war einfach herrlich. Dichte grüne Vegetation umgab ihre kleine Pflasterstraße, überall wogten sich die Wipfel und auf diesen sitzend zirpten ungezählte Grillen. Der Fluss Orontes machte sein ganzes Tal zu einem Hort des Lebens, auch weit oben im Gebirge noch zu ihrer linken. Die Wogen der Wüste waren weit entfernt, ganze dreißig Meilen** voll Gebirge und Steppen wären von ihrem jetzigen Standpunkt aus noch zu überqueren, ehe man die ersten Sanddünen zu Gesicht bekommen würde und da Caesoninus inzwischen deren Glut ebenfalls kannte, tat er sich im Gegensatz zu Iulius Antias mit der Mittagshitze viel leichter. Links und rechts des Tals waren hohe Berge, alle Pflanzen hier standen im Saft und das nahe Meer drückte sein milderes Klima zusätzlich zu ihnen ins Landesinnere. "Ich weiß gar nicht was du hast, es ist doch genau recht mit der Wärme!" verkündete Caesoninus vergnügt von seinem Pferd herab. Natürlich half ihm sein Schilfhut ein klein wenig.


    "Aber schau nur diese prächtige Landschaft! Weit und breit nichts und niemand, nur wir und diese Straße hier! Und wie weit du blicken kannst! Macht nicht das allein schon diesen kleinen Ausritt wieder wett?" Sie ritten die ganze Zeit schon über durch hügeliges Gelände, immer wieder mal ging es auf und ab, doch da sie sich entlang des Ostrands des Tals des Orontes bewegten und die Straße dabei nicht nach Westen abbog, sondern immer weiter südöstlich lief, kamen sie nach und nach immer mehr Höhenmeter weiter den Gebirgsfuß hinauf, doch nicht um vieles, da dafür der Winkel der Straße immer noch zu flach war. Doch mittlerweile waren sie schon hoch genug, um weiter über die Landschaft blicken zu können, als dies von den Mauern Antiochias aus möglich war. Doch das Meer war nicht sichtbar, das lag hinterm Horizont und einigen Hügeln verborgen, mit Bergen links und rechts.


    "Und im Grunde habe ich es mir ja nicht ausgesucht hier zu sein, wenn ich auch zugeben muss meine Aufenthalte hier häufen sich mittlerweile", lachte er. "Zuerst war ich als Tribunus laticlavius hier, danach kandidierte ich in Rom bei den letzten Wahlen zum Cursus Honorum als Quaestor Principis, um direkt im Schatten des Imperator Caesar Augustus sein zu können, doch der Kaiser hatte andere Pläne mit mir. Er war es, der mich erneut nach Syrien sandte, um als Quaestor Provincialis bei der Reorganisation der Provinz zu helfen nach dem Chaos, das der vorige Statthalter Faustus Abronius Dentatus hier hinterlassen hatte. Hast du etwas davon in Asia gehört?"


    Sim-Off:

    * = 5 röm. Meilen = 7 km. Habe gerade zufällig herausgefunden, dass es Daphne auch heute noch gibt, nur eben alles komplett modern überbaut und von seeliger Ruhe und Abgeschiedenheit auch keine Rede mehr: Harbiye, Defne


    Sim-Off:

    ** = 45 km

  • Antias hatte Mühe zu glauben, dass sein Vetter von sich aus derart gut gelaunt war. Viel wahrscheinlicher schien ihm, dass sein freundlicher Verwandter sich an seinem Leid ergötzte. Nun, er wollte es ihm gönnen, solange der es noch mit Humor nahm. Sein Vater hätte ihm wieder einen Vortrag gehalten und das nicht zu knapp...

    "Es ist in der Tat ein... Anblick", urteilte Antias daraufhin über die Landschaft. Er war eindeutig ein Stadtkind. Sicher, er kam auch aus der Provinz, doch hatte er alle Annehmlichkeiten gehabt. Die Wildnis war ihm nie besonders aufregend vorgekommen. Nun, es war schon schön, aber das war es auch. Nase voll genommen, einmal genickt und weitergeritten.

