• Garten >>>


    Ich war seit Wochen nicht mehr in einem richtigen Zimmer gewesen und hatte ein richtiges Bett gesehen. Wie vielmehr musste Nilofer, so zart und fein wie sie war, diese Annehmlichkeiten vermisst haben. Doch sie war auch eine echte Partherin, Nachfahrin wilder Nomadentöchter, die im Sand an ein Kamel gebettet oder am Ufer eines Flusses genauso schlief wie zwischen Seidendecken. Zart und fein und im Inneren eine stählerne Klinge, das war Nilofer,.

    Mehr noch freute ich mich freilich, einmal mit ihr alleine zu sein.

    Frisch gebadet, gesalbt mit Nardenöl und meines Bartes, der mir während der Reise gewachsen war, wieder beraubt, legte ich mich auf eine der Klinen.

    "Was hälst du von Waballat ben Attar Athenodoros?", fragte ich sie: "Mir scheint er ein wohlwollender Herr zu sein. Ich werde ja arbeiten müssen, um unseren Lebensunterhalt zu verdienen, ich hoffe sehr, er hilft mir dabei, eine Anstellung zu finden."

    Ich kam mir sehr modern vor, als ich das sagte: Arbeiten, um zu leben - eine Idee, die ich noch vor einem Jahr für phantastisch gehalten hatte. Parthische Adlige, auch unbedeutende wie ich, arbeiteten nicht: Sie ritten, jagten und gehörten zum Gefolge von Verwandten, die höherrangig waren , so wie ich zu Prinz Phraates Gefolge gehört hatte.

    "Und überhaupt müssen wir über die Zukunft sprechen.", fuhr ich fort: "Liebste Nilofer, du weißt, ich werde weiterhin alles tun für dich. Und wenn du das mit der Heirat nur gesagt hast, um Waballat fernzuhalten - das verstehe ich natürlich. Nie solltest du mir die Hand reichen, weil die Umstände dich zwingen. Nur aus reiner, lauterer Liebe sollte das geschehen. Also - was sind deine Pläne, Nilofer - und gleich was es sei, sei gewiss, dass ich dein treuster Freund und Beschützer bleiben werde, ganz gleich was du anstrebst."




  • Das Bad war eine Wohltat gewesen! Ich hatte es sehr genossen. Auch die Salbung mit den Nardenöl anschließend hatte mich entspannen lassen und nahm nun alle Last von mir. Endlich fühlte ich mich wieder sauber. Der liebliche Duft eines Parfums überlagerte nun den schweren holzig-erdigen Duft des Nardenöls. Die Kleidung, mit der mich die Sklavin versorgt hatte, empfand ich zunächst als gewöhnungsbedürftig. So kleideten sich wohl griechische Damen. Bisher war ich nur die parthische Kleidung meiner Heimat gewohnt.

    Die Sklavin führte mich anschließend zu einem Gästezimmer, welches man für uns hergerichtet hatte. Dort erwartete mich bereits Phraotes, mein Retter. Es war ungewohnt für mich, mit ihm zusammen allein in einem Raum zu sein, obschon es doch in den letzten Wochen kaum eine räumliche Trennung für uns gegeben hatte.

    Ich ließ mich ebenfalls auf einer Kline nieder und lag ihm nun gegenüber. Gewiss war es auf die beruhigende Wirkung des Nardenöls zurückzuführen, dass ich mich sehr entspannt fühlte. Dennoch waren meine Sinne nicht vernebelt, um mich daran zu erinnern, wie unser Gastgeber mich während unseres Gespräches angeschaut hatte. In wieweit besorgniserregend dies war, konnte ich (noch) nicht einschätzen. Doch wollte ich meine Bedenken unbedingt mit Phraotes teilen, zumal er mich danach fragte, was ich von dem Synhodiarchos hielt.

    "Er ist in der Tat sehr wohlwollend und seine Gastfreundschaft kennt scheinbar keine Grenzen. Doch ist dir aufgefallen, wie er mich angeschaut hat? Als ob er uns durchschaut hätte! Oder war es etwas anderes, was seine Blicke auf mich lenkte?"

    Phraotes sprach davon, dass er für unseren Lebensunterhalt arbeiten müsse. Arbeiten, um zu leben - diese Vorstellung war mir vollkommen fremd gewesen. Doch offenbar war es so außerhalb der Haremsmauern. Ich hatte es doch so gewollt! Ich hatte ein beinah sorgloses Leben voller Überfluss und Luxus einem Leben in Freiheit vorgezogen. Freiheit war nun gleichbedeutend mit dem Verlust all der herrlichen Annehmlichkeiten, die mir mein Gefängnis geboten hatte. Für den Augenblick war die Sehnsucht nach Freiheit größer, so dass ich gut und gerne auf alles andere Verzichten konnte.

    Doch er ging noch weiter und sprach unsere Zukunft an, über die wir sprechen mussten. Dabei hatte für mich doch schon längst diese Zukunft begonnen. Jede Stunde und jeder Tag, der vor mir lag, barg eine Überraschung. Das eintönige Leben des Harems war Vergangenheit geworden. Phraotes aber sprach direkt an, worum es ihm ging.

    Der Grund, warum wir hier waren, war seine Liebe für mich, die vollends in ihm entbrannt war. Darum hatte er mich gerettet. Alleine aus diesem Grund schon hätte ich ihm als Belohnung zugestanden. Schließlich hatte ich unserem Gastgeber gegenüber ja auch schon solche Andeutungen gemacht. Allerdings nur, damit dieser sich keine falschen Hoffnungen machte. Aber wollte ich mich nach der Erringung der Freiheit erneut in Unfreiheit begeben? Nichts anderes war doch die Ehe! Doch die Welt, in der wir lebten, funktionierte anders. Ja, ich empfand so etwas wie Liebe für meinen Befreier. Aber war diese denn auch ausreichend? Zwar versprach er mir, stets zu mir zu halten. Doch würde ich nicht seinen Stolz verletzen, wenn ich ihm nun einen Korb gab?

