[Westliches Stadttor] Das Geheimnis des Glücks ist die Freiheit, das Geheimnis der Freiheit aber ist der Mut!

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    Nachdem Anippe uns verlassen hatte, gab es keinen Grund mehr uns noch länger auf dem parthischen Markt aufzuhalten. Unser Entschluss stand fest. Alles, was wir für unsere Flucht benötigten, passte in eine Tasche. Ich hatte, bevor ich das Haus der Bene Attar verlassen hatte, noch ein paar Schmuckstücke eingepackt. Man konnte nie wissen, wofür man sie benötigte. Wenn wir tatsächlich Antiochia erreichen würden, brauchten wir Geld, um die Schiffspassagen nach Rhome zu kaufen. Doch bis dahin würde noch viel Wasser den Orontes hinunterfließen! Nun hieß es erst einmal warten! Warten auf unsere Mitreisenden! Was ich bei all dem, was wir in der Taberna erfahren hatten, nicht verstanden hatte, war die Frage, weshalb Angus und Idunah so überstürzt aufgebrochen waren, ohne Angus' Männer und seine Kamele mitzunehmen. Das war wirklich sehr seltsam. Aber gut, vielleicht hatte es wirklich Spannungen zwischen Iduna und Manal gegeben, was eine gemeinsame Reise unmöglich gemacht hatte.

  • Ich wäre am liebsten aufgebrochen, ohne zu warten. Ich hoffte nur, dass die Sklavin schnell erledigte, was sie zu erledigen hatte. Nilofer schien nicht zu glauben, dass sie zu Athenodoros laufen würde, um uns alle zu verraten. Also glaubte ich es auch nicht.

    Aber es konnte auch sein, dass sie erwischt worden war. Vielleicht ließ Athenodoros sie in diesem Moment auspeitschen, um zu erfahren, wo sich ihre Herrin aufhielt. Anippe mochte gutherzig sein, doch glaubte ich nicht, dass sie die Opferbereitschaft und die Hingabe der königlichen Dienerin, der wahren Nilofer, besaß. Wie lange konnte sie Folter widerstehen? Ich wünschte Nilofers Sklavin nichts Böses, doch mit jedem Augenblick, der verstrich, wurde die Gefahr, die mit ihr verbunden war, größer.

    Die Sonne stieg schon höher, und die Führer der Karawane wurden unruhig; sie wollten los.

    "Anippe wird uns gewiss noch später einholen. Doch wir können nicht länger warten., sagte ich etwas resigniert. Die Mittagsglut würde uns zu einer Pause zwingen.

  • Bitte melden Sie sich an, um dieses Bild zu sehen.Manal ging etwas verlegen zu Nilofer und Phraotes hin: "Es tut mir Leid.", sagte sie: "Ich weiß, dass ihr eure Dienerin vermisst. Doch die Männer schwören mir, dass es höchste Zeit ist, aufzubrechen. Einer der Seher auf dem Marktplatz hat Unheil für uns vorausgesehen." Sie seufzte: "Ich glaube an Götzenwerk nicht, aber die Leute tun es und ängstigen sich. "

    Sie schaute ernst drein: "Da ihr Beide es seid, die vor einer unerwünschten Hochzeit fliehen, ja, das kann ich mir wohl denken, dass die Braut es ist, die nicht will, so gescheit bin ich schon, halte ich es für besser, wenn ihr mit Marspet mitgeht. Ich jedoch will mir etwas Geld aus der Truhe des bösen Sklavenhändlers nehmen und auf eure Dienerin warten. Dann schließen wir uns einer anderen Gruppe an und holen euch ein."

    Es fiel Manal schwer, das anzubieten; sie sehnte sich nun so nach ihrem Vater, den sie so lange nicht gesehen hatte. Und sie wollte nicht von Marspet getrennt werden, den sie mit in ihr eigenes Zuhause nehmen wollte, da sein eigener Vater ihn als Sklave an Zahak verkauft hatte. Doch sie hatte das Gefühl, büßen zu müssen, dass sie Idunah keine wirkliche Schwester in Christo gewesen war. Und eine eigene Freude aufzuschieben, um anderen Menschen zu helfen, das erschien ihr daher richtig.