    "Wir bekommen bei uns im kleinen Asia nicht so besonders viel mit", sagte er schließlich. "Sicher, Vater hatte seine Möglichkeiten, die Dinge in Erfahrung zu bringen, doch kam er mir nie sonderlich interessiert an der Verwandschaft im Ausland vor. Ich wusste so gar nichts von euch. Vermutlich hätten wir es nicht einmal mitbekommen, hätte man dich zum Kaiser ausgerufen."

    Schmunzelnd schloss er zu seinem Vetter auf. Die Landschaft wurde immer dröger. Und hier sollte sich ein Ort der Reichen und Schönen verbergen? Oh je, mal sehen.

    "Warum lebst du eigentlich nicht in Daphne? Klingt doch nach einem Ort, der zur Familie passt. Oder bist du jemand, der volksnah bleiben will?" Das wiederum konnte er nachvollziehen. Er mochte Luxus, aber in der Unterschicht war einfach mehr los und die Parties machten mehr Spaß. "Du scheinst dich hier jedenfalls sehr wohl zu fühlen. Willst du länger hier bleiben? Andere hätten es kaum erwarten können, zurückzukehren, denke ich."

  • Caesoninus musste lachen. "Ausland, als ob es sowas gebe innerhalb des Imperiums. Hier sind wir alle Römer!" rief er gut gelaunt in einem ironischen Anfall von Patriotismus. "Aber, falls ich wirklich mal Imperator Caesar Augustus geworden wäre, hättet ihr das in Asia Minor bestimmt mitbekommen." Auch Caesoninus war ein waschechtes Stadtkind, das immer nur in Rom gelebt hatte vor seinem Tribunat. Doch zwei Jahre Syrien hatten seinen Horizont gewaltig erweitert und mittlerweile hatte er auch dieses etwas exotischere Klima des römischen Ostens kennen und schätzen gelernt. Ja man konnte sagen, dass er Syria interessanter fand als Italia, Rom davon natürlich ausgenommen. "Jedenfalls hat der vorige Statthalter für mächtig Wirbel gesorgt durch seine korrupten Machenschaften und Schattenwirtschaft. Die Details erspar ich dir, nur so viel, dass er am Ende verhaftet worden ist und wir in der Provinzregierung immer noch damit beschäftigt sind hinter ihm herzuräumen. Erst kürzlich habe ich zwei neue Verfassungen, eine für Antiochia und eine für Palmyra in der Regia abgegeben, nur als eines von vielen Beispielen, dass gerade ALLES hier auf den Kopf gedreht wird."


    Auf Antias' letzte Frage warum er nicht in Daphne residierte, konnte Caesoninus nur mit einem Schnauben reagieren. "Götter, nein! Auch wenn alles dort sehr herrlich und vornehm ist, ich würde vor Langeweile sterben zwischen all diesen hochnäsigen Patriziern. Ich will die brodelnde Stadt um mich rum haben, einfache Leute, echte Leute die dir auch mal ins Gesicht brüllen, wenn es angeraten ist, keine versnobten Großgrundbesitzer, die nur aalglatt lächeln und dann hinter der Hand einen Auftragsmörder schicken." Caesoninus gluckste über dieses, ihm spontan eingefallene Beispiel. "Es passiert einfach viel mehr in Großstädten, da gehöre ich hin und in kein götterverdammtes Kuhdorf für Reiche und Schöne mitten in der Pampa!"


    Sie kamen an einer Wegkreuzung an, der rechte Weg führte die Straße weiter geradeaus schräg den Gebirgsfuß hinauf, der linke führte von den Bergen weg zurück ins Tal des Orontes und weiter bis an die Küste nach Seleukia Pieria. Caesoninus ritt ganz selbstverständlich den rechten Weg weiter. "Glaube mir, auch ich kann es kaum erwarten Rom wieder zu sehen. Mein Jahr ist fast zu Ende, nicht mehr lange und es heißt für uns ab nachhause! Dann kann ich endlich meine...", Caesoninus unterbrach sich und starrte auf das, was er da vor ihnen direkt am Weg entdeckt hatte.