    "Phraotes, du kannst dir stets meiner Liebe gewiss sein. Du hast mir das größte Geschenk gemacht, das ein Mensch mir machen konnte! Du hast mir die Freiheit geschenkt! Dafür bin ich dir überaus dankbar. Gerne würde ich diese Freiheit mit dir gemeinsam genießen! " Was immer das auch hieß!

  • Ich runzelte die Stirn:

    "Mir fiel auch auf, wie er dich angesehen hat, Nilofer. So wie ein Mann eine Frau ansieht nämlich. Verdenken kann ich es ihm nicht, da auch ich dich am liebsten immer ansehen würde. Aber es gehört sich nicht, dass dieser....dieser Kameltreiber dich so anstarrt, als seist du seinesgleichen!"

    Oh, ich war ungerecht mit Athenodoros , aber ich war bis über beide Ohren verliebt. Und ein kleiner Schmerz blieb: Der Palmyrener war sehr reich. Zweifellos konnte er Nilofer bieten, was ich ihr nicht bieten konnte: Ein bequemes Leben, Reisen zu all diesen Orten unsere Sehnsucht: das große Athen, Sparta, nach Rhodos und Alexandria und auch nach Roma:

    "Mehr Sorgen macht mir Jabel, der ja bald herkommen wird, denn er hat unsere Flucht von Ktesiphon aus mitbekommen und seine Befragung - ob er uns die Geschichte mit den Kaufmannskindern abgenommen hat? Ich weiß es nicht. Wir haben alle so getan, als würden wir uns gegenseitig glauben, aber Jabel ist bestimmt klug. Es ist keine Kleinigkeit solch eine Karawane mit all den wilden Nomaden zu kontrollieren. Ein anderer hätte uns beide in die Sklaverei verkauft.

    Wollte er uns retten? Oder wartet er nur auf das entsprechende Ersuchen des Shahanshahs, uns ihm auszuliefern? "

    Mich schauderte es. Wir Parther kannten Bestrafungen für Untreue, dagegen war eine römische Kreuzigung ein Spaziergang an der frischen Luft. Zweifelsohne würde Mithridates ein Exempel statuieren.

    Daher sagte ich: "Nilofer, sollten wir einmal in die Hände von Mithridates fallen, so werde ich gestehen, dass ich dich gegen deinen Willen entführt habe.

    Und du musst das Gleiche sagen. Sage ich hätte dich mit dunklen Künsten fügsam gemacht."

    Aus dem Hause Surena stammten auch einige der Berater- Priester des königlichen Rates: Die Magoi. Sie nutzten ihre Weisheit normalerweise für Gutes und zum Wohle des Partherreichs. Jemand, der sein göttliches Wissen für eigennützige Ziele einsetzte, war abgrundtief schlecht und würde wohl immer in die Finsternis gehen nach seinem Tod.

    Aber das schreckte mich nicht, wenn nur Nilofer leben würde!

    Dann hörte ich Nilofers liebliche Stimme:

    "Phraotes, du kannst dir stets meiner Liebe gewiss sein. Du hast mir das größte Geschenk gemacht, das ein Mensch mir machen konnte! Du hast mir die Freiheit geschenkt! Dafür bin ich dir überaus dankbar. Gerne würde ich diese Freiheit mit dir gemeinsam genießen! "

    Und während sie noch sprach, wusste ich, dass sie mir nicht gesagt hatte, dass sie mich liebte, wie eine Frau ihren Mann lieben sollte. Nicht wie Pantheia Abradatas geliebt hatte, in dieser schönsten Erzählung von Liebe und Treue zwischen Eheleuten.*

    Doch mehr verlangte ich nicht - noch nicht. Gefährten in Flucht und Freiheit zu sein bedeutete ein Anfang und zwar nicht der schlechteste. Jetzt mussten wir uns gegenseitig erstmal kennen lernen.

    Und ich sprach:

    " Ja, wir sind frei. Und wir müssen ausruhen. Lass uns eine Weile zumindest hier bleiben, um neue Kräfte zu schöpfen. Aber dann werden wir zusammen fortgehen."




  • Wie ein Mann eine Frau ansieht, echote es in meinen Ohren. Leider fehlte mir da schlichtweg die Erfahrung, Im Harem waren wir Frauen vor allen Blicken fremder Männer geschützt gewesen. All jene Männer, die einen Dienst im Harem verrichteten, waren ihrer Männlichkeit zuvor verlustig gegangen. Doch hörte ich in Phraotes Unterton so etwas wie Eifersucht, als er unseren Gastgeber etwas unwirsch Kameltreiber nannte? Wie groß musste seine Liebe für mich sein, obwohl er mich doch kaum kannte! Er hatte sich in mein Äußeres verliebt und hegte die Hoffnung, dass ich ihm eines Tages voll und ganz gehören könnte.