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  • Immer wieder schaute ich zum gleichen Punkt, dort wo die Gasse, von der wir gekommen waren, einen Knick machte und abbog. Doch keine Anippe war zu sehen, die eilig zum Stadttor eilte. Langsam wurde mir mulmig zumute, da ich schon fürchtete, unser Fluchtplan könnte doch noch schief gehen. Wir waren doch schon so weit gekommen! Nur noch ein letzter Schritt fehlte, um Palmyra und dem Bene Attar endlich den Rücken kehren zu können. Als dann auch noch Phraotes meinte, wir könnten nicht mehr weiter warten, war ich den Tränen nahe, denn ich wusste doch, welches Versprechen ich Anippe gegeben hatte! Wer hätte es mehr verdient, endlich frei zu sein als die alexandrinische Sklavin? "Könnten wir nicht doch noch warten? Wenigstens einen Moment." bat ich ihn obwohl ich genau wusste, das er recht hatte.

    Schließlich trat Manal zu mir und sprach ganz eindringlich zu mir, wie gefährlich es war, noch länger zu warten. Wir mussten jetzt aufbrechen, sonst drohte uns großes Unheil! Ich konnte mir gut vorstellen, was ein vor Wut sprühender Athenodoros mit mir und Phraotes tun würde, wenn ihm endlich bewusst geworden war, dass wir ihn hintergangen hatten, seine Sklavin befreit hatten und mit ihr fliehen wollten. Ich nickte enttäuscht und wischte mir nun doch ein paar Tränchen aus dem Gesicht.

    Als Manal jedoch dann anbot, sie wolle hier auf Anippe warten und uns mit einer anderen Karawane nachkommen, blickte ich sie verwundert an. Denn bisher hatte ich nur sehr wenig Menschen getroffen, die ihr eigenes Glück hinten anstellten, um anderen zu helfen. Phraotes und Nilofer waren solche Menschen. Ebenso Anippe. Und wie mir schien, gehörte auch Manal zu jenem erlauchten Kreis.

    "Das würdest du wirklich für uns tun? Du bist zu gütig! Möge der Erhabene stets seine schützende Hand über dich und dein Haus halten!", sagte ich und umarmte sie freundschaftlich.


    Nun war ich bereit, denn ich war mir sicher, dass Anippe in guten Händen sei und ihr kein Unheil geschehen würde. "Dann last uns gehen, damit wir diesen Ort endlich hinter uns lassen können!" Damit wandte ich mich Phraotes zu, damit wir endlich aufbrechen konnten.

  • Bitte melden Sie sich an, um dieses Bild zu sehen.Manal nickte: "Ja, ich tu es gerne. Für mich geht keine Gefahr aus. " Doch da sie bleiben wollte, wollte Marspet das auch. Sie nahmen sich also einen Teil des Geldes, setzten sich in den Schatten des Stadttores und hielten nach der Alexandrinerin Ausschau. Proviant hatten sie auch, so dass sie weder Hunger noch Durst leiden mussten. Sogar shekar hatten sie, das von der Wirtin Thomalachis nach einem babylonischen Rezept gebrauten Bier.


    Die Karawane selbst sollte nun von Marspets Freund Barrabas geführt werden, der schlanke dunkelhäutige Exsklave versprach ihm jedoch, sobald sie die Nekropolis durchquert hatten, an jeder Raststätte ein wenig auf sie zu warten. Er schärfte ihnen aber ein, nicht allzu lange auszuharren. Wenn ihre Gefährtin nicht bald kam, so war ihr höchst wahrscheinlich etwas zugestoßen.



    Bitte melden Sie sich an, um dieses Bild zu sehen.Barrabas führte zwei hellfarbige Dromedare zu Nilofer und Phraotes: "Mit Jeeee bringt ihr dazu, sich niederzulegen und euch aufsitzen zu lassen, mit WIiiiiaaa gehen sie. Dromedare sind klug und sanftmütig. Sie werden wissen, was ihr braucht, bevor ihr es selbst wisst. Deines, Phraotes, heißt Aleph. Deines, Nilofer heißt Beth." Er reichte beiden aus Binsen geflochtene, flache Hüte, die sie gegen die Sonne tragen sollten.