  • Vor den beiden waren direkt hinter der letzten Straßenkurve drei Baumstämme mitten auf dem Weg als eine Blockade aufgebaut worden, damit Pferde von so nahem nicht darüber springen konnten. Kaum hatten sie die Kurve umrundet, wurden da plötzlich weitere Baumstämme hinter ihnen auf den Weg gezogen und sieben Männer traten zu ihnen. Rau aussehende Kerle mit Messern in den Händen. "Salve, ihr freundlichen Wanderer! Seid doch so gut und gebt uns arme Schlucker etwas von eurem Gold ab!"

    Seine Kumpane hinter ihm lachten.

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  • Antias musste zugeben, dass Caesonius es wusste, ihm Antiochia schmackhaft zu machen. Er war selbst nie einer gewesen, der dauerhaft in feiner Gesellschaft konnte. Wenn seine Eltern vergleichbare Feste veranstaltet hatten, hatte ihm die Nach-Party mit Freunden und anderen Gleichaltrigen (und Wein) viel besser gefallen. Auch ließ es sich mit Christen, Syrern und Partern unter'm Aquädukt viel besser pöbeln, saufen und lästern als mit gleichaltrigen Patriziern. Insofern hatte sein Verwandter sicher nicht Unrecht.

    "Gut, den Punkt verstehe ich", gab er zu, als auch er abrupt das Pferd anhielt und den Blick auf die Bande vor ihnen gerichtet hielt. Sieben an der Zahl, hatte sich dort eine Anzahl Männer mit Tüchern vor den Mündern und Messern hatten sie gestellt und kesselten sie ein. Ein Entkommen war unmöglich.

    Wegelagerer, dachte Antias sofort.

    "Gold?", fragte er vorwitzig. "Sowas haben wir nicht. Ihr verschwendet eure Zeit mit uns." Soviel zum 'Aufräumen' seines Vetters. Trieb sich ja noch verdammt viel Abschaum rum.

    "Dass lass mal uns entscheiden, Bürschlein! Na los, steigt ab von euren Viechern, bevor wir ungemütlich werden!"

    "Was machen wir, Vetter?", wollte er wissen. Sie hatten auf den Pferden einen Vorteil, aber das waren viele Männer und ihr Rückzug versperrt. "Glaubst du, die lassen uns leben, wenn wir uns ergeben?"

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    Die Räuber hatten rasch reagiert, sobald ihre beiden Opfer um die Kurve geritten waren. Rasch hatten sie zusammen die Bäume der hinteren Barriere über den Weg gezogen gehabt, sie war aufgrund der Schnelligkeit mit der all das geschehen musste eigentlich niedrig genug, damit die Pferde ohne Mühe darüber hätten springen können, doch bis die sich umgedreht und den nötigen Anlauf für den Hopser genommen hätten, hätten sich längst ihre Dolche in ihr Fleisch gebohrt. Außerdem war die bloße Existenz einer Barriere, die den einzigen Rückweg verschloss auch ein psychologischer Aspekt, den die Räuber auszunutzen gedachten, denn nach links, bergauf, konnten sie nicht, weil der Hang zu steil für die Pferde war, rechts ging es bergab hinein in das Waldstück, um das sich die Straßenkehre wand. Doch die Räuber würden gut darauf aufpassen, dass ihnen das nicht einfiel.