    Dann sprach er jedoch etwas an, woran ich schon fast keinen Gedanken mehr verschwendet hatte: Jabel! Ja, er hatte uns durch die Wüste geführt und nach Palmyra gebracht. Doch was Phraotes jetzt vorbrachte, ließ mich erschaudern. Ich hatte auch meine Zweifel, ob er unsere Geschichte für bare Münze genommen hatte. Jabel war ein Verwandter unseres Gastgebers. Wenn er hinter unsere wahre Identität gekommen war, war es nur eine Frage, bis auch Athenodoros davon Wind bekam. Wahrscheinlich würde er nicht zögern, uns auszuliefern, wenn er dafür eine ordentliche Belohnung erhielt oder wenn mein Bruder ihn mit dem Tode bedrohte. Mithridates hatte beeindruckend demonstriert, wie kaltherzig gegen all jene vorgegangen war, die ihm im Wege standen. Ich wollte gar nicht daran denken, was geschah, wenn man mein Verschwinden in Ktesiphon bemerkte. Sie würden gegenüber Nilofer, meiner treuen Dienerin, deren Name ich angenommen hatte, unbarmherzig sein.

    "Nein, Phraotes!", rief ich und schüttelte dabei heftig den Kopf, als er mir sagte, ich solle alle Schuld auf ihn schieben, falls wir meinem Bruder in die Hände fallen sollten. "Das werde ich nicht tun, Phraotes! Ich werde nicht zulassen, dass sie dir auch nur ein Haar krümmen!" Ich war fast den Tränen nahe und mir tat es bereits leid, dass ich ihm nicht auch gesagt hatte, wie sehr ich ihn liebte! Wie hatte ich nur so selbstsüchtig sein können! Ich sprang von meiner Kline auf und machte die wenigen Schritte, die uns trennten, um bei ihm zu sein. "Lieber würde ich sterben, als dich zu verraten und so an deinem sicheren Tod Schuld zu sein!", rief ich und umarmte ihn.

    "Ja, Liebster, wir werden frei sein! Du und ich! Wenn wir von hier fortgehen, dann lass uns weit fort in die Fremde gehen! Vielleicht nach Roma. Dort werden wir doch sicher leben können, oder?" Von den Römern wusste ich praktisch gar nichts, außer dass sie unsere ärgsten Feinde waren. Ich hatte noch nie einen Römer aus der Nähe gesehen. Wie konnte ich also glauben, dort direkt unter ihnen in Sicherheit leben zu können.

  • Als Nilofer mich Liebster nannte, verflogen all meine Bedenken wie Schnee auf den Hängen des Argaios. *, wenn der Frühling hereinbrach. Mit ihr an meiner Seite fürchtete ich nichts und niemanden. Wenn Jabel nicht schwieg, sollte er sterben, desgleichen wäre ich fähig, Athenodoros den Hals umzudrehen und ja, selbst Mithridates hätte ich mich mit einem guten Schwert in den Weg gestellt.

    " Ich denke, Roma ist tatsächlich das beste Ziel. Hier in Palmyra sind wir noch dem Parthischen Machtbereich zu nahe. Und was kümmert uns alles, das ganze Imperium steht uns offen, und in der Hauptstadt gibt es nichts, was es nicht gibt: Chancen für uns ohne Ende."

    So sprach ich, aber ein wenig wurde mir das Herz doch schwer. Ich liebte mein Vaterland nämlich. Ich war immer stolz darauf gewesen, ein Parther zu sein.

    Nun aber waren wir für immer Verbannte. Aber meine kurze Traurigkeit zeigte ich Nilofer nicht, ich wollte sie ungern damit belasten:

    "Um so mehr Geld brauchen wir für die Reise.", sagte ich: "Ich muss gestehen, dass ich pleite bin. Morgen früh spreche ich mit unserem Gastgeber - Liebste. Nun aber solltest du schlafen. Ich bewache deinen Schlaf, wie sich das gehört."

    Ich setzte mich auf die Kline. Und da hörte ich ihn wieder - den Schrei. Er schwoll an und schwoll ab, und es war entschieden kein Pfau. Er geisterte durch die Gänge wie ein böser Dämon, und ich spürte, wie mir ein Schauder den Rücken hinabrieselte.


    Was mochte das sein?

    Ich war hin- und hergerissen: Sollte ich nachsehen? Aber dann würde ich Nilofer alleine lassen müssen, und das ging keineswegs. Ob sie schon schlief, noch wach oder immer noch wach war? So langsam erkannte ich nur noch ihre Umrisse. Die Dämmerung hatte sich über Palmyra gesenkt, und durch das vergitterte Fenster drang das dunkelblaue fast überirdisch wirkende Zwielicht.


    Sim-Off:

    *heute Berg Erciyes

  • Da war er wieder, mein furchtloser Befreier! Er, der er alles aufs Spiel gesetzt hatte, auf seine Heimat und seine dortige Stellung verzichtet hatte, nur um mit mir in die Fremde zu fliehen, er wollte nun noch weitergehen, damit wir uns tatsächlich auch in Sicherheit wiegen konnten. Gemeinsam mit mir wollte er nicht nur von unserer Freiheit träumen, nein er wollte sie auch mit mit erleben! Rom, das klang so exotisch, so fremd und dennoch übte es einen gewissen Reiz auf mich aus. Bisher hatte ich die Welt nur aus Büchern gekannt. Nun war die Zeit gekommen, sie selbst zu erleben und zu begreifen. Doch um frei zu sein bedurfte es auch einiger Mittel, um sich gewisse Dinge leisten zu können. Unser Geld war längst ausgegeben. Jabel hatte uns schließlich nicht umsonst geholfen. Für eine gewisse Zeit mussten wir uns wohl oder übel noch mit unserem Gastgeber arrangieren. "Oh mein liebster Phraotes, Ahura Mazda sei Dank, dass er dich zu mir schickte! Du hast recht! Ich werde mich nun hinlegen und schlafen. Es ist schon spät!" Er würde über meinen Schlaf wachen. Ich konnte mich also in uneingeschränkter Sicherheit wähnen. Bevor ich mich wieder zurück zu meiner Kline begab, hauchte ich ihn noch einen sanften Kuss auf die Wange. Soviel körperliche Nähe hatte ich bisher noch nie zu jemandem zugelassen, der nicht zu meiner Familie gehörte, doch ich fand es in diesem Moment angemessen. Eines Tages würden wir sicher die Ehe miteinander eingehen. Bis dahin wollte ich ich mich gegen alle Intimität verwahren.