    Von den ehemaligen Sklaven Zahaks war nur eine kleine Gruppe von neun Personen, darunter vier Frauen, übrig geblieben. Die meisten hatten sich bereits ihren Anteil des Geldes geborgt und sich zu den Familien, von denen sie geraubt worden waren, auf den Weg gemacht. Diese Gruppe jedoch wollte nach Antiochia.


    !Wiaaaa! Die kleine Karawane, die aus nunmehr elf Reitern, einem freilaufenden Kamel und drei weiteren Tieren bestand, die Zahaks Besitztümer auf ihrem Rücken trugen, setzte sich in Bewegung.




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  • Mir wären Pferde lieber gewesen als diese Tiere, die durch ihre Art zu gehen mir das Gefühl vermittelten, ich säße hoch oben auf einem Schiff. Aber man gewöhnte sich an alles. Und ich hoffte sehr, dass dieser Barrabas vertrauenswürdig war, allerdings war er wie die anderen auch von Angusmacdonal befreit worden, und wir galten jetzt als Freunde jenes Iuliersklaven, der trotz seines niedrigen Standes von den Männern verehrt worden war.

    Manchmal braucht es nur Mut und Entschlossenheit, hinter sich zu lassen, was man gewesen war und zu sein, was man zu sein wünschte. Ich nahm den Galater als gutes Omen und grinste Barrabas zu:

    "Wiiiiiaaaa Aleph!", befahl ich, und das Dromedar richtete sich wie üblich zuerst mit dem Hinterteil auf, so dass ich beinahe über seinen Kopf hinweg in den Sand geflogen wäre, hätte ich mich nicht festgeklammert. Das sorgte für Gelächter bei der Reisegruppe.

    "Rutsche ganz nach hinten, Nilofer und halte dich gut fest.", sagte ich meiner Liebsten. Dann kam auch ihr Reittier in Bewegung.-


    Ich wusste was vor uns lag, da ich schon einmal Palmyra vom Westen her erreicht hatte, als ich in Alexandria den Alexandros ben Attar gesucht hatte und deutete auf den Horizont:

    "Vor uns auf dem Weg nach Emesa liegt das Tal der Gräber.", sagte ich ihr. Das war die große Nekropolis mit den hohen Grabtürmern. Nachts wäre ich dort ungern durchgegangen; ich hätte das zweifellos abergläubische Gefühl gehabt, dass mich tote Augen aus den schmalen Fenstern beobachten würden. Aber nun war ja heller Tag und die Sonne brannte.



    Hoi lithoi kekraxontai - die Steine werden schreien

  • Ich warf Manal einen letzten Blick zu und bat Ahura Mazda, damit sie sicher an ihr Ziel gelangen möge. Dann begaben wir uns zu der Karawane, die bereits im Begriff war, aufzubrechen. Wieder würde ich auf einem Dromedar reiten. Das erinnerte mich an unsere Herreise. Es war zwar nicht immer angenehm gewesen, auf diesen Tieren zu reiten, doch letztendlich hatten sie uns doch in die Freiheit getragen. Und auch heute würde es genauso wieder sein. Wenn wir diesen letzten Weg noch schafften, dann waren wir wirklich frei!

    Ich kletterte auf mein Dromedar und suchte mir einen sicheren Platz, an dem ich lange verweilen konnte. Phraotes rief mir zu, ich solle mich ganz nach hinten setzen und siehe da, das Tier erhob sich mit lautem Gebrüll und Gegrunze. Anfangs fühlte es sich seltsam an. Ich musste mich erst wieder daran gewöhnen. Doch nichts hätte mich länger in Palmyra gehalten.

    So wie Phraotes mir berichtete, lag die Nekropole der Stadt vor uns. Ich hatte von den Grabtürmen der ehrbahren Familien Palmyras gehört. Mit eigenen Augen hatte ich sie noch nicht gesehen. Abergläubisch war ich nicht, dennoch empfand auch ich ein seltsam mulmiges Gefühl, obwohl dies doch vollkommen unbegründet war, denn die Toten würden uns zweifelsohne ziehen lassen. "Auf nach Rhome!" rief ich meinem Liebsten zu. Auf in die Freiheit!