    So umringten sie die beiden Reiter, nachdem die zweite Barriere stand. Zwei hinter ihnen, vier vor ihnen und einer rechts. Der Bandit, der sie zuerst begrüßt hatte, schien ihr Anführer zu sein. Er war auch der einzige, der neben seinem gezückten Dolch auch noch ein richtiges Schwert am Gürtel hängen hatte. Er machte eine beschwichtigende Geste in Richtung seines Kumpanen, der Antias gerade zum absteigen aufgefordert hatte. "Immer mit der Ruhe, wir sind hier alle Freunde, wir haben alle Zeit der Welt. Die beiden Ehrenmänner hier vor uns haben gewiss genug Grips im Köpfchen, dass sie wissen, dass ihre Habe unser ist, aber du hast Recht, schöne Tiere haben sie!" Mit einem höhnischen Grinsen und einer schiefen Miene, die wohl so etwas wie einen hochnäsigen Kennerblick darstellen sollte, ging er an den Rappen heran und ergriff das Tier am Unterkiefer, um sich die Nüstern anzusehen. "So ein prachtvoller Hengst! Der steht mir doch viel besser als dir Bursche, nicht wahr? Hab doch die Güte und komm von ihm herunter, gebt uns alles Geld und Gold das ihr habt mitsamt den Pferden und vielleicht, ja vielleicht lassen wir euch dann sogar am Leben, beim Mercur!" Wieder sein maskenhaftes Grinsen und dabei ein Kopfgewackel, von dem der Kerl vermutete, dass es auch die feinen, besonders reichen Patrizier zu tun pflegten.

  • Die ersten Reaktionen von Caesoninus auf den Überfall waren Überraschung und Angst. Nur allzu verständlich, doch beides würde sie nicht retten. So riss er sich so gut es ging zusammen und verbarg mit viel Mühe nach außen hin, wie er sich wirklich fühlte, sondern eine ruhige Miene beizubehalten. Sie waren zwei zu sieben unterlegen, waren an einer Stelle gefangen und hatten weniger Waffen.


    Caesoninus hatte nur die paar wenigen Augenblicke die Situation zu erfassen und einen Rettungsplan zu beginnen, den die Banditen benötigten, um die hintere Barriere hervorzuziehen und dann anschließend zu ihnen vorzugehen. Verdammt. Verdammt, verdammt, verdammt. Und keine Möglichkeit mehr sich mit Tiberius zu koordinieren! Jetzt konnte er nur auf sich selbst und dem setzen was ihm zur Verfügung stand und das waren sein eigener Dolch und Bucephalus sein Hengst.


    Die Räuber begannen mit ihnen zu sprechen, als einer von ihnen seinen Rappen berührte, wallte urplötzlich Wut in Caesoninus auf und er musste sich fast noch mehr anstrengen sich diese nicht anmerken zu lassen, als zuvor seine Angst. Ruhig Blut. Er brauchte mehr Zeit! So beschloss er es mit Rhetorik zu versuchen. Irgendwie schaffte er es sich ein mildes, etwas arrogantes Lächeln zu verschaffen und sprach in ähnlichem Tonfall wie zuvor der Räuberhauptmann: „Seid uns gegrüßt ihr Straßenbrüder! Wir sind uns, denke ich, noch nicht begegnet, wer seid ihr, dass ihr denkt Anspruch auf unser Eigentum erheben zu können? Sagt uns eure Namen, dann wollen wir reden von Mann zu Mann!


    Er ließ den Blick träge über die Räuber schweifen und versuchte dabei gleichzeitig visuell das umgebende Gelände auf der Suche nach einem Vorteil so zu erfassen, dass es die Wegelagerer nicht mitbekamen. Eine falsche Bewegung und sie wären tot, so viel war sicher. Hoffentlich würde Tiberius keine Dummheiten machen.

  • Antias fühlte eine Mischung aus Abscheu und Panik. Er war nie in einer derartigen Situation gewesen und war völlig überfordert. Diese rauen Kerle grinsten als wägten sie sich bereits als Sieger. Er hoffte inständig, sein Vetter hatte einen Plan oder so. Es sah jedoch nicht aus.

    Er verzog das Gesicht, als einer der Widerlinge sich an seinem wunderschönen Pferd vergriff. Er zog am Zügel und das Tier riss den Kopf weg von dem Räuber, der das gar nicht gern sah.

    "Sehr nut, der Kleine glaubt, was zu melden zu haben", lachte der Verschmähte und erntete dreckiges Lachen seiner Männer. "Hatte der schon den Stimmbruch?"