    Ich hatte es mir auf der Kline bequem gemacht und war kurz davor, lieblich einzulullen. Mein Atem ging ruhig und gleichmäßig, denn ich hatte die nötige Bettschwere. Unser Tag war ereignisreich und anstrengend gewesen. Ganz zu schweigen von den letzten Wochen durch die Wüste. Ich hatte mich darauf gefreut, wieder in einem Bett schlafen zu können. Doch dann war er wieder zu hören, dieser schreckliche Schrei! Voller Panik war ich wieder aufgeschreckt und sah besorgt zu Phraotes, der ebenfalls den Schrei vernommen hatte. "Hast du das gehört, Phraotes?" Der Schrei kam eindeutig aus dem Haus. Nun war es dunkel, ich erkannte nur noch seine Umrisse. "Lass uns nachsehen, was das war!" flüsterte ich ihm mutig zu. Ich wollte keine Minute länger mehr hier bleiben, wenn ich nicht wusste, woher dieser Schrei kam und wer ihn ausgestoßen hatte." Wir brauchen eine Lampe!"

  • Mein Herz schlug schneller, da die liebliche Nilofer mich Liebster nannte. Ich hätte so gut schlafen können, wäre da dieser unmenschliche Schrei nicht gewesen, der mich aufschrecken ließ. Und auch Nilofer war wach geworden, und da sie nicht nur die Schönste und Klügste, sondern auch die Mutigste war, verlangte sie sofort nach einer Lampe, um das Rätsel zu ergründen.


    Beinahe hätte ich in die Hände geklatscht, um einen Diener zu rufen. Wie oft konnte ich früher in Ktesiphon nachts nicht schlafen und befahl, dass Lichter angezündet wurden und rief den Vorleser mit seiner angenehmen Stimme.

    Anippe war uns als Dienerin zugeteilt worden, aber es war nicht klug, sie zu rufen; sie mochte mehr sein als eine Sklavin; vielleicht war sie Augen und Ohren ihres Herren.

    "Eine Lampe, kommt sofort", flüsterte ich und schaute mich um, das Zwielicht erlaubte mir, nach der Öllampe zu tasten, die auf dem kleinen Tisch stand; doch ich verfehlte sie - und sie klirrte zu Boden.

    Ich atmete tief ein und aus, wie unfähig war ich doch für das praktische Leben.

    Also musste doch Anippe kommen!

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    Ich steckte den Kopf durch einen Türspalt: "Anippe!"


    Dann war ich doch froh über mein Missgeschick, denn die Sklavin schlief nahezu auf der Türschwelle; wir wären sozusagen auf sie getreten. Katzengleich erhob sie sich, gähnte: "Ihr wünscht etwas?"

    " Bring uns eine neue Öllampe", sagte ich: " Die alte ist mir leider hinuntergefallen, als ich mich heftig im Schlaf bewegt habe..."

    "Oh, soll ich aufwischen?", ertönte die Stimme des Mädchens, während sie äußerst geschickt eine neue tönerne Lampe entzündete und sie mir gab:

    "Und leidest du unter Albträumen, despotés? Etwas Nießwurz vielleicht? Oder opos, der Saft, der schläfrig macht?"

    " Nicht aufwischen, sonst werde ich ganz wach. Und kein Opium für mich", ich schaute Nilofer an: "Oder möchte die Despoina etwas haben?"


    Nach diesem Schrei würde ich nichts nehmen, was Müdigkeit erzeugen würde, ich brauchte meinen wachen Verstand. Denn ich hatte vor, mich mit Nilofer auf den Weg zu machen, um die Quelle des fürchterlichen Schreis zu finden. Doch wie wurden wir die diensteifrige Anippe los?

  • Noch war mein Mut groß, denn auch Phraotes schien keinerlei Einwände zu haben. Gemeinsam mit ihm konnten wir noch mutiger sein. Natürlich würde ich ihm den Vortritt lassen, denn er war schließlich der Mann und auch mein Beschützer. Also vorwärts, Praotes!

    Aus irgendeinem Grund, den ich nicht genau erfassen konnte, weil es einfach zu duster in unserem Zimmer war, hatte sich die Öllampe mit einem klirren verabschiedet. Wie dumm! Doch Phraotes hatte sogleich eine Idee, wie wir zu einem Ersatz kamen. Anippe, die Sklavin nämlich! Sie konnte für Ersatz sorgen, schließlich schlief sie direkt vor unserer Tür.

    Gesagt, getan! Die Sklavin hatte uns eine neue Lampe gegeben. Nun bedurfte es nur noch einen Vorwand, um sie von unserer Tür fortzulocken. Glücklicherweise lieferten den das Mädchen selbst mit seiner Frage, ob wir an Alpträumen leiden würden.

    "Oh ja, Opium für mich bitte! Und wenn du schon dabei bist, hätte ich gerne auch noch etwas klares kaltes Wasser. Der Wein bekommt mir nachts überhaupt nicht. Und vielleicht könntest du uns noch einen kleinen Imbiss richten? Wenn ich Alpträume habe, werde ich immer schrecklich hungrig!" Ein bisschen war ich von mir selbst überrascht. Auf jeden Fall war Anippe mit so vielen Wünschen eine Weile beschäftigt, so dass wir uns hoffentlich ungestört auf die Suche begeben konnten und so das Geheimnis hinter dem Schrei lüften konnten.