    "H-Halt bloß dein Maul", stammelte Antias und erntete nur noch mehr Gelächter.

    "Halt du es besser, sonst komm ich noch auf die Idee, dein hübsches Stimmchen noch öfter zum Schreien zu bringen", drohte ihm der Kerl beim Pferd. "Meine Alte hat mich sitzenlassen und ich und meine Freunde hier sind echt nicht wählerisch. Und jetzt runter von dem Gaul! Hab ich eben schon erwähnt, oder?"

    Antias schluckte den Ekel herunter. Ein Blick zu seinem Vetter half auch nicht wirklich, sodass er der Aufforderung lieber gehorchte. Langsam stieg er ab und reichte dem Räuber seinen Geldbeutel.

    "Na bitte, geht doch. Und du auch, Großer, na wird's bald?"

  • Der Räuberhauptmann, der zuvor mit Caesoninus gesprochen hatte, sah dabei zu, wie sein Kumpane den jüngeren der beiden Opfer zum absteigen zwang. Na also, ging doch. Breit lächelte er, als er beobachtete, wie der Junge seinem Räubergenossen Zügel und sogar gleich dazu seinen Geldbeutel reichte. "Har haha Har! Dich lobe ich mir, Bürschchen! Wie ein Lamm, das sich selbst auf die Schlachtbank legt, so freut uns das! Fast schon zu einfach, braver Bengel!" So zuvorkommende Opfer hatte er noch selten erlebt. Antias' schnelle Aufgabe hatte den größten Teil der Anspannung von den Männern genommen, die hier würden sich nicht wehren. Der Bandit sah jetzt wieder zu Caesoninus hin. "So, und jetzt du! Du wolltest meinen Namen wissen, so will ich dir ihn nennen. Man nennt mich Sardios, den Herrn der Einsamen Orte, König über die Nächtlichen Gefilde und Besitzer aller Straßen! Wie dein Name ist, musst du uns nicht extra sagen, er würde uns ohnehin nicht kümmern!" Die Banditen lachten hinter Sardios.


    "So, genug gespielt! Und jetzt gib uns dein Gold und deinen Hengst! Mach es so wie deine Freundin da neben dir, los!" Die Räuber zogen ihren Kreis jetzt etwas enger.

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  • Caesoninus blieb einen Moment die Luft weg, als er beobachtete was Tiberius da tat. Nein, nein ein, das war genau das falsche! Hoffentlich würde sein Einfall trotzdem klappen. Er war zu einer Idee gekommen die er jetzt versuchen wollte. Zum Glück benötigte er dazu nur Bucephalus. Und Tiberius' Pferd. Schnell ging er noch einmal die Details durch, während der Räuber vor ihm etwas davon sagte er sei Sardios "der Herr der einsamen Ort" etc., dann antwortete er ihm "Liebend gern, nur nicht heute!" und schlug Bucephalus aufs Hinterteil.

    Eine Marotte des Gauls war, dass er genau das hasste und immer wenn man es tat... ja, es klappte!


    Bucephalus wieherte empört und stieß mit den Hinterläufen aus. Dabei erfasste er den Banditen hinter ihm beim Bauch mit den Hufen und schleuderte ihn gegen die hintere Barriere, die ordentlich wackelte. Das erschreckte Tiberius' Pferd, es bäumte sich wiehernd auf und verletzte dabei die beiden Räuber vor sich, ehe es nach vorne preschte und dabei die zwei Unholde völlig umwarf. Wegen der Barriere vorne aber machte es einen scharfen Schlenker nach rechts und lief auf die rechte Waldseite des Pfades zu, die übrigen Räuber mussten dem Pferd ausweichen, wenn sie nicht niedergeritten werden wollten und sahen somit jetzt auf das Ross und nicht auf Caesoninus.