  • Bitte melden Sie sich an, um dieses Bild zu sehen.Anippe nickte zu jedem Wort, welches Nilofer sprach und zählte an ihren Fingern ab: " Opium - kaltes klares Wasser- einen Imbiss, ich werde sofort den Koch wecken, Despoina Nilofer", und sie eilte davon. Den Koch wecken - umso besser, je mehr Leben im Haus war, um so unbemerkter würden wir bleiben.

    Kaum war die Sklavin weg, reichte ich Nilofer ihre Stola und nahm die Öllampe.

    Ich hatte früher als Zeichen meines Ranges einen kunstvoll verzierten Ringknaufdolch getragen, ihn aber schon in Ktesiphon gegen ein schlichtes Exemplar eingetauscht, den nahm ich nun an mich, nachdem ich ihn zum Schlafen abgenommen hatte - schließlich waren wir im Hause eines Gastfreundes, und da wäre es einer Beleidigung gleichgekommen, bewaffnet zu schlafen. Jetzt aber legte ich meinen Gürtel und den Dolch an.

    Ich nahm Nilofers Hand und trat nach draußen auf den Korredor. Dunkelheit umfing uns, nur erhellt vom flackernden Schein der Öllampe. Bald jedoch hatten sich meine Augen an das spärliche Licht gewöhnt, und ich ging den Gang vorwärts, weg vom Andron, an mehreren Zimmern vorbei, in denen entweder niemand zu wohnen oder alles zu schlafen schien.

    Ein kühler Lufthauch streifte uns, während die Zimmertüren schäbiger wurde und der Gang enger. Hier schien es zu den Wirtschaftsräumen und Vorratskammern zu gehen. Es roch staubig und pfeffrig, und der Gang führte weiter nach unten....bis es wieder heller wurde durch ein flackerndes kleines Licht, das rötlich über die Gewölbe huschte.


    Vor uns musste jemand sein, der eine Öllampe entzündet hatte, wie wir....


    >>> Skope -  Wächterin


    Sim-Off:

    Wenn Nilofer möchte, kann sie auch direkt dort weiter posten :)

  • -->

    Gemeinsam mit Phraotes kehrte ich wieder in unser Zimmer zurück. Nachdem die Tür hinter uns verschlossen war und wir wieder unter uns waren, löste ich mich von ihm. Noch gänzlich erschüttert von den Ereignissen dieser Nacht, suchte ich nach Worten. In dieser Nacht hatte ein Alptraum Gestalt angenommen und war zur Wirklichkeit geworden. Ein Mann, der seine Frau wie eine Gefangene hielt und dessen Sohn davongelaufen war. Der Anblick Alexandras ließ mir noch immer einen Schauer über den Rücken laufen.

    "Beim Allmächtigen, Phraotes! Wo sind wir nur hingeraten? Was sollen wir nur tun?" Leider hatten wir keine große Wahl, wenn wir nicht in der Gosse landen wollten. Athenodoros war unsere einzige Hoffnung. Eine Hoffnung die sich uns heute Nacht als Scheusal offenbart hatte.

    "Wirst du nach Alexandria gehen, um dort den Jungen zu suchen?" fragte ich Phraotes. Die Belohnung dafür war ein Stückchen Unabhängigkeit. Ein eigenes Dach über dem Kopf. Der Preis für mich war, dass ich allein in Palmyra zurückbleiben musste. Wollte ich das? Allein ohne Phraotes, der mich seit meiner Flucht jeden Tag beschützt hatte. Ich konnte mich nicht des Gedankens erwehren, dass unser Gastgeber mehr von mir wollte, als einfach nur sein Gast zu sein. So wie er mich angesehen hatte uns wie er zu mir gesprochen hatte. Da würde ihm Phraotes Abwesenheit doch gerade recht kommen...

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    Nilofer

  • "Ich denke darüber nach.", sprach ich: "Denn wenn der junge Alexandros nach Alexandria geflohen ist, so wollte er sich vielleicht von seinem Vater befreien, und er hat gute Gründe kein Lebenszeichen von sich zu geben. 

    Denn auch wir haben unseren Häusern kein Lebenszeichen gegeben, und wenn der Junge nicht zurück will, möchte ich es nicht sein, der ihn findet und mit Gewalt zu Athenodoros schleppt.

    Etwas anderes ist, dass niemand weiß, ob er die weite und gefahrvolle Reise wirklich überstanden hat. Wir waren zu zweit, und nur mit Jabels Hilfe konnten wir uns Sklavenhändlern erwehren; er jedoch ist allein. Wer weiß, was aus ihm geworden ist.

    Drittens bin ich mir jetzt nicht mehr sicher, ob unser Gastgeber sein Wort halten und mir tatsächlich geschäftlich weiterhilft, wenn ich mit Nachrichten über den Verbleib über seinen Sohn zurückkehre. Vielleicht wird er auch die Gelegenheit nutzen, mich einfach aus dem Weg zu schaffen. Dann hat er freie Bahn in allem."


    Ich war sehr bitter geworden, denn der Gedanke, Nilofer in Athenodoros Hand - eine Gattin angekettet wie ein wildes Tier, die Gattin in spe schutzlos seinen Nachstellungen preisgegeben, der passte mir nicht.


    Dann aber kam mir eine Idee, und ich zögerte nicht, meiner klugen Nilofer davon zu erzählen:

    "Wie wäre es jedoch, wenn Athenodoros mich nicht aus dem Weg räumen muss, weil es gar keine Veranlassung dazu gibt? Wie wäre es, wenn wir uns streiten, und unser Zerwürfnis so groß ist, dass ich dich nicht mehr liebe und dich lassen möchte? 

    Wie wäre es, wenn du zu Athenodoros gingest, dich bitter über mich beschwerst, und ihm sagst, dass du eines Tages einen erfahrenen Mann wie ihn heiraten möchtest, aber dass du dich zuerst mit deinem Vater auszusöhnen wünschst und daher bittest, einen Brief nach Ktesiphon zu senden.

     Solch ein Brief dauert lange, und er kann verloren gehen. 

    Oder noch besser, es dauert schon lange, ihn zu schreiben - du weinst, du ringst mit Worten.


    Oder hast du einen anderen Plan, denn ich vertraue dir in allem, da du uns immer gut beraten hast."

  • Phraotes teilte seine Gedanken mit mir. Es war alles sehr einleuchtend, was er sagte. Auch ich konnte mich nicht von dem Gedanken lösen, dass man unserem Gastgeber nicht wirklich trauen konnte und dass es bestimmt einen trifftigen Grund gegeben hatte, weshalb sein Sohn das Haus seines Vaters verlassen hatte. Genau wie er und ich. Wir hatten die Freiheit gesucht und hofften sie in der Fremde zu finden, weit weg von zu Hause. Nun erschien es auch mir als falsch, nach Alexandros zu suchen. Selbst dann wenn Athenodorus uns die Sterne vom Himmel versprach. Ich spürte die Bitternis, die ihn befallen hatte. Er hatte es sich wirklich nicht leicht mit seinen Entscheidungen gemacht. Als er mir dann seinen Plan anvertraute, wollte mir fast das Blut in den Adern stocken. Phraotes verlangte sehr viel von mir, denn ich spürte in mir die Angst, dass ich versagen könnte, dass meine schauspielerischen Fähigkeiten sich doch eher in Grenzen hielten.

    "Wir sollen uns streiten? Und zu Athenodoros gehen?" Alles in mir wollte sich in mir sträuben, denn es entsprach ganz und gar nicht dem, was ich fühlte. "Du verlangst von mir, dich zu verleugnen? Meine Gefühle zu dir?" Ich trat zu ihm, umarmte ihn und vergrub mein Gesicht an seiner Brust. Ich hatte keinen anderen Plan. Keinen, den man mit guten Gewissen hätte angehen können. schließlich löste ich mich wieder von ihm und sah ihn für einige Herzschläge an, während einige Tränen ihren Weg an meinen Wangen herab suchten. "Und dann? Was wird dann sein? Wirst du mich dann wieder retten und von hier fort bringen?" Was würde Phraotes in der Zeit unserer Trennung tun? Würde er fort gehen und mich zurücklassen? Nein, daran wollte ich gar nicht denken! Dieser Gedanke war allzu grausam.

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    Nilofer

  • Nun da Nilofer zu mir trat, und mich umarmte, wusste ich das erste Mal sicher, dass wir nicht nur Gefährten in Not waren, aneinandergekettet auf einer wilden Flucht. Ich hatte Nilofers Dankbarkeit nicht ausnutzen wollen. Dankbarkeit war keine Liebe.

    Doch jetzt , da sie ihr Gesicht an meine Brust schmiegte und mir sagte, dass sie Gefühle für mich hatte, war ich der glücklichste Mann unter der Sonne. Nilofer liebte mich also! All die mühsam aufrechterhaltene Zurückhaltung ließ ich fahren:

    "Dich verleugnen, niemals! ", sagte ich: "Aber es kann durchaus sein, dass Athenodoros meinen Tod wünscht, um Dich zu bekommen. Er hält dich für die Tochter eines parthischen Kaufmannes, die mit ihrem Geliebten geflohen ist. Du würdest also gut zu ihm passen. Und er würde nicht offen vorgehen,  - im Gegenteil, öffentlich würde er mein Unglück bedauern, und dir, der Trauernden,  eine Stütze und ein Trost sein! Das wollte ich verhindern, doch wenn du es nicht fertig bringst, so lass en wir es sein! Niemals würde ich dich um etwas ersuchen, was dir zu tun widerstrebt!"


    Ich drückte einen Kuss auf ihr dunkles Haar, dann streiften meine Lippen ihre Stirn und ihre geschwungenen Brauen...doch etwas hielt mich zurück. Es war die anerzogene Ehrfurcht vor dem, was des Shahanshah war, die mich zögern ließ. Nilofer, die Prinzessin, deren alter Name nicht mehr ausgesprochen werden durfte, war sein, sie war heilig, sie stand so weit über mir wie ein Sklave unter mir.


    " Wenn du es nicht wünschst, werde ich auch Athenodoros Gebot ausschlagen. Lassen wir seinen Sohn in Frieden!  Dann ziehen wir  besser weiter und sehen, was unsere Tyche für uns bereit hält. Entscheide du, Herrin über mein Herz.", sprach ich.


    To gar kalos prassonti pasa ge patris....*




    Sim-Off:

    * gr. Denn für einen, dem es gut geht, ist überall Vaterland

  • Mit meiner Umarmung hatte ich eine der letzten Schranken überwunden, die mir von Haus aus auferlegt worden waren. Nie war ich einem Mann so nahe gewesen wie jetzt und nie hatte ich über meine Gefühle so offen gesprochen. Obwohl ich nicht einmal das Wort Liebe verwendet hatte, so musste ich mir doch jetzt eingestehen, dass ich genau das für ihn empfand. Anfangs war er nur der Fremde gewesen, der mich befreien wollte, weil er mich ein einziges Mal gesehen hatte. Doch auf der gemeinsamen Flucht war etwas mit uns geschehen, was über unsere Schicksalsgemeinschaft hinaus ging. Dass auch er etwas für mich empfand, was über die Ehrerbietung für meinen tatsächlichen Stand hinausging, bewieß er mir nun auch mit seinem Kuss. Zumindest etwas, denn gänzlich zu vergessen, wer ich in Wahrheit war, würde ihm sicher sehr schwer fallen.