    Während so gerade niemand von den verbliebenen vier Kerlen auf ihn achtete, lehnte er sich nach unten und zog an Tiberius, um ihn hinter sich auf Bucephalus zu ziehen. "Komm, schnell!" rief er verzweifelt, als er merkte, dass Tiberius für ihn zu schwer war, um ihn alleine hochzuziehen, er würde mithelfen müssen und sie hatten nur wenige Augenblicke Zeit, ehe die Räuber merken würden was los war! Caesoninus sandte ein Stoßgebet an Iuppiter.

  • Antias hatte nicht gewusst, was sein Vetter vorhatte und hatte es für das Beste gehalten, den Forderungen der Banditen zu entsprechen. Als dann die Gäule wortwörtlich mit ihnen durchgingen,

    Er reagierte schnell und verpasste einem der verbliebenen Kerle einen beherzten Fußtritt, der ihn die Senke neben der Straße hinunterbeförderte. Dann ergriff er Caesonius' Hand. Um sein eigenes Pferd war es schade, doch das war besser, als sich selbst mit durchgeschnittener Kehle im Graben wiederzufinden. Einer der Banditen stürmte noch heran, um ihn herunterzuzerren, doch Antias' Fuß fand ein weiteres Mal sein Ziel und so schlug er ihm mit der Ferse vermutlich ein paar Zähne aus.

    "Das war knapp", keuchte er, als er sich an seinem Vetter festhielt. "Götter, war das knapp. Du bist genial, weißt du das?"

  • "Danken kannst du mir später!" rief er, während er Tiberius auf Bucephalus hinaufhalf. Zeit für mehr Worte war nicht. Götter, was war er aber erleichtert, dass sein Vetter so schnell reagiert und gleich mitaufgesessen hatte, so hatten sie jetzt noch eine Chance. Sobald Tiberius sicher hinter ihm verstaut war, riss Caesoninus die Zügel herum "Heja! Hej, Bucephalus!" Im Hintergrund hörte Caesoninus noch wie Sardios seiner schwer angeschlagenen Truppe zurief: "Auf sie! Mord! Mord! Mord!" Der Rappe wieherte und stieg mit den Vorderhufen in die Luft, sodass die Räuber noch einmal Abstand von ihnen nehmen mussten, dann lenkte er ihn nach rechts und der Hengst setzte auf den Waldrand los. Dabei wich ihnen der dort stehende Räuber zu langsam aus, da er stolperte und hinfiel. Dadurch kam der über dessen Beine reitende Bucephalus auch kurz ins straucheln, als er mit dem rechten Vorderhuf versehentlich auf der Wade des Liegenden aufkam. Ein Schrei unmenschlichen Schmerzes zeriss die Wälder. Diesen Moment nutze Sardios aus, um mit gezücktem Dolch auf sie zuzustürzen. Er wollte ihn in Bucephalus' Flanke rammen. Caesoninus sah es aus dem Augenwinkel und da zu nichts anderem mehr Zeit war, riss er seinen eigenen Dolch aus dem Gürtel, zielte kurz und warf. Sardios stoppte, ließ das Messer fallen und hielt sich die jetzt schnell rot werdende linke Wange, während Caesoninus' Ross sich wieder entgültig im Gleichgewicht befand und jetzt schnell und immer schneller begann den Abhang hinabzutraben, immer schön zwischen den Stämmen der hier wachsenden Aleppo-Kiefer hindurch.


    Fortuna schien ihnen hold, sie hatten es unverletzt geschafft. Sobald sie das Waldstück zur Straße hinab passiert hatten und auf ebenjene kamen, wandte Caesoninus Bucephalus in Richtung Antiochia und gab ihm die Schenkel, worauf er jetzt wahrhaftig schnell wie der Wind loszugaloppieren begann. Caesoninus' Puls raste immer noch, während sie aus dem Wald heraus Sardios' anhaltende Schmerzensschreie vernahmen. Hoffentlich habe ich wenigstens ein Auge erwischt, verdient hätte es der Kerl, dachte er bei sich, ehe sie um eine weitere Straßenkurve bogen, zurück ins vollgrüne Tal des Orontes.


    - Finis -