    Doch mir war all diese Ehrfurcht nicht wichtig. Ich hatte sie weit hinter mir gelassen, um endlich frei zu sein. Aber die Freiheit, die Phraotes und ich gesucht hatte, wurde nun wieder bedroht. Wir lebten gefährlich, so lange wir im Einflußbereich unseres Gastgebers aufhielten. Wenn Phraotes recht behalten sollte und Athenodoros mich begehrte, war er noch stärker gefährdet.Dass unser Gastgeber keinerlei Skrupel besaß, wussten wir ja bereits. Er würde auch nicht zögern, einen Rivalen aus dem Weg zu räumen. Darum war es richtig, ihm gar nicht erst die Gelegenheit zu geben, Phraotes töten lassen zu müssen. Wenn es mir dann gelang, mir den Ben Attar lange genug vom Hals zu halten bis Phraotes wieder hier war, hätten wir endlich die Chance auf ein gemeinsames Glück.

    ""Bitte verzeih mir. Ich habe nur an mich gedacht. Ich werde alles auf mich nehmen, damit Athenodoros dir nichts antut. Entscheide du, wie wir uns beide retten können, mein Geliebter! Mein Herz wird immer dir gehören! Ganz egal, was er mir versprechen wird."" Ich wischte meine Tränen ab und schmiegte mich wieder an ihn.

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    Nilofer

  • "Verzeihen....da gibt es nichts zu verzeihen, Liebste. Ich glaube jedoch wirklich, das Beste wird sein, dass Athenodoros sich deiner sicher wähnt. Denn dann hat er keinen Grund mehr, mich zu beseitigen. Wir müssen nun klug sein, und uns überlegen, welche Szenen wir ihm vorspielen wollen. Und....",

    ich machte eine Pause:

    "Anippe ist ein liebes Mädchen, doch weiß ich nicht, was sie ihrem Herren zuträgt. Dann sollten wir auch vor ihr so tun, als wäre einer böse auf den anderen.

    Und...."

    Das fiel mir schwer, auszusprechen, denn schon der Gedanke, sie des Nachts nicht beschützen zu können, bedrückte mich:

    "Bestehe vor unserem Gastgeber auf getrennten Zimmern, da wir ja offensichtlich nicht mehr heiraten wollen. Ich schlage vor, ich tu so, als hätte ich Angst vor der Reise nach Alexandria, und du wirfst mir vor, ich hätte dich deiner Familie entführt und hielte dich in Armut, und ich werfe dir vor, wenn du so geldgierig bist, dann hättest du den Alten heiraten sollen, den dein Vater für dich ausgewählt... und... und."

    ich war mir sicher, meiner klugen Nilofer würde das Richtige zur richtigen Zeit einfallen. Da ihr Tränen in den Augen standen, wollte ich sie trösten:

    "Stell dir vor, du spielst in einer griechischen Tragödie mit - die magst du doch. Und alles, alles, ist nur Bühnenstück, aber sobald sich der Vorhang senkt, ist das Stück vorbei, und wir sind wieder Nilofer und Phraotes und lieben uns. Sicherheitshalber sollten wir den großen und göttlichen Apollon, den Gott der Musen,* um Beistand bitten, unseren Zuschauer zu täuschen und unser Leben zu beschützen."

  • Auch wenn es mich schmerzte, all das zu hören, wusste ich doch, dass es das Beste war. Denn noch schlimmer als ihn verlieren zu müssen, war das Wissen, an seinem Tod schuldig zu sein.

    Phraotes hatte auch schon einen Plan, was wir unserem Gastgeber vorgaukeln konnten, damit ihn der Gedanke beschlich, wir könnten uns nicht mehr lieben. Doch was er dann von mir verlangte, trieb mir erneut die Tränen in meine Augen. Die letzten Monate, seit wir unsere Heimat verlassen hatten, waren wir jede Minute zusammen. Doch das sollte nun sein Ende finden. ein schrecklicher Gedanke! "Oh Phraotes! Ich weiß nicht, ob ich das kann", begann ich zu jammern. Doch er ermahnte mich, dass dies doch alles nur ein Theaterstück sei, welches ich doch sehr mochte. Jedoch wusste ich nur zu gut, wie solche Tragödien zu enden pflegten. Das Schlimmste war, es würde niemanden geben, dem ich mich anvertrauen könnte. Denn auch gegenüber Anippe musste ich Vorsicht walten lassen. Letztendlich war sie doch die Sklavin ihres Herrn, dem sie in allen Belangen Gehorsam schuldete.

    Mein Geliebter meinte schließlich, wir sollten den göttlichen Apollon um Beistand bitten, damit unser Unterfangen gelingen konnte. Gewiss war das eines der wenigen Dinge, die wir tun konnten. Mit meinen feuchten Augen und dem von Trauer gezeichneten Gesicht sah ich ihn für einen Moment an. Nur Ahura Mazda wusste, wie lange wir getrennt sein würden. Dann nickte ich.

    "Ja Liebster, lass uns das tun! Wir können alle Hilfe brauchen, die wir bekommen können." Dann bettete ich erneut mein Haupt auf seine Brust und wünschte mir im Stillen, dass dieser Zustand für immer bleiben könnte.

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    Nilofer

  • Im gleichen Moment klopfte Anippe vorsichtig an die Tür des Xenon. Sie hatte den Auftrag, eine Einladung zum Abendessen von Athenodoros zu überbringen. Das tat der Palmyrener mindestens dreimal die Woche, um die "Gesellschaft der jungen Leute" wie er sagte, zu genießen. In Wirklichkeit war es wohl eher, um Nilofer zu beeindrucken.

    Bitte melden Sie sich an, um dieses Bild zu sehen.Die Sklavin wartete, um nicht zu stören. Sie hatte wohl begriffen, dass despoina Nilofer und despotes Phraotes so etwas ähnliches wie Verlobte waren. Was sie nicht verstand, war, warum Nilofer nicht den Mann wechselte. Es war doch ehrenvoll, die Gemahlin eines Ben Attar zu werden. Anippe hätte mit beiden Händen zugegriffen, wäre sie an Nilofers Stelle gewesen.


    Es ging doch im Leben darum, zu gehorchen, Probleme zu vermeiden und herauszuschlagen, was herauszuschlagen war.

    Zumindest hatte Anippe das bisher geglaubt. So wenig sie Nilofer verstand, so wenig verstand sie ihren eigenen Schmerz, der in ihr seit der Begegnung mit Phileas wühlte.


    Wieder klopfte sie an.

  • Ich hielt Nilofer umschlungen, als es klopfte. Ich kannte die Art zu klopfen, das war eine der Sklavinnen des Hauses, und ich tippte auf Anippe. Ich küsste Nilofer auf ihren Scheitel, bevor ich sie losließ, wie schwer es mir fiel und murmelte: "Zeit für die Vorstellung."


    "Herein!", rief ich herrisch, und dann ging ich auf und ab, als sei ich aufgebracht und stieß hervor:

    " Wenn du ein Leben in Luxus gewollt hättest, dann hättest du den Mann heiraten müssen, den dein Vater für dich ausgesucht hast! Und im Übrigen erinnerst du mich an deine Mutter... ach, hätte ich mir nur die Kuh genauer angesehen, bevor ich mit dem Kälbchen durchgebrannt bin..."


    Oh, das war schlecht. Viel zu übertrieben. Ich war kein guter Schauspieler, und nachdem ich erst gedacht hatte, meine geliebte Nilofer würde traurig werden, befürchtetete ich jetzt eher, dass sie ihr Lachen unterdrücken musste. Es machte mir zwar nichts aus, vor Anippe zu streiten, sie zählte nicht mehr als eine Blumenvase oder ein Bild an der Wand, aber ich konnte einfach nicht mit Nilofer streiten. Nicht, nachdem ich sie im Arm gehalten, und sie mir ihre Liebe gestanden hatte. Nicht mit meiner tapferen wunderschönen Prinzessin.


    Doch es ging weiter:

    "Dann wird es dir nur recht sein, dass ich nach Alexandria gehe, um unserem verehrten Gastgeber dort zu dienen! Ja, ich freue mich auch drauf! Dann sind wir endlich getrennt, und du kannst das Leben führen, welches du dir erträumst!"


    Alles andere wollte ich mich, als mich zu trennen. Und ich wollte gar nicht nach Alexandria, das hieß, ich wollte schon, doch nicht alleine sondern mit Nilofer zusammen. Wie gerne wollte ich mit ihr die sieben Weltwunder erkunden, und der Pharos war eines davon. Doch dazu brauchte ich das Geld, welches mir Athenodoros versprochen hatte.


    Anippe war in der Tür stehen geblieben und hörte mit großen Augen zu.


  • Doch auch dieser Zustand war nur endlich! Schon kurz darauf klopfte es plotzlich an der Tür. Vermutlich war dies einer der Sklaven des Hauses, Phraotes drückte mich noch einmal kurz an sich, dann küsste er mein Haar, um mich kurz danach wieder aus seinen Armen zu entlassen. Ja, nun war es Zeit für unseren Auftritt!

    Innerhalb kürzester Zeit veränderte sich sein Gebaren. Plötzlich schien er verärgert und ungehalten zu sein. Ich selbst brauchte einen Moment, um in meine Rolle als verwöhntes und selbstsüchtiges Luder zu hüpfen.

    "Ich möchte eben einfach nicht in der Gosse enden!" rief ich mit gespielter Empörung. Was Phraotes mir jedoch dann an den Kopf warf, hatte gesessen! Ich musste erst einmal schlucken und ich spürte, wie mir die Tränen in die Augen treten wollten. "Meine Mutter? Du wagst es und nennst meine Mutter eine Kuh! Und mich ein Kalb? Wie kannst du es wagen! Hätte ich dich bloß nicht getroffen! Wegen dir kann ich mich nicht mehr zu Hause blicken lassen!" Nun lösten sich doch tatsächlich einige Tränen, denn ja es stimmte, ich würde nie wieder nach Parthien zurückkehren können. Jedenfalls nicht so lange mein Bruder am Leben war. Dies konnte noch sehr sehr lange der Fall sein! Das machte mich wütend, denn er war der Grund für das alles hier! Mitridathes hatte mich in die Fremde getrieben!

    "Ja, geh doch!" begann ich zurückzugeifern. In meinem Augenwinkel bemerkte ich Anippe, die ganz verdutzt in der Tür stehen geblieben war. Hoffentlich hatte sie unseren Streit haarklein mitbekommen.Also beschloss ich, noch ein wenig energischer zu werden. "Verschwinde nach Alexandria und lass mich hier alleine zurück! Das ist es doch, was du willst! Mich endlich los werden. Damit du dich der nächten Dummen an den Hals werfen kannst und ihr Lügenmärchen erzählen kannst."

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    Nilofer